8 85 eee ee Laden burg. g Ladenburg. e 1 25 No. 97. Mittwoch, den 7. Dezember Die Thätigkeit der Bewerbe N Vereine. Das Gewerbegeſetz iſt in Uraft, es hat em Gewerbeſtand eine neue Organiſation gegeben, und es handelt ſich jetzt darum, dieſe neue Organiſation ſo fruchtbringend wie möglich zu geſtalten, damit aus ihr wirklich ein Quell neuen Lebens und Segens für das Handwerk entſpringe. Dies iſt möglich. Und den Gewerbevereinen iſt es vorbehalten, eine bedeutende Kolle zu übernehmen. Zum erſtenmal in einem ſtaatlichen Geſetz ſind den Gewerbepereinen Funktionen auf dem Gebiete des Gewerberechts überwieſen worden. Sie wurden, und zwar ohne Aenderung ihres freien Charakters, vielmehr in voller Anerkennung des letzteren, als der lokale, den Innungen gleichberechtigte Unterbau für die Handwerks⸗ kammer anerkannt. Sie werden nicht bloß die Wahlen zu den Kammern vornehmen, ſondern in ſteter Wechſelwirkung dieſe Kammern mit ihrem Geiſt, dem Streben nach Förderung des Händwerks durch Erhöhung ſeiner Leiſtungs⸗ fähigkeit zu erfüllen und zu verhüten haben, daß dieſe Kammern zum Herd einer politiſchen Agitation um allgemeine Zwangsorganiſation und Befähigungsnachweis werden. So ſind die Gewerbevereine durch das neue Geſetz vor neue große Aufgaben geſtellt; von der Art, wie ſie dieſe Aufgabe löſen werden, wird es mit abhängen, ob ſich die bisherige Richtung unſerer Sewerbegeſetzgebung, die in dieſem Jahr den ſchwerſten Anſturm noch unerſchüttert beſtanden hat, auch gegen künftige Angriffe wird behaupten können. Noch ſehr viele Handwerker ſind in Baden nicht korporiert und deshalb nicht wahlberechtigt. Wer alſo ſein Recht ausüben und dafür ſorgen will, daß die e ae g elle! Anzeiger für * Erſcheint jeden Dienſtag und Freitag Abend. Preis vierteljählich Mark 1.— mit illuſtrirtem Unter⸗ haltungsblatt Mark 1.40, frei ins Haus. Fur die Redaktion verantwortlich: Karl M olitor, 75 5 Raum 10 Pfg. Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 155 Druck und Verlag von Karl Molitor, 5 6 Pfg., Reklamen 20 Pfg. rechten Männer in die Handwerkskammer kommen, und wer als freier, unabhängiger Gewerbsmann der wichtigſten Gruppe ange⸗ hören will, der laſſe ſich in den Gewerbeverein aufnehmen, der keine einſeitigen und keine rück⸗ ſchrittlichen, ſondern fortſchrittliche und allgemeine Intereſſen vertritt. Den neuen geſetzlichen Beſtimmungen entſprechend haben die Gewerbevereine das Ziel ihrer künftigen Thätigkeit aufs neue dahin beſtimmt und feſtgelegt: N Auf dem Boden freier Entwicklung ſtehend, ſeit mehr als einem halben Jahrhundert ſich bewährt in öffentlicher Thätigkeit für das Wohl des Gewerbeſtandes, organiſtert durch das ganze Land, ſind die Gewerbevereine die gegebenen lokalen Ver⸗ einigungsſtätten für alle Gewerbetreibenden. Ausgehend von der Anſchauung, daß der GSewerbeſtand im großen und ganzen von den 1 der Wiſſenſchaft und Technik auch ür ſich viel Gutes entnehmen kann, erblicken die Gewerbevereine eine Hauptaufgabe darin, ihren Mitgliedern alles das zugänglich zu machen, was die neuzeitlichen Verhältniſſe an nützlichen Kenntniſſen erfordern. Als