tan Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. 0 Preis vierteljährlich Mark 1.— Redaktion, Druck und Verlag der mit illuſtriertem Sonntagsblatt frei ins Haus. Anzeigen: Die einſpaltige Garmondzeile 10 Pfg. Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Reklamen 20 Pfg. Bei größeren Aufträgen Rabatt. Anzeigen welche am Tage des Erſcheinens bis Nachmittags 2 Uhr eintreffen finden ſofortige Aufnahme. 5 . 5 8 * * Hofbuchdruckerei Karl Molitar, Ladenburg. N „ „ — . — 4 8 el Naeh der Ersffnung der vuſſiſehen Reichsdumg. Mit dem 10. Mai iſt Rußland in die Reihe 5 0 nüt dieſem Tage iſt bekanntlich der Zuſammentritt der Reichsduma, der neuen ruſſiſchen Volksvertretung, nach vorangegangener feierlicher Eröffnung durch den Zaren erfolgt. Wie dies Ereignis auf die inneren Verhältniſſe Rußlands einwirken wird, und ob es vor allem als der Beginn einer gedeihlichen politiſchen Entwicklung des Zarenreiches betrachtet N bleiben. Zunächſt erfüllt es mit Genugtuung, daß N die Eröffnung und der Zuſammentritt der Duma ohne jeden ſtörenden Zwiſchenfall verlaufen iſt, doch muß noch durchaus abgewartet werden, wie ſich nun das Verhältnis zwiſchen der Regierung des Zaren 132 und der Duma entwickelt. Eine Verſtimmung hat es jedenfalls ſchon gegeben; in den Reihen der demokratiſch⸗ liberalen Elemente der Reichsduma herrſcht Enttäuſchung darüber, daß die Thronrede des Zaren kein Wort über eine zu erwartende po⸗ litiſche Amneſtie enthielt. Die demokratiſche Mehr⸗ heit der Duma wird daher vor allem die Forder⸗ ung des Erlaſſes einer ſolchen Amneſtie erheben. Die Petersburger „Naſcha Schisn“ iſt in der Lage, mitzuteilen, die Adreſſe der Duma an den Kaiſer, welche gegenwärtig von der Kommiſſion der Parla⸗ mentsfraktion der konſtitutionell⸗demokratiſchen Par⸗ tei entworfen wird, werde die Notwendigkeit einer Amneſtie, der Gewährung von bürgerlichen und po⸗ litiſchen Freiheiten an alle Bürger und der Be⸗ ſeitigung der Scheidewand zwiſchen dem Monarchen und der Duma, das heißt des Reichsrates, betonen. Das Blatt ſchreibt weiter, die Thronrede ſchweige vollſtändig über die Regierung. In Wirklichkeit exiſtiere auch noch keine Regierung, ſondern es ſeien —— — der konſtitutionellen Staaten eingetreten, denn an werden kann, das muß vorerſt noch dahingeſtellt nur Perſonen auf Staatspoſten vorhanden, welche auf das Erſcheinen der aus der Volksvertretung hervorgehenden wahren Regierung warten. Jeden⸗ falls findet die Dumaforderung einer umfaſſenden Amneſtie die Unterſtützung faſt der geſamten Peters⸗ burger Preſſe. Es iſt anzunehmen, daß die Re⸗ gierung ſich dieſem erſten Wunſche des Volkes nicht entgegenſtellen wird, denn ſonſt wäre ein Konflikt von unabſehbaren Konſequenzen da. Weiter hat der Zentralvorſtand des „Verbandes vom 30. Oktober“, der wegen ſeiner Regierungsfreundlichkeit bei den Wahlen eine völlige Niederlage erlitten hat, und jetzt eine Aenderung ſeines Programmes im Geiſte der linken Parteien vornehmen dürfte, eine Reſolution angenommen, wonach an den Kaiſer ein ſei. das Organ der Mittelpartei der Duma, der ſoge⸗ nannten Kadettenpartei, an. gierung habe keinerlei Schritte getan, um der öffent⸗ lichen Meinung entgegenzukommen an dem Tage, friedigung aufgenommen worden