Bürgernutzungen ſind, ihren rechtlichen eigentlich ſchon verloren haben, ſobald der Pfarrer als ſolcher nicht mehr die Eigenſchaft als Orts⸗ bürger beſaß; in vielen Fällen wäre daher wohl eine einfache Verweigerung der ferneren Leiſtung möglich; da die Städte an eine ſolche aber nicht denken, ſei eine Beſeitigung der nicht mehr in unſere Zeit paſſenden Laſten auf dem Wege der Ablöſung meiſt erwünſcht. Der Städtetag hat beſchloſſen, die Großh. Regierung um Unterſtützung der Ab⸗ löſungsbeſtrebungen der Gemeinden, nötigenfalls durch ein Geſetz, zu erſuchen. Der hieſige Gemeinderat geſtützt auf mehrfache Entſcheidungen der altungsgerichte der Meinung, daß die Pfarr⸗ pfründen (und dadurch die Pfründnießer) bürger⸗ genußberechtigt ſind und zwar ſolange, bis der An⸗ ſpruch auf Bürgergenuß durch Beſchluß von zwei Dritteln aller Gemeindebürger — oh jegliche ohne Entſchädigung — mit Staatsgenehmigung aufge⸗ hoben wird. Laſſe man daher der Sache auf dem von uns betretenen Wege ihren Lauf. Wird einem bezüglichen Beſchluß der Bürger die Staatsge⸗ nehmigung zu Teil, dann wird unſer Erfolg ein günſtiger ſein, wird die Staatsgenehmigung verſagt, dann werden wir aus der Begründung das Weitere erfahren. Nachdem die Sache nun einmal die Ge⸗ müter erregt hat, ſoll ſie auch durchgefochten werden. Abwarten, bis vielleicht ein neues Geſetz nach ahren zu Stande kommen wird, dazu haben die Bürger wenig Luſt. — Bühl, 24. Juli. Nur noch wenige Tage rennen uns von der aus langer Hand zielbewußt mit Energie und viel Geſchick ſeitens des hieſigen Handels- und Gewerbevereins anläßlich ſeines 25jährigen Beſtehens ins Werk geſetzten Bühler Bezirks⸗ Gewerbe⸗ und Induſtrieausſtellung. Am 5. Auguſt dieſes Jahres wird in den Mauern Bühls der breiten Oeffentlichkeit eine Ausſtellung gezeigt werden, die im Lande Baden in ihrer Reichhaltigkeit und Gediegenheit wohl ſelten zu ſchauen geweſen ſein dürfte. Die Bezirke Baden, Bühl und Achern werden zeigen, was ſie auf dem Gebiete modernen wirtſchaftlichen Lebens zu leiſten vermögen. Ein Blick in den Ausſtellungskatalog gibt uns ein klares Bild eines von einem zwar räumlich nicht ſehr großen, aber von der Natur ganz beſonders bevor⸗ zugten in die Wege geleiteten, auch von der Gr. Regierung und den Gemeindebehörden geförderten bedeutſamen Unternehmens. jenem Abend beſſere Freunde als ſie je zuvor ge⸗ weſen. Sie ſprach von tauſend Dingen. Dorothea erzählte Paul alle Einzelheiten über ihres Vaters Tot, und ſchon das Gefühl, daß Sander ihren Vater gekannt hatte, zog Dorothea ſeltſam zu ihm hin. „Und Frau Willhof?