als es bisher geſchehen, ins Leben zu rufen. Die Gewerbevereine werden durch Geltendmachung berechtigter Wünſche und Beſchwerden bei den maßgebenden Faktoren mit ihrem ganzen Einfluß eintreten für die Intereſſen ſowohl der ſich ihnen angliedernden Berufsverbände, als auch der vielen Handwerker, welche, den Zwang innungen und ähnlichen Verbänden abhold, durch ihren An⸗ ſchluß an die Gewerbevereine ſich doch die Rechte der korportirten Handwerker ſichern wollen. Endlich werden die Gewerbevereine wie ſeither in Belehrungen wie auch im Gedankenaustauſche zur Hebung und Förderung des Gewerbeſtandes beizutragen ſuchen. Politiſches. Berlin, 2. Dez. In der „Germania“ leſen wir: Ergreifend ſind die Einzelheiten, welche P. Norbert ſeinen Mitbrüdern von der Kaiſer⸗ reiſe erzählt hat. Der Kaiſer und die Kaiſerin verweilten in der engen Grabesgrotte, in der nur ein paar Menſchen Platz haben, mit einer ſolchen Andacht und Sammlung, daß alle, beſonders die türkiſchen Beamten, auf das tiefſte ergriffen waren. Als die Majeſtäten an die Stätte gekommen, auf der die Gottesmutter beim Kreuze des Heilands geſtanden und zur Mutter der Menſchen ernannt worden, lehnte ſich die Kaiſerin in ſtummer Be⸗ trachtung über den daſelbſt errichteten Altar, und Thränen ſtanden in ihren Augen, als ſie ihr Haupt wieder erhob. Mit großem Intereſſe betrachtete der Kaiſer den ihm von Pater Norbert gezeigten Riß im Kalvarienfelſen, welcher beim Tode des Heilandes entſtanden; „der geht wirklich gegen die Adern des Felſens“ äußerte er. In der Ge⸗ burtsgrotte zu Bethlehem nahm der Kaiſer, wie die „Fuldaer Ztg.“ hervorhebt, mit großer Theil⸗ nahme von Pater Nobert den Bericht über die bekannten Vorgänge, welche ſich daſelbſt vor einigen Jahren in der heiligen Nacht zugetragen, entgegen; „theilt mir doch — ſagte er — das in Zukunft mit, ich werde meine Deutſchen nicht im Stiche laſſen.“ — Die Kaiſerin erbat ſich von Pater Nobert einige Roſenkränze und andere Andenken. Daß dieſer Wuuſch in der beſten Weiſe erfüllt wurde, verſteht ſich von ſelbſt. Der Kaiſer und die Kaiſerin haben ſich im heiligen Lande als wahre Pilger verhalten und durch ihr überzeugt chriſtliches Weſen bei allen Reli⸗ gionen und Nationen den beſten Eindruck gemacht. Berlin, 4. Dez. Am heutigen Dienſtag Mittags 12 Uhr findet im hiſtoriſchen Weißen Saale des Berliner Reſidenzſchloſſes die feierliche Eröffnung des neugewähtten Reichstages durch den Kaiſer ſtatt. Man darf wohl erwarten, daß die Thronrede neben dem gewohnlen Ausblick auf die auswärtige Lage auch des Standes der inneren Deutſchen Angelegenheiten gedenken wird, wenn gleich noch dahingeſtellt bleiben muß, welche ſpeziellen Fragen und Vorgänge die kaiſerliche Kundgebung hierbei berühren wird. Natürlich wird es auch an einem Rückblick auf die Orient⸗ reiſe des Kaiſerpaares und an Andeutungen der von letzterer zu erhoffenden Ergebniſſe und Vor⸗ theile für Deutſchland nicht fehlen. Von Vor⸗ lagen wird der Reichstag bei ſeinem Zuſammen⸗ tritte bereits vorfinden den Etat, die neue Mi⸗ litairvorlage und vermutlich noch die Novelle zum Invaliditäts⸗ und Altersverſicherungsgeſetz. Der Inhalt aller drei Geſetzentwürfe iſt bereits bekannt geworden, allerdings immer nur bruchsſtücksweiſe, wie dies eben von Berliner offiziöſer Seite be⸗ liebt wurde. Was im Spezielen die neue Mili⸗ tairvorlage anbelangt, ſo zielt ſie in ihren Haupt⸗ punkten auf die Errichtung zweier neuen Armee⸗ korps, die aus dem 11. und 12. Corps, den beiden ſtärkſten Corps der deutſchen Armee zu bilden wären, auf die Errichtung beſonderer Tele⸗ graphentruppen und auf die weitere Erhöhung des Friedenspräſenzſtandes der Armee. Dagegen ſcheint die von manchen Seiten angekündigte Bil⸗ dung auch eines neuen bayriſchen