„Seine eigene Frau warf er zu Boden, ſchlug auf ſie ein und warf einen Stuhl auf ſie. Sein Stief⸗ ſohn feuerte hierauf 6 Revolverſchüſſe auf den ſich wie raſend gebärenden Dubs, von denen 4 trafen, ſodaß Dubs ſchwer verletzt ins Krankenhans ige⸗ bracht werden mußte. Die Verletzungen der übrigen Perſonen ſind ebenfalls ſchwer. — Weinheim, 21. Sept. Geſtern feierte dahier Herr Fabrikant Hermann Freudenberg mit ſeiner Gemahlin das Feſt der ſilbernen Hochzeit. Aus dieſem Anlaß brachten die Beamten und Werkmeiſter am Vormittag ihre Glückwünſche dar, und Abends war von der geſamten Beamten⸗- und Arbeiterſchaft ein Fackelzug arrangiert. Herr Freudenberg dankte bewegt für die Ovationen und als Zeichen ſeiner Fürſorge für ſeine Arbeiter ſtellte er und ſeine Gemahlin, als Ergänzung der bereits beſtehenden Wohlfahrts⸗Einrichtungen und Stiftungen ein Kapital von 150000 Mack zur Verfügung aus deſſen Zinſen Witwen und Waiſen von Arbeitern der Fabrik, die mindeſtens 6 Jahre im Geſchäft tätig waren, unterſtützt werden ſollen. Von dem Großherzog wurde dem Jubilar das Ritterkreuz 2. Klaſſe des Ordens vom Zähringer Löwen verliehen. Möge es dem Jubelpaare ver⸗ gönnt ſein, in gleicher Rüſtigkeit auch das Feſt der goldenen Hochzeit zu feiern. — Offenburg, 21. Sept. Ein Raub⸗ mord wurde in der Nacht zum Sonntag bei Alten⸗ heim verübt. Die Leiche eines zirka 25 bis 30⸗ jährigen Mannes wurde mit Verletzungen am Kopf und erdroſſelt in einem Tabaksacker aufge⸗ funden. Ausweispapiere fehlten. Der Ermordete war von ziemlich großer Statur und dunkelblond. Kleidung und Stiefeln fehlten. Hoſe und Hemd bekleidet, die den Kleidungsſtücken der Sträflinge gleichen und vermuten laſſen, daß er vor kurzem das Gefängnis verlaſſen hat. An⸗ ſcheinend hat er mit mehreren Genoſſen auf einem Oemdhaufen übernachtet. In der Nähe wurde ein künſtliches Gebiß gefunden, das nach Feſtſtellung eines Arztes dem Ermordeten gehört haben muß. Die Unterſuchung hat ergeben, daß der Ermordete kein Handwerksburſche war und daß der Mörder ſeine Kleider mit denjenigen des Ermordeten ver⸗ tauſcht hat. Der „Offenb. Ztg.“ zufolge hat der Erſchlagene am Samstag in Altenheim gebettelt. Er zeigte dort Papiere vor, wonach er wegen Bettelns in einer elſäſſiſchen Straf- oder Arbeits⸗ anſtalt inhaftiert war und erſt vor kurzer Zeit Er war nur mit 10 dort entlaſſen wurde. Nach neueren ungen ſoll der Ermordete von Baiersbronn ge⸗ bürtig ſein, — Straßburg, 22. Sept. In Bütten legte im Scherz ein 10jähriges Mädchen eine ge⸗ ladene Flinte auf den 12jährigen Knaben eines Forſters an. Die Waffe ging los und der Schuß traf deu Unaben in den Mund. Der Getroffene war ſofort tot. 8 1 Friedrichsruh, 21. Sept. Die heutige Beiſetzung des Schloßherrn von Friedrichs⸗ ruh nahm einen feierlichen und ergreifenden Ver⸗ lauf. Mittags fand zunächſt im Friedrichsruher Schloß eine Trauerfeier für den Fürſten