nd vi . nze, etc. cvollet 5 Erſcheint jeden Dienſtag und Freitag Abend. Preis vierteljählich Mark 1.— mit illuſtrirtem Unter⸗ haltungsblatt frei ins Haus. Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg. No, 10. China. Während alle Welt mit begreiflicher Spannung dem weiteren Verlaufe des ſüdafri⸗ kaniſchen Krieges entgegenblickt, beginnt ploötz⸗ lich auch die eigenartig verſchlungene oſtaſiatiſche Frage infolge der jüngſten politiſchen Ereigniſſe in Peking das allgemeine Intereſſe erneut in Anſpruch zu nehmen. Ob das Senſationsge⸗ richt, nach welchem der junge Haiſer Auangſü von China Selbſtmord verübt haben, oder, wie eine andere Verſion wiſſen will, heimlich bei Seite geſchafft worden ſein ſoll, begründet iſt, das iſt zur Seit allerdings immer noch nicht authentiſch bekannt. Mindeſtens muß er aber politiſch als ein toter Mann betrachtet werden, denn das Eine ſteht wenigſtens feſt, daß Uuangſü von ſeiner Tante, der energiſchen Haiſerin⸗Wittwe von China, zur Abdankung gezwungen und daß hierbei zugleich der neun⸗ jährige Prinz Pu⸗Chun als Thronerbe prokla⸗ mirt worden iſt. Außerdem hat die Haiſerin⸗ Wittwe gleichzeitig mit dem von ihr gewaltſam erzwungenen Thronwechſel auch alle höheren Staatsbeamten, welche als Anhänger der chineſiſchen Keformpartei und demnach als Befürworter der Einführung weſtlicher Neuer⸗ ungen in den ſtagnirenden ſtaatlichen Organis⸗ mus des himmliſchen Reiches der Mitte“ gelten, entlaſſen, und letztere Erſcheinung charakteriſirt hinlänglich die Grundtendenz des ſoeben in China begangenen Staatsſtreiches als den eines in ſeinem innerſten Weſen fremdenfeindlichen Aktes. Der Umſtand, daß gerade der junge Prinz Du⸗Thun zum Nachfolger des Kaiſers Huangſü ausgerufen worden iſt, läßt dieſen auslands feindlichen Charakter des Thronwechſels in Ching ganz beſonders hervortreten, denn der künftige Beherrſcher des gewaltigen Sopf⸗ Anzeigen: Raum 10 Pfg. Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen Die einſpaltige Corpuszeile oder deren 6 Pfg., Reklamen 20 Pfg. Druck und Verlag von Karl Molito Ladenburg. eee reiches iſt der Sohn des Prinzen Tuan, letzterer aber wird als ein entſchiedener Gegner der Europäer bezeichnet, und in dieſem Sinne dürfte zweifellos die weitere Erziehung des jugendlichen chineſiſchen Thronerben erfolgen. Anläßlich eines ſolchen Standes der Dinge iſt es nicht recht verſtändlich, wenn „ Londoner wie in Petersburger Meldungen be⸗ hauptet wird, daß die neueſten Vorgänge in Peking ſo gut wie gar keine politiſche Bedeutung beſäßen und daß darum von ihnen auch keiner⸗ lei Schwierigkeiten zwiſchen China und den fremden Mächten zu befürchten ſeien. Im Gegentheil, es läßt ſich ſehr wohl denken, daß der ſtattgefundene Thronwechſel, weil in ihm die in den Pekinger Kegierungskreiſen vor⸗ herrſchende reactionäre, reform⸗ und fremden⸗ feindliche Strömung abermals zum ſcharfen Ausdruck gelangt iſt, unter den Anhängern der in China weitverzweigten reformfreundlichen Richtung Beunruhigung und Gährung hervor⸗ rufen könnte, und dann müßte mit