Armeekorps dies⸗ mal noch nicht erfolgen zu ſollen. Jedenfalls werden dieſe militairſchen Neuforderungen der Regierung lebhafte Debatten im Reichstage ver⸗ anlaſſen. Verſchiedenes — Schriesheim, 5. Dez. Geſtern ver⸗ ſammelten ſich auf Einladung des Gewerbevereins Mannheim als Vorort des Pfalzgauverbandes eine große Anzahl hieſiger Gewerbetreibender und Freunde des Handwerks im Saale des „Deutſchen Hofes“ zwecks Gründung eines Gewerbevereins. Nach Vorträgen des Gauvorſitzenden Herrn Satt⸗ lermeiſter Aulbach und des Verbandsſekretärs Hauſer über das neue Handwerkergeſetz u. über Ziele und Zwecke der Gewerbevereine erklärten ſich 17 der Anweſenden durch Unterſchrift bereit, dem zu gründenden Verein beizutreten und be⸗ auftragten 5 der Unterzeichneten, die weiteren Schritte zu thun und baldigſt zur definitiven Wahl Vorſtandes Einladung ergehen zu laſſen. Hoffen wir, daß dann auch die noch fern Steh⸗ enden beigetreten ſind. Von Ladenburg war eine größere Zahl Mitglieder des dortigen Vereins erſchienen, desgleichen von Heddesheim. — Karlsruhe, 5. Dez. Geſtern Mittag 1 Uhr hat ein 17 Jahre alter hieſ. Schreibgehilfe einen hieſigen Baumaterialienhändler dadurch um den Betrag von 980 Mark betrogen, daß er demſelben einen gefälſchten Brief eines in Pforz⸗ heim anſäßigen Architekten übergab, in welchem der Architekt den Baumaterialienhändler erſuchte, den Ueberbringer des Briefes zur Begleichung einer Forderung den Betrag von 980 M' aus⸗ zuhändigen. Da der Baumaterialienhändler in Geſchäftsverbindung mit dem Architekten ſteht, hat derſelbe keinen Anſtand genommen, dem Schreiber das Geld zu verabfolgen. Als der Betrüger im Beſitze des Geldes war, verabredete er mit einem hier beſchäftigten Maronenverkäufer, heute früh gemeinſam mit dem Gelde von hier abzureiſen. Der Arbeitgeber des Maronenver⸗ käufers, welcher von dem Vorhaben der Beiden Kenntnis bekam, machte die Polizeiſtation am Mühlb. Thor auf dieſelben aufmerkſam wodurch es gelang, den Betrüger geſtern Abend um g Uhr noch zu verhaften. Der Verhaftete war aber nut noch im Beſitze von 696 Mark, das fehlende Geld hat er bereits am geſtrigen Nachmittag verbraucht. — Stuttgart, 3. Dez. Prinzeſſin Auguſta von Sachſen⸗Weimar iſt heute Nach⸗ mittag 1 Uhr geſtorben. — Sonneberg, 4. Dez. In dem be⸗ nachbarten Eſchenthal brannte Nachts das Kraut⸗ wurſt'ſche Anweſen nieder. Sieben Perſonen, Angehörige und Verwandte des Eigenthümers verbrannten. Nur die Frau desſelben und 3 Kinder wurden gerettet. — Poſen, 3. Dez. Der Kaiſer überwies dem Erzbiſchof Stablewski 20 000 Mk. für die Reſtaurirung der Gneſener Kathedrale. Bumoriſtiſches. Profeſſor: „Hoheit beliebten Floh mit einem V zu ſchreiben. Die Flöhe der gewöhn⸗ lichen Menſchen werden indeſſen mit F geſchrieben!“ in Haſhaus zu 10 Dez hall Mache dit 2 — bachtet und bedauert, als derſelbe bei den Schluß⸗ worten ſeiner ränkeſüchtigen Mutter aufſprang, daß der Stuhl dröhnend umſchlug, Lothar erhob ſich gleichfalls und legte begütigend ſeinen Arm in den van der Huylens. „Ich hatte gehofft, Nora ſei glücklich, gnädige Frau, und nicht bloß reſigniert; ſie reichte mir damals am Altar freiwillig die Hand,“ ſagte jetzt Huylen ſcharf. Die junge Frau erhob beſchwörend die dunklen Augen und ſtand zögernd auf. „Albrecht,“ ſtammelte ſie erſchrocken, „das Wort war nicht gut gewählt; laß es gut ſein, ich bin Dein angetrautes Weib und Niemand ſoll mich meiner Pflicht abwendig machen.“ Nur ein einziges, wärmeres Wort hatte der Senator erwartet, es blieb aus unter dem ironiſchen Gelächter Frau von Trahlows, Nora ſah nicht auf in das bittend ihr zugewandte Antlitz des Gatten und dieſer wandte ſich zur Thüre. „Ich bitte ſehr um Vergebung, wenn ich die Herrſchaften jetzt verlaſſen muß, doch habe ich noch im Kontor zu thun — Lothar, kommſt Du mit mir?