Ladenburg, 27. Febr. Bei dem geſtrigen Termine vor dem Verwaltungsgerichtshof wurde der von ſozialdemokratiſcher Seite erhobenen Beſchwerde gegen die Bürgerausſchußwahl in der 3. Klaſſe ſtattgegeben und die Wahl für ungiltig erklärt. . 5 — Mannheim, 26. Febr. Für die Mannheimer große Gartenbau⸗Ausſtellung iſt vom großherzoglichen Miniſterium der Referent für Land⸗ virtſchaft, Herr Geheimer Oberregierungsrat Nebe n Karlsruhe als Kommiſſar beſtimmt worden. — Mannheim, 26. Febr. Der Güter⸗ verkehr im Staats⸗ und Induſtriehafen hat im Monat Dezember 1906 mit 454000 (380 000) Tonnen den vorjährigen übertroffen und ſomit einen Teil des Ausfalls im November wieder eingeholt. Auch im Rheinauhafen war der Verkehr mit rund 00 000 (71000) Tonnen ſtärker. Ungewöhnlich hoch geſtiegen iſt mit 8,15 (5,16) Prozent der Anteil Mannheims an der Einfuhr einzelner wich⸗ iger Artikel in das deutſche Zollgebiet. — Berghaupten (A. Offenburg), 28. Febr. zine ſeltene Ehe wurde jüngſt hier geſchloſſen. Der Mann iſt 76 Jahre alt und Witwer; „d' Hochziteri“, wie der glückſtrahlende Bräutigam eine Auserwählte nannte, zählt 71 Lenze und chließt, zweimal ſchon Witwe, ihren dritten erzensbund. — München, 26. Febr. Ein ſenſationeller aubmord, der in der vornehmen Geſellſchaft Münchens vor drei Jahren begangen wurde, iſt Vor drei Jahren ver⸗ Sohn des Komerzienrats Hentſchel. Der junge Mann hatte leicht gelebt, nd war auch öfters tüber Stimmung geweſen, ſo aß die Annahme berechtigt ſchien, er habe Selbſt⸗ nord begangen. Auch eine zweite Verſion, der ö unge Hentſchel habe die Flucht ergriffen, fand lauben. In den letzten Wochen dieſes Monats nachte ſich ſein Freund, ein in der Sport⸗ und unſtwelt bekannter Münchener Lebemann dadurch erdächtig, daß er Juwelen, die dem verſchwundenen entſchel gehört hatten, einem Juwelier zum Kaufe nbot. Auch ſonſt ſprachen verſchiedene Umſtände egen den Lebemann, der heute verhaftet wurde nd in der Nacht in ſeiner Zelle ein Selbſtmord⸗ erſuch unternahm. — Ludweiler, 26. Febr. Bei den Auf⸗ äumungsarbeiten auf dem Roſſelſchacht der Geis⸗ lauterer Grube entlud ſich plötzlich zu Ende der Sara ſtieß eine Tür auf und ſie ſahen ein ganz mmöbliertes Zimmer vor ſich; nur in der Mitte uf dem Fußboden ſtand etwas, das wie ein Sarg ausſah und an beiden Enden von brennenden Kerzen beleuchtet war. Die Läden waren geſchloſſen, die Wände kahl ohne jeden Schmuck und dennoch machte dieſe Ruheſtätte des Todten einen ſo würdigen, er⸗ greifenden Eindruck, das ſelbſt Alfred Merivales ſtarre Verzweiflung davon berührt wurde. Ein llautes Stöhnen, entrang ſich ſeinen Lippen und er aumelte rückwärts gegen die Wand. Sam Bury bedeckte ſein Geſicht mit beiden Häuden, um die Tränen zu verbergen, die über ſeine Wangen rollten. Aber als Sara neben dieſem ſelt⸗ ſamen Sarge, der einer plump gearbeiteten Kiſte glich, auf die Knie niederſank und abermals in ein autes ſchluchzen ausbrach, erwachte er aus ſeinem tiefen Schmerz. Er neigte ſich vor und berührte die Frau leicht an der Schulter. „Warum weinen Sie?“ flüſterte er. war Ihnen dieſer Junge?“ 5 „Mein alles, das letzte, was mir im Leben geblieben war,“ jammerte Sara, „das Kind, das ich vom Tage ſeiner Geburt an hegte und pflegte, das einzige Band, das mich noch an dieſe elende Erde feſſelte.“ Sam trat zurück. Seine Erregung war ſo mächtig, daß ſie ihm momentan die Stimme raubte. Ehe er eine Frage ſtellen konnte, ſprach Sara weiter: „In dieſem Sarge ruht die Leiche Ulrich Parnells, des Bruders meines Herrn. Ich ſelbſt legte ſie hinein, ich ſelbſt nagelte den Deckel feſt und verkittete die Fugen und Ritzen mit Zement. Das iſt in der Regel keine Frauenarbeit, aber wenn einem das Herz vor Kummer blutet, wenn obo Die ganze „Was See. 17 Somit findet ein dritter Wahlgang ſtatt. des Güterzugs wurde beſchädigt. regiments plötzlich irrſinnig. 