eee ja alles nur Maske und Verſtellu geſpannt zuhörenden ſtattlichen Verſammlung aus: In ſeiner Etatsrede im Reichstag habe er vor Allem ein poſitives ſozialpolitiſches Programm entwickeln wollen. Er ſtehe auch heute noch auf dem Standpunkt, daß die vielen Arbeiter, welche in der letzten Wahl ſozialdemokratiſche Stimm⸗ zettel abgegeben haben, nicht ſämmtlich der nationalen Sache verloren ſind, ſondern zu ihr wieder zurückkehren werden. Hierzu ſei aber eine intenſive ſozialpolitiſche Arbeit nothwendig. Die nationalliberale Partei müſſe durch Thaten be⸗ weiſen, daß ſie nicht eine Vertreterin des großen Unternehmerthums iſt, ſondern die Intereſſen der Geſammtheit und vor Allem auch diejenigen der Arbeiter und des Mittelſtandes wahren will. Der Eindruck, welchen die neukonſtituirte Reichs⸗ tagsfraktion gemacht habe, ſei ein durchaus er⸗ freulicher. Große Veränderungen ſind in der Vertretung der nationalliberalen Partei im Reichs⸗ tage vor ſich gegangen. Von den 48 Mitgliedern der jetzigen Reichstagsfraktion haben nur 15 ſchon ſeither dem deutſchen Volksparlament angehört, 33 Herren ſind vollſtändig neue Mitglieder. In dieſen 33 neuen Herren habe die nationalliberale Fraktion ein großes Kapital von Intelligenz und wirthſchaftlicher Einſicht erhalten, erfüllt von dem Beſtreben, poſitive Arbeit zu leiſten und zu einem vernünftigen Ausgleich auf allen Gebieten des wirthſchaftlichen Lebens zu kommen. Die Geſtaltung der politiſchen Dinge in Deutſchland bilde einen großen Triumph für die nationalliberale Partei, wenn dieſelbe gegenüber früheren Zeiten auch kleiner an Zahl geworden ſei. Die heutige Haltung des Centrums zeige, daß eine Partei nur Beſtand und Einfluß hat, wenn ſie Ver⸗ ſtändniß beſitzt für die großen nationalen Aufgaben. Wem heute dieſes Verſtändniß noch nicht aufge⸗ gangen iſt angeſichts der politiſchen Konſtellation, wer heute angeſichts der Vorgänge in Oeſterreich⸗ Ungarn noch nicht begreift, daß das deutſche Volk auf eigenen Füßen ſtehen muß und deshalb für ſein Heer und ſeine Flotte keine Opfer ſcheuen darf, der iſt als Politiker überhaupt verloren. Heute find das, was die nationalliberale Partei erſtrebt hat, die leitenden Geſchichtspunkte der Majorität des Reichstags. Die großen edlen Ziele der national⸗ liberalen Partei haben ſich glänzend bewährt. Ueber die negative Parteien aber von Richter bis Bebel wird ſchließlich hie Weltgeſchichte hin⸗ wegſchreiten. l „ — A 1 e 5 — Karlsruhe, 16. Dez. Die Erbaung von 250 Einfamilienhäuſern plant der hiefige Mieter⸗ und Bauverein. Die Häuſer ſollen im Albthale oberhalb von Ettlingen erbaut werden und je drei Zimmer, Küche, Manſarden. Ver⸗ anda und Hausgarten umfaſſen. Die Bauſumme iſt auf 6100 M. für jedes Haus veranſchlagt. Die Mitglieder des Vereins ſollen die Häuſer ohne Anzahlung erhalten und nur jährliche Ab⸗ zahlungen von 300 Mark leiſten, ſo daß das Anweſen in 28 Jahren in ihrem Beſitz wäre. Die Baugelder