wäre. Die Re⸗ gierung zeichne ſich durch die Fähigkeit aus, den richtigen Moment zu verpaſſen. Von der Thron⸗ alle heiklen Themen. Die Regierung bewege ſich auf dem engen Pfade, auf dem ſie ſchon längſt in phantaſtiſcher Furcht von den Roten und noch mehr hergeſchwankt habe, weder ſchreitend. alles ringsum fortſchreitet, das heißt: Zurückweichen. Nach alter Weiſe laſſe die Regierung einen beſtimm⸗ ten Plan vermiſſen. Es kann alſo, wenn die Regierung ſich gegen⸗ über den angedeuteten erſten Wünſchen der Duma lau oder gar ablehnend verhalten ſollte, leicht zu vor⸗ noch rückwärts⸗ Schach dem Könige! Hiſtoriſche Novelle von Carl Caſſau. Schluß. 8 (Nachdruck verboten.) Der Pandurenleutnant erklärte, der Baron War⸗ kotſch habe es befohlen. Dann eilte er mit ſeinen Leuten davon. Selma nahm ECliſe liebesvoll auf, beide aber waren froh, als der vom Amtmann geſandte Wagen unter dem Schutze preußiſcher Huſaren ankam, ſo daß ſie die Heimkehr antreten konnten. Unter⸗ wegs ſprachen ſich beide Frauen gegenſeitig aus; Eliſe erfuhr jetzt erſt, welches Schickſal ihr gedroht. Selma und Eliſe wurden intime Freundinnen. Leo war es vergönnt, noch vor dem Abende dieſes ereignisvollen Tages die geliebte Braut wieder ans Herz zu ſchließen; Selma aber wollte ihr Herz nicht an einen Mann hängen, der ſich mit ſo vielen Verbrechen beſudelt. Warkotſch, ſo hieß es, wäre erſchoſſen worden, und Selma atmete auf, als ſie ſich von den Feſſeln des Verbrechers frei fühlte. Sie hat während des Reſtes der Lagerzeit Leos Freund, Rudolf von Adelebſen, kennen gelernt, und es iſt wohl möglich, daß nach dem Friedensſchluſſe in Woiſelwitz auf dem Amtshofe eine luſtige Doppel⸗ hochzeit ſtattfindet. Und der Friede kam. Friedrichs Feldherrntalent überwand ſelbſt die Ausdauer ſeiner Feinde und gekrönt mit dem Lorbeer des Genies konnte er ſich endlich in Sansſouci zur Ruhe ſetzen, als die Glocken den Frieden von Hubertsburg einläuteten. In den gnädigſten Ausdrücken beglückwünſchte dann Seine Majeſtät die beiden Brautpaare auf dem Amtshofe zu Woiſelwitz, als die Doppelhochzeit im Frühjahre 1764 luſtig gefeiert wurde. Zugleich erhielt das königliche Handſchreiben für Rudolf von Adelebſen, welcher von nun an der Bewirtſchaftung ſeiner Güter leben wollte, unter Beilegung des Generaltitels die Entlaſſung aus dem königlichen Dienſte, Leo von Strachnitz aber wurde zum Stadt⸗ kommandanten von Breslau ernannt, welchem Amte er noch lange Jahre an der Seite ſeiner Eliſe vorſtand. g Im Armenſpital zu Breslau lag ein Kranker, der ſich unaufhörlich unruhig umherwälzte; es war ein Säufer, der am Delirium zu leiden ſchien. Wiederholt hatte er den Arzt gebeten, er möge ver⸗ anlaſſen, daß er den Stadtkommandanten ſprechen könne, bis ſich endlich der Mediziner erweichen ließ und einen Zettel an Leo mitnahm, der nichts als das Wort Warkotſch enthielt. Als der Doktor dieſen dem General überreichte, erblaßte derſelbe. den in die Acht erklärten Königsmörder und Ver⸗ räter aburteilen zu laſſen? — Er ſchwankte lange. Endlich rief er den Arzt zu ſich: f „Wie lange hat der Spitalkranke, der ihnen den Zettel gab, noch zu leben, Doktor?