Preis vierteljährlich Mark 1.— Sept Redaktion, Druck und Verlag der Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. mit illuſtriertem Sonntagsblatt frei ins Hau Hoſbuchdruckerei Karl Molitor, Ladenburg. Anzeigen: Die einſpaltige Garmondzeile 10 Pfg Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. 8 55 Bei größeren Aufträgen Rabatt. Mittwoch, den 9. Feptember Die „Times“ über Deutſchland. Die „Times“ begann ſoeben eine Artikel⸗ reihe, deren Sweck es iſt, die induſtriellen Vareg U 5 4 Verhältniſſe Deutſchlands zu ſchildern, im Ver⸗ gleich mit denen in England und in den fm ef Vereinigten Staaten. Der erſte Artikel beginnt E50 mit der Rheinprovinz, zunächſt mit Düſſeldorf. r ud eig Dieſem Artikel folgen ſolche über Eſſen, Elber⸗ feld Krefeld, Solingen, Chemnitz uſw. Eine zweite Artikelreihe wird das Fabrik- und das Heimleben unter beſonderer Betrachtung der Koſten des Lebensunterhalts in den verſchiedenen Städten beleuchten. Die „Times“ macht da⸗ bei darauf aufmerkſam, daß es nicht angängig ſei, angeſichts der Fortſch ritte der deutſchen In⸗ duſtrie das verächtliche „Made in Germany“ Mehler — lle 0 als genügende Kritik zu betrachten. Jedenfalls ˖ 888 ſeien die Stahlwerke in Düſſeldorf gut genug, gſuchen U um Märkte in England zu finden. An einem 98 U einzigen Vormittag habe Düſſeldorf aus Eng⸗ land Aufträge im Wert von 9000 Pfd. St. 865 erhalten. Die Erfolge Deutſchlands auf indu⸗ „ ſtriellem Gebiet übertreffen, nach Anſicht der döchiſg er „Times“ beinahe noch diejenigen, die auf dem n Schlachtfeld von Sedan errungen wurden. „In wenig mehr als 5 Dekaden iſt Deutſchland, deſſen Handel und Induſtrie wir damals für — zu end zur Berückſichtigung hielten, nicht nur unſer größter europäiſcher Konkurrent im Welthandel geworden, ſondern hat uns in mancher Beziehung tatſächlich überholt. Mag die Erklärung dieſer Tatſache ſein, welche ſie will — ſei es, daß das fiskaliſche Syſtem ein weiſeres iſt, oder daß das Volk fleißiger iſt, oder ſei es, daß die techniſche Erziehung und die Anwendung wiſſenſchaftlicher Methoden eine gründlichere iſt, jedenfalls haben wir es mit einer Tatſache zu tun, die wir nicht unbe⸗ 20 em. beet t, Sianoſa damen m. lib jerung dd 8, rückſichtigt laſſen können, und deren Bedeutung wir nicht unterſchätzen dürfen ... Die Haupt⸗ fabrikationsdiſtrikte liegen in den preußiſchen Provinzen Rheinland, Weſtfalen und Schleſien, in Sachſen, in Elſaß⸗Lothringen, Bayern und Württemberg. Die bedeutenſten dieſer Diſtrikte und die heftigſten Konkurrenten Englands ſind die Rheinlande und das Hönigreich Sachſen. Man könnte die beiden mit NVorkſhire und Cancaſhire, oder auch mit Dennſyplvanien und Maſſachuſſets vergleichen. Die moderne indu⸗ ſtrielle Entwicklung des Kheinlands, beſonders in Eiſen⸗ und Stahlfabrikation, iſt vielleicht in erſter Tinie den Kohlengruben der Provinz und des angrenzenden Weſtfalens, in zweiter Linie aber dem großen Waſſerweg des Rheins und dem vortrefflichen Siſenbahnſyſtem zu ver⸗ danken. Das rheiniſch⸗weſtfäliſche Kohlenbecken erſtreckt ſich öſtlich des Fluſſes, wo die Ruhr unterhalb Düſſeldorf mündet, einige 50 Meilen nach Weſtfalen hinein. Eine Gruppe von Hochöfen und hohen Fabrikſchornſteinen folgt auf die andere. Trotzdem kann man nicht von einem „ſchwarzen Land“ ſprechen, und es ähnelt in nichts der Troſtloſigkeit von Süd⸗ ſtaffordſhire, denn mitten zwiſchen Gruben und Hochöfen liegen die heiteren weſtfäliſchen Bauern⸗ güter.