A Ladenburg. Erſcheint jeden Dienſtag und Freitag Abend. Preis vierteljählich Mark 1.— mit illuſtrirtem Unter⸗ haltungsblatt Mark 1.40, frei ins Haus. Fur die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Anzeiger für Ladenburg 7 A 4 N 20 45 16 8 13 * 11 5 Rc tte 11 A blchf . 1155 1 4 eh 8 rere und Umgegend Anzeigen: Die einſpaltige Corpuszeile oder deren 115 Naum 10 Pfg. Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen Druck und Verlag von Karl Molitor, nc ne e Denen ——— r e Hun 1 ht E M 6 Pfg., Reklamen 20 Pfg. neee el 1 i i e, „CV**owemj Ladenburg. Zum fünfzigjährigen Regierungs- Aahiläum des Raiſers Franz ZJoſef. Fünfzig Jahre vollenden ſich am kommenden nie Freitag, daß der Haiſer⸗ Hönig Franz Joſef J. den Thron der Habs burgſchen Doppelmonarchie d beſtieg, auf welchem er der Nachfolger ſeines dag Oheims, des Haiſers Ferdinand, nach deſſen ſteiwilliger Abdankung am 2. Dezember 1848 wurde. Inmitten ſchwerſter Wirren gelangte der damals J8jährige Herrſcher zur Regierung über OGeſterreich Ungarn, blutiger 10 Aufruhr durchtobte ſein Hönigreich Ungarn und die lalieniſchen Provinzen Oeſterreichs, während ae in ſeiner hauptſtadt Wien ſelber der OGktober⸗ gufſtand von Feldmarſchall Fürſten Windiſch⸗ grautz kaum erſt niedergeworfen worden war. Aid wie dieſer Beginn der Regierung Franz Joſefs durch die gedachten Wirren ſein Marakteriſches Gepräge erhielt, ſo wurde auch leine weitere Kegierungszeit durch eine Reihe erer und äußerer ernſter Criſen für den Haiſerſtaat gekennzeichnet. In letzterer Be⸗ hung waren es namentlich die beiden für Heſterreich ſo unglücklichen Uriege von 1859 und 1866, welche dem alten Hauſe der Habs⸗ burger ſchwere Erſchütterungen brachten, und wie die entſcheidende Niederlage der Oeſterreicher bei Solperino für daſſelbe den Verluſt ſeiner abikionellen Vorherrſchaft in Italien und der nbardei nach ſich zog, ſo koſtete die un⸗ Aäckliche Schlacht von Hönigsgrätz Oeſterreich eine Vormachtsſtellung in Deutſchland und dazu noch Venetien. And ſieht es nicht auch Rgenwärtig wieder kritiſch im Donaukaiſerreiche D Wohl hat ſeine äußere Machtſtellung felge des Dreibundes und der ſchon ſeit Andraſſp's Seiten unläugbar geſchickt geleiteten dus wärtigen Politik des Wiener Cabinets eine 1245 2 „ Mittwoch, den 30. Nouember 1898. zweifelloſe Verſtärckung erfahren, aber dafür Schon dieſes von ihm allezeit bekundete haben ſich ſeine innere Schwierigkeiten in bedenklichſter Weiſe verſchärft, Cisleithanien wird vom grimmigſten Nationalitätenhader durchwühlt, in Ungarn machen ſich immer neue Parteiungen breit und daneben erſcheint der Ausgleich zwiſchen beiden Reichs hälften dieſe Grundlage für die Geſammtpolitik des öſterreich⸗ ungariſchen Staatsgebildes, mehr denn je in Frage geſtellt. Wahrlich, das iſt kein erquicklicher Kück⸗ blick nach fünfzigjähriger Regierungszeit für den greiſen Herrſcher Oeſterreich⸗ Ungarns an ſeinem heutigen ſeltenen Ehrentage, wie ander⸗ ſeits auch der Aus blick in die nächſte Zukunft ſeines Reiches kein allzutröſtlicher iſt. Aber die Verantwortung für dieſe Entwicklung kommt in erſter Linie den berufenen Kathgebern des hochherzigen und edlen Kaiſers zu, die die namentlich in der inneren Politik