ö — Kehl, 24. Aug. In früheſter Morgen⸗ ſtunde kam geſtern eine Zigeunerin in ein Bäcker⸗ haus und wünſchte Goldſtücke gegen andere mit der Jahreszahl 1870 gewechſelt. Es ſollten dies aber nur Zwanzigmarkſtücke ſein. Beim Ausſuchen des Goldes mit der beſtimmten Jahreszahl war die geriebene Tochter aus dem fernen Süden behilflich. Kurze Zeit nachher kam eine zweite der ſchwarz⸗ braunen Evastöchter mit dem gleichen Anſuchen. Auch ſie will Goldſtücke, aber mit einer anderen Jahreszahl, ausgewechſelt haben. ()) Auch ſie darf beim Ausſuchen mithelfen. Beim Nachſehen in der Kaſſe wurde die Wahrnehmung gemacht, daß 100 Mark in Gold fehlten !! — Dortmund, 25. Aug. Ein nach 14 Jahren entdecktes ſchweres Kapitalverbrechen erregt allgemeines Aufſehen. Im Oktober 1893 wurde beim Schönekind in der Gräſte die Ehefrau Dohle aus Soeſt tot aufgefunden und alle Zeichen deuteten darauf hin, daß die in keinem guten Ruf ſtehende Frauensperſon gewaltſam beſeitigt und beraubt war. Die Angelegenheit berlief damals im Sande, da keine Beweiſe gegen irgend einen Täter vorlagen. Jetzt iſt das behördliche Ermittelungsverfahren wieder aufgenommen worden. Die jetzige Frau eines damals in Garniſon liegenden Artilleriſten hat in den letzten Tagen der Behörde mitgeteilt, daß ihr Mann ihr infolge von Gewiſſensbiſſen ge⸗ ſtanden hat, damals das Verbrechen an der Ehefrau Dohle begangen zu haben. Der beſchuldigte Ehe⸗ mann iſt verhaftet und hat bereits ein Geſtändnis abgelegt. f 5 — Säckingen, 24. Aug. In Groß⸗ Herriſchwand wurde eine Ziege auf der Weide von unzähligen Bienen überfallen und durch Stiche ſo zugerichtet, daß ſich das arme Tier in ſeiner Angſt zu Boden warf und ſicher zu Tode gepeinigt worden wäre, hätte nicht ein Junker mit voller Energie die Rettung des Tieres bewerkſtelligt. Es war ein ſehr gefährlicher Moment. Die Bienen hatten eine un⸗ beſchreibliche Stechwut; ſie verbreiteten ſich auch über die Nachbargärten, wo Frauen und Kinder Stiche erhielten. — Vom Main, 24. Aug. Eine gemeine Tat vollführte unlängſt der Schäfer Scherer auf dem Ströhlhof bei Würzburg. Derſelbe hatte ver⸗ botenerweiſe ſeine Schafe auf einen Acker des Guts⸗ pächters Kühner weiden laſſen. Als Schadenerſatz nahm Kühner dem Schäfer einige Schafe weg. Dies brachte den Hirten in ſolche Wut, daß er einem wertvollen Pferde des Pächters mit einem erwiderte: „Ich muß Fritzchen ſehen, und gewiß, der Weg wird mir gut tun. Er ſchaute ihr lange in das bekümmerte Ge⸗ ſicht, dann drückte er einen innigen Kuß auf ihre Lippen und ſagte: „Wenn Du durchaus willſt, ſo laß uns gehen, mein Lieb.“ „Wollt ihr nicht hinüberfahren?“ meinte Herr von Hohenſtein. „Nein, ich danke,“ entgegnete Ludolf. Wan⸗ da glaubt gehen werde ihr gut tun.“ l Ein leiſes Lächeln kräuſelte Konſtanzes Lippen, ſie ſchwieg zu allem, als man ſich aber von dem Tiſche erhob, rief ſie plötzlich aus: „Ich gehe heute nachmittag nach dem Vorwerk Gries. Wer kommt mit dorthin?