“ Ueber Düſſeldorf heißt es: „Man kann nicht ohne Vergüngen an Düſſeldorf denken. In England kennen wir eine Induſtrieſtadt dieſer Art nicht und in den Vereinigten Staaten noch weniger. Ich möchte geradezu behaupten, daß Düſſeldorf außerhalb Deutſchlands nur von wenigen Orten, wie vielleicht von Sürich und Genf, die außerordentliche natürliche Vor ⸗ züge beſitzen, erreicht wird. Innerhalb Deutſch⸗ lands kann man es mit Hamburg, Dresden u. Stuttgart in eine Linie ſtellen. Dabei muß 1903. man aber bedenken, daß die beiden letztgenannten Städte nicht nur Fabrikſtädte, ſondern auch Hauptſtädte ſind, während Hamburg, dem zu⸗ geſtanden werden muß, daß es die ſchönſte der rein kaufmänniſchen Städte iſt, eine freie Stadt und ein mächtiger Hafen mit mehr als 700 000 Einwohner iſt. Düſſeldorf ſteht mit ſeiner be⸗ ſcheidenen Bevölkerung von 214 000 Köpfen tatſächlich, was die Vereinigung von Arbeits ⸗ tätigkeit und von Schönheit anbelangt, allein da. Vieles von ſeiner Anziehungskraft ver⸗ dankt es ſeiner höfiſchen Vergangenheit, vieles aber auch der induſtriellen Gegenwart. Jener verdankt es ſeine breiten Alleen, ſeine ſchattigen Gärten, ſeine Uirchen, ſeine Kunſtgebäude und den allgemeinen Eindruck einer kleinen Haupt⸗ ſtatd; der andern aber ſeine wohl gebauten und gutgepflegten Geſchäftsſtraßen, ſeine vortrefflichen Läden, ſeine Cafees, die Theater, die elektr. Straßenbahnen und den ſchönen Bahnhof. Keine Stadt leidet weniger unter der Monotonie des Stils, und wenn Düſſeldorf auch keine Gebäude von höchſtem architektoniſchen Verdienſt beſitzt, ſo fehlen ihm anderſeits doch auch Gebäude von ſolcher Häßlichkeit wie das Keichstagsge⸗ bäude und der neue Dom in Berlin. Verſchiedenes. Ladenburg, 8. Sept. Bei dem am Sonntag den 6. September ſtattgehabten Korſo⸗ fahren in Lügelſachſen erhielt der Radfahrerverein „Lopodunum“ Ladenburg, den II. Preis in Klaſſe A und der erſte Fahrwart Herr Auguſt Engel den XIV. Preis im Einzellangſamfahren. — Mannheim, 5. Sept. Die Renova⸗ tionsarbeiten am Schloß ſind nunmehr vollendet. Das Schloß macht jetzt einen durchaus würdigen und guten Eindruck und bildet eine Zierde der In goldenen Ketten. Roman von F. Sutau. (Fortſetzung.) Die Berge rückten näher und näher, die Natur draußen wurde großartiger, feſſelnder. Er zog das Fenſter hoch und lehnte ſich aus dem Eiſen⸗ bahnwagenfenſter hinaus. Die herbe, friſche Luft tat ihm gut, er atmete tief auf. Das war ein anderer Anblick, als er ihn von ſeiner hochgelegenen Wohnung in der Stadt gehabt, wo das Auge nur über Häuſer, Dächer und Schornſteine ſchweifte. Immer weiter ging es hinein in die Gebirgs⸗ welt und nun ertönte plötzlich ein wildes Rauſchen und Brauſen, über Felſeu und Klüfte brach ein Waſſerfall ſich Bahn. Der Winter hat ihn nicht einzudämmen vermocht, er rauſchte und brauſte in aller Eiſeskälte, als ein Bild lebensfroher Jugend, die allen Schickſalsſtürmen trotzt. Der einſame Reiſende ſtarrte mit heißen Augen auf das