Bayern anzutreffen, ſondern er iſt eine deutſche Verkehrskalamität, die Induſtrie und Handel um Millionen ſchädigt. Aber zum Teil iſt dieſe Kalamität doch auf das bahriſche Konto zu ſchreiben, weil die bayriſchen Befürchtungen wegen der Reſervatrechte die Eiſenbahnbetriebsgemeinſchaft und dadurch die Güterwagengemeinſchaft vereitelten. Tauſende von leeren Güterwagen werden täglich ſpazieren gefahren, während Induſtrie und Handel keine Wagen bekommen können, weil veraltete Ver⸗ kehrsanſchauungen und vexatoriſche Verkehrs⸗ beſtimmungen es nicht erlauben. Das ſich gefähr⸗ det glaubende bayriſche Reſervatrecht möge doch endlich einmal von ſeiner unbegründeten Aengſtlich⸗ keit ablaſſen, ſeine treuen Hüter dürfen verſichert ſein, daß ihre Furcht ſich als total unberechtigt herausſtellen wird. Das hiſtoriſche bayriſche Reſer⸗ vatrecht bedeutet doch nicht das ganze Sein des Königreichs Bayern! Fallen die weiß⸗ blauen Schlagbäume in der deutſchen Verkehrspolitik, ſo erhält das Reich ſeine zeitgemäße Betriebseinheit. i — Heidelberg, 1. Nov. Ein hartnäckiger Selbſtmordkandidat war ein im hieſigen Männer⸗ pfründnerhaus untergebrachter Kaminfegermeiſter. Er verſuchte dadurch Selbſtmord zu begehen, daß er ſich aus dem Fenſter ſtürzte. Da er aber nur einige kleinen Verletzungen davontrug, ging er in ſein Zimmer und erhängte ſich. Heidelberg, 1. Nov. Ein Unterofftzier vom hieſigen Grenadierbataillon, der ſich ſeit einigen Tagen in Feudenheim aufhielt, unternahm vorgeſtern einen Selbſtmordverſuch. Er ſuchte ſich die Puls⸗ ader zu öffnen, gab aber dieſes Beginnen wieder auf und ſtürzte ſich die Treppe vom zweiten Stock in den erſten hinab. Ein Gendarm überführte den Bewußtloſen ins Militärlazarett nach Mannheim. Der Unteroffizier heißt Bleickert. Von ſeinem Truppenteil hatte er ſich ohne Erlaubnis entfernt. — Pforzheim, 1. Nov. Hier wurde der 24 Jahre alte Kaufmann Singer von Wildberg, der einem Brantweinhändler 1100 Mark unter⸗ ſchlug, mit ſeiner Geliebten verhaftet. Das Geld war bis auf 132 Mark verausgabt worden. — Mühlheim, 31. Okt. Ein hieſiger Einwohner begoß nach vorausgegangenem Zwiſt ſeine Frau mit dem Inhalt einer Petroleumkanne und zündete alsdann die mit Petroleum getränkten Kleider an. Die Frau erlitt ſchwere Brandwunden und wurde in hoffnungsloſem Zuſtande in das ſtädtiſche Krankenhaus gebracht. Der rohe Ehegatte wurde verhaftet. Berlin ! No; In dem Papier⸗ Engros⸗Geſchäft Salinger und Leppmann in der Lindenſtraße wurde letzte Nacht ein Einbruch ver⸗ übt. Die Diebe erbrachen den Geldſchrank und raubten 35000 Mark bares Geld. — Hamburg 1. Nov. In Altona erhängte ſich gemeinfchaftlich das gut ſituierte Ehepaar Witt, weil die Ehefrau an einem Magenübel litt. Die Ehefrau iſt tot. Der Mann wurde durch Reiſen des Strickes gerettet; er iſt aber ſchwer krank. — Stettin, 1. Mov. Wie die Neueſt. Nachrichten melden, wurde das Dorf Raven⸗ ſtein von einer großen Feuersbrunſt heimgeſucht, die in wenigen Stunden 24 Gehöfte einäſcherte. Eine Frau und zwei Kinder werden vermißt, wahr⸗ ſcheinlich ſind ſie in den Flammen umgekommen. — Schleswig, 1. Nov. Eine furchtbare Szene ſpielte ſich auf der Eiſenbahnſtation Jübeck ab. Eine Frau wollte mit ihrem Säugling auf dem Arm ihren vierjährigen auf das Geleiſe ge⸗ kommenen Sohn kurz vor dem Einlaufen eines Zuges zurückziehen. Alle drei Perſonen wurden von der Lokomotive erfaßt und tötlich verletzt. — Paris, 30. Okt. Montpellier wurde in der vorletzten Nacht durch verbrecheriſche Hände ein Güterzug zum Entgleiſen i gebracht. 