— — Preis vierteljährlich Mark 1.— Redaktion, Druck und Verlag der Erſcheint jeden Dienstag und Ereitag Abend. mit illuſtriertem Sonntagsblatt frei ins Haus. Hofbuchdruckerei Karl Molitor, Ladenburg. 55 + * Deutſchland und Abeſſynien, Die vom Kaiſer zum Negus Menelik nach Abeſſynien entſandte Sondermiſſion hat ihre Auf⸗ gabe, handelspolitiſche Beziehungen zwiſchen dem Deutſchen Reiche und Abeſſynien anzuknüpfen und in dieſem intereſſanten Staatsweſen Oſtafrikas den deutſchen Einfluß neben demjenigen anderer fremder Völker zur Geltung zu bringen, in voll⸗ ſtem Maße erfüllt. Durch die Wirkſamkeit dieſer Miſſion bat ſich Deutſchland einen neuen „Platz an der Sonne“ errungen, auf einem Boden, auf welchem europäiſche Mächte ſchon ſeit Jahrzenten ſtill, aber erbittert um den Vorrang kämpften, ohne daß es bis jetzt auch nur einer einzigen ge⸗ lungen wäre, wirklich zum Ziele zu gelangen. Menelik hat ſich aber als ein geborener Diplomat erwieſen, der geſchickt die bei ihm konkurrierenden fremden Staaten gegen einander auszuſpielen ver⸗ ſteht und der noch bis zur Stunde die geſchick⸗ zu Schanden zu machen wußte. mußten dies die Franzoſen erfahren, welche ſchon glaubten, Aethiopien ſo gut wie in der Taſche zu haben und aus dieſem Lande nach Belieben einen franzöſiſchen Vaſallenſtaat machen zu können. Aber dieſe Illuſionen ſind durch die entſchiedene Weigerung des Negus, den Franzoſen die ſo heiß begehrte Monzeſſion zur Weiterführung der Eiſen⸗ bahn Oſchibuti⸗Adis⸗Harar in das Innere Abeſſyniens zu erteilen, gründlich zerſtört worden, denn dies Verhalten des Negus bedeutet nichts mehr und nichts weniger als das völlige Fiasko der franzöſiſchen Politik in ſeinem Lande. Nunmehr iſt Deutſchland in den Kreis der durch ihre Vertreter am Hofe des abeſſyniſchen Herrſchers konkurrierenden europäiſchen Mächte — 8 8 1 Italien, Rußland — Der ern des 1 Hauſes. 5 Roman von J. J 30. Fortſetzung. „Gute Nacht, ewig!“ flüſterte Kopf auf die Bruſt herabſinken. * . * Geliebt — gute Nacht auf 1185 * An dem offenen Fenſter eines eleganten Zim⸗ mers kniete Hilda von Gunslach in ſpäter Nacht. Die Wachslichter auf dem Toilettentiſch warfen ein weiches Licht auf die koſtbaren Möbel, aber der ſie umgehenden Pracht nicht achtend, ließ daß Mädchen eine Träne nach der andern auf die ge⸗ falteten Hände niederfallen, während die ſanfte Nachtluft ihr die ſchmerzende Stirn kühlte. Mit dem Ballkleid hatte ſie auch ihr Lächeln abgeſtreift, und nun ihr das dunkle Haar gelöſt über die Schultern wallte, hob ſie den Blick zum Sternen⸗ himmel hinauf und weinte bitterlich. Ein leiſer Schritt weckte ſie aus ihrem Träu⸗ men. Sie wendete ſich und fand ſich im nächſten Moment in Eugenie de Boiſſons Armen. „Kind, haſt Du Kummer?