Preis vierteljährlich Mark 1. Redaktion, Druck und Verlag der Anzeiger für Laden Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. mit illuſtriertem Sonntagsblatt frei ins Haus. HBofbuchdruckerei Karl Molitor, Ladenburg. — — Anzeigen: Die einſpaltige Garmondzeile 10 Pfg. Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Reklamen 20 Pfg. Anzeigen welche am Tage des Erſcheinens bis Nachmittags 2 Uhr eintreffen finden ſofortige Aufnahme. * Bei größeren Aufträgen Rabatt. ä — Dienſtag den 6. Lehrnar — — 1906. — N Eine bittere Erkenntnis für das deutſehe Volk. . Wohl hat die Mäßigung der maßgebenden franzöſiſchen Staatslenker und Politiker in der Re⸗ gierung und in den Kammern, und wohl auch die Furcht vor der großen Ueberlegenheit des deutſchen begünſtigten Revanchekrieg gegen Deutſchland abge⸗ halten, aber dennoch iſt im Grunde genommen die politiſche Lage für Deutſchland dem Auslande gegen⸗ über nicht verbeſſert, ſondern durch die Tatſache, daß England ſtets auf Frankreichs Seite gegen Deutſchland zu finden ſein wird, eher verſchlechtert worden. Nur der unbedingt zum Frieden mahnende Zuſtand Rußlands unterſtützt auch Deutſchlands Friedensliebe und im Koalitionsfalle ſtehen auch Oeſterreich⸗ ungarn und Italien an Deutſchlands Seite. Es bleibt alſo für Deutſchland die bittere Erkenntnis voll und ganz beſtehen, daß es bei größter Friedensliebe auch die größte Kriegsbereit⸗ ſchaft andauernd fördern muß, und daß unſere im Verhältnis zu der engliſchen Kriegsflotte kleine Kriegsmarine gewiſſermaßen die Gegner einmal zum Krieg reizen kann. Hätte Deutſchland eine Kriegs⸗ flotte ähnlich groß wie die engliſche, ſo würde Eng⸗ land bald ſehr friedlich geſinnt werden und den germaniſchen Vetter nur durch Frieden und Freund⸗ ſchaft zu gewinnen ſuchen. Solange wir aber die 0 gegenüber der engliſchen Flotte kleine Kriegsmarine haben, iſt eben dieſe kleine ſchwache deutſche Flotte eine Gefahr für den Frieden, Deutſchlands Wahl⸗ ſpruch kann alſo nur lauten: Zur Stärkung des Friedens wachſe unſere Macht vor allem auch zur See! Fragen wir nun, ob Deutſchland auch die Mittel zu einer viel ſtärkeren Flotte beſitzt. Wir glauben, dieſe Frage bejahen zu können, wenn man das Wachſen von Deutſchlands Wohlſtand, Handel Auf den wogen des Novelle von A. Peters. 1. Fortſetzung. (Nachdruck verboten.) Da iſt nun die ganze Vorſtellung unterbochen, weil es einem albernen Geſchöpfe beliebt, ſich krank zu ſtellen und den Arzt kommen zu laſſen. Sie iſt eben ſo geſund, wie ich; ſie will nur ihre Rolle nicht ſpielen und legt ſich ins Bett, um mich zu ärgern. Sie ſoll mich ſchon kennen lernen, wenn ſie erſt wieder heraus iſt!“ „Wird ſie das?“ rief der Dokter ſcharf; „woher haben Sie das Kind? Das iſt vielleicht 7 eine Frage, die zu beantworten Ihnen nicht gerade 0 angenehm iſt. Das Geſetz wird feſtſetzen, welche Rechte Sie an dem armen kleinen Ding haben, bevor ſie wieder in Ihre Nähe kommt.