Politiſches. Berlin, 19. Oktober. Das deutſche Kaiſerpa ar iſt an Bord der „Hohenzollern“ mit faſt 24ſtündiger Verſpätigung, verurſacht durch anhaltende ſtürmiſche Witterung, am Diens⸗ tag Vormittag 9 Uhr in Conſtantinopel eingetroffen. Der Empfang der Majeſtäten in der Reſidenzſtadt des Sultans geſtaltete ſich zu einem wahrhaft großartigen und glänzenden Bilde, in welchem die Farbenpracht und die Lichter des Orients ſo recht zu ihrer Geltung kamen. Kaum waren die erlauchten Reiſenden vor dem kaiſer⸗ lichen Palaſt Dolma Bagdſche gelandet, als ſie daſelbſt von dem Sultan, der ſichtlich freudig be⸗ wegt war, empfangen wurden. Abdul Hamid und Kaiſer Wilhelm, ſchüttelten ſich wiederholt kräftig die Hände, der Kaiſerin drückte der tür⸗ kiſche Herrſcher, ſich tief verneigend die Hand. Nach beendigter gegenſeitiger Vorſtellung des Ge⸗ folges reichte der Sultan der Kaiſerin den Arm und ſchritt mit ihr, gefolgt vom Kaiſer in das Schloß. Nach etwa einviertelſtündigem Aufent⸗ halt verließen der Sultan und das Kaiſerpaar den Palaſt von Dolma Bagdſche wieder und fuhren in glänzendem Zuge durch die geſchmückten Einzugsſtraßen, in denen Militär Spalier bildete, nach dem Nildiz⸗ Kiosk, der eigentlichen Reſidenz des Sultans, wo die kaiſerlichen Gaſte den eigens für ſie erbauten, prachtvoll ausgeſtatteten Pa⸗ villon bezogen. Von demſelben aus ſtatteten der Kaiſer und die Kaiſerin, begleitet von ihrem Ge⸗ folge, dem Sultan alsbald einen Gegenbeſuch in deſſen Gemächern ab, wobei Abdul Hamid mit ſeinen hohen Gäſten längere Zeit in ſeinem Ar⸗ beitszimmer verweilte. Im weiteren Verlauf des Ankunftstages nahmen die kaiſerlichen Majeſtäten das Gabelfrühſtück auf der deutſchen Botſchaft ein, worauf ſie den Vortrag mehrerer Geſangs⸗ ſtücke ſeitens der im Garten aufgeſtellten deutſchen Handwerkervereine zuhörten. Als dann dem Kaiſer von einer Deputation der unter deutſchem Schutze lebenden Schweizer in Conſtantinopel eine Adreſſe überreicht wurde, hielt S. Majeſtät hierbei eine kleine politiſche Anſprache, in derſelben be⸗ tonend, ſeine Politik gegenüber der Türkei ſei ganz die ſeines Großvaters, die zwiſchen ihm und dem Sultan beſtehendeu Beziehungen bewieſen, wie zwei Reiche trotz der Verſchiedenheit in Raſſe und Religion herzliche Freundſchaft mit einander pflegen können. Von der Botſchaft aus ſtattete das Kaiſerpaar der deutſchen Schule in der Vor⸗ ſtadt Pera einen längeren Beſuch ab, dann kehrte es durch die Peraſtraße nach dem Mldiz⸗Kiosk zurück. f Pera, 19. Okt. Die Palais aller Botſck aften und Geſandtſchaften prangen ſeit geſtern früh in Flaggenſchmuck. Außer auf Jildizkiosk und dem Artilleriearſenal wehen überall die deutſchen Fahnen, ſo auf dem Forts von Galata, dem Palais von Dolmabagdſche. Nach weiteren Berichten über den Empfang des Kaiſerpaares kamen am Nachmittag zwei engliſche Stationsſchiffe in Flaggenparade vom Terapin nach dem Stadthafen. Die Dampfbarkaſſe der engliſchen Kolonie brachte dem Kaiſerpaar ſtürmiſche