Ladenburger Anzeiger für Ladenburg und Umgegend. Dienstag und Freitag Abend. 5 0 Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unter 5 haltungsblatt Mark 1.40, frei ins Haus. Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg. 0 Anzeigen: Die einſpaltige Corpuszeile oder deren 5 Raum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg., Reklamen 20 Pfg. Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. 0 A0. 69. B Mittwoch, den 31. Auguſt 1898. k ͤ—:ꝛꝛͤ—ꝛ Ä—-:„1 eee dane ene eres eee 5 — — Der Naiſer uon Rußland als Welt- feſten Fuß gefaßt. Die Erhaltung des Friedens ſo weiter hinzieht, ſie in verhängnißvoller Friedens fürſt. Petersburg, 28. Aug. Der Regier⸗ ungsbote veröffentlicht eine Kundgebung des Zaren worin allen Mächten Abrüſtung und 5 . g ö hörlichen Küſtungen ein Siel zu ſetzen, und die Berufung einer internationalen Honferenz Grade ihre Militärmacht entwickelt und fahren Mittel zu ſuchen, dem Uuheil vorzubeugen, hierfür vorgeſchlagen wird. fort, ſie zu verſtärken, ohne por irgend einem das die ganze Welt bedroht, das iſt die höchſte 0 55 . 1 Opfer zurückſchrecken. Alle ihren Bemühungen Pflicht, welche ſich heutzutage allen Staaten Der Wortlaut dieſer bedeutſamen Kund⸗ bung iſt folgender: Auf Befehl des Haiſers überreichte Graf Murawiew am 24. Auguſt cr. allen in Pe⸗ lersburg akkreditirten auswärtigen Vertretern hachſtehende Mittheilung: Die Aufrechterltung des allgemeinen Friedens und eine mögliche „. chend bilg Ladechg nge h Herabſetzung der übermäßigen Küſtungen, produktiver Weiſe aufgezehrt. Hunderte von kommenden Jahrhunderts ſein. Sie würde in e welche auf alle Nationen laſten, ſtellen ſich in Millionen werden aufgewendet, um furchtbare einem mächtigen Bündel die Beſtrebungen „ . 80 der gegenwärtigen Cage der ganzen Welt als Serſtörungsmaſchienen zu beſchaffen, die heute aller Staaten vereinigen, welche anfrichtig da⸗ ein Ideal dar, auf das die Bemühungen aller Kegierungen gerichtet ſein müßten. Das humane und hochherzige Streben Seiner Majeſtät des Haiſers, meines erhabenen Herrn, iſt ganz dieſer Aufgabe gewidmet. In der Ueberzeugung, daß dieſes erhabene End⸗ ziel den weſentlichſten Intereſſen und den be⸗ rechtigten Wünſchen aller Nächte entſpricht glaubt die kaiſerliche Regierung, daß der gegenwärtige Augenblick äußerſt günſtig dazu ſei, auf dem Wege internationaler Beratung die wirkſamſten Mittel zu ſuchen, um allen Völkern die Wohlthaten wahren und dauernden Friedens zu ſichern und vor allem der Fort⸗ ſchreitenden Entwicklung der gegenwärtigen Küſtungen ein Siel zu ſetzen. Im Verlaufe der letzten zwanzig Jahre hat der Wunſch nach einer allgemeinen Beruhigung in dem Empfinden der ziviliſirten Nationen beſonders U ten rbſeg iſt als Endziel der internationalen Politik auf⸗ geſtellt worden. Im Namen des Friedens haben große Staaten mächtige Bündniſſe mit einander geſchloſſen, um den Frieden beſſer zu wahren, haben ſie in bisher unbekanntem haben demnach das ſegensreiche Ergebnis der erſehnten Friedensſtiftung noch nicht zeitigen können. Da die fianzellen Laſten