vativer, 1 Antiſemit, 1 Bund der Landwirthe. Der nationalliberale Candidat in Engen (Otten⸗ dörfer), welcher bei der Urwahl die meiſten Stimmen auf ſich vereinigte, unterlag infolge von Zwiſtigkeiten im liberalen Lager dem Centrums⸗ Candidaten Goldſchmidt — Köln a. Rh., 17. Okt. Ein blutiges Ehedrama ſpielte ſich letzte Nacht in der Nähe der Schiffbrücke am Buttermarkt ab. Eine von ihrem Mann getrennt lebende Dachdeckersfrau überfiel ihren Gatten und ſtieß ihm einen Dolch in die linke Seite. Der Geſtochene brach zuſammen. Die Thäterin warf das Meſſer fort und verſuchte zu entfliehen, ſie wurde aber angehalten und der Polizei übergeben. Die Berletzung des Mannes iſt lebensgefährlich. — Kehl, 16. Okt. Zur Zeit wird die Brücke über die Kinzig beim Sägewerk von J. Roß Söhne umgebaut. Hierzu waren einige Zimmermeiſter zur engeren Submiſſion eingeladen. Zwei Kehler Geſchäftsleute ſtellten ihre Submiſſions⸗ forderungen auf 1650 und 1600 Mark. Ein auswärtiger Zimmermeiſter verlangte nur 800 Mk., und erhielt den Zuſchlag. — Lörrach, 11. Okt. In den Waldungen zwiſchen Maulburg, Höllenſtein und Adelhauſen tritt die Raupe des Buchenſpinners in verheeren⸗ der Weiſe auf. Millionenweiſe ſitzen die Raupen an Stämmen, Zweigen und Laub der Buchen, und zwar meiſt auf der Nordſeite, was darauf ſchließen läßt, daß die Wanderung nach Süden geht. Die Fläche, auf welcher die Buchen, nament⸗ lich der Aufwuchs faſt kahl gefreſſen ſind, wird bereits auf 20 Hektar geſchätzt. Obwohl der Buchenſpinner nicht ſo gefährlich iſt, wie z. B. die Prozeſſionsraupe, ſo hat er doch ſchon große Buchenbeſtände verkümmert oder gänzlich vernich⸗ tet. Auf der Inſel Rügen, wo er ſchon zwei⸗ hundert Jahre hauſt, entblätterte er im Jahre 1868 ſämmtliche Buchen auf einer Fläche von 2000 Hektar völlig. — Geſtern wurde durch einen Basler Poliziſten ein Kaufmannslehrling Namens Zach. Scherz aus Lampertheim (Heſſen) dem hieſigen Gerichte zu geführt. Mit einem Betrag von 446 M., den das 16 Jahre alte Bürſchchen am 21. v. Mts. von dem Konkurs⸗ verwalter Fiſcher in Mannheim zur Ablieferung erhalten hatte, machte daſſelbe eine kleine Schwei⸗ zerreiſe; es kam aber nicht weit, ſondern wurde ſchon Ende September in Baſel verhaftet und ſieht nun ſeiner Ablieferung nach Mannheim und ſeiner Beſtrafung entgegen. — Leipzig, 16. Okt. Ueber den ſchweren Unglücksfall im Leipziger Palmengarten wird be⸗ richtet: Geſtern Nachmittag in der ſechsten Stunde, während des Nachmittagskonzertes im großen Saale des Leipziger Palmengartes, löſte ſich plötzlich ein etwa drei Meter langes Stück Gips- ſtück von der Decke ab und ſtürzte mit donner⸗ ähnlichem Gekrach, dichte Staubwolken verbreitend, in den dichtgefüllten Zuſchauerraum. Ein panik⸗ artiger Schrecken entſtand. Als einigermaßen Be⸗ ruhigung eingetreten war, zeigten ſich die Folgen der Kataſtrophe. Ein junges Mädchen aus Stettin, das hier zu Beſuche weilte, war von der gewaltigen Stuckmaſſe erſchlagen worden! Eine Frau — wie es heißt Frau Schuldirektor Steinkopf aus L.⸗Gohlis — erlitt eine ſchwere Verletzung. Es ward ihr u. A. ein Unterſchenkel zerſchlagen. Eine ganze Anzahl Perſonen trugen Verletzungen leichterer Art davon. Der Leichnam des beklagens⸗ werthen Opfers ward nach dem Pathologiſchen Inſtitut überführt. Die verletzte Frau ward nach ihrer in L.