Für die Redaktion verantwortlich:: Karl M Ladenburg. Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unter haltungsblatt Mark 1.40, frei ins Haus. Adenburger Wochenblat Umgegend. Anzeigen: Die einſpaltige Corpuszeile oder deren Raum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen olitor, * Samſtag, den 27. Auguſt eee eee Zur Pflege des nationalen Gedagkens im deutſchen Reiche. Gegenwärtig, wo das neue Reich als eine feſte Gründung daſteht, und eine Wehrmacht von drei Mil onen militäriſch ge⸗ ſchulten Streitern nöthigenfalls Deutſchlands Ehre und Freiheit vertheidigen wird, halten Manche klugen Leute es für überflüſſig dem haltenalen Gedanken eine beſondere Pflege angedeihen zu laſſen, ja in ſolchen Kreiſen gil die Feier beſonderer nationaler Feſte auch 0 0 gar nicht für ſchön und 1 Solche 7 1 feen Denker verrathen aber dabei nur, daß E ie von dem Weſen eines großen nationalen „desu Aufſchwungs nicht wiſſen, und daß ſte vor d. A a allen Dingen davon keine Ahnung haben, 9 Götzelet daß die Hroßthaten eines Volkes in ent⸗ ordermg ſcheidender Zeit nicht nur mit dem Waffen⸗ ehr dienſt, ſondern vor allen Dingen auch im Achtung Heiſte und im Gemüte vorbereitet ſein müſſen. r Porſiut Dieſes geiſtige und ſeeliſche Einigungswerk, — dieſe nationale und einheitliche Vorſaat haben in Deutſchland vor dem Jahre 1870 die Sänger⸗ Turner⸗ und Schützenfeſte vollbracht, die immer die deutſchen Gedanken mitpflegten und dadurch eine ſehr ſchätzenswerthe Art freier Nationalfeſte waren. ſchöne Siel wollen ſich aber auch für die fert 0 itt Gegenwart und Zukunft in deutſchen National⸗ n ſe a ſpielen ſtellen, die an einer der ſchönſten bönſer dig Stellen Deutſchlands ſtattfinden ſollen. Zuerſt 20 %% beſtaunt, dann belächelt und dann mit Achſel⸗ 2 und 10 zucken aufgenommen, von jener Ulaſſe über⸗ Augter Menſchen, die derlei von ihrem N. Fine modernen Standpunkte aus für Tand erklären, g. Hola, ſoll der Gedanke nunmehr zur That werden . Ne und zwar in dem bedeutungsvollen Jahr g. Minn, Es tauchte auch der Vorſchlag auf, vor — Dieſes große und Wochen noch, den Fürſten Bsmarck für die Idee zu intereſieren, indem man in ihm einen wohlwollenden Gönner der Sache be— grüßen zu dürfen der Hoffnung war. Wie würde der Dahingeſchiedene ſich dazu geſtellt haben ? Würde er, der Realpolitiker, ſich ab⸗ lehnend erhalten haben? Oder wäre das Gegentheil davon geweſen? Diejenigen irren die da der Anſicht ſind, daß Bismarck bei ſeinen Beſtrebungen ſo ganz unbeeinflußt von gemüthvollen Motiven geweſen fei. Unter Bismarcks bepanzer ter Bruſt ſchlug ein warmes Herz. Führte er doch die Zuſammen⸗ gehörigkeit der Dreibundsmächte auf den Sauber der Muſik zurück, der Deutſchland, Oeſterreich und Italien Beethoven, Mozart, Heyden, Schubert und die großen italieniſchen Meiſter verbinde. Wer will die Behauptung aufſtellen, daß der eiſerne Kanzler bei der Neubegründung des deutſchen Reiches ſo ganz außer Einwirkung der alten romantiſchen Kaiſerrideen geblieben ſei. Im Grunde ge⸗ nommen iſt daher die Annahme wohl berechtigt, daß der Todte den