Redaktion, euburger Anzeigen: Erſcheint jeden Dienſtag und Freitag Abend. N Preis vierteljäbrlich Mark 1.— mit illuſtrirtem Sonntagsblatt . frei ins Haus. und Privatanzeigen 6 Pfg., Reklamen 20 Pfg. N Wochen nzeiger für Ladenburg und Umgegend. d Die einſpaltige Garmondzeile 10 Pfg. Lokale Geſchäfts⸗ Drack und Verlag von Karl Molitor, Hofbuchdruckerei⸗ Zamfſag, den 20. Jnli Aſt eine Peſtgefahr vorhanden? In den letzten Jahren iſt die Bevölker⸗ ung Europas alljährlich im Hochſommer mit unangenehmer Regelmäßigkeit durch hier und da auftauchende alamierenden Peſtnachrichten in ſtürmer. Unruhe verſetzt worden und auch diesmal ſind burg i! uns derartige Alarmnachrichten nicht erſpart ge⸗ blieben. Dafür, daß die Oeſtſeuche niemals erliſcht, ſorgt Indien, welches von jeher der eigentliche Herd der Peſt geweſen iſt. Die Engländer haben ſ. S. vorgegeben daß ſie in Indien eine Kulturmiſſion zu erfüllen hätten. Dieſe Kulturmiſſton hatte in erſter Reihe darin beſtehen müſſen, daß ſie die Armut, das Elend und die Unſauberkeit bekämpften, welche in Indien die eigentliche „Peſterreger“ ſind. England aber hat in dieſer Hinſicht nichts ge⸗ than; es hat vielmehr durch ein brutales Aus ſaugeſpſtem das Elend der indiſchen Be⸗ — een völkerung noch vermehrt, ſo daß der Hunger⸗ lng typhus und die Peſt ſich in dem 1 Tasten! Lande gleichſam das heimatsrecht erworben unte beben. ö I Wenn die Welt Jahr für Jahr durch en lun beunruhigte PDeſtnachrichten in Schrecken geſetzt iat un wird, ſo hat ſie ſich mithin dafür in erſter Reihe bei den Engländern zu bedanken, welche gegenüber der indiſchen Peſtgefahr von jeher ſträfliche Leichtfertigkeit an den Tag gelegt haben. Seit dem vorigen Jahre aber hat die Welt ſich bei den Engländern doppelt zu be⸗ danken, denn durch die Kriegstransporte von Indien nach Südafrika iſt die Peſt auch dort⸗ hin verſchleppt worden und von da aus hat ſie weiter ihren Weg gemacht, nicht nur nach Ausſtralien, ſondern leider auch mehrfach nach Europa. Herzensräthſel. Roman nach dem Franzöſiſchen von Clara Rheinau. 25. (Nachdruck verboten.) „Ei, Heddi,“ rief die Mutter erfreut, „Du ſcheinſt ja ganz fröhlich geworden zu ſein. Ich behauptete ja immer, daß der Herr Maire die Gabe beſitzt, romautiſche junge Damen umzuſtimmen.“ ————— Selbſtverſtändlich läßt ſich nicht das „Ur⸗ i ſprungszeugniß“ jedes einzelnen Peſtfalles feſt⸗ kummervoller Weiſe, da Hedwig gerade in das Nebenzimmer eintrat. „Ihr habt mich weder um meinen Rath, noch um meine Wünſche befragt. Ihr habt 11 „Nein, liebe Mama. Nicht der Herr Maire, ter Min. ſondern Tante Mede beſitzt, dieſe Gabe. Ihr ver⸗ f dankte ich es, daß ich muthiger in die Zukunft blicke.“ 5 1 „Ach, Tante Mede, da ſind Sie ja! Ich be⸗ 1eues en merkte Sie anfangs gar nicht Sie müſſen mich br bil entſchuldigen. Ich bin ſo ſehr in der Eile. In aller Morgenfrühe mußte ich ſchon nach Belbouquet gut), hinaus. Bis heute Nachmittag ſoll doch Alles be⸗ one reit ſein, O mein Gott, nun habe ich das irdene 11 Geſchirr vergeſſen! Es iſt viel zu wenig draußen. Was ſoll ich thun? Wie werden die armen Kinder 10 0 zurecht kommen?