Herbert Bismarck ſtatt. Die Feierlichkeit im Schloſſe be⸗ gann um 1 Uhr. Paſtor Lahnſen ging, nachdem die Familienangehörigen und die offiziellen Ver⸗ treter ſich im Trauerzimmer verſammelt hatten, mit der Fürſtin durch die Halle und führte ſie an den Sarg des Fürſten, der unter Blumen und Blattgrün faſt verborgen war. Nur Kränze aus dem Familienkreiſe hatten hier Platz gefunden. Die letzten ſchlichten Aſternkränze hatten noch zwei „Stunden vor der Feier die Kinder bei dem Ver⸗ ſtorbeneu niedergelegt. Paſtor Lahnſen hielt die Trauerrede, welcher die Offenbarung St. Johannis, Kap. 14, Vers 3, zu Grunde gelegt war: „Selig ſind die Toten die im Herrn ſterben, von nun an bis in Ewigkeit. Ja der Geiſt ſpricht, daß ſie ruhen von ihrer Arbeit; denn ihre Werke folgen ihnen nach.“ Er wies in der Rede auf das tragiſche Geſchick hin, daß die beiden Söhne des Altreichskanzlers ſo früh dahingegangen ſeien und pries den Fürſten als einen hingebenden Gatten und Vater. Das Leben des Entſchlafenen habe aber weit über den Kreis ſeines Hauſes hinausgereicht, es habe dem Vaterlande gehört. Die reichen Gaben, die ihm Gott verliehen, ſeinen durchdringenden Verſtand, ſeinen vielgewandelten Geiſt und energiſchen Willen, ſowie die außerordentliche Arbeitskraft habe er ſeinem Vaterlande gewidmet, als der ver⸗ trauteſte Schüler, Gehilfe und Mitarbeiter ſeines Vaters. Die Feier im Mauſoleum war von kurzer Dauer. Von dem großen Gefolge hinter der Bahre des Verewigten fanden außer den Ange⸗ hörigen der Familie und den offiziellen Vertre⸗ tern nur wenige in der Kapelle Platz, wo der mit Blumen überdeckte Sarg inmitten der am beſetzter Wagen der Straßenbahn ſtieß während der atafalk niedergelegten Kränze ſtand. Paſtor Lahnſen einige Worte des Troſtes geſprochen ertönte leiſes Orgelſpiel und darauf ein Choral Hierauf ſprach Paſtor Lahnſen ein Sterbegebet, in dem er ſagte: „Wir möchten Gott bitten, ſolle uns Männer ſchenken, wie der Heimge⸗ gangene, treue Diener des Vaterlandes und dez Kaiſers“. Nachdem die Worte des Geiſtlichen verklungen Nachdem waren, ertönte wieder leiſes Orgelſpiel. Die Trauerverſammlung ſang die letzten Verſe des Chorals: „Befiehl du deine Wege“, Der Seng des Geiſtlichen ſchloß um 2¼ Uhr die Feier, 1 — Voeſſen, 21. Sept. Etwa 80 Pferde vom weſtfäliſchen Küraſſierregiment Nr. 4, den ge 5 im Boden ſteckenden Lanzen befeſtigt waren, 0 01 gingen, durch einen Zufall ſcheu geworden, u raſendem Galopp durch. Dabei wurden 4 Küraſ-⸗ 0 Vu ſiere, die die Tiere aufhalten wollten, durch Huf⸗ ö ſchläge ſo ſchwer verletzt, daß ſie nach dem Gar⸗ nifonslazarett in Minden geſchafft werden mußten ſchne Schon auf dem Transport dahin ſtarben indes z vuden der Soldaten. 