— Schön wald, 11. März. Ein ſchwerer Unglücksfall trug ſich geſtern Mittag hier zu. In Abweſenheit des Vaters fand der elfjahrige Sohn des Schneidermeiſters Grieshaber die unter der Bettſtatt verborgene Flinte, die leider geladen war, und machte ſich damit zu ſchaffen. Der Schuß ging loß und traf das faſt ſechs Jahre alte Schweſterchen Agnes in die Bruſt, ſo daß es als⸗ bald ſtarb. Abends von Donaueſchingen zurückge⸗ kehrt, wo ſeine Frau totkrank darniederliegt, fand der Vater ſein Kind als Leiche. — Berlin, 11. März. Der Reichstags⸗ abgeordnete Eugen Richter iſt am Sonnabend früh hier verſchieden. dings nicht mehr unerwartet, denn der nun Ver⸗ ewigte lag bereits ſeit Monaten ſchwer krank dar⸗ nieder, infolgedeſſen er auch längſt nicht mehr ſeine parlamentariſchen Pflichten ausüben konnte. Eugen Richter iſt einer unſerer hervorragendſten Parlamentarier und zugleich der eigentliche Führer der freiſinnigen Volkspartei dahingeſchieden, deſſen Ableben auch von ſeinen politiſchen Gegnern be⸗ dauert wird. umfaſſendem Wiſſen, dabei ein durch und durch lauterer Charakter und ein ausgezeichneter Redner. ferendar war, aber infolge ſeiner oppoſitionellen hat dann, ins preußiſche Abgeordnetenhaus und von Anfang an den Poſten eines „unentwegten“ Oppoſitionsführers eingenommen und mit außer⸗ ordentlicher Zähigkeit und Hartnäckigkeit ſeine oppo⸗ fochten. Durch das Hinſcheideu Richters wird das Reichtagsmandat für Hagen i. W. frei. ruhe 4“ untergegangen. Die Mannſchaft konnte ſich retten. — Lille, 10. März. Eine furchtbare Kataſtrophe hat ſich in der Grube von Courrieres ereignet. Schächte kurz nach 7 Uhr heute früh aus und nahm in kurzer Zeit eine ſehr große Ausdehnung an. 1800 Bergleute, die zur Frühſchicht eingefahren waren, ſind von der Außenwelt abgeſchnitten. Die ſchacht, aus dem die Flammen haushoch empor⸗ chlugen. rbeiter umgekommen ſind. Der Miniſter des Luftſchächte ſind verſchüttet, desgleichen der Förder⸗ Man befürchtet, daß mehrere Hundert „Gute Nacht, mein Lieb! Ach gäbe es doch erſt keine Trennung mehr für uns.“ „Nur noch — dieſe Nacht.“ Sie eilte förmlich dem Gute zu, als wolle ſie ihrem Schickſale entlaufen. Unterwegs aber flüſterten ihre bleichen Lippen: Es iſt vergeblich, vergeblich.“ Bald war ſie wieder in ihrem Zimmer, noch ehe Eliſabeth ſie geſucht hatte. Im Dunkeln erſchloß ſie die Tür wieder und warf ſich aufs Bett. Als Eliſabeth mit dem Licht eintrat, tat ſie, als ſei ſie mit voller Kleidung entſchlafen. Jene weckte ſie, zündete die Lampe an und tröſtete ſie, morgen früh werde es wohl beſſer ſein. 17 Nun ſchloß Jenny wieder die Tür, ließ das Rouleaux herab und begann Wäſche und ihre beſte Kleidung in ein Köfferchen zu packen, dann ſchrieb ſie zwei Briefe. Der erſte war an Eliſabeth gerichtet und lautet: 1 Süderkuhl, am 7. Auguſt „Meine liebe Eliſabeth! Sorge Dich nicht um mich! Wenn Du dieſe Zeilen lieſeſt, bin ich mit Graf Detlef längſt viele Meilen weit fort. Er hat mir geſchworen, mich heiraten zu wollen. Unſer Sparkaſſenbuch habe ich mitgenommen, um im etwaigen Falle einen Notgroſchen zu haben! Lebe wohl! Es war mein Schickſal, dem ich nicht entrinnen konnte, daß ich Detlef folgen mußte; für Georg hätte ich doch allezeit keine paſſende Frau abgegeben. 5 i Die gute Frau Hanng mag mir vergeben, daß ich ſo undankbar geweſen, doch ich konnte nicht anders. Deine Jenny.“ Sie ſchloß das Kubert. 