Händen zu übernehmen, zu verwalten und zu mehren. Seit einem vollen Menſchenalter und länger befindet ſich unſer Volk auf dem mächtig aufſteigenden Aſte ſeiner Entwickelung. Man ſollte nun logiſcher Weiſe annehmen, daß die Deutſchen in ihrer Geſamtheit Aug' und Herz dem Ver⸗ ſtändniß ihres Glückes weit geöffnet hätten und Hinſcheiden der Bahnbrecher des Einigungswerkes einen Kaiſer und eine Fürſtengeneration beſchieden hat, in deren Obhut die höchſten Güter des Vaterlandes ſicher anfgehoben ſind. Aber was ſehen wir? Wir ſehen die Hydra der Partei⸗ Hungen herausfordernder denn je ihr Haupt er⸗ heben. Wir ſehen eine Oppoſition, welche weder ſchöpferiſche Gedanken, noch erhabene Ziele be⸗ ſſitzt, ſondern die nur von der Abneigung gegen Aunſere jetzigen öffentlichen Zuſtände und deren Entwickelungstendenz getragen wird; eine Oppo⸗ ſition, welche, weil ſie ſelber ebenſo kraft⸗ wie verdienſtlos iſt, auch bei anderen jede kraftvolle Regung, jedes verdienſtvolle Wirken haßt, ver⸗ folgt und im Keime zu erſticken ſucht. Wir ſehen eine Partei an der Arbeit, welche, weil ſie ſelbſt keine Freude am Vaterlande empfindet, auch im Volke keine Freude am Vaterlande dulden mag und, wo fie noch Spuren ſolcher Freude wahrzu⸗ nehmen meint, ſie durch alle erdenklichen Kunſt⸗ griffe demagogiſcher Gewiſſenloſſigkeit in ihr Gegen⸗ theil verkehren möchte. Der Erbfehler, an dem unſer Volk nun ſchon ſeit zwei Jahrtausenden krankt, daß es keine ſtarke Hand in der Leitung ſeiner Geſchicke vertragen kann, und wenn es dieſelben auf die höchſten Höhen nationaler Macht und nationalen Gedeihens führte — dieſer Erb⸗ fehler zieht ſich auch heute noch gleich einem rothen Faden durch alles Reden und Thun ein⸗ zelner unſerer Oppoſitionsparteien. Iſt es denn für das deutſche Volk ſo ganz und gar unmöglich, ohne dieſen Erbfehler individueller Auflehnung gegen einen ſtarken Willen, der ſelbſt auf das Ganze gerichtet, auch die Volksſeele, von den Kirchthurmsintereſſen ab⸗ und auf das nationale Geſammtintereſſe lenken möchte, auszukommen? Soll Kaiſer Wilhelms II. Mahnung an die Parteien, über ſich ſelber nicht das Vaterland zu vergeſſen und ihrer zügelloſen Kritik Feſſeln an⸗ zulegen, in den Wind geſprochen ſein? Und doch hätte unſer Volk, im Hinblick auf die ſeiner im neuen Jahrhundert harrenden Probleme, dringen⸗ das Schickſal prieſen, welches ihnen nach dem lich um Kaiſer und Reich zu ſchaaren. den Grund, ſich ſo eng und vertrauend als mög⸗ Möchte es endlich die oppoſitionellen Scheuklappen von ſich werfen und ſeine wahren Freunde auf Kaiſer⸗ und Fürſtenthron erkennen lernen! Politiſches. Berlin, 27. Dez. Der „Lok. Anz.“ iſt in der Lage, den weſentlichen Inhalt des zwiſchen Deutſchland und England abgeſchloſſenen geheimen Vertrages mittheilen zu können, welcher wie das Blatt ſagt, abgeſchloſſen wurde, um zu verhindern, daß Frankreich, Rußland oder andere Mächte gegen die Beſitzergreifung der Delagoa-Bucht durch die Engländer Einſpruch erheben. Im kommenden Frühjahr findet in Portugal der gleiche „Ausverkauf“ in Colonien ſtatt, den Spanien in dieſem Jahre ſo erfolg⸗ reich in Scene geſetzt hat. Der afrikaniſche Be⸗ ſitz Portugals ſoll an Eygland fallen der aſi⸗ atiſche an Deutſchland. Es handelt ſich um folgende fünf Gebiete: Timor, Goa, Damas, Macao und Diu. Außer dieſen Beſitzungen in Aſien ſoll noch ein Candſtrich in Afrika nördlich des Sambeſi an Deutſchland abgetreten werden mit Ausnahme eines Streifens von drei Meilen, welchen ſich Cecil Rhodes für ſeine Eiſenbahn ausbedungen hat. Der von Deutſch⸗ land zu zahlende Preis beläuft ſich auf rund 25 Millionen Mark. Verſchiedenes Ladenburg, 28. Dez. Ihre König⸗ liche Hoheſt die Großherzogin hat der Hebamme Marie Bauer hier für mehr als 25jährige treue Erfüllung ihres Berufes eine ſilberne Medaille verliehen, welche derſelben durch den