Preis vierteljährlich Mark 1.— Redaktion, Druck und Verlag der —— Ur. 73. Erſcheint jeden diensten und Freitag Abend. mit illuſtriertem Sonntagsblatt frei ins Haus Hofbuchdruckerei Karl Molitor, Ladenhurg. Mittwoch, den 16. Heptember Anzeigen: Die einſpaltige Garmondzeile 10 Pfg. Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Reklamen 20 Pfg. Anzeigen welche am Tage des Erſcheinens bis Nachmittags 2 Uhr eintreffen finden ſofortige Aufnahme. Bei größeren Aufträgen Rabatt 1903 Die Tage des Erwerbslebens. Mehr als alle politiſchen Vorgänge ſollte gegenwärtig die Lage des Erwerbslebens alle 7 Regierungen und Bölker intereſſieren, denn die 8 Staaten befinden ſich in der eigenartigen 24 1 Situation, daß das politiſche Leben auf dem 10 auswärtigen Gebiete friedlich, alſo befriedigend „i ſich ſeit Jahren geſtaltet hat, während das 9 „i innere politiſche Ceben, und zwar vorzugsweiſe wegen wirthſchaftlichen Sorgen und Notſtänden i eingefihtk viele Kämpfe und Aergerniſſe aufzuweiſen hat. deroidallth Was alſo heutzutuge allen Staaten, zumal auch dem deutſchen Vaterlande Not tut, iſt alſo wirtſchaftlicher Fortſchritt und wirtſchaft⸗ liche Conſolidirung. Wie weit und tiefbegründet it und Sr hinzuarbeiten. In den manigfaltigen Sweigen des modernen Erwerbslebens muß aber die Tatkraft, der Unternehmungsgeiſt und die Arbeit der einzelnen Berufsklaſſen die gewünſchten Fortſchritte allmählich herbeiführen, und es iſt erfreulich, daß in Deutſchland die zwar lang⸗ ſame aber fortgeſetzte Beſſerung des Arbeits⸗ marktes im Laufe des Jahres 1905 auch während des Monats Auguſt weiter angehalten hat. dieſe wirtſchaftliche Notwendigkeit iſt, das geht alität! 20 alität! 1 1 * 8 und der Bundesſtaaten, die immer noch ver⸗ drießlichen Mindereinnahmen an Söllen und Verbrauchsſteuern, ſowie auch im Verkehr der Staatseiſenbahnen, ferner die Klagen über ungenügende Erwerbsverhältsniſſe in den meiſten Berufs⸗ und SGeſchäftszweigen zeigen da dem ſeite des Staats⸗ und Dölkerlebens, die um ſo bedenklicher iſt, je größer die laufenden Aus⸗ gaben und Deficite ſind. 0 der Dripatmann dürfen nicht immer borgen, I. nicht immer mehr ausgeben als ſie einnehmen, Leeingreifende Erſparniſſe Wandel geſchaffen werden, So weit es ſich um ſtaatliche Ausgaben und Einnahmen handelt iſt es Sache des Reichs⸗ tages und des Landtages auf entſprechende ie daraus hervor, daß an den unbefriedigten Ver⸗ . hlältniſſen im Erwerbsleben im Hrunde genommen alles und alle im Staate und im Volke leiden. Die Ebbe in den Kaſſen des Deutſchen Reiches nach Arbeitern merklich geſtiegen Kohlenmarkt erfreut ſich ſteigender Lebhaftig⸗ Nach der Statiſtik der öffentlichen Arbeits⸗ noch nicht erreicht hat. nachweiſe kamen im Auguſt auf je 100 offene Stellen 131,5 Arbeitsſuchende gegen 148,1 im Dorjahr. Ganz beſonders erfreulich iſt der Umſtand, daß der Andrang auf dem männlichen Arbeitsmarkte von 180,5 im Vorjahre auf 155.4 in dieſem Jahre zurückgegangen iſt. Wenn auch in einer Reihe von Gewerben die Tätigkeit nach wie vor matt bleibt, ſo hat doch in andern der Beſchäftiguugsgrad ſo zugenommen, daß während des Monats Auguſt die Nachfrage iſt. Der keit. In den Großſtädten hat die Verſorgung mit Kohle zu einer vielfach nicht zu befriedigenden Nachfrage nach Hohlenarbeitern geführt, ſo in Berlin