400 Meter weit waren die Schienen losgeſchraubt und die Schwellen auf das Geleiſe gelegt worden. ſtürzten den Bahndamm herab und zogen zehn Wagen hinter fich mit, vier derſelben wurden voll⸗ ſtändig zertrümmert, aber der Lokomotivführer und der Heizer blieben unverſehrt. Der Täter war ein Verrückter, der an Zerſtörungswut litt, und übrigens ſelbſt von dem Zuge überfahren und ge⸗ tötet wurde. — London, 1. Nov. „Newyork Sun“ meldet aus Wyoming, Oberſt Cody, genannt Buf⸗ falo Bill, ſei mit ſeiner Jagdgeſellſchaft von 15 Europäern und Amerikanern im Schneeſturm auf den Bighornbergen verloren. Eine Rettungsmann⸗ ſchaft kann erſt abgehen, wenn der Schnee in den Cannons ſich ſetzt. Stockholm, 1. Nov. Auf dem Maelarſee fand nachts ein Zuſammenſtoß des Dampfers Tranſit mit dem Schnelldampfer Ferm ſtatt; beide aus Stockholm. Der Ferm iſt geſunken. Von ſeiner Beſatzung wurden 6 Perſonen vom Tranſit gerettet, die übrigen fünf ſind ertrunken. „Stett. Auf der Strecke zwi⸗ ſchen Vias und Villeneuve in der Gegend von Die Lokomotive und der Tender Fiume 1. Nov. Ein furchtbarer Sirocco hat längs der Küſte von Dalmatien gewütet und großen Schaden angerichtet. Zahlreiche Schiffe ſind geſtrandet, mehrere werden vermißt. Mehrere Eiſen⸗ bahnzüge wurden vom Sturm umgeworfen. Ob Menſchen⸗Verluſte zu verzeichnen ſind, iſt bisher noch nicht bekannt. Allerſeelen! Am Allerſeelentage In trüber Herbſtes zeit: Es duftet auf jedem Grabe Und Lichter glühen heut. 0 1 4 Hart an des Friedhofs Mauer . 805 Begraben liegt mein Freund, 8 * 82 Zuſammen mit ſeiner Liebſten, f i Im Tod freimuts vereint N W So ruhen ſte Seit, an Seite. 5 1 Was in den Tod ſie trieb? i e Sie ſollten einander laſſen 2 fr N 0 Und hatten ſich zu lieb. 3 8 Es ſteht auf ihrem Grabe 1 Ein wilder Roſenſtrauch, 2 * Verweht hat ſeine Blüten Des Herbſtes ſcharfer Hauch, Wohl duftet heut kein Blümlein Und brennt kein Lichtlein dort, Es ſcheuen im Dorfe die Leute Den düſtern, verrufenen Ort. Doch leuchten zwei holde Sterne Dem Freunde und ſeinem Schatz Zum Allerſeelentage Am Armeſünderplatz. Die Rheiniſche Hypothekenbank in Mannheim widmet ſich u. a. auch der Pflege des Depoſitengeſchäftes (Annahme von Bar⸗ einlagen zur Verzinſung). Sie nimmt Spar⸗ einlagen in beliebig hohen Beträgen zur f Verzinſung nach Vereinbarung an. Die Bank — e beſorgt ferner die Aufbewahrung von Wertpa⸗ a 7. 898 pieren, Urkunden u. ſ. w. gegen mäßige Ver⸗ 89 Ax Nr Luther W 4 gütung. Mündelgeld kann bei der Bank angelegt werden, ebenſo können Wertpapiere von Mündeln der Bank zur Aufbewahrung übergeben werden. Wir verweiſen auf das Inſerat in unſerer heutigen Nummer.. 8 1 a 1 keinen Grund zur Furcht,“ ſimulierte der Fremde weiter, „und bei Gott! erſt jetzt erkenne ich ſo recht den Preis, um den er kämpfte. Ein Millionär, einem Titel ſo alt wie unſere Berge, dazu ein Beſitztum, deſſen Wert unſchätzbar iſt — wahrlich, dafür kann man ſchon etwas wagen! Und doch, bobſchon ich ſelbſt ein ſchlechter Kerl bin, weiß ich nicht, 5 ob ich all die Schandtaten fertig gebracht hätte, wie er.“ In dieſem Augenblick ſchien ihm eine Erin⸗ nerung zu kommen, denn ſeine Brauen zogen ſich flinſter zuſammen. „Aber er ſoll mir bezahlen für die ſchwarze Tat,“ murmelte er leiſe; „ich will meine Rache haben — nicht auf einmal, aber Zoll für Zoll. Es iſt nur recht und billig. Habe ich ſrüher mit ihm gearbeitet, will ich jetzt auch mit ihm teilen.“ 5 Als die Beerdigung vorüber war, entfernte ſich der Fremde mit der übrigen Menge und kehrte in das Wirtshaus in dem kleinen Dörfchen zurück, wo er Abſteigquartier genommen hatte. Der Wirt hielt ihn für einen der „Zeitungsmenſchen,“ der gekommen war, um einen Bericht über Sir Egberts Beſeitzung für ſein Blatt zu verfaſſen, und er ließ ihn bei ſeiner Meinung. Es amüſierte ihn, in der Wirts⸗ ſtube zu ſitzen und den Leuten zuzuhören, die trin⸗ kend und rauchend die Ereigniſſe des Tages be⸗ ſprachen. Auf dieſe Weiſe hörte er viel von Merivales und war frappiert über die warme Zuneigung, die man der alten Familie zollte. Sehr