Großh. Herrn Bezirksarzt überreicht wurde. — Heidelberg, 28. Dez. Eine allgemeine Dozentenverſammlung, welche geſtern unter dem Vorſitz des Prorektors Herrn Prof. Dr. Oſthoff in der Aula tagte, beſchloß die Einführung ſog. akademiſcher Abende zur Pflege des geſelligen Lebens im Kreiſe der Univerſität. An anderen Hochſchulen beſtehen bereits ähnliche Einrichtungen. — Karlsruhe, 27. Dez. Heute morgen ſtürzte ein Kaufmann Namens Koch aus Hamburg, etwa 30 Jahre alt, ſo unglücklich von der Treppe ſeiner Wohnung, daß er ſofort tot war. f ſie ſelbſt ſchreiben. Wollen Sie nicht, Fräulein Dering? Sie verſprachen es mir.“ a „Ich werde mein Wort halten,“ ſagte Helene ruhig. „Das iſt recht — das iſt freundlich,“ perte Paulo weiter; „wir wollen nun gehen. H Du das Kind ſicher im Arm?“ „ „Ja, natürlich.“ . „Mir ſieht's aus, als ob Du's fallen würdeſt,“ brummte Paulo halb vorwurfsvoll. alt iſt es?“ „Elf Monate.“ „Sonderbar, zu denken, daß dieſer Wurm da 8 ſuchte, ſo war dies, nach Paulos Anſicht, nur eine iſt und mir gehört. Nicht halb ſo verlaſſen fühle ich mich jetzt. Aber Du biſt ſehr gut, Fanny, für mich ſorgen zu wollen. Ich dachte ſtets, Du ſeiſt von guter Art,“ fügte er ſchmeichelnd bei. „Ich danke Ihnen, Fräulein Dering, für Alles. Gott ſegne Sie! Etwas Beſſeres kann ich nicht ſagen.“ „Und ſo verließ dies ſeltſame, unliebenswür⸗ dige Paar durch die Glasthüre das Haus. Von keiner Seite war viel Theilnahme oder Rührung hervorgetreten bei dieſer unerwarteten Begegnung aber Paulo war dankbar und Frau Baretti ent⸗ ſchloſſen, endlich ihre Pflicht zu thun und ihren Gatten bis zum Ende treulich zu verpflegen. 51. Kapitel. „Die Doktoren hatten Paulo Barettis Fall ſehr richtig beurtheilt; das Daſein des elenden Verhrechers zählte nur noch nach Tagen. Das Leben auf der Galeere war ihm ſchlecht bekommen und war zu raſch einem Leben voller Ausſchweif⸗ ungen und Laſter gefolgt, um nicht ſeine natürliche Wirkung auszuüben. Paulo behauptete bis zu ſeiner letzten Stunde, daß er ſchlecht behandelt und auf jede Weiſe dem Tode nahe gebracht worden ſei. Sein wildes, unbändiges Betragen, ſeine Gatten vor den Augen ſeiner etwaigen Verfolger chen Tod zur Folge haben. ſogar, Paulo mit dieſer Verſicherung zu — Pforzheim, 27. Dez. Am erſten Feſttag wurde der ledige Gärtner Karl Bott v hier in Gegenwart ſeiner Eltern und Geſchw von dem Taglöhner Friedrich Dürr aus Li nach einem Streit erſtochen. Bei war nachmittags Kindtaufe; zur Nachfeier ging die ganze Familie in di⸗ nahegelegene Wirth⸗ ſchaft, wo nicht ohne Schuld des Erſtochenen der Streit entſtand. Der total betrunkenene Thäter wurde verhaftet. — Geſtern nachmittag nahm ein Dienſtmädchen Namens Knodel Gift; ein raſch herbeigerufener Arzt gab jedoch der jungen Selbſtmörderin ein Gegenmittel, f f dieſelhe wohl am Leben bleiben wird. Der Grund des Selbſtmordverſuchs ſoll darin liegen, daß die Eltern des Mädchens ein Liebes verhältnis des⸗ ſelben nicht dulden wollten. N — Lampertheim, traurige Schießaffaire ſetzt heute die Bewohner unſeres Ortes in Aufregung. Der 17jährige Kronauer ſchoß geſtern Nacht um halb 11 Uhr den 16jährigen, als braven Menſchen bekannten Joſeph Kuhn, Sohn des Maklers Franz Kuhn, auf offener Straße vor dem Hauſe des Kaufmanns Oppenheimer durch die Bruſt. Der Toäter wurde aus dem Kleiderſchrank in ſeiner Wohnung her⸗ vorgeholt, wohin ihn ſeine Mutter verſteckt hatt Der Bedauernswerthe, dem die Kugel 25 cm tief durch die Lungen drang, liegt im Sterben. gerichtliche Unterſuchung wird Aufſchluß über Urſachen dieſer Unthat geben. 5 — Virnheim, 27. Dez. In vergangener Nacht geriethen vor der Wirthſchaft zum „Löwen“ einige junge Burſchen mit einander in Wort- wechſel, der dahin ausartete, daß der Maurer Adam Sommer dem ledigen Michael Kempf einen Stich verſetzte, der die Halsſchlagader traf, Kempf ſtürzte zuſammen und iſt in Folge des enormen Blutverluſtes heute früh geſtorben. Der Thäter wurde alsbald von der Gensdarmerie in Haft genommen. 