0 . 0 . 79 e Schicht ein verſpäteter Schuß. Die Gewalt der Exploſton war derart, daß die Bergleute Johann Becker und Karl Henkel von hier buchſtäblich zeriſſen wurden. Nichts blieb von ihnen übrig, als Stücke, die zuſammengeſucht werden mußten. — Göppingen, 28. Febr. Im nahen Gerſtetten wurde der Bauer Kaspar Bückle von ſeinem 20jährigen Sohne mit einem Revolver er⸗ oſſen. 0 1 Wies baden, 27. Febr. Heute Mittag um halb 2 Uhr ſind bei der Ausfahrt des Güter⸗ zuges Nr. 7330 auf Bahnhof Curve, Richtung nach Biſchofsheim, neun Güterwagen entgleiſt, wodurch beide Hauptgleiſe bis 3 Uhr 45 Minuten nach⸗ mittags geſperrt waren. Der Betrieb wurde durch Umſteigen Aufrecht erhalten. 85 — M.⸗Gladbach, 29. Febr. Heute früh fuhr auf dem hieſigen Bahnhofe infolge Nebels ein Güterzug auf einen leeren Perſonenzug und drückte dieſen vollſtändig durch ein Stellwerk, deſſen Wände dadurch zerſtört wurden. Zwei holländiſche Per⸗ ſonenwägen wurden zertrümmert; die Lokomotive Infolge der Zer⸗ ſtörung des Stellwerkes ſind faſt ſämtliche Ein⸗ fahrtsweichen unbrauchbar geworden. Der Unfall wurde dadurch herbeigeführt, daß der Güterzug infolge des Nebels das Halteſignal überfuhr. Der Per⸗ ſonenzug, der Vormittags mach Antwerpen fahren ſollte, ſtieß die einen halben Meter dicke Vorder⸗ wand des Stellwerkes ein und fuhr auf der anderen Seite weiter, nachdem er deſſen Rückwand zertrümmert hatte. Das Düſſeldorfer Geleiſe iſt noch geſperrt. — Allenſtein, 28. Febr. Wie die „Allenſteiner Ztg.“ meldet, wurde heute Nachmittag ein Soldat der 1. Kompagnie des 150. Infanterie⸗ Er ſchloß ſich in ſeine Stube ein und feuerte, nachdem dieſelbe auf⸗ gebrochen worden war, auf alle Eintretenden. Ein Unteroffizier wurde tötlich verwundet, ein anderer Soldat erhielt einen Schuß in den Oberſchenkel. Der Irrſinnige erſchoß ſich dann ſelbſt. — Neumünſter, 28. Febr. Geſtern abend wurde zwiſchen Neumünſter und Brohſtedt der Milchhändler Starken ermordet und beraubt auf⸗ gefunden. Als mutmaßlicher Mörder wurde in derſelben Nacht der Arbeiter Sievers aus Eider⸗ ſteder verhaftet.. Bei ihm wurde eine größere Geldſumme gefunden, deren Erwerb er nicht aus⸗ weiſen konnte. — Dö be ritz, 1. März. Bei dem Bau der ſträubt, dann fühlt man zu ſeltſamen Dingen die Kraft in ſich.“ Sara hatte aufgehört zu weinen, ſie war ganz ruhig geworden und fuhr in gelaſſenem Tone fort: „Als ich den Befehl erhielt, den lieben Toten aus dem Haus zu ſchaffen und in die Erde zu ver⸗ ſenken, ohue daß ein Segenswort über ihn ge⸗ ſprochen wurde, da gehorchte ich nicht, obſchon mein Herr mir jenen Befehl gegeben hatte. Sie ſehen erſtaunt ans, Herr Bury, Sie verſtehen mich nicht, wie ich anfangs Sie nicht verſtand. Sie kamen, um eine Perſon zu ſuchen, die Sie tot glaubten, ich will Ihnen dieſe Perſon lebend zeigea.“ Ein leiſer Schrei entfuhr Sams Lippen, er packte Saras Hand mit feſtem Griff. „Vergeben Sie mir,“ bat er mit heiſerer Stimme, „daß ich einen Moment mit Ihnen zwei⸗ felte. Ich hätte es nicht tun ſollen. Führen Sie mich zu meinem Jungen, mein ganzes Herz ſehnt ſich nach ihm.“ Jetzt wandte Sara ſich um und blickte auf Alfred Merivale. „Und warum kamen Sie hierher?“ fragte ſie. „Was liegt Ihnen an dem Geheimnis, was dieſes Haus birgt?“ Merivale erwiderte nichts, er ſtarrte ins Leere, als ob er weder höre noch ſehe. Sara betrachtete ihn erſtaunt, aber plötzlich ſchrack ſie zu⸗ ſammen. „Ah, jetzt erkenne ich Sie,“ ſagte ſie mit un⸗ ſicherer Stimme; „Sie ſind der Mann der meinen armen Herrn mit ins Verderben ſtürzen half. Von Ihnen kam das viele Geld, das Schweigen erkaufen ſollte — das Schweigen des Todes. Ich entlockte ihm etwas von der Wahrheit und ich könnte Sie — verfluchen!“ rief die kleine Frau vor Empörung f 0 25 3 . 