“ 5 Da war ein Schuß aufs Geratewohl, der aber beſſer traf, als Dokter Leſter zu hoffen gewagt hatte. Der Mann wechſelte die Farbe, ſtammelte, fluchte und machte Kehrt nach der Bude zurück. Der ſeiner Nähe ſtand, und ſagte ihm, er ſolle nach ſeiner Wohnung gehen und den Kutſcher mit dem Wagen hierher beſtellen. Der Knabe tat, wie ihm geheißen, in der Hoffnung auf guten Botenlohn, und der Arzt kehrte an das Krankenbett des Kindes zurück. Dieſes hatte die Bettdecke über das Geficht Landesheeres, Frankreich von einem von England Doktor lächelte, rief einen Knaben herbei, der in und Induſtrie richtig würdigt. Im letzten Jahre ſtieg die Geſamteinnahme des Deutſchen Reiches um über 1 Milliarde, der deutſche Außenhandel von 7,3 auf 12,2 Milliarden, der Wert der Handels⸗ flotte von 327 Millionen auf über 1 Milliarde. In ähnlichem Verhältnis ſtieg der allgemeine Wohl⸗ ſtand des Volkes, ſo iſt z. B. in Preußen in 12 Jahren das veranlagte Einkommen von 5,7 auf 9,12 Milliarden geſtiegen. Im Verhältnis zu an⸗ deren Staaten hat Deutſchlands Handel im letzten Jahrzehnt um 66 Prozent zugenommen, Englands um 38 Prozent, Frankreichs um 28 Prozent und Amerikas um 59 Prozent. Daß die anderen Staaten und unter ihnen das am meiſten betroffene England, dieſem ungeheuren Aufſchwung nicht freudvoll zu⸗ jauchzen, ſondern ihn mit allen Mitteln zu bekämpfen ſuchen würden, konnten wir uns an fünf Fingern abzählen. Wir mußten uns deshalb zum Schutze unſerer anwachſenden Intereſſen eine ganz gehörige Sicherheitsprämie auferlegen. Wie es aber damit ſteht, zeigen folgende Zahlen: Deutſchland zahlte 1903 für Armee, Marine und Staatsſchuld 959 Millionen, England 2044, Frankreich 1754 und Amerika 980 Millionen. Deutſchland zahlte für Marine allein 233 Millionen, England 681, Frank⸗ reich 255 Millionen und Amerika 424 Millionen. Und ſchließlich: Deutſchland zahlt pro Kopf für ſeine Marine 3,7, England 17,7, Frankreich 6,7 und Amerika 4,6 Millionen. Für Bier zahlt der Deutſche aber pro Kopf ungefähr — 30 Mark. Deutſchland hätte alſo ſehr wohl die Mittel über den Flottenplan hinaus noch 20 große Panzer⸗ ſchiffe zu bauen. Kommt es einmal zum Kriege, ſo wird unſere Flotte ihre Pflicht in vollem Maße tun. Alle Achtung vor der Tüchtigkeit unſerer jungen Marine, aber gegen die erdrückende Ueber⸗ macht Englands, und, wie mit Sicherheit anzunehmen iſt, ohne Bundesgenoſſe, wird ſie ſicher unterliegen, oder aber, falls ſie dem Kampfe ausweicht, wie es „Beowulf“ zeigt, zur Untätigkeit und Zweckloſigkeit verurteilt ſein. Damit ſo viel Energie und Men⸗ ſchenleben nicht nutzlos geopfert werden und zahlloſe Millionen nicht halb umſonſt ausgegeben werden, muß man eine baldige erhebliche Vergrößerung un ſerer Schlachtflotte fordern, und zwar in einem ſchnelleren Tempo, als es das Flottengeſetz von 1900 vorſteht. Verſchiedenes. — Ladenburg, 5. Febr. Die erſte groß Herren⸗ und Damenfremdenſitzung der Carnevalge ſellſchaft „Fidelio“, welche geſtern Abend im Saale zum „Adler“ ſtattfand, uahm einen vorzüglichen Verlauf, wozu in erſter Linie die guten Leiſtungen der Feuerwehrkapelle (Kapelle Hertel) beitrugen Bei der Veranſtaltung war Platz an Platz beſetz Die Erſchienenen wurden durch Aufführung ver ſchiedener Muſikſtücke und Vorträge unſerer erſte Büttenredner auf das Beſte unterhalten. Die Hu moriſten von denen beſonders Karl Betz, Karl Bauer, Jean Knapp, Heinrich Stückle und Herm. Roesler, Heidelberg zu bezeichnen ſind, haben es in der alt bekannten Weiſe verſtanden, unter den Anweſende eine rechte ſchöne Faſtnachtsſtimmung herzurufen Dieſelbe wurde von unſerem Mitgliede Heinrich