“ fragte die Fran⸗ zölin in zärtlichem Ton. „Keinen neuen. Ach Eugenie, ich bin ſo 1 d den F Schweiz das Leben rettete, llebt er mich. Du weißt, wie geduldig er gewartet hat, in der Hoffnung, Dienſtag, den II. Juli eingetreten, und man kann ſchon jetzt behaupten, daß das deutſche Debüt in Abeſſynien wohlge⸗ lungen iſt. Noch iſt zwar kein diplomatiſcher Ver⸗ treter des Reiches in Adis Abeba, der offiziellen Keſidenz des Negus Menelik, ernannt, aber der abgeſchloſſene fohlenen und macht ſomit eine amtliche Vertretung des Reiches notwendig. Ohne Zweifel wird ſich die deutſche Arbeit auch auf dieſem neuen Terrain ihre Domäne ſichern. Vorläufig ſind es Montan⸗ Intereſſen, die das deutſche Kapital in Abeſſynien verfolgt, und ohne Zweifel werden die verliehenen Konzeſſionen das Vertrauen der rechtfertigen. Aber auch die deutſche Induſtrie hat ſich bereis ihre Vertretung in Adis Abeba f erſtes Gebäude deutſcher Re⸗ präſendation wird ſich unter dem runden Tukul der Eingeborenen und den einfachen Steinbauten der Vornehmen das Haus der deutſch⸗abeſſyniſchen teſten Kombinationen der europäiſchen Diplomaten Am meiſten geſichert. Als Montan⸗Geſellſchaft erheben, ein Zeichen, daß dieſes Unternehmen auf eine dauernde Arbeit in Aethiopien rechnet. Sicherlich werden andere Unternehmungen und Anlagen im Laufe der Jahre folgen und unſere Politik im Reiche des Negus weſentlich beeinfluſſen. Die Marſchroute iſt ſchon heute unſerem künftigen Vertreter durch die natürliche Lage der Dinge vorgeſchrieben. Mit Frankreich können wir trotz allen guten Willens, der ſich in der überzarten Rückſicht auf Herrn Ilg beſonders kennzeichnete, ſo lange nicht gehen, wie die franzöſiſche Handelspolitik fortfährt, aus ihrem faktiſchen und erhofften Beſitz in Afrika Domänen für die Rheder von Marſeilla und Havre zu machen, nur franzöſiſchen Kaufleuten die Wege zu ebnen, die unbequeme Konkurrenz einfach hinauszugraulen und durch eine unſinnige Schutz⸗ politik dem Welthandel die 1 Kolonien Ai W es wäre mir Jebt 11 zu ſchlafen!“ ſchluchzte ſie. Eugenie ſtrich ihr mit liebkoſender Hand über den ſchönen Kopf, welcher an ihrer Bruſt ruhte. „Als ich heute zum Ball ging, fühlte ich mich ganz glücklich — glücklicher als ſeit Jahren,“ fuhr Hilda betrübt fort. Eugenie, und bat mich abermals die ſeine zu werden. „Otto war da, wie Du weißt, Seit heute vor zwei Jahren, wo er mir in der mein Herz zu gewinnen — und was bin ich, daß ein ſo edler Mann mich ſo hochſchätzt? Ja, Eugenie, es gibt keinen edleren Menſchen als er iſt, und ich fühle, wenn er an meiner Seite iſt und ich ſein mildes Bitten hörte, ich nicht weiſer handeln kann, als ſeine Gattin zu werden. Ich bin ſo freundlos, Eugenie, den all die großen Leute, die mir huldigen und ſchmeicheln, ſind nicht meine Freunde; es gilt nicht mir, ſondern meinem Reichtum. fort — habe ich niemanden, der mich um meiner ſelbſt willen liebt — nur Otto. Werde ich je einen Mann finden, der mich ſo treu liebt wie er? Er iſt ſo edel, ſo gut. Ich ſagte ihm, ich hätte ihm keine Liebe zu geben, und. er entgegnete, er wolle warten, er hoffe, meine Achtung für ihn würde ſich allmählich in Liebe verwandeln. Was konnte ich darauf ſagen? Er hat gewiſſermaßen ein Anrecht auf mich, denn Anzeigen: Die einſpaltige Garmondzeile 10 Pfg. Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Reklamen 20 Pfg. Anzeigen welche am Tage des Erſcheinens bis Nachmittags 2 Uhr eintreffen finden ſofortige Aufnahme. Handelsvertrag bedingt auch eine wechſelſeitige Kückſichtsnahme auf die Schutzbe⸗ Unternehmer Bei größeren Aufträgen Rabatt. — 1905 zu verſchließen. Was in Algier, in Tunis, am franzöſiſchen Congo geſchah, würde unfehlbar auch in Aethiopien als oberſtes Prinzip feſtgelegt werden, wenn Franzöſiſch dort Trumpf würde. Lediglich aus ſachlichen Gründen werden wir bei möglichſter Wahrung der unparteilichen Stellung, deren ſich Deutſchland in der Welt überall be fleißigt — nicht immer zu ſeinem Vorteil — doch auf Seiten derer ſtehen müſſen, welche die fran⸗ zöſiſchen Menopolpläne bisher erfolgreich durch kreuzten: England und Italien. Verſchiedenes. — Schriesheim a. d. Bergſtraße, 10. Juli. Geſtern abend 10 Uher wurde der 70 Jahre alte Michael Hildenbeutel von Großſachſen vom Zuge der Nebenbahn überfahren und getötet. Hilden⸗ beutel hat ſich, wahrſcheinlich in betrunkenem Zu ſtande auf das Geleiſe gelegt. — Mannheim, 9. Juli. Im hieſigen Krematorium fand geſtern Nachmittag die Ein⸗ äſcherung der Leiche des Herrn Direktor Haas ſtatt. Die Trauerfeier fand in Anweſenheit einer äußerſt zahlreichen Trauerverſammlung ſtatt. Unter den Erſchienenen bemerkten wir die Herren Geh. Oberregierungsrat Pfiſterer, Geh. Regierungsrat Lang, Oberbürgermeiſter Beck, Bürgermeiſter Ritter und Gendarmeriemajor Grabert. Stark vertreten war auch das Reſerve⸗ und Landwehroffizierkorps und das Dragonerregiment. Vor dem Krematorium bildeten Arbeiter und Beamte der Zellſtofffabrik Waldhof Spalier, während auf der Freitreppe Mitglieder der Fabrik⸗Feuerwehr Aufſtellung ge nommen hatten. Die Trauerrede hielt Herr Kirchenrat Ruckhaber, welcher ſeinen zu Herzen gehenden Ausführungen das Wort des Propheten Jeſaias (Kapitel 55, Vers 8 bis 9) zu Grunde legte: „Meine Gedanken ſind nicht Eure Gedanken er rettete mir das Leben, und ſo gedachte ich ihm mein unbedeutendes Ich — das er nun einmal ſo hochſchätzt — zum Dank zu geben. Ich ſagte ihm, er ſolle morgen kommen, um ſich meine Antwort zu holen.“ Sie ſchwieg einige Augenblicke, dann entwand ſie ſich Eugeniens Armen und richtete ſich hochauf. Bleich, in den Augen brennendes Feuer, ſtand ſie zur vollen Höhe aufgerichtet mit verſchlungenen Händen da. „Wenn Du glaubſt, ich habe das Vergangene vergeſſen, Eugenie, ſo tuſt Du mir unrecht. Ich werde ihn nie vergeſſen — nie aufhören, ihn zu lieben, trotzdem er mich ſo leicht aufgab. Ich ſagte Dir, daß alles Licht, alle Wärme an dem Tage, an welchem ich ihn verlor, meinem Leben entſchwand. — Ihn vergeſſen!“ rief ſie mit einer verzweifelnden Gebärde. „Nein, bis mein Herz im f 1 Tode erſtarrt iſt, werde ich niemals aufhören, ſeiner Außer Dir und meinem Vater — und der iſt immer ſo weit — der Wonne meiner Seele — zu gedenken!“ Eugenie ſchwieg. Für ſolchen Schmerz hatte ſie keinen Troſt. Nach einer Weile hob Hilda ruhiger, doch noch mit demſelben namenloſen Kummer der Stimme wie in ihren Zügen an: Doch es gibt Zeiten, Gedächtnis geſtrichen habe, und da bin ich zufrieden, beinahe glücklich, bis ſie mir mit grauſamer Ge⸗ walt wiederkehrt und mich überwältigt, und dann —“ hier ſank ihre Stimme zu einem bebenden Flüſtern herab, „dann habe ich die Empfindung, in denen ich die Erinnerung aus meinem