“ fragte der Förſter, das Thema plötzlich wechſelnd, da er bemerkte, wie die Blumen an des Mädchens Bruſt auf und nieder⸗ wogten, während ſie von ihrem Vater ſprach. „Lebt jetzt mit der verwitweten Schweſter ihres Mannes zuſammen. Sie ſchreibt mir zuweilen und es geht ihr gut,“ antwortete Dorothea. Paul ſchwieg, und als das junge Mädchen zu ihm aufſah, bemerkte ſie zum erſtenmal, daß er ein kleines Veilchenſträußchen im Knopfloch trug. „Wie ich ſehe, haben Sie Ihre Vorliebe für die Veilchen bewahrt,“ ſagte ſie lächelnd, da ſie ſich erinnerte, daß er ihr einmal erzählt hatte, es ſeien das ſeine Lieblingsblumen. „Ja,“ entgegnete er lachend. „Dieſe hier,“ und dabei berührte er die Veilchen leicht mit dem Finger, „wuchſen in meinem Zimmer. mehrere kräftige Pflanzen in Töpfen und die blühen das ganze Jahr hindurch. Erinnern Sie ſich, wie maſſenhaft ſie im Frühjahr um Braunsdorf herum wuchſen?“ Ja, Dorothea erinnerte ſich deſſen. Sie er⸗ innerte ſich auch, wie er ihr eines abends einen großen Strauß davon gebracht, den er nach einem heftigen Aprilregen gepflückt hatte. Ob er das auch noch wußte, da er ſie mit einem ſo langen, ſeltſamen Blick anſchaute? Wie töricht, daß ihr bei dem Ge⸗ danken das Geſicht ſo heiß wurde. Wie raſch die Stunden dahinflolgen. Dorothea meinte ſeit Monaten kein ſo kurzen Abend verlebt zu haben. Hans und Emmy kamen, bevor ſie zur Ruhe gingen, noch zu einem Plauderſtündchen auf Boden i und mit ihm wohl der größte Teil der Bürger ſind tt Ver⸗ In 22 Abteilungen Ich habe und in 16 inmitten prächtiger gärtneriſcher Anlagen errichteten Hallen gezeigt werden; J. Kunſt⸗ und Handelsgärtnerei. 2. Künſtliche Blumenbinderei. 3. Möbelinduſtrie, Holzwaren und Flechterei. 4. Maſchinen, Werkzeuge und Metallwaren. 5. Wagen und Geſchirre. 6. Motoren und elektriſche Induſtie. 7. Stein⸗, Erd⸗, Ton⸗, und Glaswaren. 8. Bau⸗ und Ingenieurweſen. 9. Chemiſche Induſtrie. 10. Nahrungs⸗ und Genußmittel. a) Bienen⸗Ausſtel⸗ lung. b) Weinbau- Ausſtellung (Koſtenprobe am 15. Anguſt). 11. Papier⸗Induſtie. 12. Erzeugniſſe des Buchdrucks und anderer Schriftvervielfältigungs⸗ arten. 13. Lehr- und Unterrichtsmitttel. 14. Be⸗ kleidungs- und Leder⸗Induſtrie. 15. Feinmechanik. 16. Entwicklung des Beleuchtungsweſens. Darſtel⸗ lung der hiſtoriſchen Entwicklung des Beleuchtungs⸗ weſens. 17. Sonder-Ausſtellung von Selbſtkochern. 18. Kunſtgemälde⸗Ausſtellung aus den drei Bezirken nebſt Kunſtgewerbe-Ausſtellung. 19. Werkzeug⸗ Maſchinen. 20. Weibliche Handarbeiten. 21. Ge⸗ werbliche Schule der drei Bezirke. 22. Lehrlings⸗ arbeiten und Geſellenſtücke aus den drei Bezirken. Tauſend fleißige Hände regen ſich, um die Feſtſtadt Bühl mit ihrer prachtvollen gothiſchen Kirche und ihrem altehrwürdigen, reſtaurierten und von Künſtler⸗ hand neu bemalten Rathauſe im beſten Lichte er⸗ ſcheinen zu laſſen. Nicht minder aber auch wird die Umgebung Bühls den Beſuchern ein herrliches Bild deutſcher Erde eröffnen. Darum ſei bei der diesjährigen Wanderſaiſon die Loſung: „Auf zur Ausſtellung nach Bühl! — Pforzheim, 27. Juli. Heute früh zwiſchen 2 und 3 Uhr fuhr Prinz Ernſt von Sachſen⸗ Weimar, von Wiesbaden kommend, mit ſeinem Auto⸗ mobil bei Engelbrand auf einen Prellſtein an der Straße, wobei ſich das Automobil überſchlug. Der Prinz brach zwei Rippen und erlitt eine Gehirn⸗ erſchütterung. Die weiteren drei Inſaſſen wurden nicht verletzt. Alle ſind von hier mit dem Morgen⸗ ſchnellzug nach Ludwigsburg weitergefahren. — Waldshut, 26. Juli. Der Haus⸗ burſche Joſeph Brückel aus Baden⸗Baden hat dem Herrn Unterſuchungsrichter unter Tränen ein reu⸗ mütiges Geſtändnis abglegt. Er kam am Sonntag, den 26. Februar, Nachmittags, von Oberſäckingen hierher, beſuchte mehrere Wirtſchaften und wollte Nachts gegen 1 Uhr im Bahnhofhotel übernachten. Da ihm der Zimmerpreis zu hoch war, ging er weiter und wollte den Stadtmuſikball im Kornhaus ihr Zimmer. Die erſtere hatte Dorothea, wie ſie ſagte, unter ihre Flügel genommen. „Sie kannten den Förſter Sander wohl ſchon, Fräulein Schuch?“ fragte ſie neugierig. „Ja; er war Aſſiſtent bei meinem Vater,“ antwortete Dorothea und wurde dabei rot; ſie wußte ſelbſt nicht warum. Warum ſagten Sie mir das nicht, als ich Ihnen erzählte, daß wir ihn heute zu Tiſch er⸗ warteten?“ fragte Hans in ihrer derben Art, wobei ſie Dorothea ſcharf anſah. „Ich dachte nicht gleich daran,“ ſagte Dorothea verlegen. Bald darauf wünſchten die Schweſtern „Gute Nacht“ und zogen ſich zurück. 5 aK de d. Dorothea Schuch wanderte durch den zu Schloß Ilgenburg gehörenden Park. Sie hatte herrliche vierzehn Tage verlebt. Die glänzende Weihnachts⸗ beſcheerung, die luſtigen Geſellſchaften, das Schlitt⸗ ſchuhlaufen — alles würde ihr in ſchönſter Erinner⸗ ung bleiben. Den Förſter von Lautern hatte ſie häufig ge⸗ ſehen — Paul ſtand mit den Bewohnern von Schloß Ilgenburg auf ſehr freundſchaftlichem Fuß — und je öfter ſie mit ihm zuſammen war, deſto mehr erkannte ſie ſeinen Wert. Paul indeſſen bevorzugte ſie in keiner Weiſe, wie er doch früher in Brauns⸗ dorf zu tun pflegte. Er behandelte ſie mit ritter⸗ licher Höflichkeit wie auch jede andere Dame; aber er berechtigte ſie weder durch ein Wort noch einen Blick zu dem Glauben, er könnte wärmere Gefühle für ſie hegen als einfache Freundſchaft. Sie war ihm augenſcheinlich nicht mehr als jedes andere Mädchen. 5 „Ich war ein Tor,“ hatte Paul vor zwei Jahren geſagt, als er unter dem Schmerz litt, den Doroth beſuchen, wurde daſelbſt aber von einem 7 rſteher zurückgewieſen. Brückel ging dann über die Ueber⸗ führungsbrücke und traf einige Zeit nachher mit der vom Ball heimgehenden Karoline Reinbold zu⸗ ſammen. Er unterhielt ſich mit ihr und begleitete ſie gegen ihre in der Schmitzingerſtraße gelegenen Wohnung. Vor der Einfahrt zum Zementplatz des Herrn Peter Schmidt hier hat er das Mädchen er⸗ würgt, über den Zaun auf den Lagerplatz geſchleppt, und hier ſein ſcheußliches Verbrechen vollendet. Brückel iſt 32 Jahre alt und war in Kempten wegen ſchweren Sittlichkeitsverbrechens verhaftet worden. — Frankfurt a. M., 26. Juli. Hier wurde der 20 jährige Taglöhner Peter Allmann aus Niederramſtadt feſtgenommen, der in deu letzten Wochen den ganzen vorderen Odenwald, beſonders die Orte Reinheim, Oberramſtadt, Wenbach, Hahn zꝛc., durch