1 ſchloß mit dem Wunſche daß den Anweſenden vergönnt ſein möge auch die goldene Hochzeits⸗ feier mit begehen zu können. Vorſtand Bremer ankte hierauf namens ſeiner Frau und brachte uf das fernere Blühen und Gedeihen des Vereins in Hoch aus. Des allverehrten Landesfürſten nd Protektors gedachte Kamerad Frey und ſchloß it einem dreifachen Hurra. Bei Muſik, Geſang nd Toaſten verlief der Abend in ſchönſter Weiſe nd erſt in ſpäter Mitternachtsſtunde fand die emüthliche Feler ihr Ende. Mannheim, 28. Oktober. Von einem raurigen Verhängniß wurde geſtern die in H wohnende Familie Karl Kühn betroffen. Das zehnjährige Töchterchen durfte geſtern nach langer gefährlicher Krankheit zum erſten Male wieder as Krankenlager verlaſſen. Dabei lehnte es ſich ber das am Fenſter zum Lüften ausgebreitete eckbett und ſtürzte mit dieſem vom 3. Stock uf die Straße. Schwer verletzt verſchied es ald darauf. — Müllheim (Baden), 27. Oktober. Giftmord wurde hier vorgenommen. Das Opfer es Anſchlags iſt die junge Frau des Goldar⸗ eiters Karl Kallmann. Die Frau wollte neuen ein trinken, doch nach dem erſten Schluck ſtürzte e tot zu Boden. Die Obduktion der Leiche hat geben, daß die Frau durch Cyankali vergiftet orden iſt. Wie das Gift in das Glas gekommen iſt, ſoll noch nicht ermittelt worden ſein. Bemerkt ſei noch, daß ſich die Frau in Geſellſchaft ihres annes befand und ſie den Wein nach gethaner rbeit trinken wollte. Im Geſchäft ihres Mannes wird das Cyankali zu techniſchen Zwecken ver⸗ wendet. — Durlach, 28. Oktober. Bahnwart Chriſtof Meier gerieth heute Vormittag beim An⸗ kuppeln von Wagen zwiſchen die Pfuffer und war ſofort todt. Der Unglückliche hinterläßt eine Wittwe und ſechs unmündige Kinder — Wiesbaden, 25. Oktober. Einen nicht geringen Schreck erlitten die Telephondamen des hieſigen Hauptpoſtamtes. Beim Arbeiten an einer Leitung fiel ein Draht auf die Leitung der elektrlichen Straßenbahn herab, ſodaß an der Berührungsſtelle die Flammen emporſchlugen. Die Feuerwehr mußte requirirt werden, um die Drähte zu durchſchneiden. Auf dem Telephon⸗ amt fielen infolge der Berührung, faſt ſämmtliche 700 Klappen herab und mehrere der Damen von den Stühlen. Eine wurde ohnmächtig und konnte erſt nach längerer Bemühung zu Bewußtſein ge⸗ bracht werden. 5 London, 27. Oktober. Einer Lloyd⸗ meldung zufolge ſtießen die Dampfer „Miyagala“ und „Kimhiu“ vor Kobe zuſammen; der erſtere ſank. Hierbei ertranken 60 Perſonen, ſämtlich Japaner. f — Mailand, 26. Oktober. Der Arzt Attilio Lotteri beging geſtern auf entſetzliche Art Selbſtmord. Er lebte mit ſeiner Geliebten und deren ſiebenjährigem Kinde, einem Knaben, zu⸗ ſammen. Der junge Arzt war von Hauſe aus vermögend und hatte auch ein gutes Einkommen aus ſeiner Praxis. Doch war er ſchwindſüchtig. Die naßkalte Witterung der letzten Tage verur⸗ ſachten ihm quälenden Huſten und Lungenblutungen, ſo daß er ſeiner Geliebten und ſeinen Freunden gegenüber häufig von Selbſtmord ſprach. Geſtern hatte er in ſeiner Wohnung mit ſeiner Geliebten und ſeinem Kinde zu Mittag gegeſſen und dabei wiederum die Abſicht geäußert, ſich zu vergiften, ehe ihn ſeine Krankheit noch mehr quäle. Nach Tiſche zog er ſich in ſein Zimmer zurück, erſchien aber alsbald wieder im Speiſeſaal und ſagte ganz ruhig zu ſeiner Gemahlin: „Weißt du, ich habe meinen Plan ausgeführt. In 5 Min. bin ich tot, denn ich habe Strychnin genommen.“ Das arme Mädchen ſchrie laut auf vor Entſetzen und rannte wie wahnſinnig auf die Straße, um einen Arzt zu rufen. Die übrigen Hausbewohner wurden durch den Lärm aufgeſchreckt, und bald wußte das ganze Haus was geſchehen ſei. Ein Arzt war raſch zur Stelle. Aber der Selbſt⸗ mörder lag ſchon in Krämpfen. Seine Muskeln wurden ſteif. Er litt furchtbar. „Ich habe zu wenig genommen,“ murmelte er in einem ruhigen Augenblick, „ſchießt mich tot!