Preis vierteljährlich Mark 1. Redaktion, Druck und Verlag der —— — Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. mit illuſtriertem Sonntagsblatt frei ins Haus 9 Hofbuchdruckerei Karl Molitor, Ladenburg. Lokale 60 und . 6 Pfg. Reklamen 20 Pfg. Anzeigen welche am Tage des Erſcheinens bis Nachmittags 2 Uhr eintreffen finden ſofortige Aufnahme. Bei größeren Aufträgen Rabatt. 2 40. 5 Freitag, den 19. Mai Reichtum und Volksbilbung. Der bekannte amerikaniſche Millionär Car⸗ negie hatte kürzlich mit dem Berichterſtatter einer großen engliſchen Seitung eine längere Unterredung. Befragt, was er von dem Aus⸗ ſpruche des engliſchen Staatsmannes Lord Koſe⸗ bery halte: „Bemitleidet die armen Reichen!“ ſogte er: 58 Sehe ich aus wie ein bemitleidenswerter Mann 7 Ich habe mich niemals elend gefüßlt. Ich kann mir nicht denken, daß ſich ein Mann elend oder unglücklich fühlt, der ſich bewußt iſt das Rechte zu tun. Da bin ich mit allem meinem Gelde. Welche Bedeutung hat es für mich! Heine andere, als daß es mir Gelegen⸗ heit und die Möglichkeit bietet, zu tun, was ich für das Kechte halte. Ich bin nicht nur des⸗ wegen glücklich, weil ich Held habe. Die Leute ſprechen, als ob der Reichtum der einzige Weg zur Glückſeligkeit wäre. Wie töricht! Was glücklich macht, iſt das Bewußtſein von dem guten Gebrauche, den wir vom Leben machen. Der Prüfſtein für jeden iſt der Dienſt, die Leiſtung. Früher war es die Frage der Geburt. Dieſe Seit aber iſt vorüber, wenigſtens bei uns in Amerika. Darnach kam der Reichtum als Maßſtab zur Wertſchätzung des Menſchen. Und er iſt es heute noch zum großen Teile in Amerika. Dieſe Idee aber fängt auch an zu ſchwinden. Der Maßſtab, der jetzt in Gebrauch kommt, iſt das Wiſſen. Die Frage iſt jetzt, was für klenntniſſe beſitzt der Mann d Und die nächſte Stufe und die letzte wird die ſein: Was tut der Mann d Was tut er nicht für ſich, aber für die Anderen d Benjamin Franklin ſagt: Der größte Wunſch Gottes iſt, daß der Menſch dem Menſchen diene. Und ich glaube, Franklin hat recht. tragen. Herr Carnegie ſprach dann eingehend über ſeinen neuen Lehrerpenſionsfond von 40 000 000 Mark und dann über ſein ihm oft zum Vor⸗ wurf gemachtes Steckenpferd, die Gründung von Volksbibliotheken. Man fragt mich: Warum immer Bibliotheken? Wenn ich den Leuten Bibliotheken gebe, ſo müſſen ſie zur Errichtung und zur Erhaltung derſelben auch das ihre bei⸗ Selbſtbeſtätigung und Arbeit iſt das große Geheimnis alles Fortſchritts. Nichts für nichts gilt auch in Bezug auf die Bibliothek, Wer ſich dieſelbe zu Nutzen machen will, muß leſen und ſtudieren. Er wird gebildeter u. ſteigt in der geſellſchaftlichen Skala. Ich halte wenig davon, Leuten zu helfen, die ſich nicht ſelbſt helfen können. Wenn Leute leſen, ſo finden ſie bald die Wege, wie ſie ihre Cage und die Verhältniſſe, unter denen ſie leben, verbeſſern können. Mit anderen Worten, der einzige Weg, das Sehuntel der Untergetauchteſten emporzuheben, iſt, ſeine Bildung zu erhöhen, ſeinem Geſchmack