bald erkannte er auch, daß jene Linie, welcher der neue Baronet entſtammte, ſich ſehr geringer Achtung erfreute. Alles, was ſich auf Alfred Merivale bezog, war von großem Intereſſe für ihn und ſo munterte er durch einige anſcheinend gleichgiltige Fragen die Leute noch weiter zum Reden auf. Seinen Mund umſpielte ein kaum merkliches Lächeln, als er hörte, mit welcher Erbitterung man von dem verſtorbenen Robert Merivale ſprach. Sir Ebert hatte ſeinem Ver⸗ wandten, eine Zeitlang die Oberleitung der Geſchäfte auf dem ganzen Beſitztum, übertragen gehabt und es ſchien, als ob es kaum etwas Tadelnswertes gebe, daß dieſer während ſeiner Dienſtzeit, ſich nicht hätte zu ſchulden kommen laſſen. Später am Tage begab ſich der Fremde aus dem Wirtshauſe nach Wilberforce hinauf. Er nannte dem Hausmeiſter ſeinen Namen und fügte bei: „Sir Alfred erwartet mich. Ich bin in Ge⸗ ſchäften hier.“ Der Diener ließ ihn ſofort ein und ging vor⸗ aus in die verdunkelte Halle, in welcher vor wenigen Stunden, Sir Egberts Leiche aufbewahrt geweſen, nach einem der Zimmer zu ebener Erde. Als er die Tür öffnete und Herrn Viktor Parnell anmeldete, ſchrack Sir Alfred, der ſich ge⸗ rade im Geſpräch mit einem ſeiner Beamten befand, heftig zuſammen u. verfärbte ſich auffallend. In der nächſten Minute übergoß eine glühende Röte ſein Geſicht und ſeine Augen ſprühten Blitze. Er mußte ſich große Gewalt antun, um ruhig zu bleiben und ſchien in Verlegenheit, wie er ſeinen Beſucher anreden ſolle. Allein dieſer war offenbar vor⸗ bereitet. „Ich hoffe, ich habe Sie nicht mißverſtanden, Sir Alfred, ſagte er gewandt und man ſah auf den erſten Blick, daß er von Geburt und Erziehung ein Gentlemann war, „ich glaube es ſei ihr Wunſch, daß ich mein Amt als Sekretär heute antrete?“ Sir Alfred hatte ſich jetzt hinreichend gefaßt, um ruhig zu erwidern: „Ich erwartete Sie heute allerdings noch nicht, Herr Parnell aber es iſt gut, daß Sie hier ſind. An ſolchen Tagen gibt es natürlich eine Menge Schreibereien zu beſorgen.“ Der Beamte nahm dies für einen Wink, ſich ae „Friebe 6 5 in N zu entfernen und verabſchiedete ſich. Viktor Parnell fand es ſehr auffallend, daß Sir Alfred ihm bis zur Halle das Geleite gab, aber er ahnte, daß dieſer Walt r K 100 einige Minuten des Allſeins dringend bedürfe. So 1 eng 8 fc ſchlenderte er im Zimmer umher, betrachtete die 2 alten Kupferſtiche der Wände und blätterte in den Auffal Büchern die auf dem Tiſche lagen. 8 1 ., „Ein hübſches Ouartier, Sir Alfred, bemerkte , er in ironiſchem Tone, als der Baronet wieder das . 0 Zimmer betrat, allein dieſer würdigte ihn keiner 1 d, 8 * Antwort. Er trat dicht vor ihn hin und fixierte , ihn ſcharf. 5 pes Was tun Sie hier?“ fragte er mit leiſer 1 dei grollender Stimme. „Halten Sie ſo ihren Vertrag nie Als wir uns neulich Abends trennten, gab ich cn fü II Ihnen eine große Summe. Es war —“ un te gen „Eine Abſchlagszahlung auf das große Ein re kommen, worauf ich nun ein Recht habe,“ fiel ih et g der andere ins Wort. „Aber halten wir uns nicht äftsf mit Kleinigkeiten auf; um darüber zu ſprechen, bin kvan gel f ich nicht gekommen.“ Si „Was ſoll dies bedeuten ?“ fragte Sir Alfred mit heiſerer Stimme. a „Dies ſoll bedeuten, alter Junge, daß ich mit Ihnen ſinken oder ſchwimmen werde. Ueberraſcht Sie dies ſo ſehr?“ 8 90 „Sie ſind ein Elender!“ war die heftige Er⸗- regung. „Ich bin Ihresgleichen, erwiderte Parnell mit Hohn — „ebenſo gut geeignet auf dieſen alten Herrenſitz zu wohnen, wie Sie. Doch laſſen wir die Torheiten vorläufig beiſeite, Merivale. Sie wiſſen ſo gut als ich, daß ein Mann nicht ſo tief ſinkt wie wir beide geſunken ſind, ohne ſich dafür bezahlt zu machen. Sie glaubten mein Schweigen durch gelegentliche Geldgeſchenke erkaufen zu können, aber Sie irrten ſich.“ (Fortſetzung folgt.)