1 G Preis vierteljährlich Mark 1. Redaktion, Druck und Verlag der ö ö 22 Anzeiger für L rſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. mit illuſtriertem Sonntagsblatt frei ins Haus. ad und e 10 Vochenbla Anzeigen: Die einſpaltige Garmondzeile 10 Pfg. 1 Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Reklamen 20 Pfg. 105 Anzeigen welche am Tage des Erſcheinens bis Nachmittags 2 Uhr eintreffen finden ſofortige Aufnahme. 1 Umgebung. c Bei größeren Aufträgen Rabatt. 5 8. 577 — — D 1 — 19 0 0 Mittwoch, den 18. Jun 1902. Mir, 39% „ als einem Jahre. Noch kraſſer tritt die Be- dieſer Zuchthäusler waren alſo nach ihrer r 5 Entlaſſung aus dem Suchthauſe mit größter 5 emerbsmäüßiges Verbrecherthum. Aus der „Statiſtik der Strafanſtalten und Gefängniſſe“ giebt Dr. Dix in der „Deutſchen Juriſtenzeitung“ einiges beachtenswertes Material Ruſter ground t Mtr. 21 N tzuge fir die angeſtrebten Reformen im Strafgeſetzbuch. Nach dieſer Beziehung gewährt die Statiſtik ing der Zuchthäuſer wichtige Anhaltspunkte für die rk. Erfolge des jetzt herrſchenden Strafſyſtems, Die Geſamtzahl der Suchthausgefangenen belief ſich im Jahre 1900 auf 22,577 gegen 23,486 1890 und 31,516 im Jahre 1882. Es war damit die niedrigſte Sahl ſeit 1869 doppen Mark. erreicht. Was das bedeuten will, iſt zu ermeſſen, wenn man berückſichtigt, daß eine große Volks⸗ 1 vermehrung eingetreten iſt. Je mehr ſich auf der Seite dieſes günſtige Ergebniß bemerkbar macht, um ſo ſchärfer tritt andererſeits gleich⸗ zeitig der wachſende Antheil der gewerbsmäßigen Verbrecher in der Sahl der ſtraffällig werdenden Perſonen hervor. Die Sahl der bereits vor⸗ beſtraften iſt in den einzelnen Jahren ununter⸗ brochen geſtiegen; ſie betrug bei dem Zugang an männlichen Suchthäuslern 85,77 Procent im Jahre 1889—90 und iſt auf 88,15 Proc. im Jahre 1900 —01 angewachſen. Noch ſtärker iſt der Antheil der ſchon öfters als dreimal Vorbeſtraften an den Sugängen in die Höhe gegangen, und zwar von 65,95 Proc. auf 71,74 Proc. und der Antheil derjenigen on. me bei den iegervalerk 8 5 N 2 männlichen Zuchthausgefangenen, welche bereits N Freiheitsſtrafen von mehr als einem Jahr verbüßt hatten, ſogar von 34,15 Proc. auf 572 Procent. Von dem im Jahre 1900-01 eingelieferten männlichen Gefangenen waren alſo faſt neun Zehntel ſchon vorbeſtraft, beinahe 9 ſchon viermal oder noch öfter, faſt drei Fünftel ſchon mit Freiheitsſtrafen von mehr den ſptechen 1 bones. deutung der Rückfälle hervor, wenn man die- jenigen Zuchthäusler die bereits mehr als drei Freſheitsſtrafen verbüßt haben, für ſich geſondert betrachtet. Seit Beginn 1894 bis Ende 1900 ſind 51/057 ſolcher Perſonen gezählt, darunter 4540 Frauen. Davon hatten 12,629 bereits 6— 10, 9175 ſogar ſchon 1150 und ſchließlich 757 mehr als 50 Freiheitsſtrafen erlitten. Ein ſehr erheblicher Procentſatz aller Zuchſhausler — mindeſtens die Hälfte — war ſchon im unmündigen Alter unter 14 Jahren ſtrafbar geworden! Von den 5505 im Jahre 1900 in Zugang gekommenen Zuchthausgefangeneg waren 1495 bereits vor dem 18. Lebensjahr beſtraft. Ferner ſind von ihnen mehr als 10 Proc. bis zum 14. Lebensjahr nicht im Elternhauſe er⸗ zogen worden; 2852 hatten keine oder nur mangelhafte Schulbildung; bei 500 fehlte dieſe vollſtändig. Die Volksſchule hatten 2585 beſucht, höhere Schulen 86. Von den 5505 Perſonen kamen allein auf Oſt⸗ und Weſtpreußen, Poſen und Schleſien 2355, woraus ſich ergiebt, daß ein unverhältnißmäßig großer Drocentſatz aus den Gegenden mit den unglücklichſten und un⸗ zulänglichſten Volksſchulverhältniſſen ſtammt. Wie ſchließlich noch erwähnt ſei, begingen 1337 die That in der Trunkenheit, wovon 1016 Gewohnheitstrinker waren, 555 waren Landſtreicher und 195 Perſonen trieben ge⸗ werbsmäßige Unzucht. Beſonders beachtens⸗ werth erſcheint aber, daß von drei⸗ und mehr⸗ mals mit Freiheitsſtrafen vorbeſtraften Sucht⸗ haus gefangenen — nach dem Gutachten der Anſtaltsbeamten — bei nicht weniger als neun Zehntel ein Kückfall nach der Entlaſſung wahr⸗ ſcheinlich wird. Von der ganz überwiegenden Mehrzahl Wahrſcheinlichkeit neue Attentate gegen die Sicherheit von Leben und Eigenthum zu er⸗ warten! Der Erfolg des Erziehungsſyſtems in den Juchthäuſern war alſo äußerſt gering. Das legt von Neuem den Gedanken der De⸗ portation nahe, der doch auf der anderen Seite im Intereſſe der betroffenen Colonien ſo viel gegen ſich hat. Wenn man von ihm abſieht, könnte nur für rückfällige Verbrecher eine viel ſchneller ſich ſteigernde Strafhöhe ein⸗ treten oder — und dieſer Gedanke wird wohl den meiſten Schwierigkeiten begegnen, eine Verbeſſerung des Erziehungsſyſtems in den Zuchthäuſern müßte geſchaffen werden. Er⸗ freulich iſt an der Statiſtik jedenfalls, daß die verbeſſerten wirthſchaftlichen Verhältniſſe in Deutſchland auch einen ſolchen Rückgang der ſchweren Verbrecher im Gefolge hatten. Verſchiedenes. — Mannheim, 16. Juni. Wie in der letzten Mannheimer Stadtrathsſitzung mitgetheilt wurde, beſitzt die Stadt Mannheim bis jetzt weder die Conceſſion für die Linie Käferthal — Waldhof — Heddesheim noch für die Linie Mann⸗ heim — Schriesheim. Wohl hat der Stadtrath um die Conceſſionsertheilung nachgeſucht, aber erſt mit Vorlage vom 7. März ds. Js. Die Ent ſchließung des zuständigen Miniſteriums konnte bei der kurzen Zeit ſchon deswegen nicht erfolgen, weil zunächſt die im vorgeſchriebenen Offenlegungs verfahren erhobenen Einſprachen erledigt werden müſſen. — Mannheim, 15. Juni. In unſerer Neckarvorſtadt wurde heute Nachmitag die Grundſtein⸗ legung zur neuen katholiſchen Kirche in feierlicher Weiſe vollzogen. Das fertig geſtellte Gotteshaus Geopferte Herzen. Erzählung von F. b. Pückler. 4. Fortfetzung. (Nachdruck verboten.) Er preßte förmlich ſeine Lippen auf ihre kleine Hand, und erhob ſich zum Gehen. „Soll ich Se. Durchlaucht melden, gnädigſte Gräfin, daß Sie mir Ihre Hand zugeſagt haben?“ „Nein, Herr Hauptmann, ich werde es heute Abend ſelbſt thun. Auf Wiederſehen.“ 5 Und dann war er gegangen; langſam verhallte glüthen Kieswege, Felicie horchte darauf wie ein erſterbendes Glück, daun ſank ſie, das Antlitz mit wor ärmer, elender denn jemals zuvor. b „Mutter,“ ſtöhnte ſie ſchmerzlich, „o, daß Du bei deinem armen Kinde ſein könnteſt. Hole mich doch zu Dir ins Grab und in den Himmel; die Erde iſt ſo kalt und liebeleer.