Preis vierteljährlich Mark 1.— Redaktion, Druck und Verlag der Erſcheint jeden Dienstag und a e Abend. mit illuſtriertem Sonntagsblatt frei ins Haus. Hofbuchdruckerei Karl Molitar, Ladenburg. 8 5 151 1 Anzeigen: Die einſpaltige Garmondzeile 10 0 pg Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Reklamen 20 Pfg. Anzeigen welche am Tage des Erſcheinens bis Nachmittags 2 Uhr eintreffen finden ſofortige Aufnahme. Bei größeren Aufträgen Rabatt. Dienstag, den 22 2. Auguſt — Eine Volksvertretung in 8 Rußland. it. Das ſchon längſt erwartete Manifeſt des Zaren Mkolaus über die Errichtung einer ruſſiſchen Reichsduma, einer allgemeinen Volksvertretung, und das Geſetz, welches das nähere über das künftige Parlament für Rußland enthält, ſind nunmehr zur Veröffentlichung gelangt. In ſeiner erwähnten Kundgebung erklärt der Zar, die Zeit ſei jetzt ge⸗ kommen, Abgeordnete aus dem ganzen ruſſiſchen Reiche einzuberufen; die an der beſtändigen tätigen Ausarbeitung der Geſetze teilnehmen ſollten. Dieſe Abgeordneten würden eine den höheren Behörden zur Seite geſtellte Körperſchaft bilden, mit der Aufgabe, Geſetzvorſchläge vorläufig auszuarbeiten und zu beraten, ſowie das Budget des Staates zu prüfen. Das kaiſerliche Manifeſt betont jedoch, daß die ſelbſtherrliche Gewalt des Zaren, durch die Tätigkeit der Duma keine Erſchränkung erleiden ſolle, und ſtellt zuletzt feſt, daß das Geſetz über die Reichsduma ſich über ganz Rußland erſtrecken ſolle, mit Ausnahme einiger Gegenden, in denen atz außergewöhnliche Verhältniſſe vorherrſchten. Dieſes e Geſetz ſelbſt nun umfaßt 63 Artikel, die im weſent⸗ en! lichen folgendes beſtimmen: Der Machtvollkommen⸗ — heit der Duma werden unterſtellt alle Fragen be⸗ züglich der Vorlagen neuer, wie der Abänderung, lll Erweiterung, und zeitweiſen Aufhebung oder gänz⸗ 0 lichen Abſchaffung ſchon beſtehender Geſetze. Ferner ö unterſtehen der Duma die Einſetzung, Einſchränkung und u und Abſchaffung von Behörden, die Budgets der Miniſterien und des Staates, die Staatsgüter und alle die Staatseinkünfte betreffenden Fragen. Die Duma ſetzt ſich zuſammen aus 412 nach beſonderem 9, son Wahlreglement auf fünf Jahre gewählten Mitglieder, denen uneingeſchränkte Meinungs⸗ und Redefreiheit zuſteht, die von der Reichsduma beratenen Vorlagen Das Glü Novelle von F. Sutau. 5. Fortſetzung. (Nachdruck verboten.) Es waren einige adelige Familien aus der Majors. Natürlich hatten ſich die jüngeren Offiziere, Horunter er auch war, den adeligen Damen für geſen Tag gänzlich gewidmet, zum nicht geringen Berdruß mehrerer bürgerlichen jungen Damen aus er Stadt, die nicht wußten, daß die Offtziere kae uhu hatten, und ſich ſchon ihrem ajor zu Liebe den adeligen Damen den Hof machen 19 Leonorens Stolz hatte er ganz ahnungslos damit auf's tiefſte verletzt. Und ſo war es denn gekommen, daß ſie ihn en jenem Kkonzertabend ſo kurz und ſchroff zurück⸗ duet kwieſen, als er mit bittenden und aufrichtigen it 9.3 brten von ſeiner Liebe zu ihr geſprochen hatte. „ Verſchwenden Sie doch ſolche ſchönen Reden icht an ein bürgerliches Mädchen, das ſich den doch — r ſo gut hält, einem Leutnannt nur zum Spiel⸗ 15 E all und Zeiwertreib zu dienen!