Almendgenuß- Angelegenheit! Das Gemeindegeſetz kennt als Regel nur eine Bürgergenußberechtigung der Bürger und Bürgers⸗ witwen. Von dieſer Regel macht es aber eine Ausnahme zugunſten der Pfarr- und Schulpfründen. Wo nachgewieſen werden kann, daß die Inhaber dieſer Pfründen am 1. Januar 1831 zur Teil⸗ nahme am Bürgergenuß berechtigt waren, da ſteht darf, dieſe Berechtigung auch ferner und ſolange zu, als nicht auf dem Wege, den der 81104 der Gemeindeordnung für Abänderung des unbeſtrittenen Zuſtandes vom 1. vou zwei Dritteln der Stimmen aller Berechtigten mit Staatsgenehmigung eine anderweite Norm eſtgeſtellt iſt. Hiernach iſt es der den Gemeinde⸗ rgern zuſtehenden Selbſtgeſetzgebung anheimge⸗ ſtellt, die Anſprüche auf Bürgernutzen ohne irgend⸗ welche Einſchränkung neu zu regeln, ſomit auch die Anſprüche der Pfarr- und Schulpfründen auf Almendnutzung aufzuheben. Die Beteiligten haben ſich einer ſolchen Wandelung einfach zu fügen. Allerdings könnten die Anſprüche einzelner Ge⸗ meindebürger auf Bürgernutzen durch einen Gemeindebürgerbeſchluß nicht aufgehoben werden, denn die Gemeindebürger haben augeborenes oder durch Einkauf erworbenes Bürgerrecht, das nur durch ein Landesgeſetz allgemein aufgehoben werden könnte. Im Falle der Aufhebung der Almendgenußanſprüche der Pfarr⸗ und Schul⸗ pfründen ſteht den vielleicht intereſſierten Geiſtlichen und Schullehrern der Weg offen, ſich ſelbſt als Gemeindebürger einzukaufen. Im Uebrigen iſt durch § 172d der Gemeindeordnung die Giltigkeit eines Gemeindebürgerbeſchluſſes vom Hinzutreten der Staatsgenehmigung abhängig gemacht, und es iſt Aufgabe der Staats verwaltungsbehörde, Härten und Unbilligkeiten, welche ein Gemeindebürger⸗ beſchluß enthalten würde, durch Verſagung der Genehmigung hintan zu halten. Nun hat unſer Gemeinderat, unbekümmert um die Rechte der Gemeindebürger, im Januar d. Is. den Beſchluß gefaßt, den Inhabern der hieſigen Pfarreien den Almendgenuß der Gemeinde zu entziehen, ſobald dieſelben verſetzt werden oder mit Tod abgehen. Der Gemeinderat hat ſich ſogar das Recht herausgenommen, die der evong. Pfarr⸗ pfründe zuſtehenden Almendgüter dieſer zu entreißen Es iſt nicht an mir, Dir Vorwürfe zu machen, aber ich wage es nicht, die reine Natur meiner Freundin zu beleidigen, indem ich Dich in ihre Geſellſchaft bringe.“ Er hob den Kopf und ſah ihr höhniſch und und verſtört in die Augen. „Auch Du ſtehſt dem Baron bei!“ rief er mit hohlem Auflachen, und mit der Fauſt auf den Tiſch ſchlagend, fügte er hinzu: „Der Herr Baron von Roßlingen hat einen guten Advokaten an Dir. Hat Dich ſelne hübſche Larve auch beſtrickt? Es gab eine Zeit, wo Dir meine Gegenwart erwüuſcht war; jetzt treibſt Du mich von Deiner Schwelle wie einen hungrigen Hund. Auch das habe ich ihm zu danken.