Preis vierteljährlich Mark 1.— Redaktion, Druck und Verlag der Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. mit illuſtriertem Sonntagsblatt frei ins Haus. Hofbuchdruckerei Karl Molitor, Ladenburg. 0 1 rg und Umgebung. Anzeigen: Die einſpaltige Garmondzeile 10 Pfg. Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Reklamen 20 Pfg. Bei größeren Aufträgen Rabatt. Anzeigen welche am Tage des Erſcheinens bis Nachmittags 2 Uhr eintreffen finden ſofortige Aufnahme. N 2 10 1 Ar. 75. 1 Mittwoch, den 23. Heptember . Miniſter Chamberlains Rücktritt Element war, und da wollte er ſich einem und die Vertagung der engliſchen Schutzzollpolitik. Da da der Miniſter Chamberlain im engliſchen Unterhauſe zur Seit keine Mehrheit für ſeine Schutzzollpläne, mit denen er Eng⸗ land wirtſchaftlich näher mit ſeinen Kolonien zu verbinden, und der engliſchen Induſtrie einen Schutzdamm aufzurichten gedachte, finden kann, ſo hat er, um ſich keinem öffentlichen Fiasko auszuſetzen, mit den Miniſtern Ritchie und Hamilton, die ſeine Handelspolitik am meiſten geſtützt hatten, ſeine Entlaſſung eingereicht und auch vom Könige erhalten. Chamberlains Kücktritt hat indeſſen unter ſo eigenartigen Um⸗ ſtänden ſtattgefunden, daß man Urſache hat, denſelben nur als einen „zeitweiligen“ zu be⸗ zeichnen, wenn die öffentliche Meinung Englands und die nächſten Parlamentswahlen nicht etwa den tollkühnen Exminiſter Chamberlain mundtot machen. Chamberlain iſt nämlich keineswegs im Swieſpalte mit dem engliſchen Miniſter⸗ präſidenten Balfour aus dem Cabinet geſchieden, es beſteht vielmehr zwiſchen Chamberlain und Balfour ein gewiſſes Einverſtändnis ſowohl in Bezug auf die Umgeſtaltung der engliſchen Handelspolitik als auch hinſichtlich der künftig einzuſchlagenden Taktik, um dieſe Politik durch⸗ zuſetzen. Chamberlain hatte ſich mit Schatz⸗ kanzler Ritchie und dem Miniſter für Indien, Lord Hamilton in der Schutzzollfrage auf der Miniſterbank nur zu ſehr exponirt, das heißt, außerhalb der Reihe geſetzt und das war dem Parlament gegenüber ſehr gefährlich. Dazu kommt, das tatſächlich Herr Chamberlain, ob⸗ wohl er nur Holonialminiſter war, in allen großen Fragen der engliſchen Politik das treibende 2 Sturze durch das Parlament und herbeigeführt durch ſeinen Uebereifer nicht ausſetzen, denn ein ſolcher hätte gefährlich für ſeine ganze ſtaatsmänniſche Zukunft und für ſeine Pläne werden können. Natürlich iſt durch Chamberlains Kücktritt die engliſche Schutzzollpolitik vertagt, aber die Briefe die Lord Balfour und Herr Chamberlain miteinander gewechſelt, beſagen, daß ſie nun n anderer Weiſe für die Reform der engliſchen Handelspolitik arbeiten wollen. Chamberlain tritt als Parteiführer nun in die öffentliche Agitation für ſeinen Schutzzollplan ein, und man wird ſich nun auf ſehr kühne Angriffe auf den Freihandel Englands und den geiſtigen Förderer des ſelben, dem Cobden⸗Club, gefaßt machen müſſen. Chamberlain hat ſich offenbar im Einverſtändnis mit dem Miniſter⸗ präſideuten Balfour anheiſchig gemacht, die öffentliche Meinung in Bezug auf die Be⸗ urteilung