durchaus nicht immer das Richtige trafen, während daneben allerdings auch die Eigenartiget der Berhältni ſſe in der Habsburgſchen Monarchie in Betracht gezogen werden muß. Kaiſer Franz Joſef perſönlich jedoch iſt immerdar bemüht geweſen, der ſo wechſelvollen inneren und äußeren Lage ſeines Reiches Rechnung zu tragen und beſonders in den ſchwierigen Entſcheidungen in den inneren Streitigkeiten, Fragen und Wirrungen ſich nur von ſeinem ſcharf ausgeprägten Pflichtbewußtſein leiten zu laſſen. Dank dieſer erprobten Oflichttreue ſeines Herrſchers iſt Oeſterreich⸗Ungarn ſelbſt in hochkritiſchen Cagen ſchließlich doch immer vor dem Schlimmſten bewahrt geblieben, und man darf darum die beſte Zuverſicht hegen, daß der kaiſerliche Herr auch fernerhin zur rechten Zeit eingreifen wird, um das Einlenken des Staatsſchiffes in die gefährlichſten Strömmungen zu verhüten. Pflichtgefühl ſichert dem erlauchten Jubilar auf dem Throne der Habsburger die warmen Symphathien der Zeitgenoſſen, welche Gefühle aber nur eine Verſtärkung durch die Erinner⸗ ung an all' das herbe Familienleid empfangen können, das dem Aaiſer Franz Joſef im Laufe der Jahre widerfahren iſt. Die ſchwerſten Schläge, welche in da trafen waren der tragiſche Tod ſeines hoffnungsvollen einzigen Sohnes, des Uronprinzen Rudolf, und ſeiner edlen Ge⸗ mahlin, der Haiſerin Eliſabeth, welche ihm gerade in ſeinem Jubiläums jahre durch ver⸗ ruchte Mörderhand entriſſen wurde; tief ergriffen und ſchwer erſchütterten den ſchon vielgeprüften Monarchen beſonders dieſe letzte Schickſals⸗ fügung, die er aber mit echt chriſtlicher Er⸗ gebung hinnahm, bei allem Seelenſchmerz tapfer auf ſeinem verantwortungsreichen Herrſcherpoſten aus haltend. Dieſe Seelengröße rief in den Tagen der Genfer Hataſtrophe die allgemeinſte Bewunderung ſeiner Bölker wie des Auslandes für den Herrſcher hervor und konnte nur dazu dienen, die perſönliche Hoch⸗ achtung der Mitwelt vor ihm noch zu ſteigern. Wenn aber heute die Völker Oeſterreich⸗Ungarns mit vollſter Liebe und Verehrung auf ihren Jubelkaiſer blicken, ſo verdient es ſolchen Tribut des Volksempfindens hinlänglich ſchon durch ſeine geſegneten Beſtrebungen zur cul⸗ turellen Entwicklung des öffentlichen Cebens ſeines Keiches, der Wiſſenſchaften und Künſte, des Handels und der gewerblichen Thätigkeit, auf welchen Gebieten Oeſterreich⸗Ungarn während der Regierungszeit Uaiſer Franz Joſef I. ganz beträchtliche Fortſchritte gemacht hat. Ju⸗ ſammen jedoch mit den Völkern Oeſterreich⸗Un⸗ garns dürfen die übrigen Nationen Europas in Oeſterreichs Kaiſer den erprobten Hort des Heimliche Liebe. Roman von Helene Voigt. chräge, volle Sonnenſtrahlen fielen hinein in ies hohe, düſtre Kontor, deſſen holzgetäfelte Wände d eichene Möbel ſo manche Generation des ehr⸗ Mrdigen, alten Geſchlechtes der van der Huylen ehen hatten. Der ernſte, ſtattliche Mann mit dem feinen, ſcharf geſchnittenen Geſichte und dem Nunkelblonden Vollbarte dort am Schreibtiſch trug dach denſelben Namen und die von den Vätern erbte Würde des Senators ſeiner freien Vater⸗ abt Bremen. Unermüdlich glitt ſeine Feder über I Papier, die große Wanduhr drüben tickte regel⸗ Mäßig, ſonſt blieb es mäuschenſtill und nur von der Straße herüber vernahm man gedämpfte Laute. 