8 . Preis vierteljährlich Mark 1.— Redaktion, Druck und Verlag der e jeden Dienstag und greitag Abend. mit illuſtriertem Sonntagsblatt frei ins Haus. e Karl e Ladenburg. g und Umgebung. Anzeigen: Die einſpaltige Garmondzeile 10 Pfg. Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Reklamen 20 Pfg. Anzeigen Nachmittags 2 Bei größeren Aufträgen Rabatt. welche am Tage des Erſcheinens bis Uhr eintreffen finden ſofortige Aufnahme. — Treitag, den 4. Mai 11 Die Parlamentsſehlacht um das Bier. 0 In zweitägigen Verhandlungen, am Montag 5 am Dienſtag, hat der Reichstag die neue Brau⸗ ſteuervorlage in zweiter Leſung durchberaten und ſie am letztgenannten Tage ſchließlich im weſentlichen nach den Kommiſſionsbeſchlüſſen genehmigt. Die Annahme des Hauptteiles der Vorlage, der im erſten 1 Teile des Abſchnittes des § Za enthaltenen Be⸗ ſtimmungen über die Staffelung und Höhe der Brauſteuer, erfolgte in namentlicher Abſtimmung 1 mit 196 gegen 113 Stimmen bei 4 Stimmenthalt⸗ aus dem Zentrum, den Nationalliberalen und den beiden konſervativen Fraktionen zuſammen. Kaum zweifelhaft wird die Brauſteuer auch in der dritten Leſung in ihrer jetzigen Faſſung die Zuſtimmung des Reichstages finden, womit alſo die Erhöhung der Brauſteuer geſichert wäre, die nach der ange⸗ ſtellten Berechnung einen jährlichen Mehrertrag von etwa 29 Millionen Mark ergeben wird. In den zweitägigen Reichstagsverhandlungen über die Brau⸗ ſteuer gerieten die Freunde und die Gegner der Brauſteuererhöhung ziemlich tüchtig aneinander. Von Seiten der Oppoſition wurde namentlich geltend gemacht, daß die Brauereien die vorgeſehene Staffel⸗ ung der Brauſtener nicht tragen könnten und daß ſie daher die Steuerlaſt auf die Konſumenten ab⸗ wälzen würden. Ferner wurde betont, daß die Er⸗ höhung der Brauſteuer infolge der durch ſie beding⸗ ten Verteuerung eines der wichtigſten Genußmittel des deutſchen Volkes lediglich dazu führen würde, die ohnehin ſchon große Zahl der Unzufriedenen im Reiche zu erhöhen, und daß ſie weiter eine ganze Reihe von Exiſtenzen mittelbar oder unmittelbar ſchwer gefährden würde. Gegenüber dieſen und noch anderen Bedenken und Einwendungen wurde ſeitens Schach dem Könige! Hiſtoriſche Novelle von Carl Caſſau. 12. Fortſetzung. (Nachdruck verboten.) Lange ging er im Zimmer auf und ab, es war ſchon Mitternacht, als er zum Schluß kam: „Sie muß vorläufig in das für Eliſe beſtimmte Landhaus über die Grenze; gelingt unſer Plan, und iſt Eliſe in meiner Hand, dann mag ſie auf einem Wege beikommen, das heißt, bewacht und be⸗ hütet, damit ſie keine Plauderei treibt.“ Der Baron rief Kappel und ſagte wichtig: „Matthias, ich ſetze großes Vertrauen in Deine Treue und betraue Dich mit einer Kommiſſion, die ich nicht jedem übergeben würde!“ „Der Herr Baron können ſich auf mich ver⸗ laſſen!“ „Gut, ich traue Dir. — Meine Gemahlin hat ein Schlafpülverchen zu ſich genommen; laß anſpannen und bringe ſie, tüchtig verwahrt und ein⸗ gehüllt, nach meinem Landgute Oppertsberg. Trage alle Sorge für ſie, daß ihr nichts wiederfährt. Dort angekommen, übergibſt Du ſie der Förſterin Wannert und weiſeſt ſie an, ſie nicht eher zu ent⸗ len, bis ich Ordre ſende. Verſtanden ?“ „Sehr wohl, Herr Baron!