15 5 Dieſe Trauerkunde kommt aller⸗ Mit Denn Richter war ein Mann von gehe 1 eingehenden Beſichtigung unterzogen; es heißt aber, Bekannt iſt, daß der Verſtorbene urſprünglich Re⸗ Geſinnung den Staatsdienſt verlaſſen mußte; er ſpäter in den Reichstag gewählt, im Parlamente fürchten. ſitionellen Anſichten gegenüber der Regierung ver⸗ — Duisburg, 12. März. In vergangener Nacht iſt auf dem Rhein der Raddampfer „Karls⸗ nur 33 heraus befördert. i eingefahren und 306 wieder ans Tageslicht befördert Mithin fehlen 1363 Bergleute von denen man annimmt, daß ſie umgekommen ſind. Eine Feuersbrunſt brach in einem der ö hatten die Ingenieure der Geſellſchaft ſchon Innern eilte ſofort an die Unfallſtelle, um die Rettungsarbeiten zu leiten. — Lens. 11. März. Ueber die wahrſchein⸗ liche Urſache der Kataſtrophe von Courrieres teilt ein Ingenieur des Miniſteriums des Innern folgen⸗ des mit: verbunden iſt, ein Brand aus. Um das Feuer zu lokaliſtieren und zu erſticken, wurden mit Holz und mit Mörtel und Zement verſtärkte Holzverſchalungen angelegt. Doch durften dieſelben entweder zu weit von dem Feuerherd oder nicht dicht genug geweſen ſein. Jedenfalls muß man annehmen, daß das Grubengas ſich in großer Menge mit der einge⸗ drungenen Luft vermiſchen konnte und daß infolge⸗ deſſen die furchtbare Exploſion ſtattfand, welche die Zertrümmerung der Schachtgänge und der Einſturz der Decken herbeiführte. Die Staatsanwaltſchaft ſoll feſtgeſtellt haben, daß der Brand ſchon vor un⸗ Jedenfalls vor mehreren Tagen Beſorgniſſe wegen der Ausdehnung des Brandes gehegt und mehrere Schächte einer gefähr Monatsfriſt ausgebrochen war. daß nichts Außergewöhnliches bemerkt worden ſei. Die Bergleute machen die Geſellſchaft für die Kata⸗ ſtrophe verantwortlich und beſchuldigen die Ingenieure der Sorgloſigkeit, da man, nachdem das Feuer die Holzverſchalung ergriffen hatte, die Einfahrt hätte einſtellen ſollen. Die Aufregung, welche unter den Bergleuten herrſcht, läßt ernſte Vorkommniſſe be⸗ Nach den letzten Meldungen wird die 1 * der Verunglückten auf 1100 geſchätzt. „Lille, 12. März. Die Direktion der Kohlengruben in Courrieres teilt mit, daß in Schacht 3 insgeſamt 775 Bergleute eingefahren und nur 101 heraus befördert worden ſind. Ferner in Schacht 3 zuſammen 483 Mann eingefahren und In Schacht 2 ſind 502 worden. — Lille, 12. März. Während der Nacht waren ca. 10 000 Perſonen auf der Unglücksſtelle. Die Geretteten waren halb erſtickt und bewußtlos. Die Toten ſind meiſt verbrannt und unkenntlich. Zwei in den Schacht hinabgeſtiegene Ingenieure wurden bewußtlos heraufgezogen. nachdem ſie ſich erholt hatten, daß der Schacht völlig zerſtört, die Galerien verwüſtet und Rettung der noch Eingeſchloſſenen ausgeſchloſſen ſei. Am letzten Sonntag brach in e Nr. 3, welcher mit den Schächten 1 und 2 direkt 1 te, e b 1195 Hilfe der deutſchen Rettungsmannſchaft in Courrierez Sie berichteten, Bei Fackelſchein erfolgten die Rekognoszierungen ber Leichen, die ſic schwierig genug geit verſtümmelt ſind. Seit 12 Stunden wurden keine Arbeiter mehr lebend heraufgebracht. — Lille, 13. März. Der Dire „Minis de Billy Montigny“ erklärte, daß dank ze jetzt die Räumung der Galerie ſchneller vorwar ſchreiten werde. Ein von dieſen mit Leuchtgaggy⸗ paraten gemachter Verſuch führte zu einem ſehr günſtigen Ergebnis. Um 11 Uhr abends waren e Leute ungefähr 500 Meter vorgedrungen, Newyork, 12. März. Im Si Ohio iſt ein Perſonenzug der Eiſenbahnlinſe Bal timore⸗Ohio in der Nähe von Godſend mit eigeg Güterzug zuſammengeſtoßen. 