“ Ihre Mutter ſah ſie befremdet an. Sie hatte geglaubt, Konſtanze würde die letzte ſein die ab⸗ ſichtlich Ludolf und Wandas Weg kreuzen werde. „Was willſt Du dort, mein Kind?“ fragte ſie. „Ich habe Suſanne, der Pächterstochter, einige Bücher verſprochen und die will ich ihr hintragen,“ antwortete Konſtauze. „Wie Sie wiſſen, gehen auch wir hin und werden uns freuen, den Weg in einer Geſellſchaft zurücklegen zu können.“ Ueber ihr Geſicht glitt ein ſchnelles Rot, in⸗ dem ſie in kaltem Tone erwiderte: Ich danke Ihnen, ich ziehe es vor, zu zweien zu gehen, und beab⸗ ſichtige überdies, ſofort aufzubrechen, Marion willſt Du nicht mitkommen?“ Das kleine Mädchen war gern bereit. Sie liebte Fritzchen und freute ſich ſtets, wenn ſie ihn auf dem Vorwerk Gries beſuchen durfte. Frau von Hohenſtein, die ihre Tochter heute gar nicht be⸗ greifen konnte, hätte ſie von ihrem Vorhaben gern ſchüttelnd ſah ſtalten nach. ſie den zwei ſich en tfernenden zurückgehalten, doch gelang ihr das nicht, und kopf: 5 Meſſer den Bauch aufſchlitzte, ſo daß es bald da⸗ rauf verendete. Der Täter wurde in Haft genom⸗ men und ſieht ſeiner wohlverdienten Strafe ent⸗ gegen. — Greifswald, 23. Aug. Auf der Fahrt von Oſtſeebad Lubmin hierher ereignete ſich bei Wuſterhauſen ein ſchwerer Automobilunfall. Ein mit zwei Chauffeuren und zwei Ehepaaren beſetztes Automobil prallte gegen einen Steinhaufen, weil einer der Chauffeure, der auf ein Seitenbrett ge⸗ ſtiegen war, um Halt zu haben, in das Steuerrad griff. Dadurch wurde das Automobil auf die Seite geſchleudert. Beide Chauffeure ſind ſchwer verletzt. Der eine ſtarb bereits in der hieſigen Univerſitäts⸗ klinik, der andere wird kaum mit dem Leben davon: kommen. Die vier Juſaſſen und Beſitzer des Auto⸗ mobils, Fabrikant Ehrhardt⸗Düſſeldorf nebſt Frau und deſſen Bruder nebſt Gemahlin ſind nicht ernſt⸗ lich verletzt. — Köln, 24. Aug. Schwere Ausſchrei⸗ tungen ließen ſich im hieſigen Garniſonslazarett zwei Feſtungsgefangene zu Schulden kommen, die zur Beobachtung mit vier anderen Gefangenen in einem Raum untergebracht wurden. Nachdem ſich die Wache u. die Aerzte entfernt hatten, richteten die beiden von einer wahren Zerſtörungswut befallen, große Ver⸗ wüſtungen an. Tiſche und Stühe wurden zertrüm⸗ mert und mit den Trümmer demolierte man die Schränke und andere Möbel und zertrümmerte ſämt⸗ liche Fenſterſcheiben. Die herbeieilende Wachtmann⸗ ſchaft überwältigte die Wütenden und führte ſie in den Kerker ab. — Kiel, 23. Aug. Heute mittag feuerte der Maurer Schön, der mit ſeiner Frau im Un⸗ frieden lebt, auf dieſe aus einer Doppelflinte einen Schuß ab, welcher ihr die ganze linke Kopfſeite wegriß. Dann brachte ſich der Mann ſelbſt einen Schuß in den Kopf bei und verletzte ſich tötlich. — Innsbruck, 26. Aug. Beim Abſtiege von der Ortlerſpitze iſt ein führerloſes Paar, ein Herr und eine Dame, in der ſogenaunnten „hohen Eisrinne“ abgeſtürzt; beide trugen Verletzungen