wir ihn dahingehen — gleich ſeinem großen kaiſerlichen Herrn, deſſen treuſten Diener er ſich allezeit mit Stolz nennen durfte, iſt er im Frieden des Gottes entſchlummert, zu dem er ſich allezeit ohne Scheu bekannte, zu dem er in guten und böſen Tagen, die auch über ihn kamen, aufſah. Erſpart blieben ihm die Schwächen eines mübſeligen Alters, helle und klar blieb ſein Geiſt bis zu dem Augenblick, da des Todes ſich ausbreiteten über dem Lager, darauf er ruht im letzten tiefen Schlummer! Um den Dahingeſchiedenen wird ſich das Streiten der Parteien erheben. Blindwütender Haß, den einſt ſeine mächtige Fauſt niederzwang wird den großen Mann höhnen und ſchmähen, kleinliche Beſſer wiſſenei und lächerliche zergliedern und mit boshafter Freude nach jedem Riß in demſelben forſchen! Aber das hoffen und wiſſen wir, er wird auch ehrliche Leben und Sterben! die in den Tagen des Leides nicht an das denken, was ihn von ihnen trennte, ſondern gern und ohne Groll Bismarck geben was Bismarcks iſt, und laut bekennen, daß ſein Wollen ein großes, ſein Kampf ein ſiegreicher war. Wir aber, die wir Bismarck geliebt und verehrt, die wir uns in den Tagen des Klein⸗ muts und der Sorge aufrichteten und tröſtetetn an ihm und ſeinem unerſchütterlichen Vertrauen zu Deutſchlands Glück, wir, die wir wiſſen, daß er unſer war, und unſer bleiben wird, wir ſehen empor zu der ewigen Macht, die ihn uns gegeben, und die ſein Leben, wie das unſrige lenkte, und wir geloben es uns, daß wir treue Hüter ſein wollen deſſen was er geſchaffen. Denn wenn auch er dahingegangen, ſein Geiſt, der Schutzgeiſt des deutſchen Volkes bleibt bei uns für alle Zeiten. 8 8 5 des Fürſten Bismarck war, den „Hamburger⸗ Nachrichten“ zufolge am Freitag ein relativ be⸗ friedigendes. Sonnabend vormittag las der Fürſt die Zeitung, ſprach über Politik, aß und trank. Plötzlich trat eine Verſchlimmerung ein durch akutes Lungenödem. Nachmittags verlor der Fürſt häufig das Bewußtſein. Abends nahmen J U des Herzens Schlag ſtille ſtand und die Schatten Nörgelſucht werden das Werk ſeines Lebens Gegner ſinden, die ihm gerecht werden in ſeinem — Hamburg, 31. Juli. Das Befinden die bedenklichen Erſcheinungen zu. Der Tod trat leicht und ſchmerzlos gegen 11 Uhr ein. Das Sterbelager umſtanden die geſamte Familie, der kurz vorher eingetroffene Geheimrat Schweninger, Dr. Chryſander, Baron und Baronin Merck. Die letzten Worte richtete der Fürſt an ſeine Tochter, die Gräfin Rantzau, als dieſe ihm die Stirn trocknete. Dieſelben lauteten: „Danke, mein Kind!“ Der Flürſt liegt mit ſchlafähnlichem ö Ausdrucke mild und friedlich da. — Die Bei⸗ ſetzung erfolgt auf Wunſch des Verblichenen auf der Anhöhe gegenüber dem Schloſſe, nahe der Hirſchgruppe. *. 1 ** Bergen in Norwegen, 31. Juli 12 Uhr 15 Min. vormittags. Der Kaiſer erhielt geſtern abend ſpät die erſte beſorgniserregende Nachricht über das Befinden Bismarcks. Heute früh erhielt der Kaiſer tieferſchüttert die Todesnachricht. Die Flagge auf der Hohenzollern weht Halbmaſt. Die Flaggenparade unterblieb. Der Kaiſer befahl ſofortige Rückkehr nach Deutſchland und trifft in f Kiel am Montag abend ein. — Friedrichs ruh, 1. Auguſt. Auf Befehl des Kaiſers ſind Offiziere und Mann⸗ ſchaften vom Halberſtädter Küraſſier⸗Regiment und vom 31. (1. Thür.) Infanterie⸗Regiment aus Altona als Ehrenwache hier eingetroffen. Der geſtrige Tag brachte ununterbrochen Beileidstele⸗ gramme. Darunter befinden ſich ſolche des Kaiſers und der Kaiſerin, des Kronprinzen, ſämmtlichen preußiſchen Prinzen und Prinzeſſinen, ſämmtlicher Bundesfürſten, vom Kaiſer von Oeſterreich, dem italieniſchen Königspaar, vom engliſchen und ruſſiſchen