“ 1 „Dann eile; ich fertige unterdes ein Schreiben an die Wannert aus.“ Eine Viertelſtunde ſpäter fuhr die Kaleſche fort, 5 15 Matthias lag alles daran, die Pläne des 855 ren, der Verteidiger der Brauſteuererhöhung darauf hin⸗ gewieſen, daß die Erhöhung nur 11 / Pfennig pro Liter Bier ausmachen würde, und das wolle wenig dann der Gaſtwirte fehlen, aber mit Sicherheit genug im Vergleich zu dem großen Schanknutzen bedeuten, welchen die Differenz von durchſchnittlich 19 Pfennigen zwiſchen Ausſchankpreis und Händler⸗ preis darſtellt. Auch bezweifelten es die Freunde der Brauſteuererhöhung, daß ſie eine Mehrbelaſtung der Konſumenten in Geſtalt einer Bierpreiserhöhung mit ſich bringen würde, wobei ſie daran erinnerten, daß ſchon wiederholt von den Gaſtwirten verſucht worden ſei, den Bierpreis heraufzuſchrauben, daß indeſſen uoch ſtets dieſe Beſtrebungen an dem Wider⸗ ungen; die Mehrheit ſetzte ſich in der Hauptſache Barons zu ergründen ſtande des konſumierenden Publikums geſcheitert ſeien. Ebenſo wurde von den Verfechtern der neuen Bierſteuer geleugnet, daß ſie einen vermehrten Schnapsgenuß zur Folge haben würde, daß von ihr auch bedenkliche ſozialpolitiſche Wirkungen zu be⸗ fürchten ſtünden und daß ſie die kleinen Brauereien und Gaſtwirte ruinieren würde. Die Freunde der Brauſteuererhöhung ſind denn auch mit ihren An⸗ ſichten in der Parlamentsſchlacht um das Bier Sieger geblieben und die Brauſteuervorlage iſt dem⸗ nach zu Stande gekommen. Wäre dies nicht der Fall geweſen, oder wäre die Vorlage nicht in der Kommiſſtonsfaſſung angenommen worden, ſo würde nach einer in der Steuerdebatte abgegebenen Er⸗ klärung des Reichsſchatzſekretärs Freiherrn v. Stengel vielleicht die ganze Reichsfinanzreform gefährdet worden ſein, welche Gefahr freilich immer noch nicht als ganz abgewendet betrachtet werden kann, da muß erſt der weitere Verlauf der gegenwärtigen Steuerverhandlungen; des Reichstages abgewartet werden. Jedenfalls erſcheinen aber die Befürcht⸗ ungen der Peſſimiſten von den mehr oder minder unheilvollen Wirkungen der neuen Brauſteuer als mindeſtens verfrüht, zumal was die befürchtete Ab⸗ wälzung der neuen Steuerlaſt auf die Konſumenten, Daß etwas Wichtiges vor⸗ lag, ahnte er ja, er konnte ſich mit Gewißheit aus den gehörten Bruchſtücken zuſammenſetzen. Ent⸗ ſchieden wußte die Baron davon, hatte ſie ſich doch mit ihrem Gatten erzürnt. Jedenfalls hatte ſie ihm Wiederſtand entgegengeſetzt, darum hatte er ihr, ſie unſchädlich zu machen, ein Schlafpulver beige⸗ bracht: „Ja, ja, Herr Baron“, lachte Matthias im Wagen, „wir ſind ebenſo ſchlau als Sie; machen wir die Frau Baronin zu unſerer Mitverſchworenen!“ Und dabei begann er mit allerlei Eſſenzen ſeine Wiederbelebungsverſuche, die auch vom ſchönſten Er⸗ folge gekrönt waren, denn bald erwachte die Baronin indem ſie mit einem tiefen Seufzer fragte: „Wo bin ich?“ Matthias beruhigte ſie, bis nach und uach die vollen Lebensgeiſter der Frau zurückgekeht waren. Dann brach ſie in herzzerreißende Klagen aus, die ſie aber zurückdrängte, als ihr die Lage des Königs vor Augen trat: „Um Gotteswillen, Matthias“, flehte ſie, kehre um; ich muß den König warnen! Nicht wahr, Du biſt ein guter Portriot? Sie haben einen Anſchlag auf ihn gemacht, wollen ihn aufheben und über die Grenze zu den Feinden ſchaffen!