Feſtſpielen nur ſeine Zu⸗ ſtimmung würde haben ertheilen können. Wie konnte es auch anders ſein bei einem Manne, deſſen Uraft ſo recht eigentlich im mütterlichen Boden der Natur wurzelte. Sind nun auch die Seiten vorbei in welchen Sänger⸗ Turner⸗ und Schützenfeſte einen Einfluß auf die politiſchen Geſchicke des deutſchen Volkes ausüben konnten, ſo bleibt zur Pflege des nationalen Gedankens in Deutſchland doch immer die Pflege des deutſchen Liedes, der deutſchen CTuſt und der deutſchen Uraft nothwendig, denn auch in ihnen offenbart ſich ein gemeinſames nationales Empfinden, welches richtig gehegt und gepflegt zur Geſundung des Volkslebens beitragen 6 Pfg., Reklamen 20 Pfg. 172 4 Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. 5 —— —-— und manche krankhafte Erſcheinung bekämpfen kann. Das vielbewunderte Griechenland des Alterthums pflegte in ſeiner größten und beſten Seit die olympiſchen Spiele als eine Art nationalen Cultus, der zugleich in einem innigen Zuſammenhange mit der Religion der Griechen ſtand. So eine Art olpmpiſche Spiele ſollen die deutſchen Nationalfeſtſpiele auch werden, und wenn ſie ſich auch bei uns nicht direct an die Religion anlehnen können, wie es einſt in Griechenland der Fall war, ſo ſollen ſie doch den oberflächlichen Materialismus und die rohe Senußkunſt dadurch bekämpfen helfen, daß mit den Spielen edler CTuſt und edler Freude große nationale und ideale Gedanken verknüpft werden. Bei der Ausführung der Vational⸗ feſtſpiele bleibt nur zu wünſchen, daß ihnen in den deutſchen Volkskreiſen, zumal in den Reihen der deutſchen Sänger⸗ und Turnver⸗ eine genügendes Verſtändniß und Theilnahme entgegengebracht wird, damit der ſchöne Plan auch wirkſam und dauernd zur Ausführung gebracht werden kann. Die Wahl des herr⸗ lichen RKheingaus b. Küdesheim als FFeſtplatz für die deutſchen Vationalfeſtſpiele darf als eine ſehr glückliche bezeichnet werden. Verſchiedenes. Ladenburg, 26. Auguſt. Geſtern traf bei dem Gemeinderath die Zuſage ein, daß Herr Petermann die Wahl als Bürgermeiſter der Stadt Ladenburg annehme,. — Bruchſal, 24. Aug. Durch den Rücktritt des hieſigen erſten Bürgermeiſters Gautier, der bereits als Landrichter in Mannheim fungiert, iſt die hieſige Bürgermeiſtersſtelle erledigt und findet die von den bürgerlichen Kollegien vorzu⸗ nehmende Wahl anfangs nächſten Monats ſtatt 8 lich. Bahn Der Spieler. Nobellette von Fr. Ferd. Tamborini. 5 (Nachdruck verboten.) Adolf von Berg war eben als neuer Menſch aus den Händen des Regimentsſchneiders hervor— gegangen. Es giebt wohl nur wenige Menſchen mit ſo weni Eitelkeit behaftet, daß? die Gewißheit, ein neugekleidetes Glied der menſchlichen Geſellſchaft zu ſein, nicht ein wohlthuendes Gefühl in ihnen erzeugte, umſomehr dürfte dies bei einem jungen zum erſten Male trug. Lieutenant von Berg fühlte ſich denn auch glücklich im Voll bewußtſein der er⸗ kungenen Würde. Er hatte ausgezeichnet zu Mittag geſpeiſt und vorzüglichen Wein getrunken. Nur ſaß M- er in einer abgeſchloſſenen Ecke des Cafes Dallard, 1 bon dem Kellner, der ſeine