6 1 Anzeiger für Ladenburg und Umgegend. a de 10 Eicheint jeden Dienſtag und Freitag Abend. 13 925 5 M bo mit e vierteljählich Mark 1.— mit illuſtrirtem Unter⸗ 8 7 100 län haltungsblatt Mark 1.40, frei ins Haus. N i a0 i edaktton verantwortlich: Karl Molitor, a wc Mahn Ladenburg. 8 11 00 10 No. 83. Mittwoch, den 19. Oktober — Politiſches. e Homplot iſt vereitelt. Der deutſche General- en, is. Oetober Dem Bureau 0 Rite wird aus Alexandria gemeldet, daß Al oil vorgeſtern Abend drei Anarchiſten von ee de eite verhaftet worden ſind. Während feigenden Nacht wurden noch weitere 6 fenen verhaftet. Sie ſind ſämtlich Italiener. eite der Verhafteten war der Polizei ie ſeit längerer Seit als Anarchiſt und Mebreiter Anarchiſtiſcher Litteratur wohl ont, In ſeinem Hauſe fand man zwei Ihe kräftige Bomben, die mit Hugeln gefüllt fark mit Draht umwickelt waren. Die oltei in Alexandria hat ſeit langer Seit die en, dah Maschiſten daſelbſt überwacht und auch mit Haushalt flaſteniſchen Polizei Verbindung unter⸗ venn de ien, Die Verhafteten ſind der Polizei be⸗ ait, mit Ausnahme eines einzigen, deſſen Herkunft nicht feſtgeſtellt iſt. Es iſt wahr⸗ ſcheinlich ein neu angekommener Smiſſär. em Anſcheine nach wollten die Anarchiſten Bomben zuerſt im Abdin Palaſte in Kairo gehen den Kaiſer Wilhelm und den Uhediven zugleich gebrauchen. Nach der Aenderung des fat, Reiſeplanes des Kaiſers änderten auch ſie mm, Augenſcheinlich ihre Pläne und vorgeſtern er⸗ Sten hielt die Polizei ein Telegramm vom italie⸗ geiſte, chen Generalkonſul in Kairo, daß zwei herdächtige Anarchiſten von dort nach Port Said über Suez abgereiſt ſeien. Am gleichen hend, ungefähr um 6 Uhr, verhaftete die Polizei einen Cafetier, nachdem ſie erfahren halle, daß er den Stehward eines Schiffes, das geſtern von Alexandria nach Port Said und Sprien abging, beſtochen hatte, eine Niſte Bomben mitzunehmen. Die beiden Ceute aus Kairo ſind noch nicht verhaftet, aber das Anzeigen: Die einſpaltige Corpuszeile oder deren Naum 10 Pfg. Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen Druck und Verlag von Karl Molitor, 6 Pfg., Reklamen 20 Pfg. 8 Ladenburg. 1898. konſul drückte große Genungthuung und auf⸗ richtigen Dank für die erlangte Keſultate aus, die Harrington Bey, dem Hommendanten der Polizei in Alexandria, zur Ehre gereichten. 1. Verſchiedenes Ladenburg, 18. Okt. Der geſtrige Sonn⸗ tag brachte uns die ſeit einigen Wochen vorbereitete Feier des 1800jährigen Beſtehens unſerer Stadt. Dieſelbe wurde am Samstag durch Glockengeläut und Böllerſchüſſe eingeleitet. In der Frühe des Sonntags zeigte aber der Himmel leider ein ſo unfreundliches Geſicht, daß es ſchien, als ſollte das Feſt empfindlich geſtört werden. Dennoch verſam⸗ melten ſich gegen halb 10 Uhr die Behörden, der Feſtausſchuß, die Vereine mit ihren Fahnen und die Schuljugend am Kriegerdenkmale und zogen von da unter Vorantritt der Kapelle Hertel in ſtatt⸗ lichem Zuge durch die reichbeflaggten Straßen zum Portal der Galluskirche. Von hier begaben ſich die Teilnehmer in die Kirchen ihrer Konfeſſionen, wo alsbald der Feſtgottesdienſt begann. In der Synagoge hatte letzterer ſchon tagszuvor ſtattge⸗ funden. Am Nachmittage zog die geſamte Schul⸗ jugend Ladenburgs in den Saal des Gaſthauſes zum Anker zu einer