Hofe und von über 100 Staatsmännern, darunter Crispi als einem der Erſten. Auch die Deutſchen in New⸗York ſandten ein Beileidstele⸗ gramm. Die Kodolenz⸗Depeſche des deutſchen Kaiſers iſt in den herzlichſten Worten abgefaßt und an den Fürſten Herbert Bismarck adreſſirt. Der Kaiſer gedenkt in rühmendſten Worten der Verdienſte des Fürſten und ſpricht ſeine unaus⸗ löſchliche Dankbarkeit gegen den Heimgegangenen aus, der ein Vorbild treueſter Pflichterfüllung geweſen ſei. Der Kaiſer erwähnt Bismarck's Familienleben, worin deſſen höchſtes Glück beſtand und verſichert die Familie ſeines innigſten Beileides. Des Kaiſers Herkunft erſcheint nicht ganz ſicher, Angeſichts des Umſtandes, daß nur eine proviſoriſche Beiſetzung ſtattfinden ſoll. zöſiſche Botſchaſter Cambon nahm vom Stagts⸗ ſekretär Day die Friedensbedingungen Amerilaz entgegen. mung von Cuba und Portorico, Regelung der Komiſſion mit einſtweiliger Oberhoheit Amerikas über die Philippinen. Politiſches. Waſhington, 31. Juli. Der fran⸗ Dieſelben lauten auf ſofortige Räu⸗ Philippinenfrage durch eine ſpaniſch⸗amerikaniſche Verſchiedenes. — Ladenburg, 31. Juli. Die hieſige Realſchule beſchloß geſtern ihr Schuljahr mit einer größeren Feier, die unter zahlreicher Be teiligung im Saale des Gaſthauſes zum Schiff ſtattfand. Das Programm enthielt in reicher Abwechſelung Lieder und Gedichte; letztere wurden mit gutem Ausdruck vorgetragen und bewieſen auf's neue, daß dieſer Teil des Unterrichts in der Schule gut gepflegt wird. Unter den Liedern, die von einem großen Knabenchor unter der be⸗ währten Leitung des Herrn Schmitthelm friſch und wirkungsvoll vorgetragen wurden, befanden ſich mehrere, die von Herrn Hauptlehrer Göller in Mannheim komponiert ſind. Dieſelben bieten bei aller Einfachheit ſehr anſprechende Melodien, die für Knabenſtimmen leicht ausführbar ſind, und ſind daher eine wertvolle Bereicherung unſerer Schulgeſänge. Herr Vorſtand Metzger beſprach in längerer Rede, welch hohen Wert die Gewöh⸗ nung an Arbeit nicht allein für die Schule ſondern auch für das ſpätere Leben hat, und richtete namentlich an die abgehenden Schüler Worte wohlwollender Ermahnung. Die Preisverteilung bildete den Schluß der Feier. — Kloſterpfarrer Nörber in Baden⸗Baden „ duung wurde heute zum Erzbiſchof von Freiburg erwählt“. full — Ladenburg, 1. Auguſt. Am I, f doll Auguſt d. Js. wird ein Sonderzug von Baſeß ben der über Heidelberg —Darmſtadt —Louiſa — Sachſen⸗ hauſen — Bebra —Eiſenach— Halle nach Berlin Anhalter Bahnhof abgelaſſen, zu welchem, außer auf verſchiedenen badiſchen Stationen, auf nach; bezeichneten Stationen der Main — Neckar — Bahn beſondere Rückfahrkarten nach Berlin mit einer Giltigkeitsdauer von 45 Tagen zu bedeutend er, mäßigten Fahrpreiſen ausgegeben werden. Fü den Verkehr ab Stationen der Main — Neckar — Bahn kommen folgende Abfahrtszeiten und Fahr preiſe in Betracht: ring fetal ahn de Wenn Du nur nicht heute nochmals in Anſpruch genommen wirſt, mein Konrad.“ Das Dienſtmädchen ſchaute in dem Augenblicke ganz betreten zur Thür herein und winkte der Frau Oberföſterin. „Es iſt Beſuch draußen Mädchen. „Wer denn, Suſanne ?“ frug Anna, die Arbeit bei Seite legend, „iſt es jemand zu mir oder dem Herrn?“ 5 „Zu Dir, Anna, oder auch zu Euch beiden!“ rief eine ſilberhelle Stimme, ein ſeidenes Gewand rauſchte über die Schwelle und gleich darauf ſchlang Gräfin Jutta beide Arme um die erſtaunte, ſprach⸗ loſe Freundin. „Jutta,“ ſchrie dieſe nach der erſten Betäubung, „wo kommſt Du her? Biſt Du es denn wirklich? Eben noch ſprachen wir von Dir.