“ Bald darauf überkam ihn ein neuer Krampfanfall. Sein Leib beugte ſich, auf die Füße und den Kopf, geſtützt, im Halbkreiſe empor, und im nächſten Augenblick verſchied der Unſelige. [118 Jahre alt.] Belgrader Blätter theilen mit, daß im Orte Fotſcha der 118 Jahre alte Kaufmann Andreas Glogjaja geſtorben iſt. Der ſelbe war zur Zeit der ſerbiſchen Befreiungs⸗ kämpfe gegen die Türken in den Jahren 1806 bis 1812 mit dem damaligen Führer der Serben und Herrſcher Serbiens Karagorgi eng befreundet und hatte ſpäter bedeutende Hondelsseh hen mit Budapeſt, Wien und Paris. Er war bis zu ſeinem nunmehr plötzlich eingetretenen Tode immer geſund und rüſtig und hatte zuletzt im Orte Fotſcha ein kleines Geſchäft, das er allein verſah. Man ſah ihn noch knapp vor ſeinem Tode in den Straßen ſeine gewohnten Gänge — 1 beſorgen. 2 — Die Peſtgefahr. Der „Reichsan en l Bi N zeiger“ ſchreibt: Anläßlich der Peſterkrankung 10rd 7 in Wien iſt anſcheinend im Publikum die Be⸗ Aber, fürchtung verbreitet, es könnte durch ähnliche Ver P, m hältniſſe auch hier ein Ausbruch der Krankheit 1 den Sun herbeigeführt werden. Zu einer derartigen Be 2 u unruhigung liegt kein Anlaß vor. Verſuche mit 5 28. Diib Peſtbazillen an lebenden Tieren werden ſeit langen An f Zeit weder am kaiſerlichen Geſundheitsamt noch am königlichen Inſtitut für Infektionskrankheite noch am hygieiniſchen Inſtitut der hieſigen Uni verſität ausgeführt. Solche Verſuche ſind auch nicht in Ausſicht genommen und um ſo weniger notwendig, als die einſchlägigen Fragen durch die in Indien angeſtellten Unterſuchungen hinläng⸗ lich geklärt wurden und als die im vorigen Jahre von Reichswegen zur Erſorſchung der Peſt nach Indien entſandten Sachverſtändigen Gelegenheit gehabt hatten, erſchöpfende Studien über die Peſt, beſonders über die Art ihrer Verbreitung und die Maßnahmen, die zu ihrer Bekämpfung geeig⸗ net ſind, zu machen. 5 Landwirthſchaftliches. Einen ſehr beachtenswerthen Vorſchlag zur Hebung der Obſtzucht macht der „Praktiſche Rat⸗ geber im Obſt⸗ und Gartenbau“. In den weiteſte Kreiſen der Obſtzüchter macht ſich das Bedürfniß geltend, die Sorten, die jeder von den einzelnen Obſtarten beſitzt, beim richtigen Namen kenne zu lernen. Beſonders für den Verkauf des Obſtes iſt es wichtig, den Namen der Sorten zu wiſſen, um es unter dieſem Namen ausbieten zu können. Da empfiehlt es ſich, bei Obſt⸗Ausſtellungen nebe der Prämiirungskommiſſion noch eine beſonder Sortenbeſtimmungs⸗Kommiſſion zu erwählen, welche J die Aufgabe hat, das ausgeſtellte Obſt mit den mere richtigen Namen zu bezeichnen. Bei Gelegenheit rau e 2. der letzten Ausſtellung des Märkiſchen Obſthau uu zttirlich, vereins in Züllichau hat eine ſolche Kommiſſio ing wacten Verfa beſtanden, und hat ſich die Einrichtung als außer⸗ in Mendez, deer; ordentlich praktiſch bewährt. En lsrigfäiten Nun war er wieder allein mit ſeinen Gedanken. Warum konnte er ſie nicht lieben, und einen kleinen Eheroman in Scene ſetzen, die Scheidung mit Erica antragen, und ſich ein neues Glück, brauchte er überhaupt ein derartiges Glück! Das iſt etwas für die Philiſterſeelen, für die Schlafröcke und Pantoffelmänner, er brauchte etwas ganz anderes, ſein geiſtiges Schaffen, ſeine Erfolge, das ſollte fortan ſein einziges Glück ſein, die ganze Elaſticität ſeiner Natur kam zum Durchbruch als er ſich jetzt erhob und zum Ausgehen rüſtete. Was galt ihm Eheglück, Liebe und Weiber! Er brauchte das alles nicht, hier in den engen Räumen war es ja zum Erſticken. Eine kleinliche Frauen⸗ ſeele hatte der Umgebung ihren Stempel aufgedrückt, überall ſtanden Blumen, Etageren, Nippes, ein denkender, hochfliegender Geiſt konnte ſich hier un⸗ möglich wohl fühlen. Er ging hinüber nach ſeinem Zimmer, ſein erſter Blick fiel hier auf das Käſtchen mit den Frühlingsblumen, die alle traurig die welken Köpfchen hingen, und im Geiſt ſah er ein ſüßes trauriges Geſicht ſich darüber beugen. Mit einem Seufzer ſank er auf den Stuhl