dem Aus⸗ bruche neuer ernſter innerer Unruhen im Lande gerechnet werden. Wenn aber den Vorgängen am Pekinger Hofe wirklich eine allgemein gegen das Ausland gerichtete Tendenz innewohnt, dann wäre auch die weitere Lesart, Rußland und Frankreich hätten hierbei die Hand mit im Spiele gehabt unbegründet, denn beide Mächte mußten bei der Etablierung eines offen fremden⸗ feindlichen Regimens in China ja ebenſo für ihre Intereſſen in letzterem Lande fürchten, als die anderen Mächte. In Pariſer Meldungen wird daher die geſchaffene Cage in China zweifellos richtig beurtheilt, wenn es in den⸗ ſelben heißt, jene Vorgänge könnten Unruhen in China hervorrufen, durch welche dort be— trächtliche europäiſche Intereſſen finanziellen Charakters leicht in itleidenſchaft gezogen werden würden. Auch wird betont, daß di Haiſerin von China Abneigung gegen alle Europäer überhaupt erfüllt, und ihre von Seit zu Seit zur Schau getragene Freundlichkeit 5 gegen die eine oder die andere auswärtige Macht ſei ausſchließlich auf die Verſchärfung vor⸗ handener Rivalitäten und deren Ausbeutung zu Gunſten Chinas berechnet. Dieſe Verhältniſſe erſcheinen allerdings ge⸗ eignet, alle europäiſchen in Oſtaſten intereſſirten Mächte für den Fall, daß aus dem Thron⸗ wech ſel in Peking wirklich ernſtere Verwickelungen im Lande entſtehen ſollten, zu einem gemein⸗ ſamen Auftreten und Handeln gegenüber China anzuregen und dafür die von ihnen dort ver⸗ folgten Sonderinterſſen einſtweilen zurückzuſtecken. Ob dies, wenn nöthig, auch geſchehen würde, das iſt freilich recht fraglich, und darum kann die Möglichkeit keineswegs unbedingt zurückge⸗ wieſen werden, daß die neueſten politiſchen Er⸗ 5 eigniſſe in China unter Umſtänden doch Schwierig⸗ keiten zwiſchen den dort mit einander rivali⸗ ſirenden Mächten veranlaſſen würden. Jeden⸗ falls wird die europäiſche Diplomatie gut thun, über den kriegeriſchen Ereigniſſen in Südafrika nicht die ſich erneut meldende oſtaſiatiſche Frage zu vergeſſen, ſie birgt ebenfalls weittragende und gewichtige Entſcheidungen in ſich. Verſchiedenes. — Ladenburg, 1. Feb. Am Sonntag 28. Januar veranſtaltete der hieſige Cäcilienverein im Saale des Bahnhofhotels ſeinen Mitgliedern eine Abendunterhaltung. Ein vollbeſetztes Haus wartete mit Spannung auf den Beginn. Nach dem klaren Vortrag eines Prologs durch Frl. A. Fetzer ließ uns dann auch ſogleich der Cä⸗ eilienchor am Eingang und ſpäter in verſchiedenen Chören hören, welch Tüchtiges er leiſten kann Ein Daterherz. Roman in Originalbearbeitung nach dem Engliſchen von Klara Rheinau. 82, Fortſetzung. (Nachdruck verboten.) „Aber nichtsdeſtoweniger zu der Familie ge⸗ Hörig,“ ſagte die Frau indem man ein Geräuſch an der Thüre vernahm. Er öffnete die Thüre und ſagte haſtig, um einer Ueberraſchung porzubeugen: Elſie, mein Kind, Frau Baretti iſt gekommen, um Dich zu beſuchen.“ 0 wirklich!“ rief Elſie eintretend; „das iſt ſehr freundlich von ihr.“ Der Oberſt nahm ſeinen Hut und ließ die Beiden allein beieinander. 