1 — Poſen, 22. Sept. Die große Spin⸗ nerei und Weberei der Firma Wolſter, Manufak⸗ 01. turen, in Muſchlin, Gouvernement Jaroslaw, t / niedergebrannt. Der Fabrikdirektor und mehrere — — anntma Afteitag, de I eitags 11 4 ber im Rat 1 — bien f lub alen fette Ufifenlich ver lbhaber ei Fabrikbeamte kamen in den Flaumen um. Tauſende Arbeiter ſind brotlos. — Ve ſoul, 20. Sept. Hier wurde in einem Fluß der zerſtückelte Leichnam der Gattin eines Hotelbeſitzers aufgefunden. Der Tod war ſchon vor 8 Tagen eingetreten und die Leiche be⸗ reits ſtark in Verweſung übergegangen. Vie Brüſte waren abgeſchnitten und der ganze Körper war verſtümmelt. Der Urheber des Mordes iſt der eigene Gatte der Ermordeten. Er wurde ver⸗ haftet und hat bereits ein Geſtändnis abgelegt. Bei ſeiner Verhaftung mußte der Mörder vor der wütenden Volksmenge geſchützt werden. — Melbroſe, 22. Sept. Geſtern abend fiel aus einem Wagen ein mit 50 Pfund Dynamit gefülltes Paket heraus. Ein mit 32 Fahrgäſten Aünm, 23. Sept. Aitgermeiſtere J. B. d. L dar Günth ang⸗ ſein Kommen für mich gemacht, und erſt für Sie, Vivien!“ „Kleine Urſachen, große Wirkungen,“ zittirte Vivien lächelnd, und Valerie fühlte ſich enttäuſcht, als ſie dies Lächeln bemerkte; ihr Triumph hatte ja ſeinen halben Reiz verloren, wenn er keinen Reiz auf Vivien machte. „Der Kleine wird eines Tages Sir Oswald ſein,“ fuhr Lady Valérie fort, entſchloſſen, Sir Arthurs Tochter nun eine bittere Bemerkung zu entreißen. „Ich bitte zu Gott, daß dieſer Tag noch ferne ſei,“ ſagte nun Vivien — „um meines Vaters willen.“ Und Lady Neßlie fühlte klar, daß ſte trotz allem keinen ſo großen Sieg errungen, als ſte ge⸗ hofft hatte. Sie hatte eben vergeſſen, daß es für eine unedle Seele faſt unmöglich iſt ein edles Weſen zu verwunden. 2 6. Kapitel. V.ivien hatte kaum einige Tage zu Hauſe zu gebracht, als ſie ſchon bemerkte, welche Veräude⸗ rung die Aukunft des Kindes in Laucewood hervor⸗ gebracht. Wäre es ein Prinz geweſen, er hätte keine größeren Ausgaben veranlaſſen können. Lady Valérie wünſchte, daß ihr Sohn nur von den koſt⸗ barſten Gegenſtänden umgeben ſei. Niemand durfte nur für einen Augenbkick vergeſſen, daß er der Erbe von Lancewood ſei. Mit ihrer ſcharfen Beobachtungsgabe war Vivien raſch im Klaren über die Gefühle Aller mit denen ſie in Berührung kam. Sie bemerkte, daß nun die Dienſtboten ſie recht mitleidig betrachteten und es entging ihr nicht, daß ſie gerne rebellierten wenn ſie es nur wagen würden. Die ungewöhnliche reundlichkeit ihres Vaters gab ihr die Gewißheit, daß er ihren Verluſt beklagte — daß er es vorge⸗ zogen hätte, ſie ſelbſt als ſeine Nachfolgerin zu wiſſen. In ſeinem Benehmen gegen ſie lag ſtets etwas Entſchuldigendes, als ob er etwas an ihr gut zu machen habe. Vivien hatte viel zu ertragen. Sie fühlte ſich unbeſchreiblich unglücklich, obſchon ſie es vor niemand zeigte. Herr Greſton, der Anwalt der Familie, kam in Geſchäften nach Lancewood und benutzte dieſe Gelegenheit, Sir Arthur von der Notwendigkeit zu überzeugen, bei dem neuen Stand der Dinge ein Teſtament zu machen. Sir Arthur war nicht ab⸗ geneigt und der Anwalt ſprach jetzt frei von der Leber weg. widerte Sir Arthur erſchreckt durch die ernſten ge⸗ wichtigen Worte. „Folgen Sie mir in mein Stu⸗ dierzimmer. Wir wollen ſogleich das Teſtament entwerfen. Ich habe es ganz klar in meinem Kopfe denn ich denke oft daran.