Ladenburg. Anzeiger für Ladenbur Erſcheint jeden Dienſtag und Freitag Abend. Preis vierteljählich Mark 1.— mit illuſtrirtem Unter⸗ haltungsblatt Mark 1.40, frei ins Haus. Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Raum eee g und Umgegend. 5 5 N Anzeigen: Die einſpaltige Corpuszeile oder deren Druck und Verlag von Karl Molitor, 10 Pfg. Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg., Reklamen 20 Pfg. Ladenburg. Politiſches. Berlin, 30. Okt. Die zur Seit in der politiſchen Tages dis cuſſion vorherrſchende neue Flottenfrage hat auch wieder die ſchier unver⸗ meidlichen Criſisgerüchte gezeitigt. Dieſelben erſcheinen indeſſen durchaus unbegründet, vor Allem läßt ſich nicht gut einſehen, weſſen Stellung durch die aufgetauchten neuen Flottenpläne eigentlich erſchüttert werden ſein ſollte, ob diejenige des Keichskanzlers Fürſten Hohenlohe oder jene des Marineſtaats ſekretärs Admiral Tirpitz. Was die einiges Aufſehen erregende Berufung des Chefs des Marine⸗ reſſorts nach Ciebenberg zum Uaiſer anbelangt ſe verſichert die „Nat. Stg.“ es habe ſich hierbei nur am den regelmäßigen Monatsvor⸗ rag des Admirals Tirpitz beim Maiſer ge⸗ handelt, was freilich nicht ausſchließt, daß der Monarch auf Grund dieſes Liebenberger Vor⸗ trages des Staatsſekretärs des Reichsmarine⸗ amtes Entſchließungen hinſichtlich der in der Luft ſchwebenden Flottenvorlage gefaßt hat. Hoffentlich wird dieſelbe ſobald wie möglich dem Reichstage unterbreitet und hier⸗ mit öffentlich bekannt gegeben, denn die Uennt⸗ liß der Vorlage ſelbſt würde erſt die richtige Grundlage zur Beurtheilung der ſignaliſirten weiteren Verſtärkung unſerer Kriegsflotte gewähren, wozu die bisherigen Mittheilungen von Berliner officiöſer Seite über die Haupt⸗ züge des geplanten Flottengeſetzes genügen. Paris, 51. Gkt. Frankreich muß eine neue coloniale Hiobspoſt verzeichnen, die ſich leider beſtätigt, im Gegenſatz von der falſchen Nachricht von der angeblichen Niedermetzelung der Expedition Foureau „Lanny ſeitens der Cuarog. Nach einer im Pariſer Colonial⸗ amt eingegangenen amtlichen Meldung iſt eine menen. franzöſiſche Truppenabtheilung von 27 Senegal⸗ ſchützen mit dem Adminiſtrator Bretonennt, ſowie dem Leutnant Braun uad dem Ser geanten Martin an der Spitze in einem Hampfe mit dem Sultan Rabah von Bag⸗ hirmi, der eine Streitmacht von 7000 bis 8000 Mann befehligte, niedergemetzelt worden. Nur ein ſenegaliſcher Sergeant entkam; hatte auch Rabah große Verluſte, zugleich wird bekannt, daß der franzöſiſche Afrikareiſende Behagl, der ſich in der Gefangenſchaft des Sultans Rabah befand, dem Hungertode er⸗ legen ſei. — In Algier fand zu Ehren des Prinzen Waldemar von Dänemark, der dort an Bord eines ruſſiſchen Torpedobotes, einge⸗ troffen iſt, ein vom Generalgouverneur Caferniere veranſtaltetes großes Feſtmahl N ſtatt. Bei demſelben brachte Cafer⸗ niere einen Trinkſpruch auf Mönig Chriſtian, Prinz und Prinzeſſin Waldemar und auf das ruſſiſche Kaiſerpaar aus. Der Prinz erwiederte mit einem Toaſt auf den Präſidenten Loubet. London, 1. Nov. Eine ſchwerwiegende Hiobspoſt