10 Perſonen wyrhen getötet und 15 verwundet. — Ajaccio, 11. März. Ein Korſe name Pola erſchoß eine ganze Familie, beſtehend aus den Eltern, drei Töchtern und einer Verwandten, Ae ſtarben in wenigen Minuten. Der Mörder wur verhaftet. Dem Deutſchen Werkmeiſter⸗Verband (Sitz Düſſeldorf), der vor zehn Jahren kuh 28 000 Mitglieder zählte, haben ſich heute ie 44 000 Werkmeiſter und Betriebsbeamte aller In⸗ duſtrien angeſchloſſen. Der Verband, der über ehe Reihe Wohlfahrtseinrichtungen verfügt, zahlte Jahre 1905 491000 Mk. für männliche, 91 000 Mk. für weibliche Todesfälle. Kranke, ſtelleglgh Rund invalide Mitglieder erhielten im gleichen Jahre 150000 Mk. Unterſtützungen, die Witwen 212000 Mk., die vorhandenen Ganzweiſen 4000 . Außerdem zahlte die ſtaatlich genehmigte Bran dieſes Vereins 4 500 Mk. für Brandſchäden g Seit ſeinem Beſtehen (1884) zahlte der Verband bis heute 6300 000 Mk. Sterbegelder, 1587000 Mk. Mitgliederunterſtützung, 2051000 Mk. Witpeh⸗ unterſtützungen und 50 000 Mk. Weiſenumter ez ungen, ſammelte außerdem noch ein Vermögen dez ſieben Millionen Mk. an. Der Verband der auh dem eine Stellenvermittlung und ein gut gele Verbandsorgan beſitzt, gehört dem Ausſchuß Herbeiführung einer ſtaatlichen Penſionsver fiche der Privatbeamten, ſowie dem ſozialen Au von Vereinen techniſcher Privatangeſtellten a wurde gelegentlich der Düſſeldorfer Ausſtellung 1902 mit der ſilbernen Medaille ausgezeichnet. 3 Der zweite Brief machte ihr Mühe. Er lautete: „Lieber Georg! Unſere Verlobung war eine Uebereilung, denn ich ſah es nur zu bald ein, daß ich Dich nicht ſo lieben konnte, wie das Mädchen den Mann lieben muß, den ſie ſich zum Gatten wählt. Du wirſt Dich tröſten, mich vergeſſen. Eliſabeth, die Dir gut iſt paßt viel beſſer für Dich als ich unbedeutendes Mädchen, welches viel zu weltlich für Dich iſt. Gott ſegne Dich für alle Liebe, die Du an mir verſchwendet haſt, er tröſte Dich und nehme Dich in ſeinen Schutz. Jenny.“ Sie kupertierte auch dieſes Schreiben und legte es adreſſiert auf den Tiſch. Dann brachte ſie ihre Stube wieder in Ordnung, ruhte ein wenig und kleidete ſich dann feſtlich an. Auf dem Gutshof wurde es ſchon ein wenig hell, als Jenny das Köfferchen leiſe zum Fenſter hinausgleiten ließ, jetzt leichtfüßig uachſprang und 7 dem Köfferchen ſchlank zum Gutshofe hinaus⸗ ſchritt. Niemand ſah ſie, im Hauſe. 5 Einen Auckenblick blickte ſie noch zurück, dann ging ſie der wohlbekannten Ulme zu, wo pünktlich der Wagen hielt. Jetzt öffnete ſich der Schlag, zwei liebende Arme zogen ſie ſamt dem Köfferchen herein, Detlefs Stimme ertönte: „Kutſcher, nach der Stadt!“ Die Kaleſche der Gräfin rollte Dorfe zu, am Deiche die Chauſſee ein. Eine Stunde ſpäter ſtiegen und Jenny am Bahnhoſe aus. denn alles ſchlief doch noch ſogleich dem entlang und lenkte dann in Grafen Detlef Detlef ſchickte Jean mit der Kaleſche heim, er ſelbſt aber betrat Jenny das Reſtaurant. Hier tranken ſie Kaffee, „Und wohin nun Geliebter?“ fragte ſie tern — demütig. „Bis zur Hauptſtadt!“ entgegnete er, machen wir Raſt und ich erkundige mich nach Zügen. Wiſſe Herz, heiraten können wir un in England. Deine Papiere haſt Du doch, e Dir geraten ?“ „Nun alſo ſchaue getroſt in die Zukunft, bir haben ja unſere Liebe und die Hoffnung, daß ii Mama bald zurückruft.“ 1 Sie ſchmiegte ſich an ihn. 4 * K* Eliſabeth hatte ſich pünktlich um 5 Uhr erhobe, n heute begann die Roggenernte. ö Frau Hanna von Jachan war um dieſelhe Zei aufgeſtanden und trat mit Eliſabeth zuſameh die Küche. g Sie trugen eine Stunde ſpäter den Kaffee i der großen Wohnſtube auf und Eliſabeth ſagte, al Georg mit einem Zuten Morgen eintrat: i „Jetzt will ich ſchnell unſere Kranke ele Georg aber ſagte: 8 „Laß ſie ſchlafen Eliſabeth, damit ſie gekräfiag am Mittagstiſche erſcheint.“ „Du verwöhnſt Jenny gründlich,“ rief Fe Hanna. „Nun ſo hole ſie,“ ſagte Georg kurz. Eliſabeth ging. Als Eliſabeth in Jennys Zimmer trat, ſchlug der Zugwind, da das Fenſter noch offen ſtand, de Tür wieder krachend zu. 5 Eliſabeth erſchrak, gleichzeitig ſah ſie guch diz beiden Briefe. 85 (Fortſetzung folgt.) gerade die Köpfe der Heraufbeförderten furchthar