“ f Dann erinnerte ihn Greſton daran, daß die „Keine Stunde länger will ich zögern,“ er⸗ während ſeines letzten Beſuches unterzeichneten Papiere 8 nun zwecklos ſeien. werden. Es geſchah und man ſandte ſtie von London. Die Dokumente mußten erneuert Am Morgen ihrer Ankuuft befanden ſich Vivien, Laby Valérie, Mr. Greſton und Gerald Dormann zuſammen im Bibliothekzimmer. „Dies iſt eine unangenehme Sache,“ ſagte Sir Arthur, „machen wir es ſo ſchnell als möglich ab. Vivien, meine liebe Tochter — die — die Veränderung in Deiner Stellung macht Deine vor einiger Zeit gegebene Unterſchrift nutzlos. Die Papiere müſſen des Kindes wegen erneuert werden.“ „Ganz richtig, Papa,“ erwid darf Herr Greſton meiner?“ erte ſie. „Be⸗ Fahrt dagegen. Das Dynamit explodierte, wodurß enn der Straßenbahnwagen vollſtändig zertrümmert und 9 Perſonen getötet ſowie 19 Perſonen ſo verletzt & hrobe wurden, daß ſie in ein Krankenhaus gebracht werden 0 dien ztag. mußten. ibn: nichtig Der Ein ſchmerzlicher Ausdruck trat in Sir Arthurs a. Geſe Züge, als er antwortete — 5 f „Nein, ich glaube nicht. Valérie, wir be⸗ Ladenburg. dürfen Deiner Uuterſchrift.“ 0 Sonntag, d Vivien erhob ſich, um das Zimmer zu verlaſſen. J an. 5 Uh Lady Neßlie wandte ſich lächelnd zu ihr mit den Preis⸗ Wortrn: 0 6 * „Erinnern Sie ſich, Vivien, als Herr Greſtn Se zum letzten Mal hier war? Damals ſagte e e Aitkerung. mir deutlich, die Geſchäfte gingen mich nichts an Dr Schl und gab mir zu verſtehen, daß ich das Zimmer verlaſſen ſolle, während Sie die Dokumente unter- . ll. Sten zeichneten. Heute iſt nun die Sache gerade umge⸗ berbn kehrt,“ fügte ſie höhniſch bei. lg, d. 1 Sir Arthur war zu ſehr in die Papiere ber⸗ fi ir 5 tieft, um auf ihre Worte zu achten. Aber Greſton N dachte für ſich — ktſammlun „Ich verabſcheue dieſe Frau; der Tag, an dem ſie Lancewood betrat war 1 Unglückstag für alte Erſchei dasſelbe.“ Der! Und der junge Sekretär Dormann ballte ber⸗ ſtohlen die Fäuſte und wünſchte ſehnlichſt, Biviens Feind wäre ein Mann, damit er ihn zu Boden „ beburg. ſchlagen könne. unnt 0 1 1 8 ag, den a „Ich eriunere mich jenes Tages,“ erwiderte 1h 4 Uhr Vivien mit ruhiger ſtolzer Faſſung. Und Dormann Feumglage 15 dachte, Lady Neßlie könne ſie beleidigen und dem 8 tigen, aber niemals den ſtolzen Geiſt beugen oder 0 ettſpie ihr ein Zeichen des Schmerzes entreißen. aal Vivien hatte manch bittre Lektion zu erlernen. lam g ö Als Erbin von Lancewood war ſie gefeiert und ci umſchwärmt worden; jetzt mußte ſie erfahren, wer ſie um ihrer ſelbſt willen geliebt und wer nur ihrer Stellung geſchmeichelt hatte.