iſt für die Engländer aus Südafrika eingegangen, diejenigen von der Capitulation einer 2000 Mann ſtarken Truppenabtheilung von den Boern bei den am 50. Oktober ſtatt— gefundenen Kämpfen vor Ladyſmith. Die Colonne war von General White ausgeſandt worden, um einen Vorſtoß gegen den die Engländer hart bedrängenden Feind zu unternehmen, viel⸗ leicht iſt aber auch Geueral Withe auch auf eine Hriegsliſt der Boern hereingefallen wie eine Depeſche aus Cadyſmith andeuted, denn der im Verlaufe des Gefechts veranſtaltete Kück⸗ g zug der Boern ſoll lediglich den Zweck gehabt haben, die Truppen Withe's von dem befeſtig⸗ ten engliſchen Lager herauszulocken und ſie nach der hügeliſchen Umgegend hineinzuziehen. Ein Vaterherz. Roman in Originalkearbeitung nach dem Eugliſchen von Klara Rheinau. 60. Fortſetzung. (Nachdruck verboten.) „Ja — ja — wir wollen nie mehr aus⸗ gehen,“ ſagte Elſie, ihre farbige Wolle wieder durcheinander wirrend, „bis mein lieber Vater kommt, um mich abzuholen, ich freue mich ſehr auf dieſen Tag.“ „Es ſcheint ſo, Elſie. Aber es iſt ziemlich Undankbar, nachdem ich ſo gut für Sie geſorgt,“ bemerkte ihr ungeſetzlicher Vormund. Elſie verſank wieder in Sinnen, und als Ba⸗ kekti es müde wurde, dem Spiel ihrer Finger zu⸗ Auſehen, leerte er ſein Glas und ſchlief ein. In der übelſten Laune erwachte er etwa zwei Stunden ſpäter und ſprang auf. „Das halte ich nicht mehr länger aus!“ rief er. „Ich muß hinaus. In dieſem Loch eingeſpercht, erſticke ich.“ 5 Es iſt ſchon ſpät,“ bemerkte Frau Baretti, die ihm ſchon eine Weile gegenübergeſeſſen und ihn bei ſeinem Erwachen durch die Schärfe, mit 5 ſie ihn betrachtete, anfangs verwirrt gemacht atle. „Es iſt zu ſpät und zu dunkel, als daß mich lch Jemand ſehen würde, jetzt um zehn Uhr des Abends. Außerdem —“ „Johnſon, zum Teufel!“ verbeſſerte Paulo wüthend, „Johnſon, alias Baretti — aber für den Augenblick Johnſon. Außerdem habe ich einen Freund auf dem Boulevard des Italiens aufzuſuchen.“ „Du meinſt doch nicht —“ „Bekümmere Dich nicht darum, was ich meine. Wo iſt der Brandy — wo iſt Elſie Nord?“ „Sie iſt auf ihrem Zimmer; ich blickte eben hinein und fand ſie vor ihrem Lager auf den Knieen. Ich denke, es iſt Zeit, daß wir der Sache ein Ende machen und ſie ausliefern.“ „Biſt Du von Sinnen, Weib? Wo iſt der Brandy?“ ö Frau Baretti deutete nach dem Kaminſimſe, in demſelben Augenblicke, da er ſie bei der Schulter packte mit einer Heftigkeit, die ihr einen Schrei erpreßte. a 15 1 „Ah, da iſt er,“ ſagte Paulo, diesmal gleich die Flaſche an die Lippen ſetzend. „Das iſt gut! Sie ausliefern, ha, ha! und noch dazu dem Men⸗ ſchen, der mich einſt zwölf Monate ins Gefängniß brachte! Habe ich Dir dies ſchon erzählt?“ 5 „Ja, ſchon fünfzig Mal. Ich mag es nicht noch einmal hören. Ich bin Deiner Geſchichten müde, wie Deiner ſelbſt,“ ſagte Frau Baretti, ihre Schulter mit der Hand reibend. Faſt hatte es den Anſchein, als ob Frau Baretti ihren Gatten herausfordern wolle, denn ſie kannte ſein heftiges f Temperament aus langer Erfahrung und hätte „Außerdem was, Baretti?