Anzeigen: Anzeiger für Ladenburg und Umgegend Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.— mit illuſtrirtem Sonntagsblatt frei ins Haus. und Privatanzeigen 6 Pfg., Reklamen 20 Pfg. Redaktion, Druck und Verlag von Karl Molitor Hofbuchdruckerei. —.— Samstag, den 7. Dezember Politiſches Berlin, 5. Dez. Die „Nordd. Allg. 51g. veröffentlicht einen läugeren Auszug aus em Militäretat für 1902. Der Stat für das breußiſche Kontingent und die in die preußiſche Verwaltung übernommene Kontingente der an⸗ deren Bundesſtaaten weiſt im ordentlichen Etat an fortdauernden Ausgaben ein Mehrerforder⸗ is von 8 106 726 M., an einmaligen Aus⸗ gaben ein Mindererfordernis von 17 854 686 M. af, An Einzelheiten ſei folgendes erwähnt. Beim Niilitärkabinet iſt bei der ſteigenden Arbeitslaſt die Bildung einer neuen dritten Ableilung Bedürfnis geworden. Sur Fort⸗ führung der Errichtung von Maſchinengewehr⸗ ableilungen ſollen im Jahr 1902 weitere Abteilungen gebildet und die Etatsſtärke der beſtehenden 5 Abteilungen anderweit feſtgeſetzt werden. Außerdem ſollen bei dee Fußartillerie, deren Aufgaben vielſeitiger und ſchwieriger geworden ſind, 10 Kompagnien neu errichtet werden. Infolge der Einführung des Betrie⸗ es mit Zivilhandwerkern bei den Bekleidungs⸗ Hekonomiehandwerkern 826 abgeſetzt werden. Durch dieſe Aenderungen in der Heeresſtärke, ie vom 1. Oktober 1902 durchgeführt werden ſollen, ſowie durch eine geringe Verſtärkung wall es Bezirkskommandos wird die im Geſetz otots dom 25. März 1809 feſtgeſetzte Friedenspräſenz⸗ lärke an Gemeinen, Gefreiten und Obergefreiten, reislage, im Laufe des Kechnungsjahres 1905 erreicht. Ar das roßärztliche Perſonal iſt eine HGehalts⸗ Anderung vorgeſehen. Dieſelbe erfordert eine Mehrausgabe von 350 059 M. Infolge der Anforderung der modernen Uriegführung wird ie Errichtung einer militär⸗techniſchen Hoch⸗ änmtern der Harde des 6. und 7. Armeekorps r . —— — — — V ñ⸗ ä ——— Die einſpaltige Garmondzeile 10 Pfg. Lokale Geſchäfts⸗ —1. — — ſchule beabſichtigt, die in Charlottenburg mit dreijährigem Lehrgang für 200 Ofſtziere ein⸗ gerichtet werden ſoll. Für den Entwurf eines Neubaues dieſer Hochſchule werden 15000 M. gefordert. Die Minderforderungen bei den einmaligen Ausgaben des ordentlichen Etats erkären ſich durch die Erledigung einer großen Reihe von Neubauten durch die Bewilligung des Stats für 1901 oder durch niedrigere Be⸗ träge vieler in dem neuen SEtatentwurf für Bauten geforderten weiteren Katen, endlich durch die infolge der ungünſtigeren Finanzlage gebotenen Sparſamkeit. Berlin, 4. Dez. Im neuen Palais bei Polsdam fand am Dienſtag mittag die feier⸗ liche Vereidigung des neuen Weihbiſchofs von Straßburg des Monſignore Barons Sorn von Bulach, vor dem Kaiſer ſtatt. In einer An⸗ ſprache gab hierbei der Monarch ſeiner beſon⸗ deren Befriedigung darüber Ausdruck, daß Monſignore Baron Sorn von Bulach ein Sohn des Elſaß ſei und einem alten adeligen Geſchlecht deſſelben entſtamme, das ſchon ſeit grauer Vorzeit ſeinem Lande zahlreiche hervor⸗ ragende Männer geſtellt habe. Weiter betonte der Kaiſer, wie er vertraue, daß es der neue Weihbiſchof von Straßburg für ſeine Gewiſſens⸗ pflicht halten werde, in ſeiner Diöceſe die Ein⸗ tracht zu pflegen den Geiſt der Ehrfurcht