“ rede ſagt „Rjetſch“, ſie umgehe mit großer Kunſt utopiſtiſcher Hoffnung auf die Schwarzen hin⸗ und Beiertheim⸗Raſtatt. Aber an einer Stelle verharrend, wenn Bittgeſuch um Reviſion der Grundgeſetze zu richten Recht oppoſitionelle Töne ſchlägt „Rjetſch“, Es ſchreibt, die Re⸗ ö ö geöffnet. wo auch der kleinſte Schritt vom Volke mit Be⸗ War es jetzt nicht ſeine Pflicht, „Keine Woche mehr, Exzellenz; er leidet an Tuberkuloſe!“ einer gefährlichen Zuſpitzung der im Keime ſchon vorhandenen Gegenſätze zwiſchen der Regierung und der liberalen Dumamehrheit kommen. Da das neue Petersburger Kabinet Goremykin ſeiner Zuſammen⸗ ſetzung nach für noch konſervativer gilt, als es bereits das Miniſterium Witte trotz aller ſeiner liberaliſtierenden Allüren war, ſo liegt ein baldiger ſcharfer Konflikt zwiſchen der Regierung und der neuen ruſſiſchen Volksvertretung keineswegs außer⸗ halb des Bereiches der Möglichkeit, und dann könnte es leicht geſchehen, daß das zariſtiſche Regime wieder in ſeine alten abſokutiſtiſchen Manieren zurückfällt und die kaum erſt gewählte Duma einfach wieder nach Hauſe ſchickt, um dann wieder ohne Duma weiterzuwirtſchaften. Im Intereſſe des endlichen Eintritts ſtabilerer Verhältniſſe in Rußland kann man allerdings nur wünſchen, daß es nicht zu dem verhängnisvollen Schritte einer Dumaauflöſung kommen möge, ſonſt wäre der revolutionären Pro⸗ paganda im Zarenreiche aufs neue Tür und Tor Verſchiedenes. — Karlsruhe, 14. Mai. Ein ſchwerer Unglücksfall ereignete ſich in der Nacht vom Sams⸗ tag auf Sonntag beim Bulacher Bahnübergang bei Scheibenhardt. Um ½12 Uhr kamen von Ettlingen auf der Straße Ettlingen ⸗Bulach ein Motorrad⸗ fahrer und ein Radfahrer und näherten ſich dem geſchloſſenen Uebergang der ſtrategiſchen Bahn Der Radfahrer der ſich an einem Seil von dem voranfahrenden Motorradler ziehen ließ, bemerkte, daß die Schranke geſchloſſen war und rief ſeinem Freunde zu, Halt zu machen. Er ſelbſt ließ das Seil los und ſtieg noch vor der Schranke ab, während der Motorradfahrer, dem auch der Bahnwart „Halt“ zurief, in ſchnellem Tempo auf den geſchloſſenen Bahnübergang zufuhr, über — was er wünſcht; ſagen Sie ihm aber, ihn zu ſehen, hätte ich mich geweigert!“ „Nach acht Tagen brachte man den ehemaligen Baron Warkotſch auf den Spittelkirchhof, wo er un⸗ bekannt an abgelegenem Orte beigeſetzt wurde. So rächt ſich alle Schuld auf Erden. 5 Es iſt Herbſt geworden; man ſchreibt bereits 1786. Im Garten von Sanſouci fallen ſchon die Blätter ab, nur die hohen Toxushecken ſtehen noch dunkelgrün da, um den weißen Marmorbildſäulen einen hübſchen Hintergrund zu geben. Ueber die Terraſſe kommt ein hoher, graubartiger General daher, geſtützt auf den Arm eines älteren Mannes in der Unifrom eines königlichen Garten⸗ inſpektors: „Hier wollte er ruhen, aber ſeine Majeſtät Friedrich Wilhelm II. hielten dieſen Platz nicht für würdig genug; ſo wurde der Sarg in die Gruft der Garniſonkirche zu Potsdam gebracht.“ 8 „Saht Ihr ihn öfter, Kappel ?“ 95 5 1 „Jeden Tag, Exzellenz! Noch Anfang Auguſt ſaß er hier im Lehnſtuhle und ließ ſich von der Sonne beſcheinen. „Bald werde ich ihr näher ſein!“ redete er mich lächelnd an, als ich erfurchtsvoll grüßend vorbei wollte. Dann meinte er: „Geht's Ihm gut, Kappel? Was macht die Familie?“ „Ich vergaß ſogar danach zu fragen, Kappel, entſchuldigt!“ 5