“ Matthias erſchrack, das hatte er nicht geahnt, und in dem erſten Schrecken bekaunte er Farbe, kam aber zugleich Zug um Zug in den Beſitz des 95 5 heimniſſes. Jedenfalls ſollte ſie der Baronin zur Geſellſchaft dienen Beide beſchloſſen, den Brief nicht abzugeben, damit alſo auf die Biertrinker, anbelangt. Gewiß 125 es nicht an ſolchen Verſuchen der Brauereien und ſtünde nachher auch ein abermaliger „Streik“ de Biertrinker zu erwarten, wie er ja ſchon an viele Orten bei verſuchter Bierpreiserhöhung dageweſen iſt. Und wie ſchon die bisherigen „Bierſtreiks“ ſchließlich überall mit dem Siege des konſumierenden Publikums geendet haben, ſo würde es ſicherlich auch in künftigen ähnlichen Fällen werden. . Verſchiedenes. f f Ladenburg, 4.][Mai. Am Mittwoch morgen wurde ein etwa 25jähriges Mädchen aus Schriesheim, welches ſich auf dem Wege nach dem hieſigen Wochenmarkt befand, unweit der Abdeckerei von einem ca. 30 Jahre alten Manne namen Melchior Löhr aus Plankſtadt, welcher bereits ver lobt iſt, überfallen, zu Boden geworfen und miß handelt. Auf die Hilferufe des Mädchens eilte ein Sohn! des Landwirts Huben herbei, worauf der Unhold die Flucht ergriff, von H. aber bis nach Schriesheim verfolgt, woſelbſt er feſtgenommen und der Gendarmerie übergeben werden konnte. O Laden bur g, 4. Mai. Bei der Mann heimer Maimarkt⸗Verloſung am 2. ds. Mts. fie der 4. Hauptgewinn und außerdem noch 3 Arbeits pferde, 4 Kalbinnen und 2 Kühe in die Haupt kollekte von J. F. Lang Sohn in Heddesheim. — Mannheim, 2. Mai. Heute früh er ſchoß in Ludwigshafen der 27 Jahre alte Eiſen bahnaſſiſtent Johann Carius ſeine Geliebte, die Kellnerin Elfriede Steinmann aus Karlsruhe und dann ſich ſelbſt. Hinderniſſe, welche einer Verhei «» ratung entgegenſtanden, ſollen die Urſachen der 3 Tat ſein. 1 — Mannheim, 2. Mai. Die Einweihung des Blindenheims an der Waldhofſtraße fand heute Beide überlegten nun gemeinſchaftlich: kehrten ſie um, ſo merkte der Baron den Verrat, auch konnte man dem Kutſcher nicht trauen. Die Baronin be⸗ ſchloß, ſich deshalb auf die Schnelligkeit der guten Pferde zu verlaſſen. Ihr Vater ſollte ſie, das band ſie Kappel auf die Seele, anderen Tages ſofort wieder in ſein Haus holen laſſen: ſie wollte das Joch, dieſes Mannes Gattin zu ſein, nicht länger tragen. Dieſe Handlung hatte das Tafeltuch auf ewig zwiſchen ihnen geſchnitten. Matthias dagegen ſollte ſchnell umkehren und das auf morgen Nacht geplante Komplott zur Anzeige bringen. Den Brief, welchen der Baron an die Wannert, eine berüchtigte g Perſon, geſchrieben, nahm Selma und erbrach ihn, er lautete: „Madame! Halten ſie meine Gattin mit 1975 en Gebote ſtehenden Mitteln in Oppertsberg zurück, bis ich Ordre ſende. Die andere Dame nehmen Sie wohl auf, verhindern aber anch gleichzeitig, daß irgend jemand mit ihr in Verkehr tritt. Ich werde mich perſönlich überzeugen, ob Sie meinen Anordnungen nachkommen. Strehlen, 18. Dez 1760. Baron v. Warkotſch.“ Vergeblich riet man auf die andere Dame vorher aber erſt inſtruiert werden. Ach, die Gute ahnte nicht ihres Gatten volle Verworfenheit!