davon. — Paris, 23. Aug. Ein neues ſchweres Eiſenbahnunglück hat ſich in der Nacht zum Sonn⸗ tag ereignet. Zwiſchen 11 und 12 Uhr iſt der Schnellzug Bordeaux⸗Paris vor der Einfahrt zum Bahnhof in Contras (Gironde) mit einem rangieren⸗ den Güterzug zuſammengeſtoßen. Bisher ſind 11 Tote und 30 Verwundete gemeldet. Doch fürchtet man, daß noch nicht alle Opfer bekannt geworden Es mochte wohl eine Stunde ſpäter ſein, als Ludolf und Wanda den beiden Mäden durch die Felder folgten. Anfangs gingen ſie langſam und ſie ſchwer auf ſeinen Arm gelehnt, allmählich aber malte ihr die friſche Luft ein wenig Farbe auf die Wangen, und ihr Schritt wurde leichter. Noch immer aber war ſie ſchweigſam. Ludolf verſuchte umſonſt, ſie aufzumuntern und für etwas zu iutere⸗ ſieren, bis ihm der geheimnisvolle Fremde wieder einfiel und er ihr von dem erzählte. „Er hat augenſcheinlich viel Intereſſe für Dich, Wanda, und wir müſſen ſehen, ob ſich nicht mehr von ihm in Erfahrung bringen läßt,“ ſchloß er ſeine Mitteilungen, wobei er ihr lachend in das Geſicht ſah; das Mädchen aber war totenbleich ge⸗ worden, und nach Atem ringend bat ſie matt: „Laß uns einen Augenblick ausruhen.“ Er zog ſie auf eine Moosbank nieder und kniete an ihrer Seite hin um ſie zu ſtützen. Ei⸗ nige Minuten vergingen ſo in tiefem Schweigen, dann ſah ſie zu ihm auf und ſagte: Mir wurde ſo ſchwindlig, jetzt iſt es vorüber. Nun können wir weiter gehen.“ „Du hätteſt überhaubt nicht gehen ſollen,“ meinte Ludolf vorwurfsvoll. „Komm laß uns um⸗ kehren.“ „Nein, nein,“ rief ſie haſtig, „ich muß weiter⸗ gehen.“ Sie erhob ſich und ſchnell war Ludolf wieder an ihrer Seite. „Wanda,“ ſagte er in ſehr zärtlichem Tone, „ſo teuer Dir Fritzchen auch iſt, darfſt Du doch nicht vergeſſen, daß er jetzt nicht mehr Deine erſte Sorge ſein darf, Du weißt, was Du mir biſt, und um meinetwillen denke auch an Dich ſebſt.“ „Biſt Du eiferſüchtig auf Fritzchen?“ „Es lag in dem Tone, in welchem ſie das ſprach, eine Ironie, die ihn auf das Unangenehmſte 8 ſind. Das Unglück iſt, wie amtlich erklärt wird wahrſcheinlich durch falſche Weichenſtellung herbeige führt worden. Vom Schnellzuge wurden die erſte drei Wagen vollſtändig zertrümmert, vom Güterzug ſind 10 Wagen vernichtet. Der Schienenwe wurde in einer Ausdehnung von 300 Meter demoliert. Die erſte Hilfeleiſtung für die Opfe der Eiſenbahnkataſtrophe bei Coutras wurde dure einige Aerzte beſorgt, die ſich im Zuge befandez Bald langte aber Militär und eine Rettungs⸗Keo pagnie an und die Arbeit der Befreiung der Ver⸗ unglückten aus den Trümmern wurde planmäßig vorgenommen. Die ganze Nacht verging mit dem Bergen der Toten und Verwundeten. Minſſer⸗ präſident Clemenceau empfing die Trauernachicht auf der Rückkehr aus dem Urlaub auf dem Bahn⸗ hofe. Der Miniſter der öffentlichen Arbeſten, Barthon, der ebenfalls aus den Ferien zurückge⸗ kommen war, hat ſich mit ſeinem Kabinettchef zum Schauplatz der Kataſtrophe