“ bſan „Ich kann alles Fehlende nach Belbouquet iht lle ſenden,“ verſetzte Miſe Mede ruhig. 3. „O wie gütig von Ihnen, beſte Tante. Ich — habe gewiß auch Vieles vergeſſen. An einem Tag 7 wie der heutige verliert man gar zu leicht den Kopf.“ „Ich fürchte, liebe Virginie, Du und Bern⸗ eren hardt hattet während meines Wegſeins wirklich den ſtellen, aber darüber, daß der unſelige ſüd⸗ afrikaniſche Krieg die Haupturſache iſt, wenn die Peſt, wie im Vorjahre ſo auch diesmal wieder, ſich mit vergrößerter Lebendigkeit gel⸗ tend macht, kann ernſthaft kein Sweifel be⸗ ſtehen. Ein wirklicher Schrecken fuhr uns Nordeuropäern, die wir ja die Peſt nur noch vom Hörenſagen kennen, freilich erſt in die Glieder, als die Peſt in Konſtantinopel zu gaſtieren begann, mit dem uns ja ein leb⸗ hafter Bahnverkehr verbindet. Erfreulicher Weiſe lauten ja nun die Nachrichten vom Peſtkriegsſchuuplatz in Kon⸗ ſtantinopel in den letzten Tagen günſtig, wenn auch den Feſtſtellungen der türkiſchen Behörden gegenüber immer etwas ſkeptiſche Vorſicht am Dlatze iſt. Jedenfalls kann aber die Frage nach dem Vorhandenſein einer Seuchengefahr für uns mit einiger Sicherheit verneint werden. Denn einmal iſt eine Seuchengefahr für bas nördliche Europa in weit geringerem Maße vorhanden als für das ſüdliche Europa, da bei uns die Bedingungen für die Ausbreitung einer ſolchen Krankheit fehlen, und zweitens iſt die Sicherheit vorhanden, daß die Abwehr⸗ maßregeln gegen die Peſteinſchleppung bei uns mit exakter Genauigkeit durchgeführt werden. Die Maßregeln zur Bekämpfung der Peſt beruhen auf der internationalen Uebereinkunft, die am 19. März 1897 in Venedig getroffen wurde. Danach iſt es den Dertragsſtaaten überlaſſen, für die Regelung und Ueberwachung des Flußſchiffartsverkehrs eigene Beſtimmungen zu treffen. Was den Eiſenbahn⸗ und den Uleinverkehr an der Grenze betrifft, ſo iſt es Kopf verloren,“ ſagte Miſe Mede, in ernſter, Das Geſchehene iſt unabänderlich, Vorwürfe wären deshalb überflüſſig. „Aber“, fuhr ſie fort, während zwei große Thränen langſam über ihre gefurchten Wangen rannen, „es wird keine leichte Aufgabe ſein, das arme Kind mit ſeinem Loos zu verſöhnen. ſehr voreilig über ihr Geſchick verfügt. Hedwig beſitzt Herz und Gemüth, und es wäre beſſer geweſſen, ſie mit einem einfachen, aber braven, liebevollen Maune zu vermählen, als dieſem finſtern, melaucholiſchen Varon.“ Schweigend hörte Frau Laſſalle dieſe Bemerk⸗ ungen der alten Dame an. ſie darauf erwidern ſolle und hielt Klügſten, die Unterhaltung abzubrechen. „Guter Gott! wie ſpät iſt es ſchon“, rief ſie mit einem Blick nach der Uhr. Wir haben nicht viel Zeit übrig. Müſſen Sie nicht jetzt nach Hauſe gehen und Toilette machen. Tante Mede?“ „Meine Toilette wird mich nicht lange in Anſpruch nehmen. Sei unbeſorgt, Virginie. Um wie viel Uhr gehen wir zur Kirche?“ „Um elf Uhr, beſte Tante.