Für die Redaktion verantwortlich: Ka „ͤöͤũłĩ.ĩ rz Erſcheint jeden Dienſtag und Freitag Abend. Preis vierteljählich Mark 1.— mit illuſtrirtem Unter haltungsblatt Mark 1.40, frei ins Haus. M obi tor g und Umgegend. 1 Anzeigen: Die einſpaltige Corpuszeile oder deren 1 Raum 10 Pfg. Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeig Druck und Verlag von Karl Molitor, 1 41 6 Pfg., Reklamen 20 Pfg. a g Ladenburg. No. 100. Samstag, den 16. Dezember i 1899 Politiſches. Berlin, 12. Dez. Herr Prof Dr. Dietrich Schäfer, der hervorragende Gelehrte an der Heidelberger Univerſität, hielt am II. d. M. im Beethovenſaale der Philharmonie den dritten der von der „Freien Bereinigung für deutſche Flottenvorträge“ veranſtalteten Vorträge. Der hervorragende Geſchichtsforſcher erörterte die Frage: „Was lehrt uns die Geſchichte über die Bedeutung der Seemacht für Deutſchlands Gegenwart 7“ Er wies kurz auf die römiſche Weltmacht hin, die nur möglich war durch völlige Beherrſchung des Mittelmeeres. Er deutete dann an, wie dieſes Binnenmeer des römiſchen Keiches eine brennende Bedeutung ge⸗ wann nach dem Suſammenbruch der römiſchen Macht, und wie in dem Ringen der morgen⸗ ländiſch⸗muhamedaniſchen und abendländiſch⸗ chriſtlichen Kulturwelt ſeit dem 11. Jahrhundert die italieniſchen Städte emporſtiegen und durch die Entwicklung ihrer Seemacht zu glänzender Blüthe gelangten, Die eigentlichen Ausführungen des Kedners aber galten den nordeuropäiſchen und ozeaniſchen Gewäſſern, die ſeit Jahr⸗ hunderten und heute noch im Vordergrund der zahl 0 fülukz Aa. Kirchſtraz ſchicken aufs Engſte verknüpft ſind. Er zeigte, wie ſich in Nordeuropa ein ſelbſtändiges, vom Mittelmeertreiben völlig unabhängiges Ver⸗ kehrsleben entwickelte, wie Oſtſee eine bedeutende Kolle ſpielt und die Deutſchen ſeit ihrer großen colonialen Be— wegung nach Oſten hin in ihm eine leitende politlſche Emporſteigen der deutſchen Städte an Oſt⸗ und Nordſee über die benachbarten Skan— dinavier, Engländer und Franzoſen iſt in erſter Linie die politiſche Cage des Reiches anzuſehen, Ein Vaterherz. Roman in Originalbearbeitung nach dem Engliſchen bon Klara Rheinau. 70. Fortſetzung. (Nachdruck verboten.) Mit ihrer Geſchäftshaberin kam ſie nicht immer gut überein, aber ihre Heftigkeit war bald vorüber, wie Frau Green verſicherte und der Anblick ihres Kindes konnte ſie zu Thränen rühren und ſauft machen wie ein Lamm. Dieſe Frau Kelſey nun war es, welche an einem ſchönen Sommerabende Helene Dering aber— mals auf ihrer Villa überraſchte. Helene ſaß zur Dämmerſtunde an dem offenen Fenſter und blickte träumeriſch auf die dunkle See hinaus. Es war mente gel die meiſten Badegäſte hatten bereits ihre Wohnungen aufgeſucht; die Laternen auf den Straßen und an Violinen den Maſten der vor Anker liegenden Schiffe waren ervebelll 1 ſämmtlich angezündet und droben am Firmamente e bei beſtl e ſchimmerten friedlich die Sterne. 