⸗Gohlis gelegenen Wohnung gebracht. Die behördliche Unterſuchung über die Urſache der Kataſtrophe iſt ſofort eingeleitet worden. b — Leipzig, 15. Okt. Bei einem Brunnen⸗ bau in Grimma wurde am Samſtag Nachmittag Brunnenbauer Thiele in einer Tiefe von 20 Meter verſchüttet. Es gelang bisher, mit dem Ver⸗ unglückten ſich in Verkehr zu ſetzen, da eine Kette von ihm bis zur Oberfläche reicht, die zu einer Art telephoniſcher Lautübertragung benutzt werden kann. Er hoffte 12 Stunden in ſeiner Lage auszuhalten, aber trotz angeſtrengter Thätig⸗ keit der Hilfsmannſchaften konnte er noch nicht zu Tage gefördert werden. Er befindet ſich alſo ſchon 3 mal 24 Stunden in ſeinem furchtbaren unterirdiſchen Gefängniß, in dem er ſitzen und liegen, aber nicht ſtehen kann, und in dem er, wie er zu verſtehen gab, außer durch Hunger und Durſt, durch Kälte zu leiden hat. Seit Sonn⸗ tag hat ein Kommando Pioniere die Rettungs⸗ arbeiten mit übernommen und auf der einen Seite einen 13 Merer tiefen Schacht getrieben, von dem dann ſeitwärts ein Stollen zu dem Verunglückten angelegt wurde. Das Gleiche ge⸗ ſchah durch die Brunnenarbeitern auf der andern Seite. Hier wie dort war man bis auf einen halben Meter dem Aermſten nahegekommen, ſah „Das wäre genau ſo, als wenn ſich ein Soldat weigerte, mit ſeinem Regiment in die Schlacht zu ziehen, weil die Kanonen Nein, Frau, wir Seeleute haben auch unſere Ehre und unſer Pflichtgefühl, ich muß hinaus auf die See, um zu retten, was zu retten iſt. aus und wie vernichtet ſank ſte auf die Bank, die vor der Thür ſtand, während der Fiſcher in ſeinen Geräthſchaften wühlte. „Herr Gott, es wird ſtockfinſter und ein Gewitter zieht auf. Bleib' daheim, Wilhelm, nur dieſes eine 8. Donald ſchüttelte den Kopf und brummte: „Ich gehe.“ „Muß es denn ſein?“ fragte da plötzlich Hilda von Stein mit einem Blick auf die weinende Frau des Fiſchers. „Es muß ſein“, nickte Donald, und indem er nach ſeiner Theerjacke langte, fügte er hinzu: „Die Pflicht ruft, das Gewiſſen befiehlt und das iſt Gottes Stimme. Beten Sie für die dort daußen und auch für mich ein Vaterunſer. Wir werden es alle nöthig haben“, damit nickte er den Zurück⸗ bleibenden einen Gruß zu und ging an den Strand, um das Fahrzeug mit Hülfe der dort ſchon harrenden Kameraden der Rettungsſtation flott zu machen. Die Blitzen zuckten unheimlich hernieder und in der Ferne rollte der Donner. Wie viele Schiffe und kleinere Fahrzeuge mochten den tobender Elementen preisgeben ſein? Immer dunkler wurde der Sturm, das Meer brüllte und der Sturm brauſte ſchauerlich. Alle Bäume ächzten ſtöhnten, die Schwalben flogen an der Erde ängſtlich hin und her, bis ſie ihre Neſter erreichten. Allmählich ſteigerte ſich der Sturm des Feindes donnern. zu einem Orkan, der unbarmherzig alles mit ſich fortriß, was ihm entgegenſtrebte. Hilda von Stein hatte ſich über ihre Bibel gebeugt und betete, während Auguſte und Frau Donald ihr Geſichter an die Flurfenſter drückten, um das Wetter zu beobachten. ö Frau Donald brach in einen Thränenſtrom Brief ihres Bruders bekommen, den ihr der Onkel Wanda hatte vor einer halben Stunde einen Müller nachgeſandt hatte, da er jetzt erſt in den Beſitz ihrer Adreſſe gelangt war. Das junge Mädchen hatte ſich in einem abgelenen Raum des Hauſes ge⸗ losgebrochen, erinnern konnte je erlebt zu haben. Inzwiſchen war das Gewitter näher gekommen. Mal“, warnte die Frau in ihrer Todesangſt noch- Nmiſchten Gefühlen. flüchtet und las dort das Schreiben mit ſehr ge⸗ Inzwiſchen war das Unwetter in einer Stärke wie es die älteſten Leute ſich nicht Rabenſchwarze Nacht hüllte die ganze Gegend ein, die nur dann und wann durch die ſchnell aufeinander folgenden Blitze einen Augenblick erhellt wurde. Beim Schein dieſer Himmelsfackeln ſah man dort weit ab vom Ufer ein Boot mit den Wogen ringen. Am Ufer glaubte man, Hilferufe zu hören, aber der Sturm konnte ebenſo das Ohr getäuſcht haben. Eine innere Stimme ſagte Donald, der das kleinere Rettungsboot führte: „Du mußt denen Hilfe bringen, die dort um ihr Leben ringen, Du mußt Alles wagen!“ „Ich will mit Ihnen gehen, Vater Donald,“ ſagte Claas Lengsfeld, ein kräftiger Burſche von 19 Jahren, die Hand auf den Arm des Fiſchers legend, „ich bin eine echte, rechte Seeratte und habe ſchon manchem Surm getrotzt.