ein Haupthebel zur Förderung des vereine ein geordnetes Lehrlingsweſen. ſind von der Ueberzeugung durchdrungen, daß Staat, Gemeinde und gewerbliche Vereine zu⸗ ſammenwirken müſſen, wenn die Lehrlings⸗ frage und damit die Frage der Berufsaus⸗ bildung eine befriedigende Löſung finden ſoll. Den Fragen der Lehrwerkſtätten und Fach⸗ ſchulen, und beſonders der handwerklich praktiſchen Erziehung werden ſie ebenſo wie auch der Weiterentwicklung der beſtehenden Fortbildungs- und Gewerbeſchulen alle nur gewerblichen Lebens betrachten die Gewerbe⸗ Sie — mögliche Aufmerkſamkeit zuwenden. Ein Hauptziel ihrer Arbeit werden die Gewerbevereine darin ſuchen, für die neuen Handwerkskammern einen kräftigen Unterbau zu bilden und dieſelben in ihren großen Auf⸗ gaben zu unterſtützen. Daneben werden ſie aber auch beſtrebt bleiben, denjenigen Ulein⸗ gewer betreibenden, welche kein Wahlrecht für die Handwerkskammern beſitzen, eine Organiſation zu ſein, durch welche auch dieſen eine geeignete wirkſame Vertretung geſichert wird. In der Erkenntnis, daß eine geſunde Entwicklung des gewerblichen Lebens nur dann zu erwarten iſt, wenn das durch die Ereigniſſe gleichmäßig der letzten Jahre vielfach geſtörte Gleichgewicht zwiſchen den Intereſſen der Arbeitgeber und und denen der Arbeitnehmer wieder hergeſtellt wird, werden die Gewerbevereine zur Wahrung der Intereſſen der Arbeitgeber alle organiſirten Meiſtervereine unterſtützen und deren Ver⸗ einigung erſtreben. Sie ſind aber überzeugt, daß Meiſter und Geſellen, Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf einander angewieſen, und daß deren beiderſeitige Intereſſen keineswegs unvereinbar ſind. Die Gewerbevereine erſtreben handwerkstüchtige, aber auch zufriedene Geſellen und anerkennen, daß der Arbeiterſtand, welcher in ſeiner Organiſation und Gpferwilligkeit in vielem vorbildlich iſt, um manche berechtigte Forderungen kämpft, die auch von den Arbeit⸗ gebern unterſtüßt werden dürfen. Indem die Gewerbevereine in genoſſenſchaftlichen Ver⸗ einigungen mächtige Mittel zur Beſſerung der materiellen Tage des Gewerbeſtandes erblicken, werden ſie beſtrebt ſein, unter Benützung der auf dieſem Gebiete von ihnen und von anderen gemachten Erfahrungen und des Kates von Sachverſtändigen auf geſunder Grundlage ſolche genoſſenſchaftliche Unternehmungen noch weiter Heimliche Liebe. Roman von Helene Voigt. 2. Fortſetzung. Dunkle Gluth flammte in dem Geſichte der jungen Frau auf, ſie richtete ſich empor, ließ Koffer und Kiſten unverändert ſtehen und ſagte ruhig: „Nun denn, Mamachen, Albrecht und ich erwarten Dich drüben zum Kaffee; Lothar iſt auch noch da⸗ geblieben; alſo auf Wiederſehen!“ Kopfſchüttelnd ſchaute die hochmüthige Frau hinter der davon Eilenden drein, dann ſagte ſie ganz leiſe vor ſich hin: „Sie liebt ihn, dieſe Thörin, und ſein Krämerſtolz wird ſich mächtig blähen darüber; er iſt freilich von ganz ſtattlichem Aeußeren, und wenn er ein echtes, uraltes Adels⸗ wappen beſäße, könnte ich ganz einverſtanden ſein.