“ wiſſen müſſen, daß ſie ihn mit ihren trotzigen, ver⸗ Famstag, den 4. November doch beeinfluſſen. aufrecht zu erhalten. erſcheint ſehr unglaubwürdig. ächtlichen Worten hinter ihm in's Schloß. eee Wie dem aber auch ſein mag ſo kann de Derluſt dieſer 2000 Mann die gefährdete Lage der engliſchen Truppenmacht i mith nur noch verſchärfen, N den ſonſtigen Folgen, welche dieſe militäriſch Hataſtrophe der Engländer vielleicht noch nach ſich ziehen wird. Wie die erwähnte Depeſch weiter beſagt, umſchließen die Boern wiede die engliſche Stellung, ſie eröffneten mit ihren ſchweren Geſchützen, von denen man glaubte daß ſie demontirt worden ſeien, am Aben des 50. Oktober erneut das Feuer auf die Stadt. Die Lage — ſchließt die Meldung — flößt Beſorgnis ein. In London und in gan England hat die Unglücks botſchaft von Cady⸗ ſmith ungeheuere Erregung hervorgerufen. Die Londoner Abendblätter vom Dienstag geben ihrem Schmerz über das Waffenunglück be Ladyſmith Ausdruck, erklären jedoch, daſſelbe könne das Endergebnis des Krieges nicht weiter England ſei entſchloſſen, ſeine Oberherrſchaft in Südafrika um jeden Preis Unterdeſſen iſt Sir Rend⸗ vers Buller, der engliſche Höchſtkommandirende ſür Südafrika in Kapſtadt gelandet; das Ge⸗ rücht, Buller ſei beim Landen erſchoffen worden, Verſchiedenes Ladenburg, 31. Okt. In der heute im Gaſthaus zur Krone hier ſtattgehabten Wirte⸗ verſammlung wurde beſchloſſen ein Wirteverein hier zu gründen. Sämmtliche Anweſenden ver⸗ pflichteten ſich dem Verein ſofort beizutreten. Ladenburg, 2. Novbr. Wie wir ver⸗ nehmen, legt der Kommandant der freiwilligen Feuerwehr, Herr Louis Höfer, ſein Kommando nieder. Dies iſt im Intereſſe der Sache zu be⸗ dauern, denn es muß allgemein anerkannt werden. auf's Aeußerſte reizen würde. Hatte ſie dies beabſichtigt, ſo war es zu ihrem eigenen Schaden ihr gelungen. Eine Sekunde ſpäter lag ſie auf dem Boden, mit dem Kopfe auf dem eiſernen Feuergitter, und Paulo ſtand wie ein Dämon blauroth vor Wuth, daneben. An allen Gliedern zitternd trat Elſie ein. „Was iſt vorgefallen?“ fragte ſie ängſtlich. „Sehen Sie nach dieſer Närrin, Mädchen,“ rief Paulo. „Sprengen Sie ihr doch Waſſer in's Geſicht — ſchütten Sie die ganze Flaſche über ſie — thun Sie irgend etwas. Ich gehe aus.“ Er verließ das Zimmer, und die Thüre fiel dröhnend Als er gegangen war, ſchien ſich Elſie ſehr klar der erhaltenen Anweiſ⸗ ung bewußt zu werden, denn ſie neigte ſich mit dem Waſſerglas über Frau Baretti und erhob ihren Kopf ein wenig. „O, laſſen Sie mich in Ruhe!“ ſagte dieſe matt. „Ich erhole mich ſchon wieder. Sie können mir nicht helfen, ſagte dieſe ſehr erregt,“.“ Sie ſtieß Elſie in barſcher Weiſe von ſich und kauerte auf dem Kaminteppich, ſtumpf vor ſich hinbrütend. „Ich glaube, das war der letzte Tropfen, der den Eimer überlaufen machte,“ murmelte ſie. „Ich ſagte, ich würde mich an ihm rächen, wenn er mich noch einmal ſchlüge — und ich will es thun. Ein ſo elendes Geſchöpf iſt des Lebens nicht werth.“ Sie blickte jetzt auf Elſie, als ob ſie eine Antwort von ihr erwarte, aber das arme Kind betrachtete ſie nur