Schmach. Einem treudeutſchen Manne, der ſtets nur für Andere gelebt, der ſtets nur das Wohl des Vaterlandes, vor Allem aber das ſeiner Arbeiter im Auge gehabt, hat man an ſeine Ehre gegriffen. Dieſe That mit ihren Folgen iſt weiter nichts als Mord, denn es beſteht keing Unterſchied zwiſcheng Demjenigen, der den Gifttrank einem Andern miſcht und credenzt und Demjenigen, der aus dem ſichern Verſteck ſeines Redactionsbureaus mit den vergifteten Pfeilen ſeiner Verleumdungen einen Mitmenſchen um ſeinen ehrlichen Namen bringt und ihn durch die hierdurch hervor⸗ gerufenen Seelenqualen tödtet. Wer war es, der dieſe Schandthat an unſerem Freunde beging? Männer die bisher als Deutſche gegolten haben, jetzt aber dieſes Namens unwürdig ſind, hervorgegangen aus eben der Klaſſe der deutſchen Arbeiterbevölkerung, die Krupp ſo unendlich viel zu verdanken hat, und von der Tauſende in den Straßen Eſſens heute mit thränenfeuchtem Blick dem Sarge ihres Wohl⸗ thäters ein letztes Lebewohl zuwinkten. (Zu den Vertretern der Arbeiter gewendet). Ihr Kruppſchen Arbeiter habt immer treu zu Eurem Arbeitgeber gehalten und an ihm gehangen; die Dankbarktit iſt in Eurem Herzen nicht erloſchen. Mit Stolz habe ich im Auslande überall durch Euer Hände Werk den Namen unſeres deutſchen Vaterlandes verherrlicht geſehen. Männer, die Führer der deutſchen Arbeiter ſein wollen, haben Euch Euren theuren Herrn geraubt, an Euch iſt es die Ehre Eures Herrn zu ſchirmen und zu wahren und ſein Andenken vor Ver⸗ unglimpfungenz; zu; ſchützen. Ich vertraue darauf, daß Ihr die rechten Wege finden werdet, der deutſchen Arbeiterſchaft fühlbar und klar zu machen, daß weiterhin eine Ge⸗ meinſchaft oder Beziehungen zu den Urhebern dieſer ſchändlichen That für brave und ehr⸗ liebende deutſche Arbeiter, deren Ehrenſchild befleckt worden iſt, außgeſchloſſen ſind. Wer nicht das Tiſchtuch zwiſchen ſich und deſſen Leuten zerſchneidet, legt moraliſch gewiſſermaßen die Mitſchuld auf ſein Haupt. Ich hege das Vertrauen zu den deutſchen Arbeitern, daß ſie ſich der vollen Schwere des Augenblicks be⸗ wußt ſind und als deutſche Männer die Löſung der ſchweren Fragen finden werden.“ leinen auf das tiefſte erſchüttert. Auch jetzt wo ie alte Dame betrachtete ſie ſehr aufmerkſam. Das iſt es doch nicht allein,“ dachte ſie; aber e konnte nicht entdecken, was eigentlich zwiſchen en beiden ihr ſo theuren Menſchen vorgegangen i. Theklas ganz verändertes Benehmen machte e mit der Zeit immer ſtutziger. Sie war weich und nilb, wie nie zuvor, und der ſcharfe, ſpöttiſche Zug, er ſonſt ſo leicht hervortrat und andere verletzte, war ganz verſchwunden. Aber ſie war unendlich nziehend in dieſer Stimmung, und die alte Dame and ſie liebenswürdiger denn je. Freilich fand icht ſie allein das; auch der Rath hatte ſich ganz nd gar in Thekla verliebt und wollte ſie allen ruſtes heirathen. Dame wie ein Jüngling. Fräulein Urſula war mehr, als ſie eines Tages den lebensluſtigen Freier llein bei Thekla im Wohnzimmer vorfand und auf en erſten Blick ſah, daß ſie eine Liebeserklärung unterbrochen hatte. Eintritt der Schloßherrin etwas verwirrt; er wußte unpaſſend fand und ſie durchaus nicht Thekla ſchwieg und ließ ihn ruhig gehen. Kaum war er hinaus, als Fräulein Urſula erregt ausrief: „Aber Thekla, Sie werden doch dieſen alten Menſchen nicht heirathen Er könnte Ihr Vater ſein.“ „Warum ſoll ich ihn nicht heirathen ?“ gab die Angeredete ruhig zurück. „Er iſt ein achtbarer Herr und eine ſehr gute Partie für ein armes Mädchen, wie ich bin.“ „Setzen Sie ſich doch nicht ſelbſt herab!