auf der Erde zerſtreut lebend, in ihm den Ka⸗ lifen verehren, verſichert ſein, daß in allen Zeiten der deutſche Kaiſer ihr Freund iſt. Ich trinke auf das Wohl des Sultans. i Die Rede des Kaiſers wurde mit ſtürmiſchem Beifall aufgenommen und der Beifall pflanzte ſich auf den Platz vor dem Rathhaufe fort, wo die Bevölkerung der Stadt auf. und niederwogte. Am Abend fand eine prachtvolle Illumination ſtatt. Verſchiedenes. 8 — Heidelberg, 10. Nov. Im Gewerbe⸗ und Induſtrieverein hielt geſtern Abend Herr Ge⸗ werbelehrer A. G. Luger einen intereſſanten Vortrag über „Die Kleinmotoren und ihre wirth⸗ ſchaftliche Bedeutung für das Handwerk.“ Er ührte aus, es ſei leider eine feſtſtehende That⸗ ache, daß mit der Ausdehnung der Großinduſtrie das Handwerk immer mehr bedrängt werde und einzelne Zweige ganz von ihr verſchlungen würden. Die Erſetzung der menſchlichen Arbeitskraft durch Maſchinen, die Arbeitstheilung, die intenſive Aus⸗ nutzung des Anlagekapitals und der direkte Abſatz uf dem Weltmarkt habe es der Großinduſtrie möglich gemacht, bedeutend billiger zu produciren und dadurch den Kleinbetrieb zu unterdrücken. Zur Befeſtigung der Preiſe ſchlöſſen die Fabrikanten Ringe, während auf der anderen Seite die Hand⸗ werksmeiſter durch gegenſeitige Unterbietung ſich ſelbſt Concurrenz machen und ihre Lage noch mehr verſchlechtern. Die Frage, wie dem Handwerk wieder aufgeholfen werden könne, beantwortete der Redner dahin, daß ſich der Handwerker die Vor⸗ theile der Großinduſtrie ebenfalls zu Nutze machen müſſe, was in den meiſten Fällen durch genoſſen⸗ chaftlichen Zuſammenſchluß geſchehen könne. An er Spitze dieſer Beſtrebungen müſſe wie bei der Großinduſtrie die Erſetzung der menſchlichen Kraft durch Maſchinen ſtehen. Darauf ging der Vor⸗ ragende auf die Kraftmaſchinen ſelbſt ein und childerte die einzelnen Arten und Syſteme und die urch ſie herbeigeführte Verbilligung des Betriebs, speciell im Hinblick auf die Brauchbarkeit für das Handwerk. Ein für das Kleinhandwerk brauch⸗ arer Motor ſolle überall anwendbar ſein, auch in bewohnten Räumen und in jedem Stockwerk! die 5 Bauart ſelle möglichſt einfach und der Betrieb ein billiger ſein. Er beſprach die verſchie denen Motore Is: Waſſer⸗, Petroleum⸗, Benzin⸗, Gas- und lectromotor und erläuterte deren Conſtruction, ie zuu Theil durch vorgezeigte Abbildungen ver⸗ anſchaulicht wurde. Als das Ideal einer Kraft⸗ maſchine für den Kleinbetrieb bezeichnete er den Electromotor, der anderen Motoren gegenüber viele Vorzüge in ſich vereinige. Die Zuleitung erfolge ohne großen Kraftverluſt, bei verringerter Inan⸗ ſpruchnahme ſei auch der Kraftverbrauch ein ge⸗ ringerer; die Wartung ſei ſehr leicht und der Betrieb äußerſt reinlich. Der Betrieb werde um ſo billiger ſich geſtalten, je größer die Anlage und die Zahl der Kraftabnehmer ſei. SRK. Karlsruhe, 11. Nov. Um ent⸗ ſtandenen Zweifeln bei der Bekämpfung der Ge⸗ flügelcholera zu begegnen, hat das Großh. Badiſche Miniſterium des Innern ueuerdings die Bezirks⸗ ämter angewieſen, daß der hauſirweiſe Ankauf von Schlachtgeflügel