Kairo, 5. Sept. (Sudanfeldzug) Die Armee der Derwiſche wurde vollſtändig geſchlagen. Die letzte Depeſche Kitchener Paſchas beſagt, der Reſt der Streitkräfte des Kalifen habe ſich ergeben. Kitchener Paſcha habe eine große An⸗ zahl Gefangener, Kavallerie ſei noch auf der Verfolgung des Khafjifen begriffen, welcher ſich mit nur 140 Mann anſcheinend nach Cordowa verſchifft habe. Kitchener Paſche habe ſich am Samſtag nach Chartum begeben und die Stadt als Ruine vorgefunden. Die Verwundeten wurden den Fluß hinabbefördert. Die öſterreichiſche Schweſter Thereſa Grogolini und alle europäiſchen Gefangenen ſind befreit und befinden ſich wohl. Unter den Einwohnern von Obdurman herrſcht große Freude über die Ankunft Kitchener Paſchas. Verſchiedenes — Ladenburg, 6. Sept. Am Sonntag den 11. l. Is. mittags 12 Uhr findet im Saale des Gaſthauſes zum Erbprinzen in Wiesloch anläßlich der Eröffnung der dortigen Lokal⸗Gewerbeaus⸗ ſtellung ein Gautag mit nachfolgender Tages⸗ ordnung ſtatt: 1. Bericht des Vororts über die Thätigkeit des Verbands und Berichterſtattung über die Verhandlungen der 7. Hauptverſammlung des Verbandes deutſcher Gewerbevereine in Erfurt. 2. Das Submiſſionsweſen in den Gemeinden. 3. Wäre es dem Handwerkerſtand möglich, durch ge⸗ noſſenſchaftlichen Zuſammenſchluß ſeine Lage zu verbeſſern — welche Genoſſenſchaftsform würde ſich hierzu am beſten eignen? Der hieſige Gewerbeverein wird durch eine größere Anzahl ſeiner Mitglieder vertreten ſein, denen noch nähere Mitteilung zukommen wird. — Heidelberg, 3. Sept. Heute mittag verſchied nach längerem ſchwerem Leiden der ba⸗ diſche und preußiſche Landtagsabgeordnete, Konſul Karl Weber, früher auch Reichtagsabgeordneter für Heidelberg. Er gehörte der nationalliberalen Partei an. — Schweigheim, 3. Sept. Während tenen Brigademanöver von zwei Infanterie⸗ und zwei Kavallerie⸗Regimentern kamen bedauerliche Unglücksfälle vor. Bei einer Reiterattacke über einen Abhang hinuter auf Infanterie ſtürzte ein Dragoner mit ſeinem Pferde, wodurch noch etwa 20 Reiter zu Fall kamen, ſo daß Pferde und der heute zwiſchen hier und Winnenden abgehal⸗ Mannſchaften einen wirren Knäuel bildeten. Von den Geſtürzten erlitten mehrere Beinbrüche und Quetſchungen, andere wurden durch Lanzenſtiche ſchwer verletzt. Zwei Reiter ſollen tödtlich ver⸗ wundet ſein. Auch verſchiedene Pferde wurden verletzt, eins blieb todt am Platze. — Mittelbexbach (Pfalz.), 4. Sept. Bei einer Truppenübung ſtürzte das Pferd eines Chevauxlegers über einen Grenzſtein. Bei dem Sturz ſtieß ſich der Reiter die Lanze in den Leib, ſo daß er ſofort ſtarb. — Marburg, 5. Sept. In Goennern bei Jütenkopp entſtand geſtern ein Großfeuer, welchem 30 Gebäude zum Opfer fielen. Das Elend iſt ſo groß, da nicht viel verſichert war. Kinder ſollen durch Spielen mit Streichhölzer den Brand verurſacht haben. 0 — Stadtilm, 4. Sept. Das altgothiſche Bauwerk, die Stadtkirche, wird uns nun doch er⸗ halten bleiben. Die drei Geld⸗Lotterien von je 80 000 Looſen, A M. 3,30, welche die Fürſtlich Schwarzburgiſche Regierung für Reſtauirung der Kirche genehmigt hat, ſind von weiteren ſieben⸗ zehn deutſchen Bundesſtagten zum Vertrieb zu⸗ gelaſſen. Die Inſtandſetzung des kirchlichen Baudenk⸗ mals iſt gewährleiſtet, nachdem das bekannte Bankhaus Carl Heintze die drei Geld⸗Lotterien übernommen hat, von denen die zweite Ziehung erſter Lotterie bereits am 14. September d. J. in Gotha ſtattfindet. — Zerbſt, 4. Sept. (Vier Kinder ver⸗ brannt.) In dem Nachbarorte Gehrden kamen vier Kinder auf entſetzliche Weiſe ums Leben. Die Eltern hatten die Kinder zu Bett gebracht und ſich dann entfernt. Zwei junge Katzen, welche im Schlafzimmer zurückgeblieben waren, warfen die brennende Lampe um. Infolge deſſen geriethen die Betten in Brand, und die bedauernswerthen Kinder verbrannten. — Berlin, 3. Sept Auf Befehl des Kaiſers wird der Cultusminiſter Dr. Boſſe, wie die „Kreuzzeitung“ erfährt, an der bevorſtehenden Einweihungsfeier in der Erlöſerkirche in Jeruſalem Theil nehmen. — Die „Konſerv. Correſp.