5 Preis vierteljährlich Mark 1.— Redaktion, Druck und Verlag der 8 22 für Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. mit illuſtriertem Sonntagsblatt frei ins Hau Nofbuchdruckerei Karl Molitor, Ladenburg. Lade 1 Sl. rr Eine wendung in der braun⸗ ſehzweigiſehen Angelegenheit. Die braunſchweigiſche Thronfolge⸗ und Regent⸗ ſchaftsfrage hat jetzt in ihrer Entwickelung inſofern eine neue Wendung genommen, als durch die in den letzten Tagen veröffentlichte Antwort des Reichs⸗ kanzlers und preußiſchen Miniſters des Aeußeren Fürſten Bülow auf die ihm übermittelte Entſchließ⸗ ung des braunſchweigiſchen Landtages die Thron⸗ folge des Herzogs von Cumberland in Braunſchweig als höchſt fraglich geworden erſcheint. Der leitende Staatsmann des Reiches und Preußens ſpricht ſich in ſeinen Antwortbriefen an das braunſchweigiſche Staatsminiſterium mit einer an ihm faſt über⸗ kaſchenden Beſtimmtheit gegen eine etwaige Ueber⸗ nahme der Regierung des Herzogs von Cumberland n Braunſchweig aus, wobei er durchblicken läßt, daß die fortdauernden Beſtrebungen der Welfen, der Parteigänger des Herzogs Ernſt Auguſt, auf Wiederaufrichtung des Königreichs Hannover, es der preußiſchen Regierung unmöglich machen würden, der Thronbeſteigung des welfiſchen Prätandenten in Braunſchweig ihre Zuſtimmung zu geben. Da⸗ küber allerdings, ob ein etwaiger formeller Verzicht des Cumberländers auf Hannover die preußiſche Regierung zu einer veränderten Stellungnahme gegenüber den cumberländiſchen Anſprüchen auf Braunſchweig veranlaſſen würde, enthält die Bülow⸗ 710 1 lerſchul 1 vormittags entgegen. die ergebene Aug ptſtraße, bern nbäcken nden auf das gen. ſche Antwort allerdings keine Andeutung, es iſt indeſſen anzunehmen, daß ſelbſt ein derartiger Schritt achtungsvol des Herzogs Ernſt Auguſt heute zu verſpätet käme, um ihm oder einem ſeiner Söhne den Weg zum hraunſchweigiſchen Throne noch zu ebnen. Hat doch nch Fürſt Bismarck im preußiſchen Landtage einſt kkklärt, daß auch ein perſönlicher Verzicht des Her⸗ zogs von Cumberland auf Hannover der preußiſchen Regierung keine Bürgſchaft für das Aufhören der Roman nach dem Engliſchen von Clara Rheinau. 5 (Nachdruck verboten.) 1. Kapitel. Einſam und öde war die Gegend, aber trotz⸗ dem entbehrte ſie nicht einer gewiſſen Schönheit. Meilenweit im Umkreis war keine menſchliche Be⸗ Hauſung zu erblicken; allenthalben herrſchte tiefe Stille, nur das glänzende Metall der Eiſenbahn⸗ ſchienen, die ſich durch die grüne Landſchaft ſchläng⸗ Alten, brachte etwas Leben in dieſe Einförmigkeit. Die kleine Bahnſtation am Wege machte einen krübſeligen, verlaſſenen Eindruck, ausgenommen zu en Zeiten, wenn ein langer Expreßzug einige Minuten hier anhielt, um die kleine Poſttaſche auf⸗ zunehmen oder auch die einzelne Paſſagiere aus den Anſiedlungen jenſeits der Berge. b Nur ein Beamter und ein Junge hatten die Hohut über dieſe Station, aber an dem Tage, Bahnſteig ungewöhnlich belebt. Seltſam ausſehende Heſtalten waren es, alle in eine Art dunkle Uni⸗ hatten. Erſt als ſie auf den lauten Ruf eines Mannes, welcher der Aufſeher der ganzen Geſellſchaft zu ſein ſchien, ſich in Bewegung ſetzten, verriet das Mürren von eiſernen Ketten, daß dieſe Leute Gefangene Waren. Einem ſcharfen Beobachter wäre es aber — . ͤ a Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Reklamen 20 Pfg. Anzeigen welche am Tage des Erſcheinens bis Nachmittags Bei größeren Aufträgen Rabatt. 