veterinärpolizeilich nicht zu beanſtanden und daher zuzulaſſen iſt. SRK. Karlsruhe, 11. Nov. Bekanntlich hat die Stadt Worms gegen die vom Bezirksrath Mannheim unter der Bedingung einer mechaniſchen Reinigung geſtattete Einleitung der ſtädtiſchen Ge⸗ wäſſer einſchließlich der Fäkalien in den Rhein beim Großh. badiſchen Miniſterium des Innern Einſpruch erhoben. Wie uns mitgetheilt wird, hat das Miniſterium die Erhebung eines weiteren Sachverſtändigengutachtens darüber für erforderlich erachtet, ob die vom Bezirksrath vorgeſchriebene mechaniſche Reinigung der Abwäſſer geeignet oder ob und welche weitere mechaniſche Reinigung zu verlangen ſei. Mit der Erſtattung dieſes Gut⸗ achtens ſoll eine Kommiſſion betraut werden, be⸗ ſtehend aus dem Großh. Oberbaudirektor Honſell von der Oberdirektion des Waſſer⸗ und Straßen⸗ baues als Vorſitzender, dem Medizinalreferenten im Miniſterium des Innern Geheimerath Dr. Battlehner, außerordentliches Mitglied des Kaiſ. Geſundheitsamts. Als drittes Mitglied ſoll der Kemmiſſion ein vom Reichsamt des Innern zu beſtimmendes Mitglied des Geſundheitsamts bei⸗ gegeben werden. — Köln, 9. Nov. Im benachbarten Kalk hatte ein Ehepaar zwei Kinder im Alter von 3 und 5 Jahren heute Mittag ohne Aufſicht in der Wohnung zurückgelaſſen. Die Kinder ſpielten mit Feuer, wodurch ein Zimmerbrand entſtand. Tieſer wurde erſt bemerkt, als der dreijährige Knabe verbrannt war, während das jährige Mädchen ſterbend ins Hoſpital geſchafft wurde — Stuttgart, 8. Nov. Ein erſtaunlicher Vorgang hat ſich im Wilhelmspalaſt, in welchem der König reſidirt abgeſpielt. Folgender Bericht liegt über das ſeltſame Ereigniß vor: Etn Mann war über den Gartenzaun des Palais an der Seite gegen die Urbanſtraße geklettert, hatte ſich durch ein offenſtehendes Fenſter in das Parterre ge⸗ ſchwungen und gelangte von da unbemerkt in das erſte Stockwerk. Dort fand er die Thüre zu dem Gemache einer fürſtlichen Perſönlichkeit offen, die eben abgereiſt war. Ohne Zögern nahm der un⸗ eingeladene Gaſt Beſitz von dem unbewohnten Zimmer und richtete ſich allda häuslich ein. Nachdem er ſeine Stiefel zum Wichſen vor die Thüre geſtellt, rauchte er noch eine Eigarre, be⸗ nutzte die mit dem königlichen Wappen gezierten Briefbogen, um an den König und andere Fürſten zu ſchreiben und legte ſich alsdann zu Bette, Am andern Morgen ließ er ſich in Hemdärmeln im Corridor blicken; aber erſt als er dort in voller Garderobe ſich zeigte, wurden die Lakaien auf ihn aufmerkſam. Er behauptete fürſtlichen Geblüts zu ſein. Die Polizei hatte ihn zur Beobachtung ſeines Geiſteszuſtandes interniren laſſen. n Tandwirthſchaftliches. In neueſter Zeit macht ſich unter den Obſt⸗ bautreibenden eine Agitation gegen Anlegung von Leimringen bei Obſtbäumen als Schutzmittel gegen den Froſtſpanner geltend. Man erklärt, der Leimring nütze nichts, da das ungeflügelte Froſt⸗ ſpannerweibchen nicht, wie bisher angenommen, g bir einen Munch pt den Stamm herauf krieche, um in der Krone ſeine Al bitten Eier abzuſetzen, ſondern von dem Männchen im Fluge dorthin getragen