Einbruchdiebſtähle unſicher machte. In ſeinem Beſitz befand ſich bei ſeiner Feſtnahme ein Fahrrad. Von dem geſtohlenen Gelde beſaß er nur noch wenig. — Frankfurt a. M., 27. Juli. Heute mittag gegen 3½ Uhr ſtürzten 3 auf Schwebe⸗ gerüſten beſchäftigte Arbeiter im hieſigen Haupt⸗ bahnhof mit einem Teil der Gerüſte herab. Alle 3 Verunglückte, 2 Schloſſer und ein Weißbinder, waren ſofort tot. — Koblenz, 26. Juli. Eine junge Frau goß Petroleum ins Feuer und verbrannte am lebendigen Leibe. Als Nachbarn herbeieilten, war ſie ſchon tot. — Bamberg, 26. Juli. Geſtern nach⸗ mittag brannte in Hirſcheid das Anweſen eines Bahnarbeiters teilweiſe nieder, während der Beſitzer auswärts auf der Arbeit war. Sein fünf Jahre alter Sohn kam in den Flammen um. — Linz (Oeſterreich), 26. Juli. Der wegen unheilbarer Krankheit penſionierte 41jährige Loko⸗ motivführer der Staatsbahnen, Franz Samens in Braunau am Inn, erſchoß geſtern ſein 13 Monate altes Töchterchen und dann ſich ſelbſt. Er hinter⸗ läßt ſeine Witwe mit zwei Kindern. Das kleine Mädchen tötete er weil es nach ſeiner Penſtonierung zur Welt kam und keinen Anſpruch auf einen Er⸗ ziehungsbeitrag gehabt hätte. Schweinemarkt Seckenheim. Der heutige Ferkelmarkt war mit 86 Stück be⸗ fahren und wurden alle zum Preiſe von 2630 Mark pro Paar abgeſetzt. Dorotheas Zurückweiſen ſeiner Werbung ihm bereitet hatte, und nun ſprach Dorothea dieſelben Worte „Ich war eine Törin! Er bot mir einſt ſein edles Herz und ich wies es zurück. Nun habe ich es für immer verloren!“ Gerade als ſie den Park verlaſſen wollte, be⸗ gegnete ſie ihm, der ſoeben lebhaft ihre Gedanken beſchäftigte. Lächelnd bot er ihr die Hand. „Ich ſuche Sie,“ ſprach er. „Ich komme ſo⸗ eben vom Schloß. Ihre Tante ſagte mir, daß Sie Ilgenburg morgen verlaſſen werden und meinte auf meine Frage nach Ihnen, ich würde Sie hier finden.“ Sie wendeten ſich wie im gegenſeitigen Einver⸗ ſtändnis wieder dem Parke zu und ſchritten die Allee entlang, aus welcher Dorothea ſoeben getreten war. Ein ſeltſam banges Gefühl beſchlich ihr Herz und feſſelte ihr die Zunge. Paul indeſſen plauderte in ſeiner liebenswürdigen, angenehmen Weiſe fort, ohne eine andere Antwort zu erwarten als die einſilbigen Bemerkungen, welche hin und wieder von ihren Lippen kamen. Nach einer Weile gelangten ſte 5 ein eiſernes Gitter, welches dem Druck von Pauls Hand nachgab und ihnen den Weg nach zu einem ſchmalen Heckenweg freiließ. 1 Diorothea hatte das ungewiſſe Gefühl, als ſei es an der Zeit, den Spaziergang abzubrechen und nach dem Schloß zurückzukehren, aber es war ihr nicht möglich, dieſe Empfindung in Worte zu kleiden. So ſchritt ſie immer weiter an Pauls Seite hin, bis endlich vor ihren Blicken ein freundliches Land⸗ häuschen auftauchte. 5 Am Tor des davor liegenden Gärtchens ſtand eine junge Frau mit einem rotbackigen Kind an der Hand. Sie bemerkte den Herrn und die Dale nicht, welche den Heckengang daherkamen. 618 85 (Schluß folgt.)