1.30 5 8 80 1 0 9 7 7 fe . 4000 Arbei chaniker, eln ſiens a Anzeiger fi Preis vierteljährlich Mark 1.— Redaktion, Druck und Verlag der Hofbuchdruckerei Karl Molitor, Ladenburg. Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. mit illuſtriertem Sonntagsblatt frei ins Haus. Anzeigen: Die einſpaltige Garmondzeile 10 Pfg. Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Reklamen 20 Pfg. . Anzeigen welche am Tage des Erſcheinens bis Nachmittags 2 Uhr eintreffen finden ſofortige Aufnohme. Bei größeren Aufträgen Rabatt. Politiſches. Berlin, 9. Juni. Auf der ſkandinaviſchen Halbinſel hat ſich geſtern ein geſchichtlicher Vor⸗ gang zugetragen. Die bisher unter einem Herrſcher in Perſonalunion verbundenen König⸗ reiche Schweden und Norwegen ſtehen vor der endgültigen Trennung dieſer Union und der Bildung eines neuen Königtums. Es handelt ſich urſprünglich um die Forderung des ganzen norwegiſchen Volkes, ſeines Parlaments und ſeiner Regierung, die Konſulatsvertretung Nor⸗ wegens im Auslande von der bisher gemeinſam mit Schweden gehandhabten zu trennen, um ſo die Selbſtſtändigkeit Norwegens ſowohl dem Auslande deutlicher zu machen, wie andererſeits die norwegiſchen Spezialintereſſen entſchiedener ins Auge zu faſſen. Dieſen mehrſach gefaßten Parlaments- und Kegierungsbeſchluß hat Hönig Oskar abgelehnt. Die Regierung ihrerſeits proteſtierte hiergegen und beſtand auf ihrer Entlaſſung, die ſie alsdann, da ſie beim Hönig kein Gehöc fand, dem norwegiſchen Storting die Beſchlußfaſſung überwies. Damit wurde von der Regierung eine neue Gewalt neben dem Hönig gleichſam als gleich⸗ berechtigt erklärt und das Storting hat nicht ge⸗ zögert, gleich die äußerſten HKonſequenzen daraus zu ziehen. Anſtatt ſich mit der Einſetzung einer proviſoriſchen Regierung zu begnügen und es dem König und ſeinen ſchwediſchen Katgebern zu überlaſſen, die Folgerungen daraus zu ziehen, anſtatt ſo der Dynaſtie wenigſtens noch die Möglichkeit offen zu laſſen, durch teilweiſes Entgegenkommen gegen die norwegiſchen Wünſche eine gütliche Beilegung des Swiſtes einzuleiten, hat das Storting mit harter Hand den immer 1905. wirrer gewordenen Knoten einfach durchhauen und das Band durchſchnitten, das beide Reiche ſeit faſt einem Jahrhundert zuſammenſchloß; es hat die Union mit Schweden gekündigt und den König abgeſetzt. Damit hat der geſtrige Tag eine hiſtoriſche Bedeutung erlangt. Die Auflöſung der Union iſt in der Auf⸗ faſſung des Stortings nichts anderes, als die nätürliche Folgerung, die es aus der Haltung des Hönigs ziehen mußte. Wenn es gleichzeitig den greiſen Monarchen erſucht, mitzuwirken, daß ein jüngerer Prinz des Hauſes Bernadotte den Thron Norwegens beſteigt, ſo darf man darin keine leere Höflichkeit ſehen, die dem Hönig von Schweden die Bitterkeit der Stunde mildern ſoll; es ſpricht aus dieſem Begehren der lebhafte Wunſch, bei aller künftigen Selbſt⸗ ſtändigkeit doch mit dem „Brudervolk“ in n des Miniſters des Aeußeren Delcaſſé. In dem am Dienſtag in Paris abgehaltenen Miniſterrate legte Delcaſſé ſein Amt nieder, hierbei auf die zwiſchen ihm und den