“ Aber da ſtand plötzlich Noras ſchlanke Geſtalt neben dem erregten Manne, ihre kleine Hand ſtreckte ſich nach der ſeinen aus und in zögernden Lauten kam es über ihre erblaßten Lippen: „Albrecht, biſt Du zum Abendbrot doch wieder bei uns?“ Sein Herz ſchlug höher. Wäre er jetzt allein geweſen mit Nora, keine Macht der Welt hätte ihn gehindert, ſie an ſein Herz zu ziehen, aber dort die kaltblickende Frau, welche ſo ſcharf die ganze Scene beobachtete, hielt ihn zurück; nur eine einzige Minute preßte er die ſchlanken Finger leidenſchaftlich, dann ließ er ſie herabgleiten und ſagte kühl: „Wenn es Deiner Frau Mama recht iſt, komme ich nach Schluß des Kontors wieder herauf. e n Im van der Huhylen'ſchen Hauſe traf man umfaſſende Vorbereitungen zu einem glänzenden Gartenfeſt, an dem, außer den vornehmen geladnen Gäſten, auch ſämmtliches Perſonal nebſt Familie theilnehmen ſollte. Nora war überall mit dabei, anordnend, helfend, beifallſpendend, ihre Augen leuchteten dabei heiter, ſie fühlte ſich angeregt und erfriſcht durch dies rege Leben ringsum und konnte ungehindert ihrem reichen Schönheitsſinne folgen bei all den Arrangements, welche ihr Gatte ganz und vollſtändig in ihre Hände gelegt. Bunte Lam⸗ pions durchzogen beinah den ganzen Garten, an allen freien Plätzen waren Feuerwerkskörper ange⸗ bracht und um die Teppichbeete ringsher zogen ſich dichte Reihen von Glühlämpchen, welche bei Nacht einen feenhaften Eindruck hervorbringen mußten. Drin in den großen Geſellſchaftsräumen waren zwei lange Tafeln aufgeſtellt für die Gäſte und für das Perſonal, auf die junge Hausfrau bemüthe ſich, auch hier alles ſo aumuthig wie möglich zu arrangieren. Frau von Trahlow kümmerte ſich garnicht um dieſe Vorbreitungen, nur die eigene Toilette hatte ſie ſo elegant wie möglich in Stand geſetzt, um den „Krämern“ zu imponieren. Vor der Tochter wagte ſie freilich nicht mehr eine ſolche auffallende Bemerkung, doch vor der Kammerjuugfer, welche ſie mitgebracht, that ſie ſich keinerlei Zwang an. Wenige Tage nach ihrer Ankunft hatte ſich Hauptmann von Bieberſtein bei den Damen melden laſſen, ohne es der Mühe wert zu halten, nach dem Hausherrn zu fragen. „Sehr angenehm,“ rief haſtig die ältere Dame, doch Nora ſtand auf und ſagte kalt: „Wer nicht 5 zu meinem Manne kommt, den kann ich auch nich empfangen.“ 85 Keine Vorſtellungen, kein Zureden half, ſte kam nicht in den Salon und Frau von Trahlow mußte den eleganten Offizier allein annehmen; aben ſie rächte ſich auch dafür an Nora, denn als ſie dieſelbe wieder aufſuchte, nachdem Bieberſtein ſich entfernt, ſagte ſie beiläufig, als ſei dies ganz ohne Intereſſe: „Ich habe den Hauptmann natürlich auch zu Eurem Gartenfeſte eingeladen, und er freut ſich ſehr darauf.“ f „Aber Mama, wie konnteſt Du das thun, ohne Albrechts Wiſſen,“ fuhr Nora auf, deren Wangen glühten, „es wird ihm ſicherlich ſehr un⸗ angenehm ſein.“ „Nun, ich hoffe, der Herr Senator wird mich wohl nicht deshalb bloßſtellen und den von mir aufgeforderten Gaſt höflich empfangen,“ lautete die majeſtätiſche Antwort und Frau von Trahlow wandte ſich beleidigt ab. Der Senator war durch Lothar von dieſer eigenmächtigen Handlungsweiſe ſeiner Stiefmutter benachrichtigt worden und hatte dieſelbe mit kühlem Schweigen aufgenommen; tief, tief im Herzen keimte aber das Mißtrauen, ob ſeine Gattin wohl dieſe Einladung gewünſcht und begünſtigt habe. Der Feſtabend war herangekommen; zwar ſtand noch die Sonne am Himmel als Nora in voller Toilette in den Gartenſalon trat, um ihre Gäſte zu erwarten, indes man hatte um ſieben ein⸗ geladen, und es mußte gleich auf der Turmuhr ſchlagen. SSSeesseeeseesssesése Neuheiten in Damenſchleifen. —— — — — SeSeseesss see 8