und Charlottenburg. Durch eine beſondere Wirtschafts politiker eine höchſt betrübende Schatten. Auch der Staat wie wurden. Kegſamkeit zeichnet ſich auch der Arbeitsmarkt in den Seeſtädten aus. Im Textilgewerbe war der Geſchäftsgang befriedigend, wenn auch vereinzelt Anzeichen einer Abſchwächung bemerkt In der Landwirtſchaft kann die Ernte als eine mittelgute bezeichnet werden und dürfte da muß durch vermehrte Einnahmen oder tief Gewerbes dadurch ausgeſchloſſen ſein. Verſchlechterung des landwirtſchaftlichen Da in keinem größeren Gewerbe eine erhebliche un⸗ eine günſtige Wendung während des Monats Auguſt eingetreten iſt, ſo genügte die Beſſerung in den aufgeſührten Gewerben vollſtändig, um das Ge⸗ präge des Arbeitsmarktes merklich günſtiger zu geſtalten. Nach wie vor unbefriedigend blieb der Geſchäftsgang in den eiſenverarbeitenden Induſtriezweigen. Auch das Baugewerbe zeigte eine gewiſſe Mattigkeit, von der aber ein Teil der Großſtädte ausgenommen blieb. Die in der Cigarreninduſtrie beſchäftigten Arbeiter klagen noch immer über eine Kürzung ihres Ver⸗ dienſtes, da die Erzeugung ihre normale Höhe Hoffen wir, daß in den noch Not leidenden Erwerbszweigen der Herbſt und Winter die erſehnte Beſſerung bringen werde. Verſchiedenes. — Schriesheim, 13. Sept. Eine ſchreckliche Bluttat wurde hier durch einen Italiener namens Antonio Geroescio Carponetto verübt. Geſtern nachmittag zwiſchen 4 und 5 Uhr war der Buchhalter des hieſigen Porohyrwerks „Edel⸗ ſtein“, Herr Kuchenbeißer, in ſeinem Bureau be⸗ ſchäftigt, die Löhne für die Auszahlung vorzube⸗ reiten. Hierzu waren ca. viertauſend Mark be⸗ ſtimmt, die bar auf dem Tiſche lagen. Herr Kuchenbeißer war allein im Bureau. Da betrat ein italieniſcher Arbeiter dasſelbe; er war früher ſchon einmal im hieſigen Porphyrwerk beſchäftigt, trat am 23. Juli l. J. aus und wußte daher genau, daß Samstags immer eine größere Geld⸗ ſumme im Bureau ſich befände. Scheineshalber bat er um Wiedereinſtellung. Herr Kuchenbeißer wieß ihn an den Werkführer. Der Menſch aber erſuchte wiederholt um einige Zeilen an dieſen. Als Herr Kuchenbeißer ſich nieder ſetzte, um zu ſchreiben, verſetzte ihm der Arbei ter einen Hieb auf den Kopf mit einem zu dieſem Zwecke mit⸗ gebrachten kleinen neuen Beile, Herr Kuchen⸗ beißer ſcheint ſich ſchon während des erſten Schlages erhoben zu haben, ſonſt müßte ſchon — KRefermen Hand in Hand mit der Regierung Pfund 22 3 roni In goldenen Uetten. 5 Roman von F. Sutau. f Pfg. Gortſezung.) f „Ja, aber Kind, ein Mädchen mit ſolcher Ver⸗ gangenheit muß doch auch mit Vorſicht von uns behandelt werden,“ begann jetzt Brandhorſt etwas ccaroſit 50 Ph pacchell gang auch nicht für meine Gemahlin.“ 5 „Wer weiß, ob alles war iſt, was über 9ů Fräulein Bergers geredet wird,“ meinte Leska. a 16 0 „Sie gehört eben nicht zu den Alltagsmenſchen, und Pfund über ſolche Ausnahmenaturen da fällt natürlich die 912 1 blöde Menge oft ganz unbarmherzig her.