anderen Miniſtern wegen der Auswärtigen Politik Frankreichs entſtandenen Meinungsverſchiedenheiten hinweiſend. Miniſter⸗ präſident Rouvier bedauerte in einigen höflichen Redefloskeln den Kücktrittsentſchluß Delcaſſés und übernahm darauf ſelbſt intermiſtiſch die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten. Da⸗ durch, daß Herr Delcaſſè aus der franzöſiſchen Kegierung ausſcheidet, löſt ſich eine gefährliche internationale Kriſis, über deren Ernſt ſich die Eingeweihten nicht täuſchten. Delcaſſé hat durch die Kückſichtsloſigkeit mit der er die In⸗ tereſſen Frankreichs in Marokko verfocht, Deutſchland aufs empfindlichſte vor den Hopf engeren Beziehungen zu bleiben und wenigſtens zeugt; letztere hat ihren prägnanteſten Ausdruck darin gefunden, daß Kaiſer Wilhelm zwar den in der Verwandtſchaft der beiden Staatsober⸗ häupter ein Band der Nationen herzuſtellen. Der Gedanke an die Wahl eines ſchwediſchen Drinzen zum Hönig von Norwegen iſt nicht geſtern, ſondern ſchon vor Wochen — als nun noch niemand an die ſchroffe Töſung, die ſich nun vollzogen hat, dachte — beſprochen und nun ſehr ernſthaft in Erwägung gezogen worden. Stockholm, 7. Juni. Der König ſandte ein Telegramm an den Präſidenten des Stortings, Berner, in welchem er mitteilt, daß er an Staatsrat Michelſen telegraphiſch den beſtimmten Proteſt gegen die Handlungsweiſe des Staatsrates gerichtet habe. Berlin, 8. Juni. In Frankreich iſt das Ereignis, welches ſchon ſeit längeren Wochen erwartet wurde, jetzt eingetreten: Die Demiſſion nach einen allmählich akut gewordenen Konflikt zwiſchen Deutſchland und Frankreich heraufbe⸗ ſchworen, deſſen weitere Entwicklung viſoriſchen Geſchäfte des Pariſer Auswärtigen Der Stern des weißen Hauſes. Roman von J. Ines 24. Fortſetzung. Ja, er wollte das Unrecht wieder gut machen. An der grauen Aſche im Kamin ſann er über alles nach. Nur ein einziges Mal während des langen, langen Zwieſpaltes ſeiner Gedanken hatte der Ver⸗ ſucher ihm zugeraunt: „Laß die Dinge gehen, wie ſie ſind. Das Unrecht iſt begraben, warum es aus ſeinet Gruft emporheben, zu Tage fördern und damit Schmach und Schande über Dich bringen. fein Menſch weiß davon und es war ja nicht Dein Werk. Warum auf Dich die Laſt einer fremden Sünde laden?“ Doch er widerſtand der Verſuchung. Er kämpfte einen hartten Kampf mit ſich, ging aber ſiegreich, wenn auch ſchwer verwundet, aus demſelben hervor. Er wendete ſich der Wahrheit zu, Weg öde und dornig war, während jener, welchem der Verſucher deutete, blumig und in hellem Sonnenſchein dalag, ſo ſchaute er doch nach dem letzteren nicht zurück, ſondern ging feſten Schrittes auf dem gewählten Pfade vorwärts. „Einmal bin ich ſchwach geweſen zu meinem Verderben,“ ſagte er ſich reuevoll. „Möge Gott mir helfen in Zukunft ſtark zu ſein!