zu veredeln und ſeine Lebens⸗ gewohnheiten zu verbeſſern und das kann nur geſchehen, wenn man jenen hilft, die ſich ſelbſt helfen. Su einer Seit trug ich auch bet, die Wohnungsfrage für die Arbeiterklaſſen zu löſen. Ich fand aber, daß die Häuſer, die in Newpork zu dieſem Swecke gebaut wurden, ſchließlich von einer anderen Klaſſe bewohnt wurden, als von der, für die ſie beſtimmt waren. Vein, die Er⸗ ziehung des Vokkes iſt die Grundlage alles Fortſchrittes. Gibt man dem Volk die rich⸗ tige Erziehung, ſo tut es das Uebrige für ſich ſelbſt. Wahrheit große Gedanken! Aber zur Volks⸗ erziehung gehört auch ein gutes Lehrmaterial, und um dies zu bekommen, muß dem Lehrer⸗ ſtand eine würdige ſoziale Stellung u. e geſichert werden. Politiſches. Kaiſer Wilhelm hat ſeinen Frühjahrsaufent halt in den Reichslanden wieder beendigt und ſich am Dienſtag von Metz aus zunächſt nach Wies⸗ baden weiter begeben. Bemerkenswerter Weiſ waren bei der diesmaligen Anweſenheit des Mo narchen in Metz eine ganze Anzahl weltlicher un geiſtlicher Würdenträger um den Monarchen ver ſammelt, ſo der Reichskanzler Graf Bülow, de Statthalter der Reichslande, Fürſt zu Hohenlohe Langenburg, der Staatsſekretär für Elſaß-Loth ringen v. Köller, der preußiſche Kriegsminiſte v. Einem, der Eiſenbahnminiſter v. Budde, de Fürſtbiſchof Kardinal Dr. Kopp von Breslau Erzbiſchof Dr. Fiſcher von Köln und der Biſcho Dr. Fritzen von Straßburg. Zu einem immerhi bedeutſamen Vorgange geſtaltete ſich der Empfan des Fürſtbiſchofs Dr. Kopp ſeitens des Kaiſer durch die hierbei gewechſelten Reden. Der Fürſt biſchof wies in ſeiner Anſprache, mit der er dem Kaiſer im Auftrage des Papſtes den Orden der Ritterſchaft vom Heiligen Grabe überreichte, auf den Beſuch des Kaiſers in Jeruſalem und auf di ſeitdem zwiſchen ihm und der Kirche von Jeruſalem geknüpften Beziehungen hin und bezeichnete ſich al den Teſtamentsvollzieher des verſtorbenen Patri archen Piavi, auf deſſen Anregung hin Pap Pius X. dem Kaiſer genannten Orden verlieh In ſeiner Erwiderung gedachte der Kaiſer eben falls ſeines und der Kaiſerin Beſuches in Jeru ſalem und der von ihm den dortigen deutſche Katholiken gemachten Bodenſchenkung. Im weitere hob der Kaiſer ſeine nahe perſönlichen Beziehunge zu dem verſtorbenen Papſte Leo XIII. und ſein Hochachtung vor dem jetzigen Papſte hervor, un erklärte ſchließlich, daß er den Orden der Ritter⸗ ſchaft vom Heiligen Grabe gern entgegennehme, da er in 0 ein neues Band erblicke, da 8 Der Stern 15 e i Roman bon 5 Ines. 0. Fortſetzung. Damit öffnete er den Schlag und wollte Werner in den Wagen hineinziehen. Der aber wiederſtrebte. „Was in aller Welt ſoll das heißen, Robert? ch kann Dich jetzt nicht begleiten. Wohin ſoll ich ommen?