werde, demnach alſo am gbelburg Leimgürtel nicht kleben bleiben könne. Ergänzend ſei hier noch bemerkt, daß derartiges gemeinſames Fliegen in der Inſektenwelt thatſächlich vorkommt, Dieſer Agitation gegen den Leimring tritt der praktiſche Ratgeber im Obſt⸗ und Gartenbau in ſeiner neueſten Nummer energiſch entgegen. Er weiſt nach, daß das Männchen des Froſtſpanners ſeiner ganzen Bauart nach garnicht in der Lage ſei, das ſchwere, ungeflügelte Weibchen durch die Luft im Fluge zu tragen. Es liege hier eine Verwechſelung mit dem kleinen Bürſtenſpinner vor, bei dem ein ſolches gemeinſames Fliegen vielfach beobachtet iſt. Es iſt dringend zu wünſchen, daß Leimringe an Obſtbäumen auf das aller ener⸗ giſchſte überall da angelegt werden, wo das Auf treten von Froſtſpannern beobachtet iſt und daß obige Anſicht deshalb gleich im Entſtehen als falſch erkannt und berichtigt wird. Ad f Ml um!! Wilg zu er Me und in dem Gedränge hob man einen Mann auf, hren Mann! Leblos, blutüberſtrömt wurde er auf eine Bahre gelegt! — So lautet der Schluß des Berichtes. f Immer ſtarrte ſie auf die Worte: „Leblos blutüberſtrömt!“ . Sie bemerkte es nicht, daß die Kaffeemaſchine berkochte und das braune Naß ſich über die weiße erviette ergoß, hörte nicht, wie die Thür jetzt ge⸗ öffnet wurde und ihre Mutter jetzt heraustrat. i Erſchrocken blickte die alte Dame auf ihre Tochter. „Gott im Himmel! Was iſt geſchehen?“ ragte ſie, indem ſie zu der jungen Frau herantrat. 5 „O Mutter, Staufen! Es iſt ſo furchtbar,“ ammelte ſie, „leblos, blutüberſtrömt, hier ſteht es.“ 5 Die Gräfin griff nach der Zeitung und las den Bericht. Auch ſie war tief erſchüttert, aber och nicht ſo ganz hoffnungslos wie Erica. „Du wirſt natürlich hinfahren,“ ſagte ſie. „Gewiß!“ rief Erica und ſprang auf, „ſo ſchnell wie möglich. O, ich will ihn pflegen, will unabläſſig den lieben Gott bitten, daß er ihn mir erhält, denn Mutter, Du kannſt es glauben, er iſt kein ſchlechter Menſch, wenn er auch das ſchreck⸗ liche Stück geſchrieben hat, das — das ihm nun 1 Verderben wurde,“ ſetzte ſie leiſe wie ſchaudernd hinzu. f N Schon nach kaum zwei Stunden befanden ſich beide Damen in dem Zuge, der nach W. führte. Die Frau Räthin hatte ſich nicht entſchließen können, Erica allein die traurige Reiſe machen zu laſſen, da man doch nicht wiſſen konnte, wie man alles finden würde. Im günſtigſten Falle, wenn es ſein Zuſtand zuließ, gedachte ſie Staufen gleich mitzu⸗ nehmen, aber er konnte ja ein Sterbender ſein, vielleicht ſchon todt. Bekümmert ſah ſie auf Erica, ährend ſolche Gedanken ſie beſchäftigten; auch auf deren Geſicht lagen die Schatten der Sorge, der inneren Angſt; keine aber wagte, um die andere nicht zu beunruhigen, ſolchen trüben Gedanken Worte zu geben, ſo wurde die Fahrt denn ziemlich ſchweigſam zurückgelegt. Ihr Ziel war jetzt erreicht, im roſigen Schein der Abendſonne lag die freundliche Stadt vor ihnen. Ueberall war ein Blühen und Duften, weißer Blühtenſckhnee auf den Bäumen, dazu zwitſchernde Vogelſtimmen, eine Nachtigall ſchmetterte im Gebüſch — und doch in all dieſer