Huldigung dar, ebenſo türkiſche Frauen, die ſich ein Schiff gemietet hatten, um den Kaiſer⸗ paar entgegen zu fahren. Die deutſchen Kriegs⸗ ſchiffe werden allgemein angeſtaunt. Verſchiedenes (Ladenburg, 10. Oktober. Dem Vernehmen nach hat ſich Herr Dr. Carlebach hier in dankenswerteſter Weiſe bereit erklärt, für den Gewerbeverein Ladenburg eine Reihe von Vorträgen über diejenigen Teile des neuen bürger⸗ lichen Geſetzbuches zu halten, welche den Intereſſen des Vereins beſonders nahe liegen. Die Vorträge ſollen jedoch einem allgemeinen Zuhörerkreiſe zu⸗ gänglich gemacht und ein Vortrag auch für Damen beſtimmt ſein. Bei der Bedeutung, welche das neue Geſetzbuch für das ganze bürgerliche Leben hat und bei der bekannten hervorragenden Gabe des Herr Dr. Carlebach, einen Gegen⸗ ſtand ſeinen Zuhörern nicht nur vollkommen klar ſondern auch intereſſant darzuſtellen, iſt zu er⸗ warten, daß die Beteiligung des Publikums an den geplanten Vorträgen eine entſprechend große ſein wird. Näheres wird der Gewerbeverein demnächſt bekannt geben. — Schwetzingen, 19. Oktober. In der vergangenen Nacht wurde in einer hieſigen Wirtſchſchaft eingebrochen. aus dem Schlafzimmer der Wirthin deren Kleider und unterzog ſie im Wirthſchaftszimmer einer gründlichen Reviſton. Es fielen dem Einbrecher, der durch das Fenſter der Wirthsſtube einſtieg und dann in's angrenzende Schlafzimmer ging, eine Uhr und mehrere Geldbeutel in die Hände, auch mehrere Papiere, in denen der Dieb ohne Der Thäter nahm Zweifel Papiergeld vermuthete, wurden mi genommen. — Baden⸗ Baden, 20. Oktober. Heute Vormittag fand hier eine Konferenz der Ober⸗ bürgermeiſter der Städte der Städteordnung ſtatt, an welcher auch Bürgermeiſter Back⸗Straßburg und Bürgermeiſter Fieſer⸗Baden theilnahmen. U. A. gelangte auch die Petition an die Regierung, wegen Milderung der Maßnahmen gegen die Einführung des Schlachtviehs zur Berathung. Ueber die Beſchickung des Pariſer Weltaus⸗ ſtellung referirte Oberbürgermeiſter Gönner, Weitere wichtige Punkte waren: die Abſchaffung eines Ortsſtatuts über Wirthſchaftskonzeſſionen, die Regelung der Gehälter der Volksſchullehrer, Den Vorſitz führte Oberbürgermeiſter Gönner. Herzliche Bitte an Menſchenfreunde. Der vorhandene Raum in unſerer Heil⸗ und Pflegeanſtalt für epileptiſche Kinder in Kork ge⸗ nügt ſchon ſeit einiger Zeit nicht mehr. Zu unſerem tiefſten Leidweſen können wir vielfach dringenden Aufnahmsgeſuchen nicht entſprechen und müſſen Pfleglinge, welche dem Kindesalter entwachſen ſind, häufig ungeheilt entlaſſen, um nötigen Raum zu ſchaffen. Aus dieſem Grunde ſahen wir ung nach reichlicher Prüfung veranlaßt, einen Neubau für weitere 25 Betten aufzuführen und einzu⸗ richten, ſowie mehrere Morgen land wirthſchaft⸗ liches Gelände zur zweckentſprechenden Beſchäftigung der älteren Knaben anzukaufen. Beides ver⸗ urſacht einen Koſtenaufwand von nahezu 60,000 Mark, wovon wir nur einen Theil als Hypotheke aufnehmen können, und für den Reſt ſind wir auf die