“ „Zu Deiner Mutter. Was in der nun folgenden Stunde geſchah, deſſen wußte ſich Werner ſpäter nicht mehr klar zu erinnern. Der Abſchied von Hilda nach einer haſtigen, unzuſammenhängenden Erklärung, die Verſicherung, ſofort wieder zu ihr zurückzukehren, die Sorge und die Verwirrung, in der er ſich befand — das alles miſchte ſich während der kommenden Jahre in ſeiner Erinnerung wirr durcheinander. In haſtiger Eile fuhr er mit Selten nach dem Bahnhof ſie Abſchied von einander und dann rollte der Zug davon und allmählich verlor Werner den Maler, der auf dem Perron zurückblieb, aus den Augen. 5 jeden Sie liegt im Sterben!“ dort nahmen Erſt igt kam er zu der Beſinnung, daß er Entfernung zwiſchen ihr, die er liebte, mit jedem Moment ver⸗ allein im Coupe ſaß und ſich die größerte; daß er anſtatt zum Traualtar an das Sterbelager ſeiner Mutter treten ſollte. anderen zurück. In ſeiner ganzen, unver⸗ hüllten Furchtbarkeit ſtand er vor ihm und erfüllte ihn mit tiefem Schmerz. Wie Selten von dem Zuſtand ſeiner Mutter Kenntnis erhalten und wie es ihm möglich geweſen war, ihn — Werner — ſo leicht aufzufinden, danach zu fragen kam ihm nicht in den Sinn. Später begriff er nicht, wie er ſo blind, ſo kurzſichtig hatte ſein können. Die Reiſe bis nach Hohenſitz war ihm eine endloſe Qual. * . Die Baronin ſah ſehr krank aus, wie ſie dalag auf dem Sofa in ihrem Empfangszimmer und ihr bleiches Geſicht noch bleicher im Gegenſatz zu den purpurroten Kiſſen, auf denen es ruhte. Sie hatte zwei Tage zuvor einen Blutſturz gehabt, wie der Hausarzt dem jungen Baron mitteilte und derſelbe die Folge einer großen geiſtigen oder körperlichen Aufregung geweſen ſein; doch konnte er das natürlich nicht ſeiner Meinung nach mußte mit Beſtimmtheit behaupten, da die Baronin nicht zugeben wollte, ſich in welcher Weiſe alteriert zu haben. Dieſer eine Gedanke drängte für die erſte Zeit ſtändig ruhig zu halten. bringen, und in der Freude und Ueberraſchung, ſie was ihm als ſehr ſonderbar auffiel, war, daß ſeine Die Kammerzofe erteilte Werner jede Aus⸗ kunft, die ſie über 90 Vorfall zu deöe, imſtand war. Ihre Herrin — berichtete ſie — hatte ſich bis vor zwei Tagen ſo wohl gefühlt wie immer, als ihr Herr Selten ſeinen Beſuch machte. Sie ſpeiſten zuſammen zu Abend und bald darauf wurde die Dienerſchaft durch ein heftiges Läuten im Wohn zimmer erſchreckt. Der Kellermeiſter folgte eili dem Ruf und fand ſeine Herrin — ihre Lippen Blut entſtrömend — auf dem Sofa liegend, währen Herr Selten erſchrocken neben ihr ſtand. Sofor wurde der Arzt herbei geholt, und nachdem dieſer verſichert hatte, daß keine augenblickliche Gefahr vorhanden ſei, verließ Herr Selten das Schloß. Doktor Lauber hatte befohlen, die Baronin voll⸗ Werner dachte nicht daran, Seltens Beſuch mit ſeiner Mutter Erkrankung in Verbindung z uicht, wie er erwartet hatte, im Sterben zu finden, merkte er nicht, daß Seltens Bericht über ihren Zuſtand eine Lüge geweſen war. Das einzige, Mutter von ſeiner beabſichtigten Heirat mit Lilda Korneck wußte. „Biſt Du verheiratet?“ waren die erſte Worte der Baronin geweſen, als ihre Augen ſt 5 erblieckte, und ſo im Sturme überfallen hatte . geantwortet: „Nein“. „Dem Himmel ſei Dank! O, Dank dafür!“ rief ſie inbrünſtig. tauſendmal „Wenn er zu