58. Kapitel. Als der Oberſt von ſeinem Spaziergang zu⸗ rückkam, traf er qn Stelle der Frau Baretti Helene Dexing bei Elſie an. Was ſoürde nun kommen? dachte Helene, als der Oberſt ſeinen Stuhl zu ihr rückte und ſie mit größerem Jutereſſe betrachtete. Hatte er noch eine neue Marter für ſie ausfindig gemacht? Helene behielt ſich ſchweigend, und als er zu reden be— Haun, zitterte ſie vor Angſt oder Entrüſtung oder etwas, für das ſie noch keinen Namen hatte. „In Anbetracht Ihres Mitleides mit meiner Lage und Ihrer Findigkeit, mir Reichthümer auf⸗ zudrängen als Erſatz für einen Schaden, der viel⸗ leicht nie exiſtirt hat — in Anbetracht ihres eif⸗ rigen Bemühens, ſich ihrerſeits aller eigennützigen Gedanken zu entſchlagen und die meinigen angenehm zu geſtalten — was kaun ich ſagen?“ Er wartete auf ihre Antwort, aber Helene vermochte nur ein unbefriedigendes „Ich weiß es nicht“ hervorzu⸗ ſtammeln. „Ich hatte mich auf eine lange Rede über Betrügereien in jeder Form vorbereitet — aber Lena Dering, ich kaun Ihnen nicht predigen.“ Sie blickte freudig zu ihm auf und murmelte „Ich danke Ihnen.“ „Aber ich möchte den Grund zu dieſer langen Studie eines Mannes kennen, der Sie mehr als einmal ſehr ſchroff und rauh behandelt hat, und Sie fragen, ob ſie nur aus einem dringenden Wunſche hervorgeht, frühere Verſehen wieder gut zu machen.“ „Gewiß — aus dieſem Wunſche,“ verſetzte Helene raſch. „Ich bin nie freundlich gegen Sie geweſen,“ ſagte er, ſie nachdenklich anſchauend. Sie haben mich genau ſtudirt, und wir begannen kanntſchaft mit einer recht herzlichen g Abneigung, nicht wahr?“ „So war es.“ f 1 „In Zukunft werden wir beſſere, Freunde ſein, wie ich hoffe. Und für die Ver⸗ gangenheit die ganze Vergangenheit — die egenſeitigen unſere Be⸗ treuere die ganze Vergangenheit, von der letzten Trennung in Wolſton an bis zum heutigen Tage, meinen Dank — meinen herzlichen Dank, liebe Lena.“ Dies waren ſeine erſten freundlichen Worte, und ſie raubten Helene vollſtändiger ihre Faſſung, als Alles, was er vorher geſprochen. Die Thränen ſtrömten ihr aus den braunen Augen, und ſie wandte ſich ab, um den Oberſt ſie nicht ſehen zu laſſen. „Ich habe ſie arm gemacht, daß iſt Alles,“ flüſterte ſie. „Unſere Lage kommt zwiſchen uns nie in Betracht, ſagte er: „und jener Wechſel mein Kind, ſehen Sie, was Sie gethan haben!“ In ihrer Erregung hatte Helene den Wechſel vom Tiſche aufgenommen und ganz unbewußt in kleine Stücke zerriſſen. „O, was liegt daran,“ be⸗ merkte ſie kurz. „Ich werde einen andern ſchreiben.“ Der Oberſt zog ein Checkbuch aus der Taſche und er⸗ griff die Feder. Helene ſtand an ſeiner Seite und hielt ſeinen Arm zurück, ehe er einen Buchſtaben geſchrieben. „Wenn unſere Lage zwiſchen uns nie in Betracht kommt, ſagte ſie nun ſehr feſt, „warum ſuchen Sie mich durch all dieſe Reden über das leidige Geld zu demüthigen? Warum erwarten Sie, daß jedes Opfer nur von Ihrer Seite komme ? Ich rief den Himmel zum Zeugen, daß ich Ihre frühere Rückſicht für mich, Ihre Schonung für meinen Bruder vergelten wolle aber Sie zwingen mich, meinen Schwur zu brechen. Haben