“ „Robert,“ entgegnete Eugenie in mildem, bitten⸗ dem Ton, „mißverſtehe mich nicht! Mein Kiſſen iſt oft feucht von den Träuen, welche ich bergieße, wenn ich an Dein vernichtetes Leben denke. Wie verheißend war Deine Jugend — wie herrlich das Talent welches der Himmel Dir ſchenkte. Ach, Robert, ſoll das Talent zu Grunde gehen? Willſt Du, der Du Dir einen großen Namen ſchaffen könnteſt, als nichtsnutziger Abenteurer leben und als ſolcher ſterben? Ach mein teurer, und geliebter Bruder, Du ſagteſt, Hilda könnte einen neuen Menſchen aus Dir machen, willſt Du ein ſolcher nicht um unſerer Mutter willen werden?“ Sie hatte die Hände auf ſeinen Arm gelegt und blickte flehend zu ihm auf. Er höcte ſie ſchweigend an; allmählich ſchwand der bittere, höh⸗ niſche Ausdruck aus ſeinen Zügen und des Zornes⸗ ſprühen erſtarb in ſeinen Augen. „Du biſt ein gutes Mädchen, Eugenie,“ ſprach er traurig, „und meinſt es gut; aber es iſt zu ſpät, um noch einen anderen Weg einzuſchlagen, als den, auf welchem ich mich einmal befinde. Ja ja, ich weiß, was Du ſagen willſt, aber mein Leben 8 uar 1831 vorſchreibt, durch Beſchluß N e ie e großen Teils der Gemeindebürger ſind eben derart Zur Aufklärung der z. Zt. ſchwebenden und zu Gunſten der Gemeindekaſſe zu vespachten. Der Gemeinderat hat alſo einerſeits ſeine Befug-⸗ niſſe überſchritten, andererſeits ein Recht der Ge⸗ meindebürger vergewaltigt. Das iſt eine unbe⸗ ſtreitbare Tatſache. Es iſt nur unbegreiflich, daß man von Seiten unſerer Gemeindeverwaltung den „Fauxpas“ nicht eingeſtehen will. Endlich nach beinahe einem halben Jahre ſollen die Gemeindebürger „einvernommen“ Gegenteil ihnen, ohne daß es eines weiteren Rechtstitels be- werden, ob ſie dem Januar⸗Beſchluß des Gemeinde⸗ rats zuſtimmen wollen. Der Gemeinderat wird ſich in der dritten Verſammlung ſehr wohl vom der Zuſtimmung überzeugen können, wenn er die Gemeindebürger mit ſeinem „Beſchluß“ evang. Almendgüter nicht auflöſt. abermals beehren ſollte. Die Mägen eines ſehr beſchaffen, daß ſie einen Gemeinderatsbeſchluß der in Rede ſtehenden Art abſolut nicht verdauen können. An eine befriedigende Erledigung der Angelegenheit dürfte überhaupt nicht zu denken ſein, wenn der Gemeinderat ſeinen Beſchluß nicht aufhebt und das Pachtverhältnis bezüglich der Die Gemeinde⸗⸗ bürger verlangen, lediglich der Ordnung halber, 1 daß ihnen ein formgerechter „Antrag“, etwa folgenden Inhalts, unterbreitet wird: „Die Ge⸗ meindebürger wollen beſchließen, daß der unbe⸗ ſtrüttene Zuſtand vom 1. Januar 1831 bezüglich der Almendnutzungen in Ladenburg dahin abge⸗ ändert werde, daß die bisherigen Anſprüche der Pfarr⸗ und Schulpfränden auf Almendgenuß auf⸗ gehoben und aus den hiedurch frei werdenden Almendgütern 6 neue Bürger⸗Almendnutzungen ge⸗ ſchaffen werden. Die Zahl der in Genuß befind⸗ lichen Gemeindebürger erhöht ſich dadurch um 6. Dieſe Aenderung tritt mit Wirkung von Martini 1905 an in Kraft“. Ein ſolcher Antrag dürfte wohl Ausſicht auf Erfolg haben. Schon aus Billigkeitsgründen wäre die Aufhebung der Pfründenanſprüche zu