alle Vocumente, die den Dreyfus ⸗Prozeß betreffen, von Neuem unterſucht werden müſſen, und zwar alle Documente von Anfang bis zu Ende, alle geheimen Schriftſtücke mit innbegriffen. Was die Frage der vorläufigen ae Dreyfus betrifft, ſo beſchließt der aſſationshof, hierüber erſt nach Beendigung der ergänzenden Unterſuchung die Entſcheidung zu treffen.“ Dieſer Urtheilsſpruch wurde von allen Dreyfus⸗Freunden mit ungeheurem Applaus aufgenommen; denn hierdurch wird der Drey⸗ fus-Prozeß dem Militär⸗Gerichtshof vollſtändig entzogen. Hätte der Caſſations hof beſchloſſen, die Keviſion ohne ergänzende Unterſuchung anzuordnen, ſo wäre Dreyfus wiederum vor ein Militärgericht geſtellt worden. Verſchiedenes. Ladenburg, 31. Oktober. Das geſtrige Concert des Frauenvereins, zu Gunſten der Kleinkinderbewahranſtalt, war ſehr gut be⸗ ſucht; ein erfreulicher Beweis, daß das Inter⸗ eſſe für die vom Verein unternommene Aufgabe, mit der Zeit, ein beſſeres Local für die genannte Anſtalt zu beſchaffen, auch in anderen Kreiſen rege iſt. Das von Herrn Profeſſor Metzger mit künſtleriſchem Geſchickzuſammengeſtellte, zum größten Theil unter ſeiner Leitung einſtudirte Programm, zu deſſen Ausführung ſich eine bemerkenswerthe Anzahl tüchtiger Kräfte zuſammengefunden hatten, belief ſich auf 10 Nummern, darunter drei Chöre für Frauenſtimmen, deren letzter „Spinnerlied und Ballade“ aus der Oper „der fliegende Holländer“ von Richard Wagner, von einer beträchtlichen Anzahl junger Damen, im Coſtüm und am Spinnrad ſitzend vorgetragen, den höchſten Beifall erntete. Die Ballade wurde von Fräulein Mina Hochſtetter wiederge⸗ geben. Auch im Duett für Sopran und Tenor aus der Oper „der Troubadour“ von Verdi, ge⸗ ſungen von Herrn Profeſſor Metzger und Fraulein Hochſtetter, fanden allgemeinen Beifall. Fräulein Rö mer erfreute das Publikum durch zwei hübſch zu Gehör gebrachte Lieder Die Inſtrumentalmuſik war vertreten durch wei Stücke für Violoncello, welche Herr Stadt⸗ pfarer Sie vert mit gewohnter Feinheit ausführte. Zwei Klaviervorträge „Ouverture“ zur Oper „die luſtigen Weiber von Windſor“, vierhändig (Frl. Dihl und Frl. Agricola) und „Impromptu Valſe“ von Raff, (Herr Friedrich Sievert) erſteres Stück zum Beginn, letzteres zum Schluß der muſikaliſchen Abtheilung geſpielt, vervoll⸗ ſtändigten in würdiger Weiſe dieſen ernſteren Theil der Abendunterhaltung. Aeußerſt erheiternd wirkten dann die im zweiten Theil vorgebrachten Luſtſpiele und Cou⸗ plets, wodurch die allgemeine Stimmung zu einem erfreulichen forte gehoben wurde. Herrn Profeſſor Metzger wurde als An⸗ erkennung ſeiner unermüdlichen Thätigkeit vom Damencomite des Frauenvereins ein Kranz überreicht. Ein vergnüͤgliches Tänzchen für die Jugend beſchloß den genußreichen Abend. — Ladenburg, 30. Oktober. Die hieſige landwirtſchaftliche Winterſchule wird am Donners⸗ tag, den 3. November ihren 31. Unterrichtskurs beginnen. Die ſtetig wachſende Schülerzahl der letzten Jahre beweiſt, daß man einſehen gelernt hat, wie nothwendig der Beſuch einer landwirth⸗ ſchaftlichen Schule für unſere Söhne iſt, wenn ſie den Anforderungen der heutigen Landwirth⸗ ſchaft bezüglich des Wiſſens gewachſen ſein ſollen. Bei Aufſlellung des Lehrplanes namentlich der zweiklaſſigen landw. Winterſchulen hat man nicht nur darauf Bedacht genommen, die Schüler in den eigentlichen landwirthſchaftlichen und in den damit im engſten Zuſammenhang ſtehenden natur⸗ wiſſenſchaftlichen Fächern zu unterrichten, ſondern man hat es dem Beſucher der Anſtalt auch möglich gemacht, bei gutem Fleiße ſich mit Kenntniſſen, die jeder Geſchäftsmann und Bürger beſitzen muß, zu verſehen. Es iſt deshalb der Beſuch der landwirtſchaftlichen Schule nicht nur für den jungen Landwirth von Bedeutung, ſondern hat auch für jene jungen Leute unverkennbaren Werth, die ſich ſpäter einem