Tri durch zwei gelungene Vorträge noch bedeutend er höht, ſo daß ihn reichlicher Beifall für ſeine trefflich Ausführungen lohnte. Nur zu bald mahnte die vorgerückte Stunde zum Aufbruch u. die Teilnehmer trennten ſich mit dem Bewußtſein einen genußreichen herrlichen Abend im trauten Kreiſe der „Fidelio“ verlebt zu haben. Es ſteht zu hoffen, daß der Carnevalgeſellſchaft „Fidelio“ bei den nächſte Sitzungen, die noch durch Inſerate bekannt gegeber werden, dasſelbe Wohlwollen entgegengebracht wird gezogen und zitterte wie Espenlaub, trotz ermutigen⸗ den Worte Ann's, die ihr von neuem verſicherte, der abſcheuliche Baynes dürfe ſie nicht anrühren, der Herr Doktor werde ſich ihrer annehmen, und ſie werde es auch nicht zulaſſen“. Verſicherungen, welche der Frau nur ſchwer von den Lippen gingen, da ſie recht gut wußte, wie machtlos ſie war. Dokter Leſter zog die Decke von dem Locken⸗ kopfe, und das Herz blutete ihm, als er die arme Kleine ſo heftig zittern ſah, und ſie, die Augen ängſtlich zu ihm aufſchauend, in flehendem Tone rief: „Gehen Sie nicht fort, Herr Doktor, bleiben Sie bei mir. Er ſchlägt mich noch tot! Ach, nehmen Sie mich mit, — nur fort von hier!“ Seine Hand legte ſich weich und kühl auf des Kindes brennende Stirne, und ſein ernſtes, ruhiges Antlitz beugte ſich liebevoll über ſie, während er ſagte: „Still, ſtill, liebe Kleine, ich nehme Dich mit mir und werde Dich beſchützen, nur ſei ruhig und vertraue mir.“ „Ja, ich will ganz ruhig ſein,“ ſchluchzte das Kind, ſich krampfhaft an ihn klammernd und das Geſicht an ſeiner Bruſt bergend, während ihr kleiner Körper vor Angſt und Entſetzen bebte. „Ich will fort — nach Hauſe. Mama, Mama, — ach bringen Sie mich zu meiner Mama; ich will ja nie wieder unartig ſein.“ Doktor Leſter ſchaute bei den letzten Worten des kleinen Mädchens überraſcht zu der Frau hinüber. „Ich glaubte von ihnen verſtanden zu haben, ihre Mutter ſei tot“, ſagte er. „Weſſen Kind iſt ſie? Wie heißt ihre Mutter 2“ Die Gefragte wurde rot und ſchaute erſchrocken drein, während ſie haſtig erwiderte: „Ich weiß wirklich nichts näheres über das Mädchen. Her Baynes brachte ſie in London eines Tages mi nach Hauſe und ſagte, ihre Mutter hätte ſie ih übergeben, damit er ſie zur Kunſtreiterin ausbilde. Wir dürfen ihn nicht fragen; mir ſcheint ſie aber kein gewöhnliches Kind zu ſein, obſchon ſie nur i Lumpen gehüllt war, als er ſie heimbrachte. Da mals ſprach ſie immerzu von ihrer Mama; ſie wa ja noch ganz klein, und Herr Baynes ſchlug ſie, ſobald ſie weinte und nach ihrer Mama verlangte, da unterließ ſie es mit der Zeit.“ 0 „Ich dachte es mir faſt,“ murmelte der Arzt vor ſich hin und beugte ſich wieder zu dem Kinde nieder, um es von neuem durch freundliche Worte und Liebkoſungen zu beruhigen, wobei ſeine Stimme zitterte und ſeltſam heiſer klang; berührten doch die . kleinen ihn umſchlingenden Arme die unaufhörlich blutende Wunde in des beraubten Vaters Herzen. Plötzlich ließ ſich das Rollen eines Wagens hören, und des Doktors leichtes Gefährt mit den beiden Apfelſchimmeln kam ſchnell über die Wieſe daher; auf des Dokters Geheiß winkte die Fran dem Kutſcher zu, dicht vor der Türe des Verſchlages zu halten, während er ſelbſt das Kind anf den Am nahm, — es war bis auf das ſchmutzige, weiße 99