“ hatte ſie ihm mit lammenden ? Augen zugerufen. Das Wort hatte ſich Vorm vie ein Eisſtrom i in ſein heißes Fühlen benen 5 all kumm, ohne ein Wort zu erwiedern, hatte er ſich 172 on ihr gewandt. — Wenige 5 5 war eine ee ee gegend dabei geweſen, Verwandte ſeines damaligen ſie ſchieden halb im Zorn und Trotze. — gehen daun an den ſchon beſtehenden Reichsrat, der ſie zu prüfen und dann dem Kaiſer zur Entſcheidung zu unterbreiten hat. Hiermit wird zum erſten Male in Rußland der Verſuch gemacht, eine Volksvertretung nach weſteuropäiſchen Begriffen ins Leben zu rufen, und gewiß darf man auf das Gelingen dieſes bedeut⸗ ſamen Experiments, mit welchen die Regierung des Zaren jetzt unter dem Drucke der oſtaſiatiſchen Kriegsnöte Rußlands und der revolutionären Wirren des Innern des gewaltigen Reiches hervortritt, ge⸗ ſpannt ſein. Nach dem was über das Verfahren bei der Wahl der Reichsduma einſtweilen feſtgeſetzt iſt, darf man allerdings nicht glauben, es handelt ſich bei den bevorſtehenden Wahlen zum ruſſiſchen Parlament um ein Wahlrecht etwa im Sinne der deutſchen Reichsverfaſſung, denn zur Ausübung eines ſo entwickelten Wahlrechtes iſt das ruſſiſche Volk in ſeiner großen Maſſe noch lauge nicht reif genug. Vielmehr wird die künftige ruſſiſche Volksvertretung ſich im Großen und Ganzen nur als eine ſtändiſche Vertretung präſentieren, in welcher das bäuerliche Element eine beſondere Stellung einnimmt, dies offenbar um den Einfluß des durch die Wahlen in den meiſten Städten zu erwartenden liberalen Elements ein Paroli zu biegen. Anzuerkennen iſt, daß der Wirkungskreis der zukünſtigen Duma nicht allzueng gezogen iſt, immerhin erfährt aber ihre Verantwortlichkeit eine weſentliche Einſchränkung durch die Beſtimmung, daß alle aus ihrer Mitte hervorgegangenen Vor⸗ lagen dem Reichsrate zu überreichen ſind, in deſſen Belieben es dann ſteht, welche Vorlagen er dem Zaren zur Entſcheidung unterbreiten ſoll. Wie ſich die revolutionäre Partei Rußland an dem Zuge⸗ ſtändniſſe einer Duma ſtellen wird das bleibt vorerſt noch abzuwarten, doch kann es wohl ſchon jetzt an⸗ geſprochen werden, das der revolutionären Propa⸗ für ihn gekommen, die er mit Freuden begrüßt hatte, da er von der Trennung gänzliche Heilung von ſeiner unglücklichen Liebe erhoffte. Er verſuchte auch keine Annäherung wieder an Leonore, es war beſſer ſo, So endete damals dieſer Liebestraum wenigſtens borwurfsfrei für ihn. Aber war das wirklich der Fall? Hatte es nicht von Leonorens Lippen ſoeben wie ein leiſer Vorwurf geklungen? Er hätte Geduld mit ihr haben, und ihr ſegensreiches Wirken in Häuslichkeit! Und nicht ohne Abſchied gehen ſollen! Ihre Worte wären ja am Ende auch zu entſchuldigen geweſen, und würde er ſich nicht entſchuldigt haben, wären ihre Verhältniſſe glänzender geweſen und hätten Ausſicht auf eine Heirat geboten? Faſt gewaltſam riß er ſich los von dieſen unnützigen und gefährlichen Gedanken und blickte auf ſeine Frau, die am Flügel ſtand, die Hände leicht verſchlungen, das liebliche Köpfchen lauſchend vorgebeugt. Er trat zu ihr heran und legte ihre Arme um ihre Taille. Ein Blick in die blauen, ſtrahlenden Augen der geliebten Frau genügte, ſeine erregte Stimmung zu verſcheuchen. Was war ihm Leonore Warden jetzt, wo er mitten im vollen reichen Leben ſtand! Die Gouver⸗ nante ſeiner Tochter! Eine von jenen Vielen, die, ſtatt die Entſagenden — Vergeſſenen zu ſpielen, noch zur rechten Zeit einen