“ „Ich werde rechtzeitig hier ſein. Mit einem zärtlichen Abſchied von Hedwig verließ Miſe Mede das Haus. Mit müdem, ſchweren Schritt legte ſie den Weg zurück, den ſie es für am zumeiſt es aber hiermit hapert hat ſich gerade Sie wußte nicht, was nicht geſtattet, Eiſenbahnwagen an der Grenze aufzuhalten. Wenn ein ſolcher Wagen mit peſtkeimhaltigem Material verunreinigt iſt, kann er zum Sweck der Desinfektion an der Grenze oder an der nächſten Station ausgeſchalten werden. CLandquarantänen ſind nicht zuläſſig und es dürfen nur ſolche Perſonen zurück⸗ gelaſſen werden, welche Krankheitszeichen der Peſt darbieten. Eine ärztliche Ueberwachung hat ſich auf eine Beſichtigung der Keiſenden und auf die Verſorgung der Kranken zu be⸗ ſchränken. Keiſende aus peſtverſeuchten Orten könen jedoch einer Ueberwachung unterſtellt werden. Ferner ſteht den Regierungen das Recht zu, beſondere Maßnahmen gegenüber den Vagabunden, Sigeunern, Auswanderern und den im Trupp die Grenze überſchreiten⸗ den Perſonen zu ergreifen. Durch alle dieſe Beſtimmungen wird jedoch das Recht eines jeden Staates, einen Teil ſeiner Grenze über⸗ haupt zu ſperren, nicht berührt. Sehr weſentlich iſt die Beſtimmung der Uebereinkunft von Venedig, wonach die Regier⸗ ung des verſeuchten Landes den übrigen Regier⸗ ungen von jedem vorkommenden Peſtfalle Nach⸗ richt geben muß. Zur Durchführung dieſer Be⸗ nachrichtigung hat die Konferenz den Regierungen dringend die Einführung der Anzeigepflicht für die Aerzte bei Peſtfällen empfohlen. Wie ſehr jetzt in Konſtantinopel gezeig!, wo die Aerzte lange Zeit hindurch die Peſtkrankheit nicht als ſolche er⸗ kannt hatten. Dieſem gefährlichen Uebelſtande könnte nur abgeholfen werden, wenn die Mächte einen Zuſatz zur Uebereinkunft von Venedig be⸗ ſchließen würden, durch den die Mächte ver⸗ pflichtet werden, dafür zu ſorgen, daß unter den mit dem Sanitätsdienſte betrauten Aerzten hin⸗ vor wenigen Stunden ſo friſch und leichtfüßig ent⸗ lang geſchritten. Die Laſt ihrer Jahre ſchien ver⸗ doppelt durch den herben Kummer, der ihre Seelen⸗ kräfte und hriſtliche Ergebung auf die ſchwerſte Probe ſtellie. Um elf Uhr verſammelten ſich die Verſoandten und Freunde der Familie in Laſſalle's Salon, und man begab ſich gemeinſchaftlich zur Kirche. Alles verlief auf's beſte. Die Neugierigen, welche herbei ⸗ geſtrömt, in der Erwartung, etwas Außergewöhn⸗ liches, vielleicht eine ohnmächtige Braut oder der⸗ gleichen zu ſehen, waren gründlich enttäuſcht. Arthur ſah, wie gewöhnlich, ſehr bleich aus, benahm ſich aber vollkommen ruhig und gelaſſen. Auch Hedwig war gefaßt und glich dadurch nicht dem Opferlamme, das man zu finden erwartet. Unter allen Anweſenden befanden ſich drei, welche mit aller Inbr unſt während det feierlichen Handlung beteten: Miſe Mede, die ihre Faſſung bewahrte, bis Alles vorüber war, dann aber in der Sakriſtei faſt ohnmächtig zuſammenbrach; Frau von Vedelles, welche ſich im Hinblick auf die Zu⸗ kunft ſchwerere Beſorgniſſe nicht erwehren konnte, und Vincenz, der treue Diner des Grafen. Der arme Alte hatte ſich bisher nie entſchließen können, ſeinem jungen Herrn zu deſſen Verlobung Glück zu wünſchen, theils weil Arthur als Bräutigam noch trauriger ausſah als gewöhnlich, theils weil er, Vincenz, ſelbſt keinen Gefallen an einer Heirath fand, die er als eine echte Mesalliance betrachtete.