beſonderen Feier. Die Schüler ſangen unter Leitung des Herrn Reallehrers Schmitt⸗ helm drei hübſche Lieder und trugen Gedichte vor, die auf Ladenburg Bezug haben. Viele Freude bereitete den jungen und älteren Zuhörern ein von Herrn Waldeck aus Mannheim verfaßtes Gedicht in Pfälzer Mundart, das in humorvoller Weiſe Altes und Neues aus der Geſchichte unſerer Stadt und ihrer Bewohner ſchilderte. Herr Hauptlehrer Weitzel wies hierauf in ſeiner Feſtrede auf die wechſelvollen Geſchicke unſerer Stadt hin, ſchilderte die Bedeutung der Heimat für das Leben jedes einzelnen und richtete an die Kinder die Mahnung, ihrer Vaterſtadt ſtets Anhänglichkeit zu bewahren und ihr durch Fleiß und geſittetes Verhalten auch im ſpäteren Leben Ehre zu machen. Die eindring⸗ lichen Worte ſchloſſen mit einem Hoch auf Seine Kgl. Hoheit den Großherzog. Nach der Feier ließ die Geneinde Bretzeln an die Schulkinder verteilen. Hierauf wurden unter Führung des Herrn Stadtpfarrers Sievert die hier noch vorhandenen Altertümer beſichtigt. a Gegen 8 Uhr abends verſammelten ſich die Feſtteilnehmer von hier und auswärts zur Haupt⸗ feier, dem Bankett, das von Herrn Bürgermeiſter Petermann geleitet wurde. Leider vermochte der große Saal des Gaſthauſes zum Anker die Menge der Erſchienenen bei weitem nicht zu faſſen, und wir dedauern namentlich, daß mehrere Herren, die aus Anlaß dieſes Feſtes ihre Vaterſtadt Ladenburg wieder beſuchten, keinen Platz mehr finden konnten. An den für die Ehrengäſte reſervierten Tiſchen nahmen Platz aus Mannheim: Der Vorſtand des Großh. Bezirksamts, Herr Geh. Regierungsrat Pfiſterer, Herr Bürgermeiſter Ritter, Herr Hochbauinſpektor Uhlmann, Herr Waldeck, der Verfaſſer des oben genannten Pfälzer Gedichtes, ſowie eine Deputation des Mannheimer Altertums⸗ vereins, beſtehend aus den Herren Major Seu bert, Profeſſor Baumann, Profeſſor Dr. Claaſen, Profeſſor Maurer und Rechtsanwalt Dr. von Freydorf; aus Heidelberg: Herr Chriſt, deſſen unermüdlichem Forſchungseifer wir die Aufhellung ſo manches dunkeln Gebietes der Geſchichte unſerer Pfalz verdanken; aus Karlsruhe: Herr Oberlandes⸗ gerichtsrat Chriſt, früher Vorſtand des Mann⸗ heimer Altertumsvereins. Das reichhaltige Programm umfaßte in ſeinem muſikaliſchen Teile Vorträge der Kapelle Hertel und Geſänge. Bezüglich der allgemeinen Lieder Die Abgründe. Novelle von F. Stöckert. 5 8. Fortſetzung. (Nachdruck verboten.) „Sagen Sie ſelbſt, gnädiges Fräulein,“ wandte der Herr ſich jetzt direct an ſie, „müßte es nicht berboten werden, ſolch ein Stück, wo allem Glauben, aller Religion der Fehdehandſchuh hingeworfen wird, in einem chriſtlichen Staat, der doch noch ſeine Uläubigen Herzen und ſeine Kirchen hat. Wie kann Man Menſchengröße als alleiniges Ideal predigen, und ſie in ſolcher Geſtalt erſtehen laſſen wollen! und was das ſchlimmſte iſt, das Stück iſt feſſelnd geſchrieben, hat einzelne große Schönheiten, man fühlt den Flügelſchlag des Genius durch all den Sumpf des Naturalismus doch hindurch, und durch solche Vorzüge wird es ſeine ſchändliche Wirkung nicht verfehlen, namentlich den ſchwachen, zweifelnden Gemüthern gegenüber. Das iſt eine böſe, böſe Sgat, die hier ausgeſtreut wird!