7 Döberitzer Heerſtraße am Stöffenſee Hätte Sara die Wahrheit geſprochen? 15 Meter Damm und verſanken gerade in dem Augen⸗ blick, als ein Zug von Lowys (kleine Eiſenbahn⸗ wagen) in paſſierte. 6 Wagen und 5 italieniſche Arbeiter verſchwanden in den eiſigen Fluten. Die Arbeiter ſind gerettet, die Lowys liegen auf dem Schlamm des Grundes, der etwa 17 Meter tief it. — Hoek van Holland, 27. Febr. Die holländiſche Regierung ordnete die Hebung dez Wracks der „Berlin“ an. Die geſunkene Wertpoſt wird auf 1 Million geſchätzt. Mit dem Dampfer gingen von einer engliſchen Firma Diamanten jim Werte von 16 Millionen unter, die verloren ſind. Für die Wiederbeſchaffung der Wertſachen iſt eine Belohnung von 100 000 Mark ausgeſetzt. — London, 27. Febr. In Montreal in Kanada brannte die prächtige evangeliſche Schule gh. Unter den Schülern brach eine Panik aus. — Montreal, (Kanada), 27. Febr. Die Opfer in der hieſigen proteſtantiſchen Schule waren in das brennende Gebäude eingeſchloſſen, ohne daß ſie die geringſte Ausſicht auf ein Entkommen hatten. Das Feuer brach während des Unterrichts aus. Die Schulvorſteherin opferte, bei dem Verſuch, die kleinſten Kinder zu retten, mit Heldenmut ihr Leben. Ihre Leiche wurde umringt von kleinen Kinderleichen gefunden. Die Kinder verſuchten, durch die Fenſter zu entkommen, wurden aber vom Rauch zurückge⸗ drängt und erſtickten. Beim Ausbruch des Feuers waren etwa 250 Kinder in der Schule anweſend, wie viele davon umgekommen ſind, iſt noch unbe⸗ kannt. Bis geſtern hatte man etwa 40 Leichen geborgen. Es herrſcht kaltes Winterwetter. Die Feuerwehr konnte kaum Waſſer erhalten und be⸗ kämpfte die Flammen nur mit großen Schwierig⸗ keiten. Eingeſandt. Auf Veranlaſſung des Herrn Geheimrat und Stadtdirektor Lanz in Mannheim ſehe ich mich ber⸗ anlaßt, nachdem ich mit jenem Herrn, wegen der fortwährenden Beläſtigungen und Beleidigungen auf öffentlichen Verkehrsſtraßen ſeitens einiger Rowdies, heute eine längere Unterredung hatte, öffentlich be⸗ kannt zu machen, daß ſobald es nocheinmal gewagt werden ſollte, mich öffentlich durch gröbliche Ver⸗ unglimpfungen zu beläſtigen, die Betreffenden die geſetzliche 5 ewärtigen haben. ſelbſtſüchtig, mein Herr, das muß ich zugeben, aber niemals fügte er jemand ein Unrecht zu, bis er mit Ihnen in Berührung kam. Und welches Gli hat die böſe Tat Ihnen beiden gebracht?“ Sie hielt inne aber Alfred Merivale verharkt in ſeinem Schweigen; Sam bezweifelte, daß et überhaupt alles erfaßte, was um ihn vorging. Als Sara nun das Zimmer verließ, und den Weg zeigte, diesmal die enge Treppe hinauf, ek wartete Sam halb und halb, daß Meivale zurück bleibe. Allein ſobald er ſich ſelbſt in Bewegung ſetzte, folgte ihm der andere und ſie ſchritten lange ſam hinter der alten Frau die Treppe hinauf, Sams kräftige Geſtalt zitterte wie Eſpenlaub, er vermochte ſich nur mit Mühe aufrecht zu halten. Sollte er ſeinen Jungeu lebend wiederfinden, oder war alles uur ein ſeltſamer Traum, aus dem er in der nächſten Minute erwachen würde? Jetzt machte Sara vor einer Tür hallt und legte warnend den Finger auf den Mund. „Obſchon er lebt, ſo hängt doch ſein Leben nur an einem Faden,“ flüſterte ſie; „ich wundere mich ſchon oft, daß das Ende nicht kam. Aber ich betete um ſein Leben, ich tat alles, um ihn dn retten, den Jungen, nicht nur um ſeinetwillen, ſondern auch weil ich die furchtbare Sünde von meines Herrn Seele nehmen wollte.“ l Geräuſchlos öffnete ſie die Tür, und ſchlich hi⸗ nein. Hier ſah alles ſehr behaglich aus. Zu den geöffneten Fenſtern ſtrömte die milde Abendluft un⸗ gehindert ein; eine Lampe brannte dicht neben dem Bett, auf dem eine ſtille Geſtalt ausgeſtreckt lag, das Geſicht von den Eintretenden abgewendet. Sara neigte ſich über das Lager, und gab dann Sam ein Zeichen näher zu kommen. (Fortſetzung folgt ) N