ſollen durch Aufnahme von Ka⸗ pitalanlehen zu 3 Prozent bei wohlhabenden Bürgern aufgebracht werden. Das großherzoalich badiſche Fürſtenpaar hat ſich bereits mit 100 000 Mark an die Spitze der Zeichnungen geſtellt. — Karlsruhe, 19. Dez. Ein in der Schwimmſchulſtraße wohnender Handelsmann wurde am 15. d. Mts. Nachmittags 1 Uhr auf dem früheren Schützenhausplatz in der Kaiſerallee von einem etwa 20— 22 Jahre alten Burſchen gefragt, wie viel Uhr es ſei. Als der Gefragte ſeine Uhr herausgenommen hatte und nach der Zeit ſehen wollte, ergriff der Fragende die Uhr, riß ſie von der Kette los und verſchwand damit ſpurlos unter dem in der Kaiſerallee verkehrenden Publikum. — Baden⸗ Baden, 18. Dez. Die Kron⸗ prinzeſſin von Schweden und Norwegen iſt heute nachmittag hier eingetroffen. Der Großherzog und die Großherzogin von Baden ſind ihr bis Oos entgegengefahren, woſelbſt eine herzliche Be⸗ grüßung ſtattfand. — Bonn, 18. Dez. Vei der heutigen Einweihung der Rheinbrücke brachte der Erb⸗ großherzog von Baden im Namen der Ehrengäſte einen Trinkſpruch auf die Stadt Bonn aus. Der Erbgroßherzog gab aus eigener Anſchauung einen Rückblick auf die Verkehrsentwickelung am Rhein in den letzten 25 Jahren. Der Aufſchwung des Verkehrs und die Entwickelung von Handel und Induſtrie hätten die nothwendige Folge gehabt, daß eine Brücke über die andere vom Bodenſee bis zur Nordgrenze der Rheinprovinz gebaut wurde, um dem Verkehr gerecht zu werden. So ſei auch der langjährige Wunſch der Stadt Bonn jetzt in Erfüllung gegangen. Aus eigener Initia⸗ tive und mit eigenen Mitteln habe Bonn dieſen Bau geſtellt, einen ſtattlichen Bau, der ſich eben⸗ bürtig dem großen Kreiſe der Brücken ſtromauf⸗ und ſtromabwärts anſchließe, ein Zeichen deutſcher Induſtrie und deut gemeinnützigen Sinnes von Bonns Bürgerſchaft. So ſei heute dieſer Tag ein wahrer Ehrentag für Bonn. Er, als kommandirender General des 8. Armeekorps, möchte hinzufügen, daß die bisherigen guten Beziehungen zwiſcheu Garniſon und Bürgerſchaft fortbeſtehen möchten. Die er⸗ freuliche Entwickelung der Stadt Bonn habe er ſeit zwanzig Jahren verfolgt, ſeitdem er als akademiſcher Bürger Bonn angehört habe. Oft habe er eingeſtimmt in den Ruf: „Hoch, Bonna ſoll leben!“; um ſo größere Freude mache es ihm, heute auf das Blühen und Gedeihen der Stadt Bonn ſein Glas zu leeren. Dröhnender Beifall ſolgte dieſen herzlichen Worten. 8 — Oeregrund, 17. Dez. Der Dampfer „Saga“ iſt heute mit der Mannſchaft des deutſchen Dampfers „Nord,“ der in der Nacht von Mittwoch auf Donnerſtag ungefähr zwei engliſchen Meilen nördlich von Underſted geſtrandet war, hier ein⸗ getroffen. Die Schiffbrüchigen waren nach zwei⸗ einhalbtägigem Aufenthalt auf einer öden Klippe bei 15 Grad Kälte äußerſt angegriffen. 