ſprudelnde Waſſer, ihm war, als ob etwas in ihm erwachen wollte. Sie ſchlummerte nur da tief im Innern ſeines Herzens, die ſtürmende Jugend, und der Tag würde und mußte kommen, wo ſie erwachte und ſtürmte und dräugte und trieb gleich den Waſſern da draußen zwiſchen den hohen grauen Felſen. Ein leiſes Vorahnen dieſes Erwachen kam über Adloff, als er vom Eiſenbahnwagen aus ſo in die Winterwelt hinaus ſtarrte. Wenn der Frühling kam, wenn ſein Zauberſtab hier alles wandelte, dann — o dann — wollte er hoffen und im Herzen geſund werden. Er wußte wohl noch nicht, wie das werden, woher es kommen ſollte, aber Bilder ſtiegen vor ihm auf wie getaucht in Glut und Leidenſchaft, Bilder wie ſie die modernen Dichter erſinnen, ibrem Publikum in Dramen und Romanen vorführen. Weib ſtand im Mittelpunkt all dieſer Bilder und blickte ihn an mit heißen, leidenſchaftlichen Augen — Leska? — Nein, das war ſte nicht. Mit ſolchen Blicken hatte ſie ihn nie angeſchaut. Aber ihr kurzer Liebestraum war auch nicht zeitgemäß, nicht modern geweſen, den hatte die Leidenſchaſt noch nicht durchzittert. ſchon das harte Trennungswort geſprochen. Führte der Kreislauf des Lebens ſie aber noch einmal zu⸗ ſammen, dann Gnade du allmächtiger und allbarm⸗ herziger Gott! Gleichgültig würden ſie ſich nie gegenüberſtehen können, das iſt unmöglich. Adloff hatte jetzt die Bahnſtation erreicht, dort harrte ſeiner ein Wagen, der ihm ſeinem Endziele zuführen ſollte. Das Grenzdorf lag ziemlich hoch, langſam nur ging es bergan, hinter ihm ſchien die Welt zu verſinken. Er wendete ſich um, da lagen ſie vor ihm, die Städte und Dörfer, ſchöne, fried⸗ liche Bilder, von der Höhe aus geſehen. Wie viel Menſchenleid, Elend und Jammer aber mochten ſie in ſich ſchließen. Der Weg machte jetzt eine Wendung, das Panorama der Städte und Dörfer Ein blondes wunderſchönes Ehe dieſelbe erwachte, war hatte es ihn ſamer Höhe jenes blonde, wunderſchöne Weib ſtand, verſchwand, hoch und düſter legte ſich der Gebirgs⸗ kamm dazwiſchen. Das war die Einſamkeit, in graue Winterdämmerung getaucht. Den jungen Mann durchſchauderte es plotzlich, auf ſein junges, warmes Herz legte es ſich ſo kalt, wie ertötend. Da lag vor ihm der künftige Wohnſitz mit hohen Bergen rings herum. . Der ſchweigſame alte Mann, der den Wagen lenkte, zeigte mit dem Peitſchenſtiel auf ein Haus, weiß und ſtill lag es dort zwiſchen den hohen düſtern Edeltannen. „Dort iſt die Wohnung des Herrn Oberkon⸗ trolleurs,“ ſagte der Mann und verſank dann wieder in Schweigen. Dort alſo war ſein Ziel. Abloff richtete ſeine Blicke auf das Haus. Ach, wäre ein ein⸗ ziger Menſch nur dort, der ſeiner harrte, ihm die Freundeshand zum Willkommen reichte, mit dem er ſich ausſprechen könnte, der ihn verſtände. Heiß verlangt nach gänzlicher Weltabge⸗ ſchiedenheit, und nun ſie vor ihm lag, da grauſte ihm davor, da mochte er umkehren, ſich in des Lebens volle Arme werfen. Es war ihm, als ſollte er lebendig begraben werden dort in dem ſtillen, weißen Hauſe, er wußte nichts davon, daß ihn zu dieſer Stunde des Schickſals Flügelſchlag umrauſchte, daß gar nicht weit von ihm auf ein⸗ die noch immer ſein Herz erfüllte, wenn er auch jeden Tag bemüht war, ſie zu vergeſſen. — ß