Lebensberuf ergreifen, der ihnen nicht viel Zeit zum Grübeln über ihr ver⸗ fehltes Leben geſtattet. Denn das wahre Leben der Frau bleibt doch die ehrliche und mütterliche Liebe ganda in Rußland durch dieſes Entgegenkommen der Regierung des Zaren ſchwerlich ein Ziel ge⸗ ſteckt werden wird. Was den Zeitpunkt der Wahlen zu der erſten Reichsduma anbelangt, ſo iſt ein be⸗ ſtimmter Tag noch nicht feſtgeſetzt, nur ſind die Wahlliſten drei Monate nach der Veröffentlichung des Volksvertretungsgeſetzes anzufertigen und vom Miniſterium des Innern an ihren Brſtimmungsort zu ſchicken. Uebrigens verlautet, der jetzige Geſetz⸗ entwurf über die Schaffung einer Reichsduma ſei keineswegs als definitiv abgeſchloſſen zu betrachten, es würde vielmehr der zu wählenden Duma über⸗ laſſen bleiben, ſelber einen ueuen Entwurf auszun⸗ arbeiten und ihm dem Zaren zur Beſtätigung zu unterbreiten. 5 Verſchiedenes. Ladenburg, 19. Aug. (Bürgeraus⸗ ſchußſitzung 2. Abend). Der 11. Punkt der Tages⸗ ordnung betraf die Mitteilung des Aufwandes für Herſtellung der Waſſerleitung und betrug derſelbe 209 936 Mk. 52 Pfg., alſo 236 Mk. 52 Pfg. mehr als hiezu veranſchlagt waren und verteilt ſich folgendermaßen: Anlage des Tiefbrunnens 9948 Mk. 40 Pfg., Erſtellung der Pumpſtation nebſt Einrichtung und Maſchinen 61078 Mk. 46 Pfg. Errichtung des Waſſerturmes 40313 Mk. 88 Pfg., Rohrnetz 94798 Mk. 85 Pfg. und ſonſtige Aus⸗ lagen 3796 Mk. 63 Pfg. Die Fraktion der Niederſtbeſteuerten iſt mit dieſer Aufſtellung nicht zufrieden und verlangt ſpecificierte Abrechnung was auch zugeſagt wurde. Bei dieſer Poſition wurde von ſeiten des Herrn Nilſon auf die Unzuläng⸗ lichkeit des Lokomobils im Pumpwerk hingewieſen und von Waſſermeiſter Vogel die Mitteilung gemacht, daß der Keſſel des Lokomobils fehlerhaft ſei, worauf der Vorſitzende verſichert, die Sache prüfen zu laſſen. Die Anſtellung des Maſchinenwärers Karl Maier wo 5 dieſe ihre 7 verläßt, geht ihr meiſtens der größte Reiz echter Weiblichkeit verloren. 8 dachte Steinweg, wie tauſend andere ſeines Geſchlechts, ohne der Sache auf den Grund zu gehen und ſich zu ſagen, daß größtenteils die modernen Männer mit ihren egoiſtiſchen, idealloſen Anſchauungen und ihrer Neigung, durch eine goldene Heirat zugleich ein gutes Geſchäft zu machen, daran Schuld ſind, daß viele brave und edle Mädchen ehelos das Leben gehen müſſen und nicht ihren natürlichen Wirkungs⸗ kreis finden. Mit ſelbſtzufriedenen Gedanken trat daher jetzt Steinweg zu Leonore, um ſich dann für das Lied zu bedanken, das ſie ſoeben geſungen hatte. Die Schranken, die vorhin zu wanken gedroht, ſie waren ſchnell wieder aufgerichtet zwiſchen zwei Menſchen, in deren Innern einſt in der Ouvertüre des Lebens, ein ſeeliſcher Akkord voll und weich zuſammen ge⸗ klungen hatte. Das war nun vorbei für immer! Sie ſagten dies ſich beide, und verkehrten den Reſt des Abends in jener zeremoniellen Weiſe miteinander in welcher ſie vom erſten Wiederſehen an ſich be⸗ gegnet hatten. Als“ aber die Gäſte in Steinwegs Villa längſt nach Hauſe gegangen, da ſtarrten zwei dunkle Mädchenaugen noch lange hinaus in die ſtille Mond⸗ ſcheinnacht. Bange Fragen bewegten Leonorens Herz; war es nicht beſſer, dieſem Hauſe und das gefahrdrohend Sollte ſie Zuſammenleben zu entfliehen, werden konnte für ſie und für ihn. So