2 Uhr eintreffen finden ſofortige Aufnahme. Dienſtag, den 9. Obtober 1906. aaa. e e eee auf die Losreißung Hannovers gerichteten Beſtreb⸗ ungen der Welfenpartei gewähren würde, und an dieſer Auffaſſung hält Preußen offenbar noch in⸗ mer feſt. Einſtweilen verſinkt nunmehr die braunſchweig⸗ iſche Thronkandidatur des Cumberländers wieder im Hintergrunde, zugleich beſtehen aber die eigen⸗ artigen Schwierigkeiten, die ſich der Thronbeſteigung einer anderen fürſtlichen Perſönlichkeit in Braun⸗ ſchweig entgegentürmen, fort, ſodaß der braunſchweig⸗ iſche Regentſchaftsrat zum Notmittel des Vorſchlages eines neuen Regenten gegriffen hat. In einer von ihm am vergangenen Freitag abgehaltenen Sitzung wurde beſchloſſen, den Landtag zum 18. Oktober einzuberufen und ihm die Wahl des Prinzen Fried⸗ rich Wilhelm von Preußen, des dritten und jüngſte Sohnes des verſtorbenen Prinz⸗Regenten Albrecht zum Regenten vorzuſchlagen. Die Wahl eine anderweitigen Regenten würde freilich nur die Fort⸗ ſetzung des bisherigen Regierungsproviſoriums im Herzogtum Braunſchweig bedeuten, und das Staats⸗ miniſterium wie der Landtag von Braunſchweig haben ja in ihren jetzt ebenfalls im Wortlaut ver⸗ öffentlichten Kundgebungen an den Fürſten Bülow ohne Umſchweife auf das Nachteilige eines weiteren Regierungsproviſoriums für das Land hingewieſen. Wie indeſſen die Dinge nun einmal liegen, iſt an eine Uebernahme der Regierung von Braunſchweig durch den Herzog von Cumberland vorerſt kaum noch zu denken, und ſo hat denn der Regentſchafts⸗ rat durch ſeinen Beſchluß der Wahl eines neuen Regenten aus der Not eine Tugend gemacht. Es iſt wohl kaum daran zu zweifeln, daß der braun⸗ ſchweigiſche Landtag den Vorſchlag, den Prinzen Friedrich Wilhelm von Preußen zum Nachfolger ſeines verewigten Vaters in der Regentſchaft des Herzogtums zu wählen, folgen wird und auch an der erforderlichen Zuſtimmung des Bundesrates zu ohnedies ein leichtes geweſen, dieſe Tatſache aus den meiſten Geſichtern, der Gefangene heraus zu leſen, deren roher, brutaler Ausdruck höchſt abſtoßend wirkte. Der Stationsvorſteher hatte die Gefangenen bei ihrem Ausſteigen aus einem beſonderen Wagen des letzten Expreßzuges mißtrauiſch beobachtet. „Scheint mir kaum ſicher, ſolche Kerle mit nur zwei Wärtern durch das Land zu ſchicken,“ murmelte er vor ſich hin. Aber er wagte nicht, ſeine Befürchtung bei einem der Aufſeher auszu⸗ ſprechen. Er ſah, daß beide tüchtige wohlbewaffnete Männer waren, und ein Blick auf die Ketten und Füßen der Verbrecher beruhigte ihn vollends. Wenn es auch ſieben gegen zwei waren, ſo mußten die letzteren bei einem etwaigen Kampfe doch ſicher die Oberhand gewinnen. Während der Stationsvorſteher in ſeinem kleinen Bureau ſaß und eifrig Einträge in ſeine Bücher machte, wandten ſich ſeine Augen ſtets un⸗ unſere Geſchichte beginnt, war der holperige form gekleidet, die, größtenteils düſter vor ſich hin⸗ ſtarrend, auf einer Bank hier Platz genommen willkürlich wieder der Reihe düſterer Geſichter draußen zu und er ſehnte den nächſten Zug herbei, der dieſe unheimlichen Paſſagiere mit fortnehmen