eine ſteigende Kichtung verfolgen und die Volkswohlfahrt in ihrer Wurzel treffen, ſo werden die geiſtigen und phyſiſchen Uräfte der Völker, die Arbeit und das Kapital zum größten Teile von ihrer natürlichen Beſtimmung abgelenkt und in un⸗ als das letzte Wort der Wiſſenſchaft betrachtet werden und ſchon morgen dazu verurtheilt ſind, jeden Wert zu verlieren infolge irgend einer neuen Entdeckung auf dieſem Gebiet. Die nationale Kultur, der wirtſchaftliche Fortſchritt, die Erzeugung von Werthen ſehen ſich in ihrer Entwicklung gelähmt und irrege⸗ führt. Daher entſprechen in dem Maaße wie die Küſtungen einer jeden Macht anwachſen dieſe weniger und weniger dem Zwecke, den ſich die betreffende Regierung geſetzt hat. Die wirthſchaftlichen Kriſen ſind zum größten Teil hervorgerufen durch das Spſtem der Küſtungen bis auf's äußerſte und die ſtandige Gefahr, welche in dieſer Uriegsſtoffanſammlung ruht machen die Armee unſerer Tage zu einer er⸗ drückenden Laſt, welche die Völker mehr und mehr nur mit Mühe tragen können. Es iſt deshalb klar, daß wenn dieſe Lage ſich noch Weiſe zu eben der Uataſtrophe führen würde welche man zu vermeiden wünſcht, und deren Schrecken jeden Menſchen ſchon beim bloßen Gedanken ſchaudern machen. Dieſen unauf⸗ aufzwingt. Durchdrungen von dieſem Gefühl hat Seine Majeſtät geruht, mir zu befehlen, daß ich allen Regierungen, deren Vertreter am kaiſerlichen Hofe accreditiert ſind, den Zu⸗ ſammentritt einer Honferenz vorzuſchlagen, welche ſich mit dieſer ernſten Frage zu be⸗ ſchäftigen hätte. Dieſe Konferenz würde mit Gottes Hilfe ein günſtiges Vorzeichen des mit bemüht ſiud, den großen Gedanken des Weltfriedens triumphiren zu laſſen über alle Elemente des Unfriedens und der Swietracht. Sie würde zugleich ihr Zuſammengehen be⸗ ſiegeln durch eine ſolidariſche Weihe der Prin⸗ zipien des Kechts und der Gerechtigkeit, auf denen die Sicherheit der Staaten und die Wohlfahrt der Völker beruht. Politiſches. Wien, 28. Aug. Das „Fremdenblatt“ beſpricht die Enthüllung des Zarendenkmals in Moskau und hebt die Betheiligung Oſterreich⸗ Ungarns und Deutſchlands bei dem Feſte hervor, wodurch der pietätvollen Ehrenpflicht entſprochen wird, gegenüber dem hochherzigen Regenten, deſſen Rußland auf das Wichtigſte beeinflußte. Walten die kulturvolle und politiſche Entwickelung Das Blatt gedenkt des entſcheidenten Antheils Alexan⸗ 7 Der Spieler. Novellette von Fr. Ferd. Tamborin i. (Nachdruck verboten.) „Ich wüßte nicht wie! Elternloſe Braut ohne Mitgift, auf die Mildthätigkeit unbemittelter Familienangehöriger angewieſen, dürfte ſchwerlich mit Fortunas Füllhorn in Berührung kommen.“ „Bei wem hält ſich Ihre Braut auf?“ Die Unterhaltung wurde durch den Hinzutritt einiger Offiziere geſtört, die grüßend näher getreten waren. „Wollen die Herren nicht mit?“ ſchnarrte der lange Secondelieutenant Bollwitz. Adolf von Berg zog ſeine Uhr. „Wie ſchon neun Uhr ? Ich bedaure — habe morgen ſehr früh Dienſt —“ „Dienſt, Dienſt!“ ſchallte es im Chor. der Hauptwache iſt auch Dienſt!