gewöhnlich mit Landwirth⸗ ſchaft verbundenen Gewerbe wie Bäcker, Metzger, Müller, Wirth und dergl. widmen wollen. Ganz beſonders iſt der Beſuch der landw. Schule da⸗ durch erleichtert, daß die Unterrichtszeit nur auf wenige Monate beſchränkt iſt, in denen die Arbeit unbedeutend iſt, und der Sohn zu Hauſe leicht entbehrt werden kann. Hoffen wir, daß ſich die landwirtſchaftliche Winterſchule auch in dieſem 5 * . Jahre wieder, wie bisher eines recht zahlreichen Beſuches zu erfreuen hat. — Schriesheim, 30. Oktober. Auf der Berliner Hopfenausſtellung wurden aus ganz Baden nur zwei Hopfenpflanzer mit Preiſen aus⸗ gezeichnet, die beide von hier ſind, und zwar er⸗ hielt Konrad Wilhelm Haas den I. und Philipp Peter Haas den III. Preis. Dieſer außerordent⸗ lich günſtige Erfolg iſt ein neuer Beweis für die Vortrefflichkeit der Schriesheimer Hopfen, auf den wir die Hopfenhändler ganz beſonders aufmerk⸗ ſam machen. — Mannheim, 30. Oktober. In einem Coupé 2. Klaſſe erſchoß ſich geſtern früh ein Reiſender in dem um 8 Uhr von Heidelberg kommenden Main⸗Neckar⸗Bahn⸗Zuge kurz vor der Einfahrt in die Station Friedrichsfeld. Der Selbſtmörder heißt Huck, iſt aus Frankfurt und zählt etwa 40—45 Jahre. In ſeinem Beſig fanden ſich nur 20 Pfg. vor, ſowie eine Fahr⸗ karte von Heidelberg nach Heppenheim, weitere Papiere nicht. Die Leiche wurde bis zum Ein⸗ treffen des Gerichts in der Güterhalle zu Fried⸗ richsfeld aufgebahrt. Landwirthſchaftliches. Der praktiſche Ratgeber im Obſt⸗ und Garten⸗ bau ſetzte im Frühjahre einen Preis von 200 Mark aus für die praktiſchſte Gartenleiter. Am 1. Oktober war der Einſendungstermin abge⸗ laufen und waren 32 verſchiedene Leitern einge⸗ gangen. Das Preisgericht beſtand außer aus den Redakteuren der Wochenſchrift und dem Obergärtner der Verſuchsſtation aus zwei Arbeitern, die die Leitern praktiſch beim Pflaumen⸗ und Nüſſepflücken erprobt hatten, zwei Tiſchlermeiſtern, einem Baumſchulen⸗ beſitzer und zwei Ingenieuren. Das Preisgericht erkannte einſtimmig den Preis Herrn Obergärtner Reinhold Krowas auf Dominium Oberhof am Bahnhofe Gnadenfrei zu. Die Leiter iſt 4 Meter lang, aus aſtfreiem Fichtenholz bearbeitet, iſt mit Stützen nur 35 Pfund ſchwer, ſteht vermöge einer ſehr ſinnreichen einfachen Conſtruction ſehr feſt, läßt ſich ohne jede Mühe in eine Anlegeleiter um⸗ wandeln und koſtet mit Stützen nur 13 Mark, Sie iſt für dieſen Preis von Herrn Obergärtner Krowas zu beziehen. A rechten Ton angeſchlagen ihm gegenüber, der da die Sehnſucht nach ihr, nach Erica und der Ruhe, dem Frieden dort hatte erſtehen laſſen. „Ich muß geſtehen, als ich den Brief geleſen, a war es mir wirklich, als könnte ich gar nicht anders, und müßte der Einladung folgen,“ verſetzte Staufen, „als vernähme ich aus ihm des Schickſals Stimme, die mir noch einmal den rechten Weg weiſen wollte.“ „Nun dann folgen Sie nur ja dieſer Schick⸗ ſalsſtimme,“ rief Valentine, „Wenn das Publikum in W. den Autor der „Abgründe“ dann auch nicht zu ſehen bekommt, vergebens ſeine Lorbeerkränze in Bereitſchaft für ſie hält. Und der Großherzog, der, wie Sie mir neulich erzählten, ſich zu der Aufführung angemeldet hat, und Sie dort zu be⸗ grüßen hofft, der muß dann natürlich auch zurück⸗ ſtehen, wenn die Schwiegermama ruft, um dem lieben gehorſamen Sohn den rechten Weg zu weiſen und ihn in die Arme der ſchmollenden Gattin hält Ihnen Bußpredigten, die Schwiegermutter lieſt Ihnen aus der Bibel vor, das Evangelium vom verlorenem Sohn.“ Valentine, es ſind Ihre nächſten Verwandten, über welche Sie in dieſer geringſchätzigen Weiſe reden!“ rief Staufen empört. „Das iſt mir ganz gleich!