begeben. Kurz bor 11 Uhr trafen auf dem Bahnhöfe zu Orleans die erſten Verwundeten ein. — Bordeaux, 26. Aug. Zu der Eſſen⸗ bahnkataſtrophe wird weiter gemeldet, daß ſich in dem Schnellzuge ca. 150 Perſonen befanden. Die Gerichtsbehörden weilen an Ort und Stelle. Unter den Trümmern werden noch fortwährend Körperteile von Verunglückten hervorgeholt. Präſident Fallieres hat ſich einen genauen Bericht über die Kataſtrophe erſtatten laſſen. Von der Eiſenbahn⸗Geſellſchaft wird die Möglichkeitt einer falſchen Weichenſtellung be⸗ ſtritten. Man glaubt vielmehr, daß ein Stein oder irgend ein anderer Gegenſtand das Funktionieren der Weiche unmöglich gemacht hat. — Paris, 26. Aug. Die Urſache der Kataſtrophe von Coutras war biher nicht mit Sſcher⸗ heit feſtzuſtellen. Der verhaftete Weichenſteller be⸗ teuerte daß er ſeine Pflicht erfüllt habe, daß aber ſchon den ganzen Sonntag der von ihm be⸗ diente Apparat nur mit Mühe zu führen war. — Newyork, 24. Aug. Während eines Kampfes zwiſchen geiſteskranken Verbrechern im Hoſpital von Dannemara, die ſich in den Schlaf⸗ ſälen verbarrikadiert hatten, die Mauer zu durch⸗ brechen ſuchten, wurde von den Aufſehern 1 Irxſinp⸗ iger getötet und 30 verwuadet. 170 0 Neckarwaſſerwärme: — berührte, und es traten ihm bittere Worte auf die Lippen. Er drängte ſie indeſſen früh genug goch zurück und entgegnete ruhig: „Nein!“ Er wollte ihr nicht länger widerſprechen, denn er ſah, daß ſie nicht allein körperlich ſondern auch geiſtig lik, Es war das erſtemal, daß ſich Bitferkeit zwiſchen die beiden drängte. Sie hatten nicht mehr weit zu gehen, um ihr Ziel zu erreichen. Die Gutswirtſchaft lag am Fuß eines kleinen, ſteilen Abhanges, und von dem Tor wege her lachte ihnen Fritzchens munteres Kinder⸗ geſicht entge gen. Während der Knabe ſeiner Tante entgegenlief, kam Marion von der anderen Seite herbeige⸗ ſprungen. „Ich muß gleich wieder fort,“ rief ſie, „denn Konſtanze ſagt ſie brauche mich. Sie iſt drinnen in der Stube bei Suſanne und lieſt ihr vor.“ „Bei Suſanne?“ wiederholte Wanda zerſtreuk. „Ach Taͤntchen!“ rief auch der Knabe, „wir haben ſo kleine reizende Kätzchen! Komm, die mußt Du ſehen.“ Er wollte das junge Mädchen mit ſich foxk⸗ ziehen; dieſes wandte ſich zuvor erſt noch zu Ludolf mit den Worten um: Ich habe dann noch verſchiedenes mit Brigitte zu reden, was wirſt Du indeſſen tun?“ „Ich ſehe mich dann übrall um und erwarte Dich dann hier,“ lautete die Antwort. 5 Konſtanze welche in der Stube am Fenſter ſaß, ſah Ludolf kommen und langſam dem Hofe zugehen. Das war, was ſie gehofft hatte! Sie wußte, daß Wanda, ſobald ſie nach dem Vorwerk Gries kam, meiſt längere Zeit mit Brigitte zu reden hatte. Schnell reichte ſie das Buch in welchem ſie geleſen, der kleinen Marion die an ihrer Seite ſtand und ſagte: „Du kannſt ſo gut leſen, wie ich; hier, nimm das Buch lies, bis ich zurück bin, ich bleibe nicht lange. FFortſetzung folgt . 3 C.. M . — Medizin Munz