“ Ach wie recht hatte der Herr. Mit einem faſt irren Blick ſah die junge Frau zu ihm auf. Sie befand ſich in grenzenloſer Aufregung. Daß Staufen mehr hatte, das wußte ſie ja längſt, aber dieſes ſein Glaubensbekenntniß öffentlich mit aller Gewalt der Rede ausſprechen zu hören, war von erſchütternder Wirkung für ſie geweſen. Wie eine Träumende ſchwenkte ſie zur Logenthür hinaus, der alte Herr ſchaute ihr verwundert nach. „Und ſolch ein nervöſes junges Ding kommt ganz allein hierher, ſolch ein Schauspiel zu ſehn,“ murmelte er kopfſchüttelnd, während unter ihm das erregte Publikum lärmte, und die Künſtler und den Dichter des Stückes heraus rief. Auch Erica vernahm dieſe Ruhe noch, als ſte jetzt ihren Mantel umhing und das Geſicht, wie ihr Valentine gerathen hatte, mit einem dichten Schleier verhüllte, damit ſie Niemand erkennen ſollte. Dann eilte ſie die Treppe hinunter, beſtieg eine Droſchke, und befand ſich nach kaum emer halben Stunde wieder in ihrer behaglichen Wohnung. Wäre es nicht beſſer geweſen, ſie hätte dieſen ſtillen, trauten Raum heute nicht verlaſſen? So fragte ſie ſich und wie würde Staufen es auf⸗ nehmen, wenn er erfuhr, daß ſie ſein Stück ge⸗ ſehen. Erfahren aber mußte er es heute noch! Sie wollte ſeine Rückkehr abwarten, und wenn ſie ſtundenlang hier ſitzen ſollte, dann wollte ſie ihm alles beichten und ihn beſtürmen, das Stück nie wieder aufführen zu laſſen. Dieſe böſe Saat, wie der alte Herr ſich ausgedrückt, durfte nicht weiter ausgeſtreut werden. Ihre ganze Beredſamkeit wollte ſie aufbieten, Staufen dazu zu beſtimmen. Was konnte ihm euch an dieſem lauten, jubelnden Beifall liegen, in welchen die Meiſten doch nur gedanken⸗ los mit eingeſtimmt hatten. Ach, ſie hatte keine Ahnung, wie berauſchend ein ſolcher Beifall auch von der gedankenloſen Menge auf einen ehrgeizigen Menſchen wirkt, und wie entnüchternd es für ihn ſein mußte, wenn ſie heute noch eine derartige Bitte an, ihn richten würde. ihre Mutter in dem Begleitſchreiben der Die Zeit ſchien keine Flügel am heutigen Abend für Erica zu haben, träge und laugſam ſchlich ſie dahin. Sie hatte ein wenig Klavier ge⸗ ſpielt, und ging nun hinüber nach dem Zimmer ihres Mannes; vielleicht waren in ihrer Abweſen⸗ heit noch Briefe angekommen; ſeit einigen Tagen ſchon erwartete ſie einen von ihrer Mutter, die Poſtſachen wurden ſtets hier hineingelegt, ſuchend ſchaute ſie um, richtig da ſtand ein Packet auf dem Schreibtiſch, das kam aus der Heimath, ſo ſorg⸗ fältig verſchnürte und verſigelte nur ihre Mama nach alter Sitte. Sie löſte den Bindfaden ab und öffnete den leichten Deckel, in Moos und Tannen⸗ zweigen gebettet lagen da die erſten Frühlingsboten Schneeglöckchen und Anemonen. Sie ſtarrte darauf, als hätte ſie dergleicheu noch nie geſehn, als wären ſie ein Gruß aus einer andern beſſern Welt. Ein Frühlingsgruß aus der Heimath! ſchrieb Sendung, und erzählte dann von ihrem ſtillen Leben, wie ſie jede Stunde des Tages ihrer fernen Kinder ge⸗ dächte. Auch der Aufführung der „Abgründe“ gedachte ſie, ſie hätte in der Zeitung davon geleſen, und würde nun wohl den ganzen Abend mit ihren Gedanken bei ihnen weilen. Wenn die Blumen noch zur rechten Zeit au⸗ gelangen ſollten, möchte Erica ſie Benno geben, es wären freilich keine Lorbeeren für die Dichter⸗ ſtirn, dafür werden ſchon andere ſorgen. Sie hatte natürlich keine Ahnung, die gute