werde. Er hatte gehört daß ein anſteckendes Fieber in ihrem bisherigen Gefängnis ausgebrochen ſei und daß ſie nun in ein anderes Haftlokal überführt würden. „Sehen mir nicht aus, als ob das Fieber ihnen etwas anhaben könne,“ brummte der Stations⸗ vorſteher Sam, Burh ein braver Mann, der vor vielen Jahren ſeine nordengliſche Heimat verlaſſen, Land lieben gelernt, in dem er eine zweite Heim wie der Stationsvorſteher deutlich bemerkte, eine ei. dieſer Wahl iſt nicht zu zweifeln. Prinz Friedrich f Wilhelm ſteht im 27. Lebensjahre, er iſt Haupt⸗ mann im Kaiſer⸗Alexander⸗Garde⸗Regiment und gegenwärtig zur Dienſtleiſtung beim Großen General⸗ ſtab kommandiert. Schwerlich iſt der Prinz infolge ſeiner militäriſchen Laufbahn bis jetzt in der Lage geweſen, einen Einblick in den Gang der Regier⸗ ungs⸗ und Staatsgeſchäfte nehmen zu können, ſo daß er ſich, ſollte er in der Tat auf den verant⸗ wortungsreichen Poſten eines Regierungsverweſers des Herzogtums Brannſchweig berufen werden, zu⸗ nächſt ganz auf den Dienſt der Männer, die ſchon ſeinem Vater erprobte Berater waren, vor allem des Staatsminiſters Dr. v. Otto, angewieſen ſehen würde. Verſchiedenes. e Ladenburg, 9. Okt. Die Ankunft der Großherzoglichen Herrſchaften in Mannheim wird am Freitag, den 12. ds. Mts., vormittags 11 Uhr erfolgen. — Laden burg, 8. Okt. Bei der am 4. Oktober in Seckenheim ſtattgehabten Schweine⸗ prämierung erhielt für jüngere Zuchtſauen Loui Carque einen 3. Preis mit 20 Mark und für ältere Zuchtſauen Chr. Schowalter einen 2. Preis mit 40 Mark. 5 Ladenburg, 9. Okt. Morgen Mitt⸗ woch feiert einer unſerer älteſten Bürger, Herr Malermeiſter Jakob Engel J., ſeinen 80. Geburts⸗ tag. Dem greiſen Jubilar die herzlichſten Glück⸗ wünſche. g — Schriesheim a. d. Bergſtr., 7. Okt. Am Samstag nachmittag fand unter Anweſenh des Herrn Baukontrolleurs Hecht aus Mannheim und unter Leitung eines Ingenieurs der Firma Kiefer und Borchmann G. m. b. H. in Heidelberg die amtliche Belaſtungsprobe der im Neubau des um in der neuen Welt in Kanada ſein Glück zu probieren. Noch hatte er keine Reichtümer ge⸗ ſammelt, aber er murrte niemals, denn er verdiente genug für ſeine beſcheidenen Lebensanſprüche. Wenn auch ſein Herz ſich manchmal nach der trauten Heimat ſehnte, ſo hatte er doch das ſchöne wild gefunden. i Um die Mittagsſtunde ſchickte er ſich an, ſein einfaches Mal einzunehmen, aber es wollte ihm heute gar nicht ſchmecken. Dieſe Reihe von Elenden ſchien ihm den Appetit zu verderben. „Wie kann ich eſſen,“ ſagte er ſich, „wenn jene vielleicht ſtundenlang keinen Biſſen über die Lippen gebracht haben. Da iſt einer unter ihnen,“ grübelte er weiter, „der ſieht niedergedrückt aus. Kein böſes Geſicht, muß einſt ſchöner geweſen ſein; auf alle Fälle gleicht er ſeinen Genoſſen nicht im mindeſten.“ 5 Der fragliche Mann ſaß regungslos, mit verſchlungenen Händen, den Blick ins Leere gerichtet, 5 am Ende der Reihe. Er war ſchlank und von feinerem Körperbau als die übrigen; aus ſeinen Zügen ſprach hoffnungsloſe Trauer, aber nichts Bos⸗ 5 haftes und Brutales lag darin. Um ſeine Gefährten kümmerte er ſich nicht, allein zwiſchen dieſen ſchien, Art Augenſprache geführt zu werden. Wieder durchzuckte ihn der Gedanke an eine drohende Gefahr, und noch während dieſer Gedanke 1