12 Da näherte ſich Frau Kelſey eiligen Schrittes techend 1 über Raſen und Blumenbeete hinaus, dem Hauſe füt Mule und ſtand dicht neben dem Fenſter, ehe die Träu⸗ wurde. Helene ſtieß einen „Guter Gott! — wer iſt merin ihrer anſichtig Schrei aus und rief; dies 2“ f „Erſchrecken Sie nicht, Fräulein,“ beruhigte Frau Kelſey, „ich gehe weg von hier und wollte Entwicklung ſtehen und mit Deutſchlands Ge⸗ in demſelben die Stellung gewannen. Als Grund für das handels⸗ ſehr ſtill da draußen; die Muſik war verſtummt, die den deutſchen Städten geſtattete, ihre ganze Kraft auf die Vertretung ihrer Handels⸗ und Erwerbsintereſſen zu richten, während ſich die Nach barvölker durch dynaſtiſche und territoriale Streitigkeiten gelähmt ſahen. So gelang es dem deutſchen Städtebund der Hanſa, im letzten Jahrhundert des Mittelalters die vornehmſte Handels macht Nordeuropas zu werden und nicht nur den eigenen Handel faſt völlig zu beherrſchen, ſondern auch vom Swiſchenhandel fremder Völker einen ſehr erheblichen Theil an ſich zu bringen⸗ 5 Dieſe Stellung ging verloren, als Frank⸗ reich und England, Dänemark und Schweden fich am Ende des Mittelalters zu feſten nationalen Staaten zuſammenſchloſſen, deren Dynaſtien in ihren Stellungen nicht mehr be⸗ ſtritten wurden. Bei der Serſplitterung des Reiches konnten die Städte an dieſem einen Kückhalt nicht finden, und ihre eigene Macht reichte nicht aus, der Gewalt mit Gewalt zu begegnen. An ihre Stelle traten die Nieder⸗ länder, zunächſt gedeckt durch Anſehen und Macht der ſpaniſchen Monarchie, der ſie an⸗ gehörten, dann durch die raſche Entwicklung ihrer eigenen maritimen Wehrkraft. Sie mußten aber bald den Engländern weichen, deren Navi⸗ gationsakte vor allem gegen ſie und ihren inter⸗ nationalen Swiſchenhandel gerichtet war. Die Abneigung der niederländiſchen Kaufherren, dauernd Opfer für ihre Kriegsflotte zu bringen, hatte für das Land die verhängnißvollſten Folgen. Im Laufe des 18. Jahrhunderts und im Verfolg der Kevolutions- ued napoleoniſchen Hriege haben ſich dann die Engländer mit rückſichtsloſer Thatkraft zum meerbeherrſchenden Volke emporgearbeitet, vor allem der Colonial⸗ und Handelskonkurrenz der Franzoſen für ab⸗ ſehbare Seiten ein Ende gemacht. Die Deutſchen, deren Strommündungen durch den 50jährigen Urieg in die hänoe der Fremden gerathen waren, und die mit Mühe in der Mitte Europas ihr Daſein behaupteten, ver⸗ mochten in dieſen Jahrhunderten zur See faſt nur noch als Lohnarbeiter der Fremden thätig zu ſein. Sie konnten auf dem Meere nur er⸗ ſcheinen, ſo weit ſie geduldet wurden, und ihre Heeſtädte wurden Geſchäftsplätze des Auslandes. Der Handel aber iſt in einem Maße der meer⸗ beherrſchenden Flagge gefolgt, daß ſelbſt die kühnſten Erwartungen Tromwells übertroffen wurden. Langſam haben die Deutſchen in unſerem Jahrhundert einen erfreulichen Ankeil am Weltverkehr zurückgewonnen und auch an⸗ gefangen, ihre nationale Zukunft durch kolonialen Beſitz nach Kräften zu ſichern. Das deutſche Volk würde die Erfahrungen der Geſchichte völlig in den Wind ſchlagen, wenn es ver⸗ ſäumen wollte, dafür zu ſorgen, daß die er⸗ rungene Stellung durch genügende Streitkräfte zur See gedeckt und ihre Weiterentwicklung ge⸗ ſichert wird. London, 13. Dez. Eine Depeſche