von Freihandel und Schutzzoll gehörig umzukrempeln. Der alte Hexenmeiſter bringen. Hinſichtlich der Sölle auf Lebens⸗ mittel und Rohprodukte wird ja dies ein ſchwieriges Stückchen Arbeit werden. Doch was iſt einem Chamberlain und ſeinen Hintermännern in den letzten vier Jahren nicht alles möglich und : a Känkeſchmied wird alſo den Engländern be⸗ allen 1 zum Voraus ein herzliches „Ber⸗ weiſen müſſen, daß ihnen die Sölle Vorteile gelts Gott! Wege von Völkersbach nach Malſch wurde eine geweſen, in Afrika haben ſie das Recht zum Unrecht und das Unrecht zum Recht gemacht, warum ſollen ſie denn da nicht den alten Frei⸗ handel zum Miſſetäter und den Schutzzoll zum Wohltäter ſtempeln können. Freilich in England ſollen darüber erſt noch die neuen Parlaments⸗ wahlen entſcheiden, ob das Volk Herrn Cham⸗ herlain Recht giebt, gewaltig verrechnen, denn in der öffentlichen und da könnte er ſich in dieſem Jahre wieder an ihre Freunde, erſucht Meinung Englands ſähe man ſchon einen größeren Schutz der einheimiſchen Induſtrie gern, aber von Söllen auf Lebensmittel und Kohprodukte will die große Volksmehrheit und die ganze Haufmannſchaft in England nichts wiſſen, und dies ſind doch gegenüber Cham berlains Schutzzollplänen unvereinbare Wider⸗ ſprüche. Verſchiedenes. — Heidelberg, 20. Sept. Geſtern wurde die unter dem Protektorate des Herrn Ober bürgermeiſter Dr. Wilckens ſtehende Gartenbau Ausſtellung durch denſelben eröffnet. Ihre Kgl Hoheiten der Großherzog und die Großherzogi haben ihren Beſuch in Ausſicht geſtellt. — Mosbach, 18. Sept. Eine Bitte um milde Gaben richtet die Idiotenanſtalt hier au insbeſondere um gütige Ueberſendung von Natur⸗ alien (Obſt, Kartoffeln, Kraut ꝛc.) und wünſcht — Ettlingen, 20. Sept. Auf dem Frau aus erſterem Ort namens Magdalena Weber von einem Unbekannten überfallen. Der ſelbe brachte ihr einen Schuß in den Hinterkopf bei und beraubte ſie ſodann ihrer Barſchaft von etwa 6 Mark. Die Bedauernswerte wurde in das Spital nach Malſch gebracht, wo die Kugel ent⸗ fernt wurde. Der Täter iſt noch nicht ermittelt. — Radolfzell, 16. Sept. Oberbadiſcher Zuchtviemarkt. Verkauft wurden 487 Tiere und zwar 156 Farren, 326 Kalbern und 5 Kühe; für erſtere wurden bis zu 800, für Kalbern bis zu 1100 Mark bezahlt. Kommiſſionen waren In goldenen Ketten. Roman von F. Sutau. (Fortſetzung.) „Damals, als Sie mir von dem erſten Kapitel Ihres Lebensromans erzählten,“ fuhr Elſa fort, „erinnern Sie ſich deſſen noch. Nun aber kommt die Fortſetzung.“ „Nun kommt die Fortſetzung“, wiederholte Leska mit leiſer, tonloſer Stimme. Ach, wer noch frei und ungebunden wäre wie Sie!“ ſetzte ſie be⸗ kommen hinzu. „Sahen Sie ihn ſchon?“ fragte Elſa, „jetzt direkt auf ihr Ziel losgehend. „Nur ſei nem Klavierſpiel und Geſange lauſchte ich, oben auf dem Grenzberge, wo die zerfallene Birkenbank unter einer alten Buche ſteht, wo die Maiblumen blühen und eine Quelle rieſelt, hörte ich ſeine Stimme und ſein Spiel.“ „O wie poetiſch, wie romantiſch“, rief Elſa, eines Tages wird er ſie auch ſehen und ſprechen.