“ fund 5 „Zu ſolchen Ausnahmenaturen rechneſt du mich — wohl auch 2“ fragte Martha jetzt ſpitz. srnle) „Verſtehen tuſt du ſie wenigſtens nicht,“ ent⸗ gegnete nun auch Leska gereizt. — „Aber Du natürlich, Du verſtehſt ſie. Haſt nd hielleicht auch eine Vergaugenheit, eine große Liebe, der Du eutſagen mußteſt,“ aus fordernd. Leska wurde es plötzlich ſehr heiß im Wagen, ſie wandte ſich halb um und lehute ſich etwas hinaus. Da lag vor ihr das einſame weiße Haus im blaſſen Mondlicht; einige Fenſter desſelben waren erleuchtet. Sie ſpähte hinein, mit dem Rücken gegen das Fenſter ſaß dort ein Mann am Flügel. Einzelne Akkorde des Adagios einer Beethovenſchen Sonate drangen zu ihr hinüber. Ihr war es, als ſchaue ſie in ein Märchenland, als wohne dort in ſagte uun Martha her⸗ zoͤgernd, „ſo recht paſſend erſcheint mir dieſer Um⸗ dem weißen Hauſe die Romantik — die Liebe und das Glück. Davor aber ſtand der Engel der Rache mit dem feurigen Schwert und ſie durfte nimmer die Schwelle dieſes Paradieſes überſchreiten. Und der Wagen rollte vorüber, einzelne, verlorene Töne drangen noch an ihr Ohr. Ihr Mann zog ſie wieder herein in den Wagen. „Du wirſt Dich erkälten“, ſagte er und legte die Wagendecke feſter um ſte. Stumm und reſig⸗ niert lehute ſich Leska in ihre Ecke zurück. Ich habe wohl auch eine Vergangenheit, eine große Liebe, die ich nie und nimmer vergeſſen werde. Niemand hätte ihr im Grunde genommen darüber einen Vorwurf machen können, Martha nicht und auch ihr Mann nicht, denn was da in Ehren ge⸗ ſchehen war, ehe er ihr Leben kreuzte, darüber brauchte ſie ihm nicht Rechenſchaft abzulegen, Ver⸗ geſſen aber konnte er ihr auch nicht gebieten. Das Beſte, das Schönſte, was ihr das Leben geboten, vergeſſen, kein Menſch vermag das, und ſie ſchwaches, junges Geſchöpf am allerletzten. 115 Es war wieder Frühling g Pracht ſchmückte die Berge und Täler. en und ſeine Die Schön⸗ 55 des Lenzes erfreute auch die Einſamkeit des Oberſteuerkontrolleurs Adloff. Er ſtand auf einem der höchſten Punkte des Gebirgskamms. Trunkenen Auges ſchaute er auf das herrliche Panorama, das ſich da vor ihm ausbreitete. Der große Wel⸗ tenlenker hatte es doch wohl gut mit ihm gemeint, daß er ihn hierhergeführt, wo man über die Schön heit der Natur ſo manches Lebensleid vergeſſen lernte. Natur und Kunſt, das waren die Sterne, die jetzt über Adloffs Leben leuchteten. In den langen Winternächten, die er dienſtlich draußen an der Grenze verbringen mußte, auf ſtillen Bergeshöhen, auf dunklen Waldwegen, über ſich Milliarden funkelnder Sterne, da erſchloß ſich ihm die Natur, da lernte er ihre Allmacht, ihre Größe begreifen, da erfaßte ihn jenes große, echte Sehnen kunſtbegabter Menſchen, Großes zu leiſten. Dieſes Sehnen feſſelte ihn in ſeinen freien Stunden an den Flügel, trieb ihn unaufhaltſam dazu, Ei⸗ genes zu ſchaffen. Phantaſien boll Melodienreichtum erſtanden, er verſuchte ſie in Noten zu ſetzen, und trotzdem ſeine theoretiſchen Kenntniſſe nicht allzu groß waren, gelang es ihm doch, und er hatte eine faſt kindliche Freude an dieſem Schaffen. Du biſt ein Berufener! rief es in ihm, ein Auserwählter, der den Muſenkuß empfangen, und dem ein tiefes Herzeleid erſt an die Quelle des größten und er⸗ habenſten ſeelichen Empfindens gebracht hatte. Ein unbeſchreibliches Wonnegefühl durchſtrömte ſein ganzes Sein, wenn er ſo am Flügel ſaß, tondichtend phantaſierend, immer Neues ſchaffend. Wer in dieſen Leuzestagen an dem einſamen Hauſe des Oberſteuerkontrolleurs vorüber ging, der blieb wohl oft gefeſſelt ſtehen. Gleich einem Gruß aus fernen, beſſern Welten ertönten die Melodien des jungen Komponiſten an ſein Ohr, ſie ſangen