nieder, auf welchem Erica in der Nacht geſeſſen, es war doch nicht ſo ganz leicht ſich von ſeiner Frau zu trennen, und es bedurfte ſchließlich ſeiner ganzen Energie, dieſer dehmüthigen Stimmung Herr zu werden. Die dummen Blumen allein waren daran Schuld. Hinweg damit! Das fehlte ihm grade noch, ſolche ſentimentale Gefühlsduſelei zu haben. Frei ſein wollte er, frei leben, und ſich alles zu eigen machen, was die Welt Großes und Schönes bietet, denn dazu war doch ſchließlich auf dieſen Planeten geſetzt, und mit aller Genußfähigkeit aus⸗ geſtattet. Jene Menſchen aber waren Thoren, die das 2 2 5 Leben anders auffaßten, und nur immer an das Ende des Erdendaſeins dachten. Mit ſolchen Gedanken ſtürmte Staufen hinaus auf die Straße, und bald umbrauſten ihn die vollen Wogen des Reſidenzleben, ſie übertönten die leiſe 0 des Sehnens und des Vexlangens nach rica. Mit der ganzen Luſt, mit welcher der kühne, unerſchrockene Schwimmer hinein ſpringt in die brauſenden Meereswogen, ſo ſtürzte er ſich hinein in des Lebens brauſenden Wellen und durchſchwärmte wieder die Nächte wie in ſeiner Junggeſellenzeit. Nur bisweilen, gleich einem Heiligenbild, zu welchem er in voll thörichter Schwärmerei emporgeſchaut, tauchte Erica vor ihm auf. Die Fragen der Freunde nach Erica beant⸗ wortete er leichthin. Sie wäre zu Haus bei ihrer Mutter, um als Naturſchwämerin den Frühling er⸗ wachen zu ſehen, ſagte er lächelnd, auch er würde bald den Wanderſtab ergreifen. Dank der Honorare, die ihm für ſein Schau⸗ ſpiel ſehr reichlich zufloſſen, konnte Staufen für den Sommer die weitgehendſten Reiſepläne machen. Nur einige Afführungen ſeines Stückes auf anderen Bühnen wollte er noch beiwohnen, denn der Durſt nach Ruhm hatte ihn mit ſeiner ganzen verzehren⸗ den Gewalt erfaßt. Wie berauſcht war er, wenn die Menge ihm zujubelte, jeder neue Lorbeerkranz, den man ihm zuwarf, entzückte ihn. Das waren die Götterfreuden, die unendlichen, die nur bevorzugten Sterblichen zu Theil werden. In all dieſem Glückstaumel langte ein Brief Ericas an ihn an und eine wunder⸗ bare Stimmung beſchlich ihn als er ihn öffnete. Ja das waren ihre feinen Schriftzüge, die einſt ſein Herz hatten höher ſchlagen laſſen, aber das war lange, lange Zeit her, und der Inhalt des Briefes war ja auch ein ganz anderer, als jenen thörichten verliebten Tagen. 5 Mühſam ſchien jedes Wort in Ericas Briefe abgewogen zu ſein; hatte ſie nicht gewußt, was ſie ihm ſchreiben ſollte und doch die Pflicht gefühlt, 11 es zu thun; vielleicht hatte auch ihre Mutter ſſe * imd An beeinflußt, denn der alten frommen Dame mit 8 ihren ſtreng chriſtlichen Grundſätzen lag der Ge⸗ 8 drei danke einer Eheſcheidung natürlich weltenfern und A huhn dei: ſie wollte nur eine allmähliche Verſöhnung ein⸗ leiten. Sonderbar war es doch, daß er mit ſeinen freien Lebensanſchauungen in ſolche Beziehungen hineingerathen, wo es doch in ſeiner Bekanntſchaft ſo viele Damen, alte und junge, gab die dieſe ſein 5 Auſichten mit Freuden getheilt, und unbedingt ſich ihm in allen Dingen untergeordnet hätten. Va⸗ lentine zum Beiſpiel. Die Erkenntniß die ihn vor einigen Wochen ſo überraſcht, ſie war ihm jetzt längſt zur Gewißheit geworden, und nicht ohne In⸗ tereſſe beobachtete er die junge Dame, wenn ſie beide, was ſehr häufig geſchah, in Geſellſchaften zuſammentrafen. 2 Bisher hatte er ſie ſtets als einen guten Kameraden angeſehen, mit dem er alles beſprechen konnte, jetzt jedoch ſah er auch das liebende Weib in ihr, ja die Verſucherin. Valentine ſchien es nämlich nicht mehr für geboten zu halten, ihres Herzens geheimes Sehnen vor Staufen zu verber⸗ gen; es leuchtete ſeltſam in ſeiner Gegenwart in ihren Augen, zitterte durch den Klang ihrer Stimme, und ihre erregte Phantaſie wählte ſich die leiden⸗ ſchaftlichſten Scenen aus, wo endlich jede Schranke fallen und Staufen erkennen wür ſie allei ſeines Lebens Glück ſein würde. 8