7 oder 8 Mann müſſen ſich wahrſcheinlich einer Ampu⸗ tation der Beine unterziehen, weil dieſe erfroren ſind. Die „Saga“ reiſt heute Abend mit den Schiffbrüchigen nach Glefe ab. Vorläufig wird den Schiffbrüchigen von dem hieſigen Stadtphy⸗ ſikus die ärztliche Hilfe geleiſtet. — Von der Poſtbeförderung ausge⸗ ſchloſſene Anſichtskarte n. Beſonderes Intereſſe erwecken im Winter, namentlich während der Weihnachts⸗ und Neujahrszeit, Anſichtskarten mit Winterlandſchaften, auf welchen der Schnee durch Glas⸗, Glimmer⸗, oder Celluloidſplitter dargeſtellt wird. Wir machen darauf aufmerkſam, daß ſolche Karten von den Poſtanſtalten offen nicht befördert werden, weil ſie leicht Verletzungen an den Händen des Poſtperſonals verurſachen, die u. A. Blutvergiftungen zur Folge haben können. Als Druckſachen gelten vom 1. Januar 1899 ab auch Albums mit Photographien. Ferner iſt die Verſendung von gedruckten Viſitenkarten, denen Glückwünſche, Dankſagungen u. ſ. w. von höchſtens fünf Worten beigefügt ſind, gegen die gewöhnliche Druckſachentaxe desgleichen die Ver⸗ ſchickung von Weihnachts⸗ und Neujahrskart en mit handſchriftlichen Widmungen fernerhin geſtattet. von Bieberſtein,“ unterbrach die junge Frau ihn ſchroff, „ſie iſt für mich völlig tot und wird nicht mehr aufleben, das können Sie verſichert ſein.“ „Nora, wenn Sie wüßten, daß ihre Worte meine Seele ſoie Geißelhiebe verwunden —“ „Herr Hauptmann, muß ich Ihnen denn immer wieder die Stellung markieren, die Sie einer ver⸗ heiratheten Frau gegenüber einzunehmen haben?“ „Meine gnädige Frau, Sie haben zu befeh⸗ len,“ erwiederte er ſpöttiſch, „freilich bewundre ich die konſequente Selbſtbeherrſchung, womit Sie die Maske einer — liebenden Gattin feſthalten, denn ich weiß durch ihre Frau Mutter, daß Ihr Herz anders denkt, als Ihr Mund ſpricht.“ „Meine Mutter! Großer Gott, Herr Haupt⸗ mann, was wollen Sie damit ſagen?“ Nora war tief erblaßt, ſie zitterte wie Eſpen⸗ laub und bemerkte nicht,! daß ihr eine hohe, dunkle Geſtalt entgegen kam; als plötzlich ihres Gatten ernſte Stimme ihr Ohr traf, entrang ſich ihrer Bruſt ein halb ſchluchzender Ausruf und ſie ſtreckte ihm beide Arm entgegen. „Wie gut, Albrecht, daß Du kommſt,“ rief ſie tonlos, „ich habe Dich ſchon lange erwartet.“ Van der Huylen fühlte wohl, die kleine Hand zitterte, welche ſich auf ſeinen Arm lehnte, er hörte die angſtvolle Stimme, aber dennoch flüſterte der Dämon der Eiferſucht in ſeiner Seele ihm zu: „Sie haben ſich getroffen und erſchrack über Dein Kommen. Sie liebt ihn, denn er iſt ihr ebenbürtig und Du biſt nur ein bürgerlicher Kaufmann, dem das hochgeborne Fräulein ihren Jugendtraum opferte, weil er Gold beſaß!“ Auffallend kühl war denn auch der Ton ſeiner Stimme, als er anwortete, er ſah nicht den bitten⸗ den Blick ſeines jungen Weibes, wollte nicht be⸗ merken, wie ſie ſich an ihn anklammerte — es war das Glück! welches ihm in den letzten Wochen aus der Tiefe der Rehaugen entgegengeleuchtet, ſank zurück in unerreichbare Fernen. Vor dem Senatorenhauſe trennte man ſich, Lothar brachte Gertrud nach Hauſe und Bieberſtein ging der Stadt zu; in dem hell erleuchteten Haus⸗ flur ſtand Nora ſtill, blickte ſchüchtern zu ihrem Gatten auf und fragte: Biſt Du mir bbſe, Albrecht?