27. Dez. Eine D die Alle Exemplare unſerer heutigen Ausgabe enthalten einen Proſpect über die „Kurmeiſode Waidhaas“, die bei Aſthma, Bruſtleiden, Athem⸗ noth, Lungenbluten und Magenleiden laut den Atteſten von Aerzten und Privatperſonen, ſich vorzüglich bewährt hat. a beſtändige Widerſetzlichkeit gegen die beſtehenden Regeln hatten ihm manche beſondere Strafe, manche Entziehung kleiner Vergüuſtigungen zugezogen, und ſein ohnehin nicht kräftiger Körper brach raſcher zuſammen, als ſelbſt die Gefängnißärzte berechnet hatten. Man ſprach ſchon von ſeiner bevorſtehenden Auflöſung, als eine Gelegenheit zur Flucht ſich ihm bot, und obſchon man ganz Paris nach ihm durch⸗ Form, mit dem Entzweck, ſeinen Leichnam zu be⸗ graben. Paulo Baretti hatte einen organiſchen Fehler, und die Badegäſte von Barſtoft entſetzten ſich über den grünlich ausſehenden Mann, der in einem Fahrſtuhle am Strande erſchien. Frau Baretli machte keinen Verſuch, ihren zu verbergen; ſie war überzeugt, daß man ihn im Falle einer Entdeckung in Frieden ſterben laſſen würde, da der Barſtofter Doktor den Ausſpruch gethan, jede große Aufregung könne ſeinen plötzli⸗ Sie bemühte ſich tröſten; aber er fühlte ſich in ſeiner Stimmung durchaus nicht gehoben durch den Gedanken, daß er viel zu krank ſei, um arretirt und der franzöſiſchen Behörde ausgeliefert zu werden. Weit lieber hätte er er⸗ fahren, daß er bei einem ruhigen, friedlichen Leben, unter guter, ſorgfältiger Pflege wieder geneſen könne. Ein plötzliches Aufleben der Hoffnung thum, der ihn auf die Galeere gebracht, nicht ber⸗ geben haben ſollte, das brachte ihn in's Grab! — ein wildes Anklammern an das Leben — war an dieſem Manne gräßlich anzuſehen und von Aus⸗ brüchen troſtloſer Verzweiflung gefolgt. Er, der ſo verbrecheriſch mit dem Leben Anderer verfahren, war nun ſteter Sorge um ſein eigenes, zweckloſes Daſein. Wenn nur Tony kommen und ihm die Laſt von der Seele nehmen würde, die ihn verzehrte dann köunte es bald beſſer mit ihm we i f rden! Zu denken, daß der Junge ihm den einen großen Irr⸗ In ſeinem Fahrſtuhl zuſammengekauert, ein⸗ gehüllt in den farbigen Shawl ſeiner Frau, über deſſen viele Falten ſein häßlicher Kopf hervorlugte war er kein angenehmer Anblick für die Barſtofter Geſellſchaft. Aber es zog ihn immer wieder bis . an den Strand — dort war doch Ausſicht, da die friſche Briſe ſeinen Zuſtand beſſerte — und vielleicht kam auch Tony eines Tages über die See, Warum ſollte er auch ſchließlich nicht wieder geſund i werden können? dachte Paulo — er war kein alten Mann — hatte eine Bruſt wie ein junger Stier, und wenn auch die Aerzte ſagten, inwendig fei etwas nicht in Ordnung, wie konnten ſie zwi ſſen, wie er inwendig ausſah! Auf dieſe Weiſe redete Paulo, wenn er ge⸗ rade zum Sprechen aufgelegt war; aber ſeine Stimme klang ſchwach und pfeifend, und er mochte ſie nicht ſo häufig anſtrengen. Er zog es vor, in feinem Fahrſtuhl an das Ende des Hafendammes gebracht zu werden, um ſich im hellen Sonnenſcheine zu wärmen und auf Tony zu warten; Frau Barett, die ihren Poſten als Schildwache nie berlaſſen hatte, daß er in der Regel ungeſtört ſeinen Ge⸗ danken nachzuhängen wünſchte, und verhielt ſich ſchweigend. Hier ſaß er dann ſtundenlaug und ſtarrte auf die See hinans, nur ſelten von Fremden beläſtigt, denn dieſe verließen während der heißen Nachmittagsſtunden ihr Zimmer nicht. Manchmal brachte Frau Baretti auch ihr Kind mit in den Sonnenſchein heraus, und Paulo ließ ſich herab, von ihm Notiz zu nehmen, über es zu weinen und zu wünſchen, es ſei Tony, bis er wieder in ſein gewohntes Brüten zurückſank und ſeine augenblick⸗ liche Un ebung vergaß. 5 Fortſetzung folgt. 9 tec ac ετετιεαταεενντετιν ſolan G 2 „ e 4 2 K*