“ Der Fiſcher ſah ſich um. „Ein ſo junges Blut, es wäre ſchade drum!“ Claas fühlte ſeine Kräfte wachſen, ſeine Arme dehnten ſich, ihm war zu Muth, als müßte er all den Leuten zeigen, daß er gegen Meeresfluthen ſo gut anzukämpfen wiſſe, wie nur irgend Einer. ſich aber plötzlich durch Triebſand an jedem weiteren Vordringen gehindert. Geſtern Mor⸗ gen hat man mit dem Eiutreiben von Dampf, keſſelröhren begonnen, um damit die Triebſand⸗ ſchicht zu überwinden. — Nach Nachrichten von heute Abend lebt der Verunglückte noch. — Grimma, 17. Okt. Heute Mittag 12 Uhr gelang es, den verunglückten Brunnen⸗ macher Thiele durch eine Röhre zu retten. (Thiele war in einen ſogenannten gelben Vor⸗ werk errichteten Brunnen eingefahren, um deſſen Ummauerung zu vollenden, als mit einem Male oberhalb dieſer etwa fünf Meter hohen Ummau⸗ erung ſich Triebſand in Bewegung ſetzte, die Verſchalung zuſammendrückte und den Unglück⸗ lichen vollſtändig einſchloß. Die Rettungsarbei⸗ ten, an denen ſich neben der geſammten Brunnen⸗ arbeiterſchaft von Grimma in letzter Stunde nicht weniger als 52 Pſoniere beteiligten, dauer⸗ ten über drei Tage. Thiele's Geſundheit hat anſcheinend keinen Schaden genommen. — Berlin, 15. Okt. Die ruſſiſche Chinadenkmünze iſt, wie jetzt bekannt wird, während der Danziger Tage vom Sar Nikolaus an Mannſchaften und Ofſiziere der deutſchen Marine vertheilt worden. Von deutſchen Offiziere erhielten die ruſſiſche Chinadenkmünze: Hapitän zur See v. Holtzendorff, Kommandant des „Aurfürſt Friedrich Wilhelm“, und Horvetten⸗ Hapitän Meurer, Erſter Offizier auf demſelben, Von den Mannſchaften wurden je 5 Chargirte von den Linienſchiffen „Brandenburg“, „Kurfürſt Friedrich Wilhelm“ und „Weißenburg“ mit der ruſſiſchen Chinadenkmünze dekorirt. — Berlin, 16. Okt. Ein ſchweres Bau⸗ Unglück, bei dem ein Arbeiter getödtet und drei zum Theil lebensgefährlich verletzt wurden, trug ſich heute Morgen auf dem Neubau des Haupf⸗ poſtamtes in Schöneberg zu. Um halb 9 Uhr brach das vierſtöckige Baugerüſt zuſammen und ſtürzte mit vier Arbeitern und einer ſchweren Steinbelaſtung in die Tiefe. Einem fünften Arbeiter gelang es, ſich an einem eiſernen Träger feſtzu⸗ halten. Ein Arbeiter wurde von der Feuerwehr mit zerſchmettertem Schädel aus den Trümmern hervorgezogen, die andern erlitten Rippenbrüche und ſonſtige ſchwere Verletzungen. 580 „Nehmen Sie mich mit, Vater Donald, um mich weint ja nicht ein Auge, nicht Vater noch Mutter, nicht Bruder, noch Schweſter. Das Meer hat mich an das Land geworfen, was thut es, wenn ich dort hin wieder zurückkehre, wo ich herkam!“ „Laßt's gut ſein, Claas, Du biſt zu jung, ich brauche erfahrenere Fiſcher“, entgegnete Donald, „Nein, Vater Donald, ich gehe mit Euch, wo Ihr bleiben werdet, da bleibe ich auch,“ erklärte Claas feſt. „Nun den komm. Mit Gott.“ Sie ſtießen das Boot vom Lande, ergriffen die Ruder und arbeiteten mit Todesverachtung dem Sturm der Brandung entgegen. Der alte Donalt und ſein junger Begleiter keuchten vor Anſtrengung. Ob das Rettungswerk gelang? Der Ruf nach Hilfe kam immer näher. Der Sturm hatte ein wenig nachgelaſſen, aber der Blitz machte zuweilen die Gegend ſo hell, daß man die Unglücklichen deutlich unterſcheiden konnte, die dort in Todesgefahr ſchwebten. Es waren nur zwei Perſonen in dem Boot; man hatte die Hoffnung auf Rettung vielleicht ſchon aufgegeben, denn zwei Ruder waren bei der tollen Fahrt ſchon verloren gegangen, und der Maſt ſchon längſt ge⸗ brochen. Die Boote kamen ſich jetzt immer näher. Da leuchtete ein Blitz und bei demſelben grellen Licht ein momentanes Erkennen. Claas ſchrie auf, Großer Gott, erbarme dich! Es iſt Hilberts Marie, das Schiffermädchen von Bachnitz, die hat den Herrn da herbringen ſollen und iſt vom Sturm ü worden. 5 ttt