“ Der Kaffeetiſch war ſehr behaglich in dem alt⸗ deutſchen Erker des Eßzimmers hergerichtet, und die ſcheidende Abendſonne warf ihre letzten Strahlen durch die purpurfarbenen Butzenſcheiben, daß Noras zartes Geſicht über und über davon erglühte. Albrecht, der ihr gegenüber ſaß, eine echte Havanna in der Hand, beobachtete verſtohlen ſeine liebliche Frau und nur mit Aufbietung aller Selbſtbe⸗ herrſchung vermochte er es über ſich, nicht zu ihr hinzuzueilen und ſie in die Arme zu ſchließen. Die Schwiegermutter hätte jetzt kommen können. Und ſie kam; das rehfarbene Reiſckleid ſchleppte hinter ihr drein, die Armbänder klirrten an dem Hand⸗ gelenke und lächelnd nickte ſie den drei Perſonen zu, welche ihr entgegen traten. „Welch' trauliches Plätzchen,“ rief ſie offenbar in allerbeſter Laune. „Beſter Albrecht, Ihr Haus iſt wirklich ganz reizend, und der hübſche Garten wird mir ſehr wohl thun, denn ich liebe die freie Natur.“ Unwillkürlich fielen der jungen Frau welche den Kaffee eingoß, die böſen Worte der Mutter ein über das „düſtre alte Haus in bürgerlicher Atmoſpähre“ aber ſie wollte nicht daran denken und ſagte daher zu Lothar: „Wir wollen der Mama alles genau zeigen, denn Albrecht hat ſelten Zeit und —“ „Bitte, verfüge nur über mich, liebe Nora,“ fiel aber van der Huylen ihr ins Wort, „ich ſtehe ganz zu Deiner Verfügung und will während des Beſuches Deiner Mama möglichſt wenig „trockner Geſchäftsmann“ ſein. „Apropos, gebt Ihr nicht nächſte Woche ein großes Gartenfeſt ?“ frug Lothar, „habe es von Kameraden gehört.“ „Ja,“ nickte der Senatnur, deſſen Blick ſekun⸗ denlang der weißen Hand Noras folgte, welche der Mama Kuchen anbot, „es ſoll die Auweſenheit der gnädigen Mama feiern helfen und ich hoffe, unſere Gäſte werden mit uns zufrieden ſein.“ „Da iſt ja auch Hauptmann von Bieberſtein hierher verſetzt, Mama,“ ſagte der Aſſeſſor, ohne ſeine Schweſter anzuſehen, denn er dachte, durch dieſes abſichtsloſe Erwähnen werde die peinliche Thatſache gemildert, „er ſprach uns vorhin auf dem Bahnhofe an und verhieß ſeinen baldigen Beſuch.“ „Ah, das iſt ja Noras treueſter Verehrer geweſen,“ rief Frau von Trahlow unbefangen, noch ihr Falkenblick beobachtete ſcharf den Schwieger⸗ ſohn, „weißt Du noch, Kind, wie er außer ſich gerieth —“ „Als er erfuhr, daß wir kein Vermögen hatten,“ fiel Lothar ſchwer betonend ein, „Du ſollteſt dieſe Erinnerungen begraben ſein laſſen, Mama, ſie werfen kein ſonderlich vortheilhaftes Licht auf Bieberſtein.“ „Und es iſt gut, daß alles kam wie es iſt,“ fiel Nora ſtockend und erröthend ein, „wir haben dem Hauptmann geſagt, daß Albrecht ſich freuen würde, ſeinen Beſuch zu empfangen.“ Es wurde dem jungen Kaufherrn unſäglich ſchwer, nicht die Hand ſeines jungen Weibes in die ſeine zu preſſen und ihr zu danken für das liebe Wort, aber Frau von Trahlow ſcharfes, ſpottendes Lachen fiel wie Reif auf ſeine erregte Seele. „Haha, welch muſterhafte Ehefrau Du ge⸗ worden biſt, Nora rief ſie laut, Albrecht, Sie haben meine Tochter vortrefflich erzoſen, denn damals, als Bieberſtein um ſie warb und die Ver⸗ hältniſſe eine Verbindung beider unmöglich machten, war ſie keineswegs ſo reſigniert wie heute.“ 100 Lothar hatte ſeinen Schwager heimlich be