einem gemeinſamen Zeit⸗ punkt empfehlenswert. Als ſolcher iſt Martini vorgeſehen, meil an dieſem Tage in der Regel auch die Pachtverträge ſich auflöſen. Die Zahl derjenigen Gemeindebürger, welche 6 neue Bürgeralmenden nicht willkommen heißen ſollten, wird wohl recht klein ſein. An dieſe vielleicht kleine Schaar richten wir die Bitte, et⸗ waige Rückſichten oder Sonderintereſſen zurückzu⸗ ſtellen und lediglich die Jutereſſen unſerer Mit⸗ bürger zu wahren. iſt für Dich ein verſchloſſenes Buch. Behalte Deinen guten Rat für Dich. Es hilft mir nichts und ich fürchte,“ ſchloß er mit bitterer Ironie, „daß ich die Liſte meiner Sünden mit jedem Mal verlängere, wo ich Deine frommen Ratſchläge zurückweiſe.“ Nur ein ſtummer Blick aus den traurigen Augen gab ihm Antwort. „Du willſt nicht, daß ich ſie ſehe?“ fragte er noch einmal kurz und bitter. e „Robert, ich kaun nicht.“ Ohne weiter ein Wort ſchweren Trittes nach der ihm nach. „Geh nicht im Zorn von mir, Robert!“ rief ſie verzweiflungsvoll. „Sage mir Lebewohl.“ „Gute Nacht,“ gab er mürriſch zurück, und ſich von ihrer ihn zurückhaltenden Hand befreiend, verließ er das Haus und warf die Türe hinter ſich ins Schloß Eugenie öffnete dieſelbe und blickte ihm nach. Der Regen fiel ihn Strömen und in heftigen Stößen kam der Wind dahergebrauſt. Sie achtete deſſen nicht und ſchaute mit träuenfeuchten Augen und gefalteten Händen dem Manne lange nach, der allmählich in der Dunkelheit verſchwand. 29. Die heiße Sommerzeit rückte näher, in welcher, wer konnte, der Reſidenz entfloh, um in den Bergen oder am Meer ſich der friſchen, belebenden Luft zu erfreuen, welche dem müden Gang neue Elaſtizität und bleichen Wangen die Roſen wieder verleiht, welche dem Winter über in dem endloſen Strudel von Vergnügungen verloren gingen. An einem ſchwülen Juniabend war das Opern⸗ haus gedrängt voll. Es war für dieſe Saiſon die letzte Vorſtellungen, und die ganze feine Welt hatte ſich dazu eingefunden. 1 5 zu verlieren Türe. 90 Eugenie eilte mi 83 Das Eingeſandt in der letzten Nummer dieſes Blattes iſt geeignet, Verwirrung hervorzurufen, Der § 124 der Gemeindeordnung; „Wo Orts⸗ geiſtliche und Schullehrer Anteil an dem gemein⸗ ſchaftlichen Genuß hatten, muß jedem von ihnen, zu gleichem Zweck ein im Verhältnis ſeines Ge⸗ nuſſes zu bemeſſender Anteil zugeteilt werden“ bezieht ſich auf die Verteilung von gemein⸗ ſchaftlich benutzten Almendgütern zum Genuſſe unter die Einzelnen. Es iſt eigentlich ſelbſtver⸗ ſtändlich, daß, wenn Geiſtliche und Schullehrer Anteil am gemeinſchaftlichen Genuß haben, ſie auch bei „Teilung“ dieſes gemeinſchaftlichen Genuſſes berückſichtigt werden müſſen. Wir wollen aber den Pfarr- und Schulpfründen nicht den Genuß, ſondern das Recht zum Genuß ent⸗ ziehen. Auch handelt es ſich in Ladenburg nicht um gemeinſchaftlichen Genuß, ſondern um Genn im Einzelnen; denn es können mehrere Bürger den Genuß an einem Acker nicht