“ f „Ah,“ ſagte Baron, drohend den Zeigefinger erhebend, „es ſoll wohl wieder geſpielt werden?“ f Das Reſultat der noch einige Minuten währ⸗ enden Unterhaltung war, daß ſämmtliche Offiziere zur Hauptwache aufbrachen. Der lange Lieutenant Bollwitz drängte ſich auf dem Wege an Berg heran fragte: „Haben Sie Geld bei ſich, Kamerad?“ Als der Angeredete bejahte, fuhr er fort. „Na, dann kommen Sie nur getroſt mit; auf der „Auf Hauptwache wird Schlacht ſich gehen.“ Nach etwa zwanzig Minuten war das Dienſt⸗ gebäude erreicht. In dem kellerartigen weiten Raume, der das Offizierquartier der Hauptwache bildete, ſaßen beim Scheine einer mattbrennenden Petroleumlampe etwa fünfundzwanzig Offiziere um den unpolierten Holztiſch herum, alle Waffengattungen durcheinander, eine große vor „Bei einer Tante, der Conſiſtorialräthin Infanterie, Artillerie, Pionire, etliche vom Train waren enger zufammengerückt und in ihren 5 Augen Fiſcher —“ — ein kaleidoscopiſches Bild. Man ſchwatzte und glänzte die Gier nach dem Beginn des berückenden lachte durcheinander, trank von dem üblichen Wach⸗ fäßchen und rauchte, daß die Luft kaum mit einem Säbel zu durchhauen war. a „Sehen Sie,“ ſagte Baron Stolzing zu Berg, „das ſind die Spielratten der ganzen Garniſon. Wenn Lehndorf die Wache hat, dann kommen ſie aus ihren Schlupfwinkeln herausgekrochen, als gäbe es hier auf der Hauptwache Zucker.“ „Es ſcheint gute Stimmung vorhanden zu ſein,“ entgegnete Berg. „Immer, mein Lieber,“ flüſterte Stolzing. „Wenn die letzten Poſten abgelöſt ſind, geht's los.“ „Ich habe noch nie geſpielt,“ ſagte Berg. „Alſo ein Neuling, na, denn bieten Sie dem Glück einmal die Hand, den Neuen iſt Fortuna hold, — legen Sie eine kleine Bank.“ „Ich ſagte Ihnen ja, Baron, daß ich noch nie Hazard geſpielt habe,“ verſetzte Berg ſchüchtern. Baron Stolzing lachte. „Na eben drum, 2 ſchüchterner Jüngling. Sie müſſen ſich heute Goldi viel Gold gewinnen. Was giebt's denn auch dabe groß zu thun? Sie nehmen den Würfelbecher, und ſtürzen ihn um; das andere kommt von ſelbſt. Ein vorzügliches Spiel und das einzig wahre — iſt die „luſtige Sieben.“ Werden's ſchon lernen!“ Eine Viertelſtunde ſpäter hatte Adolf von Berg den Würfelbecher in der Hand. Die Kameraden Spiels. Vor Lieuteuant Berg war ein großer Bogen Papier ausgebreitet, an deſſen Kopfende eine große „Sieben“ ſtand mit darunter befindlichem ſenkrechtem Strich, und rechts und links davon waren die Zahlen von zwei bis zwölf angebracht. Neben dem jungen Lieutenant war ſeine ganze Barſchaft — die noch faſt vollzählige Monatsrate aufgeſtapelt und zweihundert Mark, ein Extrazuſchuß der ſorgenden Mutterhand, die ſie in Anbetracht des glücklich beſtandenen Examens geſpendet hatte. Dieſe Summe war jedenfalls ſauer erſpart worden, und ſie ſollte nur ein im äußerſten Noöͤthfalle an⸗ greifbares Kapital ſein.— 1 8 Das Spiel hatte begonnen. 8 r In kurzer Zeit war der Bogen mit Geldſtücken beſetzt, Gold und Silber, Banknoten, alles durch⸗ einander. Mechanuiſch wie in einem Traume be⸗ fangen, kehrte Lieutenaut Berg den Würfelbecher um, er hob auf — es waren ſieben Augen. 5