“ theit das Gebet des Fürſten Bismarck aus ſeinen letztendebenstagen mit. Danach habe der Alt⸗ reichskanzler den Allmächtigen mit lauter Stimme angefleht, ihm ein ſanftes Ende zu beſcheeren und das geliebte deutſche Vaterland einig, ſtarkzu erhalten. — Wellingborough, g. September. [Eiſenbahnunglück!! Aus North Hampton wird gemeldet: Der Expreßzug London⸗Mancheſter ent⸗ gleiſte in dem hieſigen Bahnhof, da zwei junge Burſchen einen beladenen Gepäck⸗Karren, kurz ehe der Zug mit einer Geſchwindigkeit von 50 engl. Meilen per Stunde einlief, auf das Geleise ge · ſchoben hatten. Mehrere Waggons gingen i Trümmer, einer fing Feuer. Ein Heizer und zwei Reiſende wurden getötet, 25 Perſonen verletl Landwirthſchaftlichs. Es iſt ja bekannt, einen, wie großen Segen für die Obſtzüchter die ſogen. Formgläfer bilden, Gläſer, die dazu dienen, in den Obstgärten ſchäd⸗ liche Inſekten, beſonders den Apfel wickler, web. zufangen. Bisher wurden die Gläſer immer mt vergorenem, ſüßem Gelees gefüllt und, da die Beſchaffung ſolchen Gelees nicht immer leicht, war die Sache etwas umſtändlich. Wie Freihert v. Schilling in der neueſten Nummer des pegk⸗ tiſchen Ratgebers im Obſt und Gartenbau mitteilt, kann eine noch beſſere Fangwirkung erzielt werden, wenn man die Gläſer ſtatt mit Gelee mit verdünntem gezuckerten Bier oder mit einer Brühe aus abgekochten Apfelblättern füllt. Wir verweiſen auf den für jeden Obſtzüchter hochin⸗ tereſſanten Aufſatz des unermüdlichen Gelehrten die betreffenden Nummer des praktischen Ratgebers wird auf Wunſch umſonſt von dem Geſchäftsamt in Frankfurt a. der O. zugeſchickt, — Aus Baden, 4. Sept. Die Hopfen⸗ preiſe haben geſtern wieder bedeutend angezogen. In Schwetzingen wurden geſtern 28 Ballen ver⸗ kauft, die 140 Mark und Trinkgeld per Center bezahlt wurden. — In Sandhauſen wurden geſtern ſogar 160 Mk. für trockene Waare be⸗ zahlt. Die Produzenten halten aber trotz dieſer hohen Preiſe mit ihrer Waare noch zurück. Schwetzingen, 5. Sept. Auf der ſtädtiſchen Waage wurden geſtern 39 Ballet Hopfen abgewogen zum Preis von 150160 Mk. — In Oftersheim wurden am Samſtag Hopfen um den Preis von 170—180 Mk. ver⸗ kauft. Die Ernte wird dieſe Woche ihr Ende nehmen. — Auch in Hockenheim iſt das Hopfen⸗ geſchäft in vollem Gauge und wird die Ern bis Mitte nächſter Woche beendet ſein. Der Preis bewegt ſich zwiſchen 120—140 Mk. für halbtrockene Waare. „Das wäre vielleicht das Beſte, erwiderte jener hart und ſchlug krachend die Thür hinter ſich zu. 4. Ein paar Jahre ſpäter war es, da war der ffnungsvolle junge Mann Adolf von Berg zum Profeſſionsſpieler der ſchlimmſten Sorte herabge⸗ ſunken, denn die Sucht ſich nochmals durch das Spiel zu retten, hatte ihn ruinirt. Den bunten Rock hatte er ſchon lange ausgezogen. Es war nicht lange nach jener Spielnacht, als ihm einer der Kameraden das Wort „Betrüger“ in's Geſicht leuderte. Am andern Tage veranſtalteten die beiden 8 übliche Duell und vierzehn Tage ſpäter hatte Berg ſeinen Abſchied in der Taſche, daß er ſo klimgflich davon kam, hatte er nur dem Wunſche des Kommandeurs zu verdanken, der einen größeren Skandal zu vermeiden trachtete. Und ſeine Mutter? Die Aermſte legte ſich, m nicht wieder aufzuſtehen. Sie ſchied aus dem eben ohne verziehen zu haben. Das arme Mädchen, welches ſich ſo freudig 3 ſeine Braut bekannt hatte, ſah ihn nicht wieder, als am Tage des Begräbniſſes der Mutter. Es war aus zwiſchen ihnen, ohne daß ſie ein Wort