“ Sr rr dürfen uns nicht wiederſehen, nie, nie! Ich darf, ich will meinen Mann, den Wohltäter unſerer Fa⸗ milie, nicht verraten!“ beteuerte Leska. ſpießbürgerlichen Anſichten, das haftet ihnen noch an, aber die Stunde wird kommen, wo Ihr Herz die große Sprache der Liebe, vor welcher alle an⸗ „Nein, nein, das darf nicht geſchehen, wir Elſa lächelte aber zu dieſen Worten und ent⸗ f geguete ſpöttiſch und frivol: „Die kleine Stadt, die dern, kleinlichen Stimmen verſtummen müſſen, ganz ſprechen lernt. Wer ſie einmal richtig vernommen, ſie ſelbſt geſprochen, der hat wenigſtens gelebt.“ Gelebt! Dieſes Wort zündete in Leskas Innern. Lebte ſie denn 2 War das Leben zu nennen, dieſes öde Einerlei der Tage, in ſteter Geſellſchaft des un⸗ geliebten Mannes, unter Aufſicht ſeiner unliebens⸗ würdigen Schweſter, ohne eine rechte Beſchäftigung, die ihre Zeit ausgefüllt hätte. Der Leitung des Hausſtandes war ſie ſchon längſt überdrüſſig ge⸗ worden, denn Martha und die alte Köchin verſtanden ja doch alles viel beſſer als ſie. Nachdem Leska ſich dieſen gegenüber in ihrem Wirtſchaftseifer eini⸗ gemal ſehr blamiert hatte, überließ ſie ihnen das Hausweſen wieder ganz und gar. Womit ſollte ſie nun aber die endloſe Zeit ausfüllen? Sie ver⸗ ſuchte es zunächſt mit der Muſik. Ihr Talent da⸗ her war nicht zu groß und ihre Kenntniſſe im Klavierſpiel ſehr gering. Als ſie nun vollends das meiſterhafte Spiel Adloffs wieder gehört hatte, da fand ſie ihre Leiſtungen entſetzlich ſtümperhaft. Ach, ihn trug wohl ſeine Kunſt boch empor über Erden⸗ leid und Sorgen, und die große, herrliche Kunſt hatte ihm wohl ſchon längſt Vergeſſen ſeines Leids gebracht. Die Melodieen, denen ſie gelauſcht, die redeten freilich die Sprache der Liebe, der Leiden⸗ ſchaft, ſie ſangen und klangen von nimmer vergeſſenen ſeligen Stunden! Wer aber konnte ihr ſagen, ob es doch nicht nur Melodieen waren, in denen ihre Gedanken keinen Teil mehr hatten! nach der leidenſchaftlichen Melodie Schuhmanns ge⸗ fungen, jeder Ton erſchütlerte ſie, grub ſich in ihr Herz, und ſie deutete das Lied als ſeiner einſtigen ihr und Adloff ſprach. Sie, Elſa, wollte das ſchon Freilich hörte ſie eines Tages Abloff ſingen mit der ſchönen Stimme, vor der ſie geflohen war: Ueberm Garten durch die Lüfte Hört ich Wandervögel ziehn, Das bedeutet Frühlingsdüft Unten fängt's ſchon an zu blühn. Jauchzen möcht ich, möchte weinen, Iſt mir's doch, als könnt's nicht ſein, Alle Wunder wieder ſcheinen Mit dem Mondesglanz herein. Und der Mond, die Sterne ſagen's Und im Traume rauſcht's der Hain, Und die Nachtigallen ſchlagen's: Sie iſt Dein! Sie iſt Dein! Mit welchem Ausdruck hatte er dieſe Worte Liebe zu ihr gewidmet. Dazu kamen die verlocken⸗ den Reden Elſas, die jetzt, wo ſie nun um alles wußte, fortwährend von einem Wiederſehen zwiſchen herbeiführen und dann, nun dann würde man ja ſehen, ob ihre Liebe echt und dem Schickſal zu trotzen vermöge. Noch lehnte ſich Leska gegen ſolche Reden auf, denn ſie fürchtete ihren Mann! Sie erzählte, neulich habe ſie ihn im Zorn deſehen, einem Arbeiter ge⸗ genüber, da habe ſie ein förmliches Entſetzen erfaßt,