gegen ihn, den Haiſer zu ſtärken und die Liebe zum deutſchen Vaterland zu mehren, womit der neue Biſchof — hob der kaiſerliche Herr noch hervor — nur dem guten Beiſpiel ſeiner Vor⸗ fahren folgen würde. Mit den beſten Wün⸗ ſchen für die biſchöfliche Thätigkeit Zorn v. Bulach's ſchloß der Haiſer ſeine Anſprache. Paris, 4. Dez. In der franzöͤſiſchen Deputirtenkammer ſprach ſich der Abgeordnete an dieſer Stelle darauf aufmerkſam, daß je ſchaften it dagegen nach wie vor in einer Summe ungszettels an den Steuererheber des Wohnortes Maſſabeau bei der Budgetberathung für die Wiederaufnahme der von Ferry eingeſchlagenen Politik einer Annäherung Frankreichs an Deutſchland aus. Der Pariſer Telegraph be richtet leider nichts weiter darüber wie die franzöſiſche Volksvertretung dieſe vernünftige Anregung aufgenommen hat. Verſchiedenes. — Ladenburg, 4. Dez. Wir machen daß vom neuen Steuerjahr ab ein von der bisherigen Praxis abweichender Modus der Erhebung der Staatsſteuer (Grund⸗ und Häuſer⸗, Gewerbe⸗ und Einkommenſteuer) der Ortseinwohner zur Einführung gelangt. Bisher wurden dieſe Steuern in ſechs Theilen des Jahresbetrags. beginnend im Dezember, eingehoben; nunmehr aber erfolgt der Einzug in Vierteljahrstermienen in der Weiſe, ein Viertel des Jahresbetrags auf 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. October fällig wird und ſpäteſtens bis zum 14. dieſer Monate zu bezahlen iſt. Wenn alſo mit der Zuſtellung der Forderungszettel wie bisher ſchon Anfangs Dezember begonnen wird, was in größeren Orten nicht zu umgehen iſt, ſo iſt kein Steuerzahler verpflichtet, noch im Dezember das erſte Ziel zu entrichten, er hat vielmehr Friſt damit bis 14. Januar 1902. Die Grund⸗ und Häuſerſteuer von außerhalb der Gemarkung ruhenden Liegen⸗ binnen vier Wochen nach Zuſtellung des Forder⸗ zu entrichten. Eine weitere für die Steuerzahler bemerkenswerthe Neuerung beſteht ſckon ſeit einigen Monaten: während früher bei Ueberſendung von Steuerrückvergütung infolge Wechſels des ſtändigen Aufenthaltes das Porto vom Empfänger Ein ſtolzes Herz 5 Novelle von A. Schmidt. 8. Schluß (Nachdruck verboten.) Der älteſte Sohn und die älteſte Tochter hatten treuer Rechtſchaffenheit für die jüngeren Ge⸗ ſchwiſter geſorgt und hatten es nicht zugegeben, daß die armen Kinder getrennt und in die Zucht fremder, liebloſer Menſchen kommen ſollten. Au⸗ ſcher alls Schenke iewaaten eil 75 g sprochen und wollten Hausſtand gründen, hatten elwaatel die beiden braven Menſchen mit äußerſter Anſtreng⸗ esissungl ung das tägliche Brod berdient und ihre Geſchwiſter iſten Peeiſet nach beſten Wiſſen und Kräften erzogen. Als die Aruuss Präſidentin noch lebte, hatte ſie der rührigen Chri⸗ % Matera, Mane, ſo hieß die Aelteſte, mit Rath und That iihen Mu freundlich beigeſtanden. Noch in ihren leßzten zuchbindere 2 Lebensſtunden hatte die edle Frau Helenen gebeten, Ab. ihr Werk der Liebe fortzusetzen. Helene hätte es raße 5 15 aus eigenem Antriebe gethan, denn Chriſtianens umnſichtiges, rühriges Wirken hatte ihre volle Sympathie gewonnen und ihr Herz fühlte ſic zu den Waiſen hingezogen, mit denen ſie, ſo weit ſie guch durch Bildung und Verhältniſſe von ihnen ge— kennt war, durch den großen Schmerz, den voll⸗ ſtündige Verwaiſung mit ſich