gewechſelt hatten. Dieſes alles ging an Berg vorüber, ohne daß viel Reue empfunden hätte; ihm war das Ehr⸗ fühl in ſeiner Bruſt abhanden bekommen, ſeit er ſein Ehrenwort nicht gehalten und der Spielteufel ort eingezogen war. Nur einmal noch traf ihn ne ſchmerzliche Empfludung. Sein Koffer war chon gepakt, er wollte mit dem Nachtzuge nach erlin fahren, da traf er den Baron Stolzing auf r Straße. Er ſchritt auf ihn zu, um Adieu zu ſagen, doch jener ſtreckte die Hände in die Paletot⸗ ſchen und ging an ihm vorüber, als wäre er Luft. In Berlin fand Berg bald die für ihn paſſende Geſellſchaft, jene unheimlichen internationalen Spieler, die ſich ohne Loſungswort erkennen und die ſich, wie die Raben auf dem Schlachtfelde, in⸗ ſtinktmäßig zuſammen finden, wo es etwas zu plündern giebt. Der Schlußefect war der, daß er daß er bald neue Freunde gewonnen hatte, die ſich um ſo eifriger ſeiner annahmen, als ſie er⸗ fuhren, welches Mißgeſchick ihn getroffen hatte. „Ja,“ ſagte der eine, ein älterer Herr mit grauem Schnurrbart, der das Ausſehen eines jo⸗ vialen ehemaligen Mayors hatte, „es kann auch einmal einem Erfahrenem paſſieren, daß er „getappt“ wird. Daraus muß man ſich nichts machen — die Wekt iſt groß. Dieſer „Edle“ würdigte ihn in der Folge ſeine beſondere Freundſchaft und unterſtützte ihn mit ſeinen trefflichen Rathſchlägen, um das Glück⸗ ſpiel ſich zu Gunſten zu korrigiren, wie der beliebte Kunſtansdruck raffinirter Falſchſpieler heißt. 55 Es war in Baden⸗Baden, kurz nach dem glor⸗ reichen deutſch⸗franzöſiſchen Feldzuge, und zu der ſommerlichen Zeit der großen Wettrennen, zu denen ſich ſtets viele Glücksritter zuſammenfanden. Adolf von Berg trieb ſich auf dem Sattelplatz umher. Er wettete viel und ſtreckte vorſichtig die Fühlhörner aus, um für den Abend eine Anzahl ſpielluſtiger Herren zuſammen zu bekommen. Da begegnete ihm ein hochgewachſener Herr in Civil — er hatte ein ſieifes Bein und ſtützte mit der Rechten auf einen Stock, — den linken Arm hatte er einer Dame gegeben, die ihn liebe⸗ voll ſtützte. Es war Herr von Pöllnitz, dem er damals auf der Hauptwache die vierzigtauſend Mark abgenomen, und die Dame, die er am Arme führte, war — Elli, Berg's ehemalige Braut. Adolf von Berg war gegen ſentimentale Ar wandlungen in letzter Zeit ſehr abgehärtet, doch in dem Augenblick überkam ihn ein ſehr ſchmerzliches, ſein Herz aufwühlendes Gefühl, als er dieſes Drama aus ſeiner beſſeren Vergangenheit wieder vor ſich lebendig werden ſah. Ein Gedanke puälte ihn beſonders: Wie waren die beiden Menſchen zu ſammes gekommen? 5 Er zog Erkundigungen ein und noch am ſelben Tage erfuhr er, daß dies Paar ſich im Feldzuge kennen gelernt habe, als Pöllnitz bei Mars⸗la⸗Tour ſchwer verwundet worden und Elli dort Kranken- pflegerin war. An jenem Abend hatte Berg dann ein unbe⸗ hagliches Gefühl, wie das einen nahenden Unglücks, Ein Freund, dem er davon Mittheilung machte, rieth ihm, heute Abend die Hände vom Spiel du laſſen, denn ſo eine ſchlimme Ahnung ſei ſtets eine „Warnung.“ Aber Berg lachte über ſeinen Freund und . ſchalt ihn abergläubiſch. Dann begann das Spiel und Berg betheiligte ſich bei demſelben. Es waren einige unheimliche Geſellen darunte, die ihm beſonders mißfielen. Er hielt die Bank und hatte das Eröffnungsſtück mit der üblichen Eleganz vollzogen, — alſo die vom Wirthe ge lieferten neuen Karten mit den eigenen, unmerklich „gezinkten,“ wie der Kunſtausdruck heißt, vertauſcht. Eine Weile ſpielte Berg mit ziemlichem Glück und hatte nicht nöthig, ſeine ſchwindelhaften Kniffe in Anwendung zu bringen; dann aber kam ein Satz, der ſelbſt ihm, dem alten Spieler zu hoch erſchien — es ſtanden dreißigtauſend Mark auf den König. Seine Bank war geſprengt wein er verlor. 4 1