“ rief das Fräulein; „dieſe ſchnöde Berechnung iſt Ihrem nobeln Charakter ganz fremd. So denken billigte; e von dem Kinde ſprach, kämpfte ſie mit Thränen. Der alte Herr vergaß gänzlich ſeine Jahre und lief Sturm auf das Herz der ehr beunruhigt über die Sache und wurde es noch Der Rath empfal ſich bei dem echt wohl, daß die alte Dame ſeine Bewerbung wollen? Verſchiedenes. Ladenburg, 27. Nov. Nach Mit⸗ teilung Großh. Bezirksamts Mannheim findet die diesjährige Viehzählung am 3. Dezember l. J. ſtatt. — Weinheim, 28. Für Blumenfreunde und Obſtkenner gleich intereſſant, verſpricht die Obſt⸗ und Chryſantemum⸗Ausſtellung des hieſigen Obſt⸗ und Gartenbauvereins zu werden. Der große Saal des „Schwarzen Adler“ faßt kaum die vielen ſchön gezogenen Chryſanthemum, darunter viele Neuheuten und viele hundert Obſtteller ſind bereit die ſchönen zur Ausſtellung gelangenden Früchte aufzunehmen. die nur am 29. u. 30. Nov. und 1. Dezember geöffnete Ausſtellung zu beſuchen. Es verſäume daher niemand — Karlsruhe, 27. Nov. Zu dauerndem Aufenthalt zieht heute Mittag der Erbgroß herzog mit ſeiner hohen Gemahlin in die feſtlich ge⸗ ſchmückte badiſche Reſidenzſtadt ein, um ſich hin⸗ fort, nachdem er vom Allerhöchſten Kriegsherrn, dem Kaiſer und König, die Enthebung von ſeinem hohen militäriſchen Amt, als kommandirender General des VIII. Armeekorps erbeten und ge⸗ nehmigt erhalten, allein den Intereſſen ſeiner badiſchen Heimat widmen zu können. Dieſer Entſchluß weckte im ganzen Lande ein freudiges, jubelndes Echo, vor Allem aber in der hieſigen Bürgerſchaft, in deren Mitte dos Erbgroßherzogs⸗ paar Wohnung nehmen wird. Mit Begeiſterung begrüßt ſie deshalb das teuere Erbgroßherzogs⸗ paar bei ſei em heutigen feierlichen Einzug, und bereitet demſelben ein herzliches Willkommen. — Neckargemünd, 27. Nov. Der Arbeiter Zahn, der im Auftrage der Elektr. Bahn⸗ Centrale in Mannheim am hieſigen Bahnhofe die neue Leitung zu revidiren hatte, blieb an der 440 Volt ſtarken Leitung, an der er zu thun hatte, längere Zeit in einer Höhe von etwa 5 Meter frei in der Luft hängen. nahme der Sicherung ſtürzte er auf den Boden und zog ſich lebensgefährliche Verletzungen am Kopfe zu. Ein ähnlicher Unfall wird aus dem benachbarten Bammenthal gemeldet. Arbeiter der dortigen elektriſchen Centrale, der in Eſchelbron zu thun hatte, blieb gleichfalls an der Leitung hängen, bis er herunterfiel und beide Beine brach. — Dallau, 26. Nov. Kronenwirth Henn Nach Weg⸗ Allen Frauenvereinen und Schulleiterinnen ſei Ein Verdienſte Volk mehr bekannt werden als dieſes bisher der Fall war, und damit würde die Abſicht der Ver⸗ bier hat f Bild der Großherzogin als Landesmutter und eit letzten Sommer Acetylenbeleuchtung eingerichtet. Dieſer Tage funktionirte dieſelbe nicht recht. Inſtallateur Quenzer von Ober⸗ ſchefflenz nahm die Reparatur vor; da es aber ſchon dunkelte, leuchtete Henn dazu. Hierbei kam Henn mit dem Licht dem Gasrohr zu nahe, ſo daß das Gas explodirte und Henn, ſowie Quenzer fürchterlich verbrannt wurden. München, 26. Nov. Die Polizei verhaftete hier drei Einbrecher und fünf Hehler bezw. Hehlerinnen, die es auf eine Ausraubung dea Pfarrhöfe in verſchiedenen Gegenden Bayerns während des Gottes dienſtes abgeſehen hatten. Dieſelben haben jetzt drei Einbrüche eingeſtauden, 5 ind jedoch noch einer erheblichen Anzahl weiterer * bun, Einbrüche verdächtig. Die Bande war mit end gent Revolvern, Degenſtöcken und Stiletten bewaffnet 520 und führte außerdem Sprengpulver mit ſich, um 10 2. Kaſſenſchränke damit zu ſprengen. Es gelang ihr 9013 4 bereits, viele Schuldverſchreibungen in hohem * Werthe zu rauben. Ter Haupteinbrecher iſt Be⸗ ſitzer mehrerer Häuſer. Litterariſches. Grade rechtzeitig zum Geburtstage Ihrer Kgl. Hoheit der Großherzogin erſchien im Verlag von Pet. Weber in Baden⸗Baden eine kleine patriotiſche Broſchüre, betitelt: Großherzogin Luiſe in ihren Beziehungen zum badiſchen Volke, Wer das ſtille, aber un ausgeſetzte Wirken der Landesfürſtin für das Wohl des Volkes guf ſozialem und humanitärem Gebiete, namentlich in