5 Nach einer geraumen Weile pochte es leiſe an der Thür und auf „Herein“ des Kaufherrn trat ein älterer Mann mit ergrautem Haar ins Zimmer, beſcheiden die Aufforderung zum Sprechen erwartend. „Nun, lieber Winkler,“ frug der Chef freundlich, Während er zugleich die Feder weglegte, „was giebt 2 Was bringen Sie für mich?“ 8 „Herr Senator, die „Amazone“ iſt in den Hafen eingelaufen, ich bringe die Briefe und Ab⸗ kechnungen derſelben —“ ö „Ah, ſehr ſchön! Wir müſſen ſie gleich durchſehen, beſonders wegen der Beſtellung von Reis; Hier habe ich übrigens die Wochenrechnung zuſam⸗ Mengeſtellt und durchgeſehen. Sie haben ſich zu Gunſten der Firma um eine große Kleinigkeit ge⸗ irrt, beſter Winkler.“ Der Senator blickte ſeinen Buchhalter an und dieſer nickte eifrig, dann er⸗ wiederte er düſter; „Ja, ja, ſo geht's, wenn ſolch alter Kopf ſich mit Sorgen und Unannehmlichkeiten herumplagt; da leidet eben das Geſchäft darunter. Ich bitte um Verzeihung, Herr Senator!“ „Was quält Sie denn, beſter Winkler, ſprechen Sie doch mit mir darüber, es wird Sie erleichtern und Sie wiſſen, ich nehme immer Antheil an Ihnen.“ 5 „Weiß wohl, Herr van der Huylen, hab' auch ſchon überlegt, ob's nicht beſſer wäre, Ihren Rath und Ihre Hilfe nachzuſuchen, aber diesmal betrifft es eine Sache, die Sie wohl ganz anders beurtheilen als ich.“ „Weshalb ſprechen Sie ſo geheimnisvoll, alter Freund, immer gerade heraus mit der Sprache, dann muß man auch einen Weg heraus aus dem Labyrinth finden.“ e a i „Nun denn, Herr Senator, es betrifft — meine Gertrud und den Herrn — Aſſeſſor.“ „Meinen Schwager Thrahlow ?“? „Ja er bevorzugt Gertrud auffallend und ich fürchte, auch ſie denkt bereits mehr an ihn, als i Ruhe gut iſt.“ a 9 5 1 5 wenn beide glücklich werden könnten?“ f junger Mann, der überall anklopfen kann, die Tochter eines ſchlichten Buchhalters heirathen ? Gewiß nicht und zum Spielen iſt mir mein Kind zu lieb.“ „Laſſen Sie es gut ſein, lieber Winkler ich werde mit meinem Schwager Trahlow reden, jedoch ſo, als käme es von mir.“ „Heute kommt die gnädige Frau von Trahlow?“ „Meine Schwiegermutter. Ach ja, doch ich muß meiner Frau ſagen, daß ich unmöglich ſie zur Bahn begleiten kann; unſre Correſpondenz ſoll un⸗ verzüglich erledigt werden. Sie bleiben wohl hier, ich bin gleich zurück. Gedankenvoll ſchritt der ſtattliche Senator die Treppe hinauf zu den Wohnräumen, um ſeine Ge⸗ mahlin aufzuſuchen; er mochte etwa mitte der drei⸗ ßiger ſtehen und war eine auffallend vornehme Er⸗ ſcheinung, an der nichts den kühlen Geſchäftsmann verrieth; nur der Ausdruck des Geſichts hatte einen Pſychologen zu denken gegeben, es lag eine Frage darin an das Schickſal — die Frage nach Glück. Albrecht van der Huylen hatte vor kaum einem Jahre die ſchöne vielgefeierte Nora von Trahlow heimgeſührt; ſie brachte ihm nur ſich ſelbſt, denn die Familie war ohne Vermögen und der Wunſch beider Väter hatte das Bildniß ſchon vor Jahren beſchloſſen, ſodaß Albrecht und Nora es für eine Pietätloſigkeit angeſehen hätten, dieſem Wunſche entgegen zu handeln. „Herr van der Huylen, das können Sie doch unmöglich denken! Wird ein adeliger, hübſcher, Foiür Frau von Trahlow's ſtark ausgeprägtem