Hilfe edler Menſchenfreunde angewieſen. In erſter Reihe bitten wir herzlichſt, uns kleiner oder größere, verzinsliche oder unverzinsliche Darlehen gegen Schuldſcheine gewähren zu wollen, für welche unſer Verein im Ganzen haftet; aber auch für freie Gaben, auch für die beſcheidenſten Spenden, ſind wir innigſt dankbar. Darlehen und Geſchenke wollen, gefälligſt an den Juſpektor der Anſtalt, Herrn Pfarrer Wiederkehr, in Kork geſendet werden, welcher die Schuldſcheine oder die Quittungen ausfertigt. Gott, der Herr, wolle Herzen und Hände zum Beſten unſerer arzen Kranken öffnen und alle unſere Freunde u Helfer dafür reichlich ſegnen. Für den Landesausſchuß: Für den Auſſichtsrak E. J. Frhr. v. Göler. Geh. Regierungsrat Feubner, kindiſchen Altweiber⸗Anſichten ſtets hemmend ihm im Wege ſtehen. Mochte ſie in der Ferne denn von ihm hören, leſen, wie die Welt ihn den mo⸗ dernen Schriftſteller feierte und ſchließlich doch be⸗ reuen, daß ſie ihn, das reiche Leben an ſeiner Seite verlaſſen. Aber ſo ſehr er ſich auch bemühte leichtherzig und ſorglos über den Conflict mit ſeiner Frau hinwegzugehen, er nahm doch ſein ganzes Denken gefangen, wie ein greller Mißton war es hinein gefallen in ſeine froh erregte Stimmung. Als er jetzt an ihrem Zimmer vorüber ging, um ſich zur Ruhe zu begeben, ſah er noch Licht durch die nicht ganz zugezogenen Portieren ſchimmern; neugierig ſpähte er hinein. Was that ſie hier noch? Kramte ſie vielleicht ſchon ihre Habſelig⸗ keiten zuſammen? Nein, ſie ſtand am Fenſter mit gefalteten Händen, und ſchaute hinauf zum ſtern⸗ klaren Himmel, leiſe bewegten ſich ihre Lippen, ſie betete. Eine tiefe Bewegung zog durch ſeine Seele. Warum trat er nicht zu ihr heran, nahm ſie in ſeine Arme und ſchlichtete mit einem herzigen Kuß den ganzen Streit. Einen Schritt nur that er vorwärts, dann zog er ſich mit einem ſcheuen Blick auf ſie, wieder zurück, aber die betende Geſtalt verfolgte ihn bis in ſeine Träume. Da ſtand ſie plötzlich als Hauptperſon mitten in ſeinem Schau⸗ ſpiel auf der Bühne, und warf mit einfachen, über⸗ zeugenden Worten all ſeine Lebensweisheit über den Haufen, und ihr allein jubelte man zu, denn ſie allein kündete die Wahrheit, und die andern Perſonen alle, an denen er ſoviel Fleiß, ſein ganzes Können gewandt, ſchwanden vor ihrer ſiegenden Er⸗ ſcheinung dahin wie Schemen. Er ſchlief bis in den hellen Tag hinein, während Erica keinen Schlaf fand und ſchon vor Tagesanbruch das Lager wieder verlaſſen hatte. Mit blaſſem überwachten Antlitz ſtand ſie jetzt em Schlafenden, ſie war in Reiſekleidung, draußen anf dem Corridor ſtand ihr Koffer und das Dienſtmädchen war ſoeben fortgegangen, um eine Droſchke zu beſorgen. Mit zitternden Händen legte die junge Frau ein beſchriebenes Blatt Papier auf die rothſeidene Bettdecke, dann warf ſie noch einen letzten langen Blick auf den ſo ruhig ſchlummernden, und ge⸗ räuſchlos wie ſie gekommen verſchwand ſte wieder. Staufen war nicht erwacht. Unten auf der Straße fuhr die Droſchke vor; ſchwerfällig, als hätte ſie Blei in den Füßen, ſtieg Erica die Treppe hinunter. „Gnädige Frau kommen doch bald wieder?