des Generbls Lord Methuen vom 12. d. M. beſagt: „Am Sonntag beſchoß unſere Artillerie von 4 Uhr Nachmittags bis Abends die feindlichen Truppen, welche auf einem langgeſtreckten Hügel bei Magersfontain eine ſtarke Stellung innehatten. Eine Brigade Hochländer griff den Feind am Montag bei Tagesanbruch am ſüdlichen Ende ſeiner Stelluug an; der Angriff mißlang. Es traf dann ein Bataillon Garde ein, welches den Befehl erhielt, unſern rechten Flügel zu ſchützen. Die Hochländer griffen mit Artillerie und einer Hauditzenbatterie den linken, die Garde den rechten Flügel und das Centeug. der feindlichen Stellung an, während Artillerje ſie unterſtützte. Um 1½ Uhr am Montag Nachmittag trafen Hochländer Ihnen Lebewohl zu ſagen und Sie vor etwas zu warnen?“ „Sie gehen weg, wohin denn 2“ „Ich weiß es nicht — Niemand weiß es. Darf ich einen Augenblick hinein kommen?“ „Ja; kommen Sie.“ Frau Kelſey trat durch die Glasthüre ein, und Helene ſchloß das Fenſter, ohne die Blenden herab⸗ zulaſſen. Dann klingelte ſie nach Licht, und als die Lampe gebracht wurde, bemerkte ſie, daß Frau Kelſey eine Hutſchachtel vermittelſt einer Kordel an ihrem Finger befeſtigt trug und ihr Kind, warm eingehüllt, auf den Armen hielt. „Was ſoll dies plötzliche Weggehen bedeuten?“ fragte Helene. „O, ich fürchte mich, hier zu bleiben, ich hatte in der letzten Zeit viel Angſt und Sorge auszu⸗ ſtehen, und es kommt immer näher und näher jeden Tag.“ „Haben Sie wieder Streitigkeiten mit Frau Green gehabt?“ „Bewahre; Frau Green iſt keine ſo üble Perſon, und ſie wird es morgen erfahren, daß ich mich weggeſchlichen habe. Sie kaun ſchlafen, tief und ruhig, und ich kann es nicht.“ „Und Sie wiſſen ſelbſt nicht, wohin Sie nur gehen ?“ „Nein, nur fort von meinem Gatten, der aus⸗ gebrochen iſt; ich habe keinen Muth, dem gräß⸗ lichen Menſchen noch einmal vor die Augen zu kommen.“ „Ausgebrochen! Was meinen Sie damit?“ „Ich war ſchon eine halbe Meile vor der Stadt entfernt, als ich dachte, ich wollte doch um⸗ kehren und Ihnen nach meiner Weiſe noch einmal für Alles danken, was Sie an mir gethan,“ fuhr Frau Kelſey fort. i „Aber wo war ihr Gatte ſeither ?“ 1 8 „Im Gefängniß, Fräulein. Schon vor einem Monate iſt er durchgebrannt, und ich erfuhr es durch einen ſonderbaren Zufall, wie ich Ihnen erzählen will, wenn es Sie intereſſirt.“ Frau Kelſey erzählte weiter: „Nun hat mein Gatte ſich aber heimlich bis nach Wolſton durch⸗ gebracht, gerade als ob er wüßte, daß ich hier ſei.“ „Ja, ja, ſagte Helene mit begreiflicher Unge⸗ duld; „doch was geht mich dieſer Mann an 2 Warum ſollten Sie vor ihm mich warnen müſſen?“ „Wenn Sie erlauben, Fräulein, ſein Name iſt Barett! — Paulo Baretti — der Mann — der Mann, der Elſie Nord wegbrachte und — wie die ſranzöſiſchen Blätter ſchreiben mehr ein Teufel als ein Menſch geworden iſt; obſchon er das auch früher ſchon war,“ fügte die Frau nach⸗ denklich bei. „Ja, er war ein Teufel, Fräulein.“ „Paulo Baretti — Ihr Gatte!“ rief Helene. „Warum haben Sie mich die ganze Zeit her zu täuſchen geſucht?“ „Sogleich will ich es erzählen, Fräulein. Ich