Frühlingsſchönheit gab es auch ſo großes menſchliches Elend. Da lag, jäh heruntergeſtürzt von ſeiner ſtolzen Höhe, Staufen im heftigen Fieber auf ſeinem Krankenlager. Der Sanitätsrath befürchtete eine Gehirnentzündung, die weniger durch den Fall oder die Stirnwunde verurſacht ſei, ſondern hauptſächtlich durch Ueberreizung des Gehirns, durch Aufregungen und das ganze ruheloſe Treiben der Reſidenz. Schon längſt hätte er dieſer den Rücken wenden und irgend ein ſtilles Fleckchen Erde in ſchöner Natur aufſuchen müſſen, dieſe Fahrt hierher wäre für ſeinen Zuſtand geradezu verderbenbringend ge⸗ weſen. Valentine an die ſeine Worte gerichtet waren, zuckte zuſammen, ein faſt gramvoller Zug legte ſich um die zuſammengepreßten Lippen. Ach ſie wußte es ja am beſten, wie ſehr er ſich nach Ruhe ge⸗ ſehnt, und wäre ſie nicht geweſen, dann läge er nicht hier, ſondern ſäße in aller Ruhe in dem Land⸗ hauſe ihrer Tante und bei ſeiner Frau. Staufen fieberte viel, bisweilen phantaſterte er auch, und in klaren Momenten da ſchien er ganz erfüllt von einem Sehnen und Verlangen, dem er aber nie Worte verlieh; oft ſchaute er erwartungs⸗ voll nach der Thür, als müßte dort hereintreten, wonach ihn ſo heiß rerlangie. Valentine hatte ihm heute einen Strauß Frühlingsblumen gebracht, den er den ganzen Tag nicht ans den fieberhaften f 16 Händen gelegt, immer wieder ruhte ſein Blick gen darauf. 5 1 1 „Ach es giebt doch unendlich viel Schönes auf en 5 der Welt,“ ſagte er jetzt leiſe — „o, wer wieder la an das Schöne und Große glauben, all das Häß⸗ ere liche rergeſſen könnte! Erica! — zum erſten Mal Acklung kam der Name wieder über ſeine Lippen. — „Ueber die Blumen gebeugt, Thränen in den Augen, ſo fand ich ſie an jenem Abend“ fuhr er fort; „und dann, dann iſt ſie gegangen und mit ihr aller Frieden, alle Ruhe — die andere hat es nicht gut mit mir gemeint, ſie gönnte mir die Ruhe nicht.“ Der Sanitätsrath hatte ihn ſchon längere Zeit aufmerkſam beobachtet, jetzt wendete er ſich an Va⸗ lentine, die blaß und traurig am Fenſter lehnte. „Iſt der Brief an Erica nun fort?“ fragte er ſie leiſe. „Der Brief — o, ich vergaß ihn ganz — aber ich werde ihn gleich beſorgen.“ Sie ging nach dem Nebenzimmer, dort lag in ihrer Briefmappe der angefangene Brief an en Erica, der ſchon geſtern hätte beſorgt werden ſollen, a weil ihr Vater befürchtete, was nun ſchon geſchehen, 9 daß ſie die traurige Kunde aus der Zeitung er⸗ g fahren könnte. Heute Morgen hatte ſie ihn beenden wollen; ein letztes verzweifeltes Hoffen und Wünſchen inn ni aber ließ ſie den angefangenen Brief wieder in die 2 Briefmappe verſchließen. Sie war dann hinaus⸗ N gelaufen ins Freie, halb gedankenlbs hatte ſie die 0 1 Blumen am Wege gepflückt, die ſie Staufen ge⸗ 18 bracht, ahnungslos, daß gerade dieſe die Erinnerung 8 an Erica mit aller Macht wach rufen mußten. welle den Nun ſaß ſie wieder mit der Feder in der Hand am Schreibtiſch; noch nie war ihr ein Brief ſo ſchwer geworden, natürlich würde Erica als pflicht⸗ getreue Gattin ſofort herkommen und dann — dann — A 0 Fortſetzung folgt.