“ 45 Der Abend kam und in märchenhaftem Glanze erſtrahlten die Säle des fürſtlichen Schloſſes; grüne Palmenarrangements ſchmückten die Niſchen und Kronleuchter, Candelaber wie auch electriſche Beleucht⸗ ugskörper ließen die verſammelte Geſellſchaft in enhaftem Lichte erſcheinen. Prinzeß Emilie, in dunkelrothem Damaſt, machte ſie hatte das Klirren ſeiner Sporen auf dem breiten, ſonndurch⸗ beiden Händen bedeckend, auf einen Rohrſtuhl: ſie ſich vorgenommen, Viſcher heute zu einer Ausſprache zu bringen, um ihm darauf die überwältigende Gnade zu eröffnen, daß Sie ihn zum Gatten erwählt habe. Vorläufig ſah der Betreffende indeß noch nicht allzu glückſtrahlend aus; im Gegentheil, er und Felicie waren wohl die Einzigen im ganzen Saal, welche gleich und einſilbig blieben trotz des ſie umgebenden Glanzes und Frohſinns. ö „Gräfin Felicie,“ ertönte jetz Fürſt Arnolds Stimme dicht neben dem jungen Mädchen, „wollen Sie mir die Ehre erweiſen, den Ball mit mir zu eröffnen?“ Sie verneigte ſich tief und nahm die ihr zur Polonaiſe gebotene Hand; jetzt mußte ſie dem Fürſten ihre Verlobung mittheilen und zugleich ihren Abſchied vom Hofe erbitten, der Angenblick war da. „Was fehlt Ihnen, Gräfin? Sie ſind ſo bleich, oder zürnen Sie mir vielleicht?“ theilnehmend neigte Arnold ſich zu dem geliebten Mädchen, deren Augen ſich mit Thränen füllten und deren Mundwinkel convulſtviſch zuckten. „Es iſt nichts, Durchlaucht, haben Sie Nachſicht mit mir. Die feierlichen Polonaiſenklänge gingen jetzt, in wiegende Walzermelodien über, Felicie flog im Arme des Landesherrn über das ſpiegelglatte Parquet; zweimal, dreimal herum, dann hielt er inne und geleitete ſeine Tänzerin unbemerkt von der übrigen Geſellſchaft in den nahen Wintergarten. Hier ließ er ſie in einen zwiſchen Palmen und Orangen verborgenen Fauteuil niedergleiten und beugte ſich zärtlich über ſie. und ſie begriff nicht, weshalb der ſchöne Hauptmann ſo ernſt und einſilbig blieb. „Felicie, mein Liebling, was hat man Ihnen zu leide gethan? Sie ſind erregt, erſchüttert. Sprechen Sie ſich aus, ich will Ihnen helfen, denn ich liebe Sie! Sie wiſſen, daß ich Sie Liebe!“ — Ein Strom heißer Thrännn rann über Felicies Wangen, dann ſtieß ſie mit Anſtrengung hervor: „Ich habe mich verlobt, Durchlaucht, mit — Herrn von Viſcher.“ Der Fürſt prallte zurück als hätte er einen Schlag erhalten, dann aber loderte all die Leidenſchaft hervor, die in ſeiner Bruſt ſchlummerte, er riß das ſchöne Mädchen in ſeine Arme, bedeckte ihr todten⸗ blaſſes Geſichtchen mit Küſſen und rief laut: „Nein, Felicie, es kann nicht ſein und es darf nicht ſein! Du biſt mein, ich laſſe Dich nicht, lieber ſterbe ich. Was hilft mir mein Fürſtenthum ohne Dich, was aller Glanz und Schimmer, wenn ich verlaſſen daſtehe.“ Die Prinzeſſin hatte Viſcher zum erſten Walzer befohlen, auch ſie wollte heute ihr Schickſal wenden „Paſſen Sie auf, Herr von Viſcher, der heutige Abend wird uns noch eine ganz beſondere Ueberraſchung bringen,“ meinte ſie lächelnd, „Fürſt Arnold tanzt da eben ganz beſeligt mit meiner kleinen Hofdame vorüber; er will ſie in aller Form heirathen.“ 8 „Auch mit dem Fürſtentitel?“, frug der Adjutant