Preis vierteljährlich Mark 1. Redaktion, Druck und Verlag der 2 94 4 Anzeiger für rſcheint jeden Dienstag und Areitag Abend. mit illuſtriertem Sonntagsblatt frei ins Haus. Hofbuchdruckerei Karl Molitor, Tadenburg. Anzeigen: Die einſpaltige Garmondzeile 10 1 Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Retlamen 20 Pfg. Anzeigen welche am Tage des Erſcheinens bis Nachmittags 2 Uhr eintreffen finden ſofortige Aufnahme. Bei größeren Aufträgen Rabatt. 1 14. 1906. Der Präſidentenwechſel in Frankreich. In dieſen Tagen legt der bisherige Präſident der franzöſiſchen Republik, Loubet, definitiv ſein Amt nieder, um ſeinem ſchon vor vier Wochen ge⸗ wählten Nachfolger, dem ſeitherigen Senatspräſidenten Fallières Platz zu machen. Herr Loubet kann am Schluſſe ſeiner ſiebenjährigen Amtsführung mit dem Bewußtſein von dem oberſten Beamtenpoſten der Republik ſcheiden, daß er ſeine Pflicht als Staats⸗ oberhaupt Frankreichs voll und ganz getan hat und daß er den ihm als ſolchen obliegenden mannig⸗ fachen Pflichten nach jeder Beziehung hin, ſelbſt unter manchmal ſchwierigen Verhältniſſen, ſtets ge⸗ recht geworden iſt. Dies ehrenvolle Zeugnis ver⸗ mögen dem ſcheidenden Präſidenten ſelbſt ſeine politiſchen Gegner nicht zu verſagen, er hat ſich eben überraſchend in ſeinem verantwortungsreichen Amte bewährt, und er würde darum bei Ablauf ſeiner Amtsperiode höchſt wahrſcheinlich wiederge⸗ wählt worden ſein, wenn nicht Herr Loubet in Hinblick auf ſein vorgeſchrittenes Alter eine aber⸗ malige Kandidatur für die Präſidentſchaft der Re⸗ publik von vornherein definitiv abgelehnt hätte. Als Loubet vor ſieben Jahren den Präſidentenſtuhl Frankreichs beſtieg, da war ſein Name über die Kreiſe des franzöſiſchen Parlamentes kaum hinaus⸗ gedrungen, von ſeiner Amtsführung erwartete man ſchwerlich auf irgend einer Seite viel, dazu kam, daß er in ſeiner ziemlich unſcheinbaren äußerlichen Erſcheinung und ſeinem geſamten ſchlichten Auf⸗ treten unvorteilhaft von ſeinem glänzenden und weltgewandten Vorgänger Felix Faure abſtach. Aber der neue Präſident bekundete in der oberſten Leitung der Staatsgeſchäfte ſehr bald eine über⸗ raſchende Energie und Entſchloſſenheit, eine ganz unbermutete Klugheit und Gewandtheit, einen poli⸗ Auf den Wogen des Schickſals. Novelle von A. Peters. 4. Fortſetzung. (Nachdruck verboten.) Als Cecil für dieſe Nacht das Haupt auf die Kiſſen legte klang ihr Rodneys helles, klares Lachen und ſeine wohltönende Stimme im Ohr, und vor ihrem Auge war ſein heiteres, männlich ſchönes Ge⸗ ſicht und voll Freude ſah ſie ſeinem verſprochenen Beſuche entgegen. Am folgenden Tage erklärte Cecil, ſie fürchte ſich viel zu ſehr vor dem frechen Landſtreicher, als daß ſie ſich weit von Hauſe weg wage, und ſchritt nur vor der Türe auf und ab, wobei ſie von Zeit zu Zeit einen flüchtigen Blick nach der Landſtraße warf, wo Rodney am Abende ihren Augen entſchwunden war, doch er kam nicht. Cecil indes war nicht ſo töricht und romantiſch, ſich in einen hübſchen Fremden zu verlieben, nur weil dieſer ihr bei einem unangenehmen Abenteuer zu Hilfe gekommen war. Bei ihrem abgeſchloſſenen und ruhigen Lehen war es gewiß ſehr natürlich, daß ſie dem Beſuche eines ungewöhnlich liebens⸗ würdigen jungen Mannes mit Freuden entgegenſah und ihr der Tag ein wenig lang wurde, als ſich eine Stunde an die andere reihte, ohne daß ſie das glückliche Lachen hörte und in die ſchönen Züge tiſchen Scharfblick, wie man dem bisherigen Senats⸗ präſidenten nimmermehr zugetraut hätte. Und Dank dieſen Eigenſchaften hat Loubet nicht wenig dazu beigetragen, das Anſehen der Republik im Innern wie nach Außen zu erhöhen, während er ſich zugleich eine Volkstümlichkeit in den breiteſten Volksſchichten Frankreichs zu erringen wußte, wie ſie wohl noch keiner der bisherigen franzöſiſchen Präſidenten ge⸗ noſſen hat. Die Hochachtung und die Wertſchätzung des Auslandes jedoch hat ihm vor allem ſeine alle⸗ zeit bekundete Friedensliebe geſichert, die er in ſo entſcheidender Weiſe, namentlich in der deutſch⸗ franzöſiſchen Kriſis vom vergangenen Sommer her⸗ vortat; an dem erzwungenen Rücktritt des deutſch⸗ feindlichen Miniſters des Aeußeren Delcaſſé hatte Loubet zweifellos ſeinen gemeſſenen Anteil. Darum folgen ihm bei ſeinem jetzigen Scheiden aus dem Amte die wärmſten Sympathien auch des Auslandes nach, das mit Recht in Herrn Loubet einen Hüter des Friedens Europas erblicken durfte. Mit begreiflicher Spannung ſind nunmehr aller Blicke auf den neuen Präſidenten der Republik gerichtet und voll Intereſſe harrt man allſeitig der erſten Bekundungen ſeiner Amtstätigkeit. Schon nach ſeinem ganzen bisherigen Auftreten als einer der einflußreicheren Politiker Frankreichs, kann man indeſſen das Vertrauen zu Herrn Fallieres hegen, daß er die Präſidentſchaft der Republik im Sinne ſeines verdienten Vorgängers fortführen und daß er ſich namentlich als Freund des allgemeinen Friedens ebenſo bewähren wird, wie dies von Hrn. Loubet gelten konnte. Noch ſind ja die friedlichen Verſicherungen in friſcher Erinnerung, welche Falli⸗ eres nach ſeiner Wahl zum Präſidenten der Re⸗ publik abgab und welche um ſo wohltuender wirkten, als ſie kein blaſſes Phraſenwerk waren, ſondern erſichtlich aus aufrichtigem Herzen kamen. Da der neue Präſident der Republik ein überaus ehren⸗ blickte, und ebenſo natürlich war es auch, daß ſie an Abende beim Auskleiden zu ſich ſprach: „Nun kommt er gewiß morgen, er hat geſagt: „„Morgen oder übermorgen.““ Es iſt für Papa ein rechtes Glück, daß er wieder einmal einen Herrn zum Unterhalten hat, denn ich bin ihm doch nur eine recht unbedeutende Geſellſchaft.“ 4. Kapitel. Hell und ſonnig brach der Morgen an, und mit den Lerchen war auch Cecil auf. Munter flatterte ſie in dem alten Pächterhauſe umher, ſprach luſtig mit der rotbäckigen Normannin mit der weißen Haube, dem kurzen blauen Rock und den Holz⸗ pantoffeln, gab durch wenige geſchickte Anordnungen ihrer kleinen Wohnung ein behagliches Ausſehen und pflückte die wenigen Blumen, welche in dem einfachen Garten blühten, um ſie in einer ſaubern Porzellanſchale für den Tiſch zu ordnen. Heute ſollte Cecil nicht umſonſt warten, denn kurz nach dem Frühſtücke ſtellte ſich Rodney ein, führte ſein Pferd in den Stall und bat, man möge es füttern und beherbergen, da ser den ganzen Tag dazubleiben gedenke. Seine heitere Miene wie ſein fröhliches Lachen machten das ſtille alte Zimmer gleich ſonnig und warm, und