“ „Böſe!“ antwortete er voll Bitterkeit, „oh nein, Kind, das konnte ich niemals; Du thuſt mir nur ſo unſäglich leid, daß man Dich damals aus dem Jugendtraum aufrüttelte, um Dich neben an den Altar zu ſtellen; Aber, Nora, Du biſt es nicht allein, die kämpfen muß — auch ich habe furchtbar zu ringen — mit meinem eignen heißen Herzen!“ Er war verſchwunden, ſprachlos ſtarrte ihm die junge Frau nach, die Hand auf das Herz ge⸗ preßt, welches jubeln wollte zu gleicher Zeit. Alſo er liebte ſie! Was hätte er ſonſt gemeint mit dem heißen Herzen und dem ſchweren Kampfe? Aber er glaubte, daß ſte für Bieberſtein eine Neigung beſäße, welche ſie bezwingen wollte, wie thöricht! Und dabei floh ſie den ehemaligen Ver⸗ ehrer, hielt ihn fern voll hochmüthiger Kälte und Schroffheit; ſollte auch hier die Mutter die Hand im Spiele haben? Nachdenklich betrat ſie ihr Boudouir, aber was war das? dort auf dem Toilettentiſch lag ein köſtliches Bouquet aus Kamelien und Maiglöckchen zuſammengeſtellt; haſtig griff Nora danach, ſte ſog den berauſchenden Duft ein und ihr Herz pochte ungeſtüm bei dem unheimlichen Gedanken: „Es iſt von Albrecht!“ Dann rief ſie die Jungfer herein und frug, auf die Blumen deutend: „Roſa, iſt das Bouquet en e ee Sie wagte das Mädchen dabei kaum anzusehen, dunkle Röthe färbte ihr Antlitz und die Stimme bebte, ſollte ihr Gatte wirklich der Geber dieſer holden Blumenkinder ſein ? „Ach nein, gnädige Frau,“ entgegnete jedoch Roſa ſchlau lächelnd, „vom Herrn Senator komen die Blüthen nicht; ein Militärburſche brachte ſie und behauptete, Frau van der Huylen habe ſie ſelbſt beſtellt. So lege ich ſie auf die Toilette.“ „In der That empörend,“ rief Nora mit blitzeunden Augen, „wer hat dte Dreiſtigkeit gehabt, mir ein Bouquet zu ſenden. Roſa, nimm es ſo⸗ gleich mit Dir und wage nie mehr, Blumen anzu⸗ nehmen ohne mich oder — den Senator vorher zu fragen.“ Das Mädchen ging kopfſchüttelnd und legte das duftende Sträußchen in eine Schale mit Waſſer. „Hm, ſonderbar,“ murmelte ſie, „die gnädige Frau iſt ſo böſe über die Blumen, ich würde mich an ihrer Stelle freuen und meinen Mann eifer⸗ ſüchtig zu machen ſuchen. Nun, ich will das Bouquet behalten, es iſt ſo wunderhübſch.“ In Thränen gebadet lag Nora während deſſen auf den Knieen im Boudoir. Sie ahnte von wem die Blumen kamen und die freche Aufdringlichkeit jenes Mannes empörte und ängſtigte ſie. Ach, es hätte nur einer einzigen offnen Bitte an Albrecht bedurft, die ganze Angelegenheit beizulegen, aber die junge Frau konnte das Wort nicht g ſprechen, ſo lange ſie ſah, daß er an ihr zweifelte. Hätte er nur hinein ſehen können in das Herz ſeines Weibes und ihre unſägliche Liebe dabei erkannt, gewiß hätte er ſie in die Arme genommen und nie mehr allein gelaſſen. chen Gewerbefleißes, ein Denkmal