“ Er entwarf ſeinen Plan. Er wollte zu ſeinem und obgleich der nach Rechtsanwalt, dem Juſtizrat Straubinger gehen und ihm die Sache mitteilen. Gleichzeitig gedachte er ihm den Trauſchein von Holm von Gunslach und Annemarie Hagenbeck, ſowie die wenigen Briefe vorzulegen, die ſich auf die Angelegenheit bezogen und er unter den Papieren ſeiner Mutter gefunden hatte. Einen Brief, welchen Annemarie von Guns⸗ lach an ihren Mann geſchrieben hatte und welcher fünfzehn Monate nach ihrer Verheiratung datiert war, trug eine Adreſſe aus der Reſidenz. Werner ſagte ſich ſogleich, daß ihre ſowie des Kindes Spur von dieſer Adreſſe aus zu verfolgen war und handelte danach. „Mag Holm von Gunslachs Kind leben ober tot ſein, ich werde es finden,“ lautete ſein feſter Eutſchluß. „Lebt es, ſo will ich es in die Erb⸗ ſchaft einſetzen, die ihm von Gottes und Rechtswegen zukommt; Gewiſſen wieder zurücknehmen iſt es tot, dann kann ich ſie mit guten 10 * * Baron Werner hatte eine Unterredung in der Reſidenz mit dem Juſtizrat Straubinger und nach wenigen Tagen ſchon war in aller Stille eine ernſte Nachſuchung im Gang nach der Frau und dem Kinde, welche Holm von Gunslach vor achtzehn Jahren in der Reſtdenz verlaſſen hatte. Baron Werner mietete ſich in der Nähe von des Juſtitsrats Bureau eine Privatwohnung, um in täglichem Verkehr mit ihm ſtehen zu können, . Braut, gerade ſo wie er auch. geſtoßen und an maßgebendſter Berliner Stelle ſelber tiefe Verſtimmung gegen Frankreich er⸗ Hönig Alfonſo von Spanien in ſeiner Rettung bei dem Pariſer Bombenattentat telegraphiſch beglückwünſchte nicht aber auch den PDräſidenten Coubet, der doch ebenfalls bedroht war. Die verkehrte Marokko⸗Politik Delcaſſés hatte dem ſich gar nicht abſehen ließ, und ſo war es die höchſte Seit, daß Delcaſſé ging. Von dem bewährten Geſchick des Miniſterpräſidenten Rouvier ſteht zu erhoffen, daß er die Marokko⸗Differenzen zwiſchen den beiden Ländern noch während ſeiner pro⸗ Amtes beſeitigen wird, ſo daß der neue fran⸗ zöſiſche Miniſter nichts mehr mit dieſer heikeln Materie zu tun hätte. denn es drängte ihn fieberhaft, zu ſehen. Eines Morgens händigte der Juſtizrat dem Baron die ihm überautworteten Papiere wieder ein. „Ich habe ſie kopieren laſſen und denke, es iſt beſſer, wenn Sie die Originale wieder an ſich nehmen.“ Am Abend las nun der Baron der unglücklichen Annemarie von Gunslachs Brief, den ſie an ihren Gemahl geſchrieben hatte, noch einmal durch und während ſeine Augen auf den unzuſammenhängenden aber leidenſchaftlich zärtlichen Erinnerungen eines duldenen Lebens ruhten, da fragte er ſich träumeriſch, was für eine Frau jene Hufſchmieds wohl geweſen ſein mochte. War ſie ſchön ? Er glaubte es. Was ſonſt als Schönheit konnte ihr in Holms Augen Reiz verliehen und ihr Verderben herbeigeführt haben? Eins fiel ihm als ſonderbar auf — daß die Sache erledigt gerade Lindenheim Annemarie Hagenbecks Geburtsort Von dort alſo hatte Holm von Gunslach ſeine die er ſpäter verlaſſen hatte, geholt — Der Gedanke überwältigte ihn, er durchdrang ihm das Herz wie ein Schwert. Hatte er nicht ebenſo gehandelt? War ſeine Sünde gegen Hilda geringer als die Holm von Gunslachs gegen ſein Weib? Sie war ebenſo groß — war größer noch, und das Geſicht in den Händen vergrabend, gab er zum erſtenmal dem Druck ſeines Kummers und r Reue nach und weinte bitterlich. Ach, könnte er die Tat ungeſchehen machen