zugleich be⸗ anſpruchen. Auch der im Eingeſandt angeführte neue Ab⸗ ſatz zu § 104 Abſ. 2 der Gemeindeordnung kann auf unſeren Fall nicht angewendet werden, weil in dieſem Abſatz das Vorhandenſein überwiegender öffentlicher Intereſſen vorausgeſetzt wird (vergleiche hierzu den Kommiſſionsbericht der 2. bad. Hammer vom 15. Juni 1904), Zum Schluſſe ſei noch bemerkt, daß § 46 der Gemeinde-Ordnung vorſchreibt, daß die Ver⸗ handlungen bei Gemeindebürger⸗Verſammlungen „öffentlich“ ſind. Die Gemeindebürger ſind zum Erſcheinen bei den Verſammlungen verpflichtet, weshalb der Gemeinderat Strafen des nicht ge⸗ rechtfertigten Ausbleibens (in der Regel entſchuldigk nur Krankheit) bis zu 5 Mark feſtſetzen kann Der Beſchluß mit zwei Drittel Majorität aller Gemeindebürger muß daher in einer Verſamm⸗ lung zuſtande kommen. Es dürfte ſich daher auch empfehlen, einen günſtigen Zeitpunkt — vielleicht einen Werktag Abend — als Verſammlungster min zu wählen. Die Beſtimmung des Verſammlungs⸗ lokals bleibt dem Gemeinderat überlaſſen. Weil der Bürgerſaal des Rathauſes zu klein iſt, muß eben ein größerer Tanzfaal als Verſammlunge⸗ lokal dienen. An anderen Orten werden in Er⸗ mangelung geeigneter Rathausräume Gemeinde⸗ bürger-, Gemeinde- oder Kreisverſammlungen ebenfalls in Tanzſälen abgehalten. 5 In der einen Loge ſaß ein Herr ganz allein. Er hatte ſeinen Stuhl zurückgeſchoben, ſo daß er nicht im vollen Lichte ſaß. In den Pauſen konnte er deutlich hören, was die beiden Herrn in der Loge neben ihm miteinander ſprachen, doch achtete er wenig darauf. Wettrennen, Pferde, Kartenſpiel, der letzte neu erſchienene Roman bildeten den Gegen⸗ ſtand der Unterhaltung. Eben war die Damenwelt der letzten Ballſaiſon zur Sprache gekommen, als die Muſik einſetzte und ihre Stimmen überköke, Nach Schluß des nächſten Aktes kam ein neues Thema an die Reihe. „Haſt Du Thiemer in letzterer Zeit geſehen, Arthur 2“ „Kurt von Thiemer ?“ „Nicht ſeit April. Ich hörte, er wäre wieder Er ſah ſehr ſchlecht aus, als ich ihn ſah.! „Vielleicht hat er Liebeskummer? Ich glaube ſo etwas gehört zu haben.“ „So erzählte man auch mir. Thiemer fol ſich in Nizza in eine Deutſche, eine Baroneſſe von Gunslach ſterblich verliebt, ihr einen Heiratsantrag gemacht und ſich einen Korb geholt haben. Durach war gleichzeitig mit ihm in Nizza und erzählte mir die Sache ausführlich.“ Arthurs Freund tat einen Ausruf der Ueber⸗ raſchung. — Der Herr in der Nebenloge beugte ſich ein wenig nach vorn und ſein Atem ging etwas ſchwerer. — Die Muſik erſtickte für einige Augen⸗ blicke wieder den Schall von Arthurs und ſeines Freundes Simme. f „Kennſt Du ſie 2“ waren die nächſten Worte, welche der Lauſcher verſtand. „Gewiß kenne ich ſie. Meine Tante, die Hof⸗ rätin Meerbach, machte mich vorigen Sommer in Neapel mit ihr bekaunt. Sie iſt gut befreundet it Fräulein von Guuslach. Der arme Thiemer e i (Fortſetzung folgt.) Nein. Du?“ hier. 7 1