Doktor Leſter hieß ihn mit herzlichem Händedrucke willkommen. „Ich komme ſo früh, Doktor Leſter, damit ich einen vollen Tag mit Ihnen verleben kann,“ ſprach er heiter, während er ſich auf einen tiefen Holzſtuhl werter Charakter und dabei ein Mann von gereif⸗ tem politiſchen Urteil, maßvoll in ſeinen Anſchau⸗ ungen und Meinungen iſt, ſo darf gewiß das Ver⸗ trauen zu ihm gehegt werden, daß auch er es ver⸗ ſtehen werde, Frankreich vor einer Politik bedenk⸗ licher Abenteuer nach außen hin zu bewahren und vielmehr die freundſchaftlichen Beziehungen des Landes zu allen Mächten zu erhalten und zu ſtär⸗ ken. Gleich die noch ſchwebende Marokkofrage wird Herrn Fallières eine erſte Gelegenheit geben, ſich als Mann des Friedens zu zeigen und ſeinen Ein⸗ fluß an der Spitze der Republik zu gunſten einer ſchließlichen verſöhnlichen Regelung des heiklen marokkaniſchen Problems geltend zu machen. Hof⸗ fentlich macht der Nachfolgar Loubets dieſen Er⸗ wartungen der europäiſchen Friedensfreunde keine Schande. Das Franzoſenvolk aber, das doch in ſeiner großen Mehrzahl republikaniſch geſinnt iſt, darf gewiß das Zutrauen zu dem neuen Präſidenten hegen, daß er es wie Herrn Loubet verſtehen werde, die republikaniſchen Einrichtungen des Landes zu ſchützen und Frankreich auf dem Wege gedeihlicher inneren Entwicklung weiter zu führen. Verſchiedenes. — Ladenburg, 16. Febr. Das vom Ge⸗ ſangverein „Sängereinheit“ am verfloſſenen Samſtag im Gaſthaus zum „Adler“ veranſtaltete Konzert mit darauffolgendem Ball hatte ſich eines überaus zahl⸗ reichen Beſuches zu erfreuen. Schon die allſeits anerkannt tüchtige Leiſtungsfähigkeit, die der Verein bei derartigen Veranſtaltungen und Geſangswettſtreiten an den Tag legte, ſowie das ſchön zuſammengeſtellte Programm, welches durchweg nur gediegene u. gut gewertete Compoſitionen aufwies, ließen im Voraus einen genußreichen Abend erwarten. Eingeleitet wurde das Konzert durch die verſtärkte Feuerwehr⸗ kapelle Hertel mit der Vilenberg'ſchen Compoſition am 1 dene 8 nachmittag beabſich⸗ tige ich, mit ihrer Fräulein Tochter einen weiteren Spaziergang zu machen, wenn es ihr recht iſt, damit ſie nicht ein zweitesmal angefallen wird, und dann wollen wir den Abend wieder ſo gemütlich verplaudern wie vorgeſtern. Meine Freunde kamen mir geſtern ſo entſetzlich langweilig vor, nachdem ich mich bei Ihnen ſo wohl gefühlt hatte.“ 5 „Sie ſind jederzeit willkommen, mein junger Freund,“ erwiderte Doktor Leſter freundlich, „und Cecil wird ſich freuen, einen Begleiter zuhaben, denn ich für meinen Teil fühle mich noch nicht wohl genug, um auszugehen.“ So blieb alſo Granville Rodney, und am Nach⸗ mittage ſtreifte er und Cecil über die Berge und durch die Wälder, heiter und glücklich und ebenſo harmlos, wie ein Paar Kinder. Die Nacht ſenkte ſich herab, die Sterne ſtanden am Himmel, bevor ſie das Pächterhaus wieder erreichten, und nun folgte ein Abend, noch weit heiterer als der, den ſie zuerſt mit einander verbracht hatten. Als ſie ſich trennten, ſagte Doktor Leſter warm: „Granville, ich will nicht, daß Sie jedesmal, um uns zu ſehen, fünf Stunden weit reiten ſollen. Bringen Sie mit was Sie nötig haben, und bitten Sie Ihre Freunde um einige Tage Urlaub.“