Wünſche bereits kannte, il mit ſeinen Lieblingszeitungen verſorgt, vor einer — Taſſe Kaffee, blies den Rauch ſeiner kräftigen Eigarre bor ſich hin und ſchaute noch eine Weile in die Luft, bevor er ſich in die Blätter vertiefte, anſcheinend an nichts denkend. Sorgen und Wünſche ſcheinen in ſolchen Augenblicken körperlichen Wohl⸗ behagens zu ſchlafen, und der Menſch gleicht einer Pflanze, die im lauen Sonnenlicht mit den Blättern den goldenen Aether trinkt. Und Adolf von Berg hatte doch Wünſche und kleine Sorgen! fen ſo viele Manne der Fall ſein, der ſein Offtzierexamen erſt bor Kurzem beſtanden hatte und den Lieutenantsrock Als er ſeine Augen den Zeitungen zuwenden wollte, ſtreiften ſie einen Offizier, der ſoeben ein⸗ getreten war und ihn eine Weile ſtillſchweigend be⸗ trachtet hatte. „Ah, Baron Stolzing,“ ſagte Berg aufſtehend, indem er mit auffordernder Handbewegung einen Stuhl zurechtrückte. Der andere ſetzte ſich ohne weiteres, kreuzte die Beine, gab dem Kellner ſeine Wünſche kund, ſtrich ſich durch das Haar, trommelte mit den Fingern der Linken auf dem Tiſche, wippte mit dem überſchlagenen Fuße auf und ab, alles mit einer gewiſſen Unruhe und nervöſer Ge⸗ ſchwindigkeit. „Nun,“ ſagte Berg mit einem tiefen Zuge aus ſeiner Cigarre, „woran denken Sie, mein Beſter? Haben Sie einen Aerger, eine Sorge?“ Erſtaunt lehnte ſich Stolzing zurück und antwortete: „Ich ? — ich denke garnichts davon.“ Lieutenant Berg wirbelte ſeine Cigarrentaſche zwiſchen den Fingern herum: „Glückspilz,“ ſagte er, „wenn ich das auch einmal könnte! Ich ſchaue zwar gleichgültig drein, grolle aber mit dem Schickſal über die ungerechte Vertheilung der irdiſchen Güter.“ ö nicht Glück über Glück wiederfahren, das Examen —“ „A bah!“ unterbrach Berg abwehrend. Welchen Vortheil hat's für mich ?“ 11 „Wie? — Iſt Ihnen in der letzten Zeit Er rührte heftig in ſeiner Taſſe, dann fuhr er fort: N „Iſt das nicht einfach ſcheußlich: in mir lebt ein nicht zu bekämpfender Gang zum Luxus und und die Natur hat mich faſt ohne Vermögen auf die Welt geſetzt. Viele, ſehr viele Wünſche kann ich mir nicht erfüllen!“ Stolzing lachte, Anſchauungen.“ „Sie haben gut lachen. Ihnen ſind reichliche Güter beſcheert und dabei haſſen Sie keinen Bedarf, der über das Mittelmaaß hinausgeht. Ich habe Sie ſogar im Verdacht, daß Sie jährlich von Ihren Einkünften noch eine Summe zurücklegen!“ „Ich kann allerdings nicht alles bewältigen,“ ſchmunzelte Stolzing. „Sie ahnen wohl kaum, daß dies ein großes Unrecht iſt. Wer durch das Schickſal der Geburt ſo geſtellt iſt wie Sie, Herr Baron, der hat auch Pflichten zu erfüllen, und die erſte Pflicht iſt die, daß er ſeine Einnahmen in ſchicklicher Weiſe wieder unter die Leute bringt. Das heißt, zur Mehrung und Hebung des Nationalwohlſtandes beitragen.“ „Was würden Sie denn an meiner Stelle thun, Kamerad?“ lächelte Stolzing. „Ich würde mir zunächſt ein Haus bauen, ein eigenes Heim, ſo wohnlich und behaglich, wie es nur eben zu erreichen iſt. Dies Haus würde —“ „Die ſchönſte Frau enthalten,“ fiel der Baron ein. „Kamerad haben komiſche