und durch den Badiſchen Frauenverein ein⸗ gehend kennen lernen will, dem ſei das Schriftchen beſtens empfohlen. Das ſelbe iſt keine Biographie, es bietet ein in warmen, ſatten Tönen gehaltenes Menſchenfreundin. Die Sprache iſt einfach und allgemein verſtändlich, die Darſtellung beruht auf gründlichen Studien, der Hauch perſönlicher Ver⸗ ehrung für die hohe Frau durchweht das Werkchen. dasſelbe als willkommene Feſtgabe für ihre Mit⸗ glieder, Zöglinge und Schützlinge beſtens empfohlen, Durch Maſſenverbreitung der Broſchüre, die nur 30 Pfg. koſtet, würde das Wirken und die hohen der Landesmutter um das badiſche faſſerin, welche nicht genannt ſein will, erreicht ſein. Sie nicht, dazu kenn ich Sie zu gut. Nein, wenn Sie ihn heirathen, ſo thun Sie es aus Oppoſition gegen einen Andern.“ Ein dunkles Roth färbte Theklas Wangen. Die alte Dame ſetzte ſich neben ſie und faßte ihre Hand. „Liebſtes Herz“, ſagte ſie zärtlich; „ich möchte Sie ſo gern vor einem übereilten Schritte bewahren. Lieben können ſie den alten Rath nimmermehr. Im Gegentheil, ſolche alten Männer, die mit dem einen Fuße im Grabe ſtehen, mit dem andern den Hochzeitsweg betreten wollen, ſind jedem vernünftigen Menſchen ſehr zuwieder. Meinen Sie nicht auch?“ „Ich bin nur ſo allein auf dieſer Welt,“ ſagte Thekla leiſe, „und ich hätte dann doch eine Heimath.“ „Haben Sie ſich etwa ſchon mit ihm verlobt?“ fragte die alte Dame. Lächeln, „aber er kommt morgen wieder.“ „Sie müſſen ja wiſſen, was Ihnen frommt“, ſeufzte Fräulein Urſula; „verbieten kann ich es Ihnen nicht; aber ich möchte Ihr Herz ſo gern vor einer ſchweren Enttäuſchung bewahren.“ Sie ging erregt hinaus. Thekla ſah ihr traurig nach, „Mein Herz“, dachte ſie, „mein Herz begrub ſeinen Traum, gerade wie Klärchen; ſie ſtarb, und ich muß leben. Es iſt nuns gleichgültig, mit wem ich lebe.“ Tante Urſula ſetzte ſich tiefbetrübt an ihren Schreibtiſch und ſchüttete ihrem Neffen brieflich ihr Herz aus. „Ich kann die Verlobung zwiſchen dem Rath und Thekla nicht hindern“, ſchrieb ſie, „der alte Narr iſt nicht mehr zurückzuhalten. Sie hätten ſich ſchon zheute verlobt, wenn ich nicht unvermuthet dazwiſchen gekommen wäre. So unterbrach ich diesmal noch die Erklärung, die dann morgen unweigerlich ſtattfindet. Das Mädchen kann ich 1 „Noch nicht“, entgegnete Thekla mit müdem nicht begreifen; ſie iſt nach jener Fahrt mit Dir im Walde anders geworden, ſie iſt ſo lieb und gut, daß ich ihr wohl etwas viel Beſſeres wünſchen möchte, als dieſen alten Mann; aber ſie iſt entſchloſſen, ihn zu nehmen. Ich ſchreibe Dir das, mein Walter, damit Dir die Nachricht nicht zu unerwartet kommt, die Du in den nächſten Tagen erhalten wirſt. Du mußt Dich darein ergeben; es thut mir ſchrecklich leid um Dich und auch — um ſie, aber es fehlt mir die Macht, es zu ändern.“ Walter von Grünow ließ den Brief ſinken. „Und ich hoffte,“ ſagte er bitter; „hoffte ſeit jenem Abend, wo ſie anders gegen mich wurde. Alles umſonſt.“ Ein heißer Zorn gegen den alten Rath überkam ihn. Er hatte ihn wenig gekannt und wußte eigentlich nur von ihm, daß er ganz weißes Haar hatte. Wie konnte dieſer Greis es wagen, die Hand nach ſeinem Kleinod auszuſtrecken. Dennoch geſchah es, und er mußte dem Alten nach⸗ ſtehen. Das war ein ſchreckliches Verhängniß * 4 * . Am andern Nachmittag ſaßen die beiden Be⸗ wohnerinnen des Tutzauer Schloſſes friedlich mit einer Handarbeit beiſammen. Thekla war, wie immer, ungemein liebenswürdig gegen die alte Dame; ſie war im Grunde ihres Herzens recht froh, daß der Rath bis jetzt ſeine Werbung noch nicht wieder⸗ holt hatte; ſie hatte ſich ſchon den ganzen Tag davor gefürchtet. Auch Fräulein Urſula war in der Stille erſtaunt, heute noch gar nichts von ihm gehört zu haben; ſie hütete ſich aber wohl, ſeinen Namen zu erwähnen. 0 100 (Fortſetzung folgt. 3 2