bringt, verbünden. Chriſtiane war ihr, ſo ſeltſam es klingt, faſt Freundin geworden, und die beiden, ſo früh zur Erfüllung krnſter Pflicht gezwungenen Mädchen beſprachen jede Heine Haushaltungsſorge Chriſtianens; Helene hatte arl Ballet, alt an ſich ſelbſt zu denken, ſie waren Beide ber⸗ — die erſte Stimme im Rathe der Geſchwiſter, wenn über das Wohl der Jüngeren berathen wurde. Und wie wurde ſie von den Kleinen geliebt! Nicht nur, weil ſie in der geheimnißvollen, ſchön geſchickten Taſche manchen rotwangigen Apfel oder mauche ſüße Bretzel mitbrachte, ſondern weil ſie auch Theil nahm an den kleinen Erlebniſſen der Kinder, freund⸗ nahe trat. lich lobte oder ſchalt und ſo ihrem inneren Leben Nichts konnte herrlicher ſein als die wundervollen Geſchichten, die Helene zuweilen erzählte. Der Kinder größtes Feſt war es jedoch, wenn ſie Helenen beſuchen durften, und nie lachte unſere Heldin fröhlicher, als wenn die kleine Schaar mit frohen Geſichtern um ihre gaſtliche Tafel ſaß. Am Weihnachtsabend hatte ſie die Geſchwiſter um ſich verſammelt; ſo wunderbar ſchön konnte nach der Meinung der Kinder nie wieder ein Chriſtbaum ſein als der, welchen Heleneus feine Hände für die Waiſen geputzt hatte. Sie erſchien den Kindern als das Chriſtkind ſelbſt, von dem ſie ſo rührend erzählt hatte, und lange, lange Jahre nachher, als aus den Knaben Männer und aus den Mädchen Mütter geworden waren, gedachten ſie entzückt und dankbar bewegt jenes Weihnachtsabends. Am Syl⸗ veſter aber ſollte Fräulein Helene unten ſein; ſo hatte es ſich Chriſtiane ausgebeten. Sie hatte ſchon lange Zeit mit dem Bruder geſpart und heimliche Vorbereitungen getroffen, um der gütigen, wohl⸗ wollenden Freundin einmal für unzählige Freuden und Wohlthaten, die ſi ihr un Weſchwiſt erwieſen, mit ihrer beſcheidenen Gaſtfreundſchaft zu danken. Groß war der Stolz und das Glück aller Familienmitglieder, als Helene feierlich die förm⸗ liche Einladung, die der älteſte Bruder im beſten Sonntagsſtaate perſönlich anbrachte, angenommen hatte. Wieder kam der letzte Tag des Jahres, an dem Helene in vorigem Jahre die Mutter begraben hatte. Sie ging trotz des dichtfallenden Schnee hinaus zu den Gräbern der Eltern, und nachdem ſie an der Stätte des Friedens ſich ſtille freudige Ruhe geholt hatte, kehrte ſie bei einbrechender Dämmerung zurück. In zarter Aufmerkſamkeit wechſelte ſie die Kleidung, um bei ihren einfachen Wirthen in feſtlichem Gewande zu erſcheinen. Sie wählte ein weißes Kleid, in dem die Eltern ſie ſtets gern geſehen hatten; doch da ſie ſich gewöhnt hatte, ihren Anzug ſchnell zu vollenden, ſo war ſie fertig, als eben die nahe Thurmuhr die fünfte Stunde ver⸗ kündete. Die Lampe verbreitete ein mildes Licht, im Ofen praſſelte ein munter plauderndes Feuer, und Helene ging in der Stube auf und nieder, ſich mit den Bildern und der gewohnten lieben Um⸗ gebung in abgebrochenen Aeußerungen faſt unter⸗ haltend. Mußte da nicht inmitten der wechſelnden Bilder die Erinnerung an Franz mit feſſelndem Zauber hervortreten? Und er trat vor ihr geiſtiges Auge, edel — treu und männlich; es war ihr, als müſſe ſie ihre Arme ausbreiten, ihn an ihrem Herzen feſtzuhalten. Das luftige, feſtliche Gewand, welches ſie trug, erinnerte ſie an frühere Tage, ſie n