“ verſetzte ſte. i Eine leidenſchaftliche Erregung ſpiegelte ſich in ibren Zügen; ſollten alle ihre Träume noch in der letzten Stunde zu Schanden werden? Die Reiſe nach der Riviera, die ſie auch geplant mit ihrem Vater, ſie verlor ja allen Reiz, wenn Staufen ſich nicht daran betheiligte. Daß die größte Waffe heute in ihrer Erſcheinen lag, das ahnte ſie nicht. Staufens Blicke aber hingen förmlich betroffen an ihr; die Leidenſchaft die in ihren Augen leuchtete, auf den ſonſt blaſſen Wangen glühte, gab ihr faſt einen dämoniſchen Reiz. Ihre immer lauter wer⸗ dende Unterhaltung hatte ſchon die Aufmerkſamkeit der andern Tiſchgäſte erregt. Valentine bemerkte es jetzt, mit wilden Augen gleichgültiger Menſchen auf ſich gerichtet zu ſehen. „Mein Kopf — mir iſt ſo heiß — bitte führen Sie mich nach einem Nebenzimmer,“ wandte ſie ſich an Staufen, er erhob ſich und bot ihr den Arm. Nun waren ſie beide allein, in dem kleinen matt erleuchteten Gemach. Valentine lehnte am offenen Fenſter, die laue, ſchmeichelnde Luft der Frühlingsnacht ſtrömte herein. „Sie werden Ihren Reiſeplan nicht aufgeben, Staufen!“ nahm ſie jetzt wieder das Wort, „es wäre eine Sünde gegen Ihren Geiſt, gegen Ihre Zeitgenoſſenſchaft, die alle ein Anrecht an ſolche Gaben haben, wenn ſie der Einladung der Tante folgten; dieſe Umgebung dort iſt nichts für ein Talent, das jetzt auf der Höhe ſeiner Schaffens⸗ kraft ſteht. Sie brauchen eine großartige Natur, Meeresbrauſen, neue große Eindrücke!“ „Zunächſt brauche ich wohl Ruhe und die finde ich dort,“ verſetzte Staufen mit einer Gebärde der Ermüdung über ſeine blaſſe Stirn ſtreichend. „Ruhe! O, ich kenne die Ruhe dort, ſie liegt ſchließlich wie ein Alp auf einem, dieſe ermüdende Gleichmaß der Tage, das ich nichts für Sie, Staufen,“ entgegnete Valentine. „Nicht für immer, aber ſo einige Wochen einmal nichts denken, nichts ſchaffen, ach, ich fühle eine namenloſe Sehnſucht nach ſolcher Ruhe für einige Zeit,“ erklärte Staufen. „Aber nur dort ſuchen Sie ſolche Ruhe nicht, Staufen, nur dort nicht,“ ſagte Valentine mit einer Stimme die vor Erregung ganz heiſer klang. „Wie wollen Sie ſich denn auch Erica gegenüber ſtellen,“ ſetzte ſie ſpöttiſch hinzu. Staufen zuckte zuſammen; er gedachte der unſinnigen Bitte, die Erica an jenem letzten Abend an ihn gerichtet, die ſeinen Zorn ſo erregt, und die er nie erfüllen konnte, nein, die erſehnte Ruhe, ſiie war dort auch nicht zu finden. Valentine beobachtete Staufen mit innerem, heimlichen Frohlocken. Die finſtere Falte auf ſeiner Stirn verrieth ihr zur Genüge, daß ſie mit ihrer Frage nach Erica das Rechte getroffen. Jedenfalls gedachte er ſeiner Frau nicht mit der Sehnſucht eines liebenden Gatten. Die ſanfte Art ihrer Tante war es wohl nur allein geweſen, die da plötzlich das brennende Verlangen nach der Ruhe, dem Frieden ihres Landhauſes in ihm wachgerufen hatte. „Die Reiſe nach ihrer Heimath dürfen Sie wenigſtens auf keinen Fall aufgeben, Staufen!“ fuhr Valentine jetzt fort auf ihn einzureden. „Be⸗ denken Sie doch, was Sie ſich dadurch verſcherzen können. Wer weiß, was der Großherzog für Pläne mit Ihnen hat, die Stelle des Intendanten an ſeinem Hofetheater iſt jetzt frei, vielleicht will er Sie damit betrauen und das Theater iſt doch nun einmal Ihre Welt!“ Es war eine leuchtende Ausſicht, die ſie ihm da eröffnete, und mit dieſer Ausſicht wurde auch der Durſt nach Ruhm wieder in ihm lebendig. Wie hatte er nur daran denken können, dieſe Fahrt nach W. aufzugeben, es wäre wirklich die größte Thorheit geweſen. Valentine erſchien ihm in dieſem Moment wie die Vorſehung ſelbſt, die da über ihm gewacht. Er reichte ihr die Hand. „Ich danke Ihnen,“ ſagte er, und als er in ihre leuchtenden Augen ſchaute, erſchien ſie ihm ſo ſchön, ſo begehrenswerth, daß er einen Moment das lebhafte Verlangen fühlte, ſie in ſeine Arme zu ſchließen, als gehörten ſie beide zuſamen für alle nn 8 FJBreortſezung folgt. , ii chli a ce f Aube 1 i u ui i Au N 77 it! 11 m0 . f 1 ie Vel lien . ninig 5 ben 1 we 15 9 0 fle, . l, e