“ fragte das Mädchen, indem ſie ihr beim Einſteigen behilflich war. „Ich weiß nicht, wann,“ lautete die zitternder Stimme gegebene Antwort. Kopfſchüttelnd ging das Mädchen wieder ins Haus zurück, ſie konnte ſich keinen Vers machen aus dieſer plötzlichen Abreiſe der jungen Frau, während der Herr noch ſchlief. Allem Anſchein nach lebten ſie doch beide in der glücklichſten Ehe, und doch mußte etwas vorgefallen ſein, denn die junge Frau war ja ganz verſtört geweſen. Endlich war auch Staufen erwacht und hatte ſich raſch angekleidet. Im bequemen Hausrocke ſaß er in ſeinem Zimmer und ſtarrte auf das Blatt Papier, das er auf ſeiner Bettdecke gefunden. „Ich wollte Deinen Schlummer nicht ſtören, was ſoll uns auch ein Abſchied ſein nach den Worten, die geſtern Abend zwiſchen uns gefallen ſind. Verzeih mir wenn ich nicht recht gethan, ich konnte nicht anders und Du ſelbſt ſchickſt mich ja fort.“ So las Staufen wieder und wieder, als könne er den Sinn der einfachen Worte nicht faſſen. Konnte ſie wirklich nicht anders? Mußte ſie ihn ohne Abſchied verlaſſen? Freilich nach den unſeligen Worten: „Ich war ein Thor, Dich zu meiner Frau zu machen! ußte ſie ja gehen, mit ein Funke von Stolz und Selbſtbewußtſein in ihr lebte, und er war ein Narr, die Sache ſe tragiſch zu nehmen. Hatte das Wort Freiheit auf einmal ſeinen goldenen, beſtrickenden Klang verloren, Er hatte es doch ſonſt ſo hoch geſtellt, und es doch im Stillen beklagt, daß ihm die Flügel als Ehemann doch ſehr gebunden waren. Nun mochte er ſie wieder entfalten, ſeinen Flug höher und höher nehmen, jetzt gab es kein Hemmniß mehr für ihn, den frommen Blicken einer Frau, die ihm oft ſo vorwurfsvoll erſchienen, würde er nie mehr begegnen; wie ſonſt konnte er wieder die Nächte durchſchwärmen, Niemand wurde in ſeinem Schlu mer geſtört, wenn er noch ſo ſpät zu Haus kam — und doch — er konnte deſſen nicht werden, wog das Alles die traute Häuslichkeit auf, die Grieg ihm geſchaffen. Ob ſie den Kaffee für den Herrn bereiten ſolle? fragte das Dienſtmädchen jetzt ſehr wichtig und riß ihn damit aus ſeinen Gedanken. Natürlich mußte er Kaffee trinken, nüchtern konnte er nicht bleiben, ſo folgte er ihr dann nach dem kleinen Eßzimmer. Mit ungeſchickten rothen Händen hantierte die ältliche Magd an der Kaffeemaſchine herum. Staufen dünkte das ein geradezu ſchauder⸗ hafter Anblick, als greller Contraſt ſtand Erieg vor ſeiner Seele, in ihrem blauen Morgenkleide, das Spitzenhäubchen auf dem blonden Köpfchen, wie anmuthig waren alle ihre Bewegungen geweſen, wenn ſie den Kaffee bereitete. Noch nie war ihm das vierſchrötige Mädchen ſo häßlich erſchienenen wie heute, jetzt ſchob die groteske Hebe ihm die bis an den Rand gefüllte Taſſe hin. In dieſem Augenblicke trat Valentine in das Zimmer. Fortſetzung folgt. e N 1 waſcadie aan l u chello ſch — sen dan fie A bier