“ „Wenn man vom Wolfe ſpricht, ſo kommt er“ — lachte die ſchöne Frau und ihr Blick flog zu dem bleichen ſtattlichen Manne hinüber, der dort, hochaufgerichtet mit halb abwehrend erhobenen Händen ſtand, ohne ſich zu rühren. „Herr Oberförſter, Sie ſchauen mich an wie einen Geiſt und haben mir noch kein Willkommen geboten. Iſt das ſo Sitte im Forſthauſe, wenn ungebetene Gäſte kommen?“ rief Gräfin Jutta. „Ungebetene Gäſte,“ jubelte jetzt Anna in hellem Entzücken, „o, Jutta Du biſt eben der liebſte Gaſt, den ich mir auf Tauftag unſeres Oskars nur wünſchen könnte. Ach, laß Dich nochmals an⸗ ſehen, ich kann es gar nicht glauben, daß Du es biſt. Konrad, Du freuſt Dich ebenſo wie ich, nicht wahr?“ Er kam näher, er nahm mit höflichen Worten die kleine weiße Hand in die ſeine und ein heißer Blutſtrom drang ihm an's Herz; da ruhten ja wieder die grauen berauſchenden Sirenenaugen auf —“ flüſterte das ihm, vor denen er am liebſten geflohen wäre bis an's Ende der Welt — er, der verheirathete Mann. „So, und nun lege ab, Jutta, Liebſte! Du mußt erzählen, wie Du hierher kommſt, ich ahnte gar nicht, das Du hier in der Nähe ſeiſt!“ ſagte Frau Anna freundlich. „Ich bin Eure Schloßfrau gewordeu,“ lachte die ſchöne Frau, das ſchwarze Kapottehütchen ab⸗ nehmend, „ſoeben hat mir der Agent das Schloß am Meere zum Eigenthum übergeben. Ein doppelter Laut der Ueberraſchung und des Staunens erklang von den Lippen des Paares, dann fiel Anna der Freundin jubelnd um den Hals. „Meine liebe, liebe Jutta, wie reizend, wie entzückend, Dich hier ſo in der Nähe zu haben! O, die ſchöne Schloßfrau, nicht wahr, Konrad!“ „Ich freue mich, Frau Gräfin, daß Sie an unſerer ſtillen Meeresküſte heimiſch werden wollen,“ antwortete der Oberförſter, doch die Worte klangen kühl und wenig herzlich, ſo daß Anna verwundert auf ihren Gatten ſchaute. Was war ihm den mit einem Male begegnet, daß er ſo ſtill und un⸗ freundlich ſich benahm? f „Wo ſind Deine Kinder, Anna? frug jetzt die Gräfin ſcheinbar ohne Baumann zu beachten; ein feiner Beobachter hätte indes den thriumphierenden Blitz der grauen Augen wohl bemerkt, der hinüber⸗ glitt unter den niedergeſchlagenen Wimpern. Die beiden Frauen gingen plaudernd in die Kinderſtube und Baumann öffnete die Thür ſeines Arbeitszimmers; wo war der Oſterfriede, wo die Freude an der Taufe ſeines Söhnchens hin? Fort, fortgewiſcht war all und jedes andere Em⸗ pfinden aus ſeiner Bruſt, nur ein Klang zitterte ihm tief drin im Herzen: „Jutta.“ Er riß das FJenſter auf und lehnte das Haupt an die kühlen Scheiben, er ſchaute empor zum blauen Himmel und flüſterte mit bleichen Lippen und düſterem Blicke „Führe uns nicht in Verſuchung.“ Aber es wollts nicht ruhig werden in ſeiner Seele. Die Sirenen? The augen hatten ihn von neuem in Bann gethan, er 10 N ſah nur ſie und immer ſie, wohin er ſich auch 11 baum wandte. Wie blaſſe Schattengebilde verſanken die Mela. Bilder von Weib und Kindern, er athmete tief und ö N ſchmerzlich, dann breitete er beide Arme aus und ö — murmelte vor ſich hin: „Jutta — Jutta —“ . „Konrad, das Eſſen iſt da,“ rief bon dek 11 Thür her eine freundliche Stimme, die Annas, und Im: er wandte ſich um: „Wo iſt die Gräfin 9“ ö e „Sie bleibt heute bei uns, aber, Konrad. 5 Liebſter, weshalb biſt Du ſo unfreundlich zu ihr? 1 Mhel Iſt es Dir nicht recht daß ſie kam? — „Ich maße mir kein Urtheil au,“ gab r 3 fl ausweichend zur Antwort, „indes — wir wären allein glücklicher geweſen.“ . 5 Sie verſtand dieſen qualvollen Aufſchrel einen Seele nicht und glaubte, es ſei ein Vorurtheil, welches ihn gegen Jutta erfülle; als das Ehehnar in's Wohnzimmer trat, ſaß die ſchöne Schloßfran in jenem Stuhl, den vorhin der Oberſörſter une gehabt, und Mariechen ſtand vor ihr, die beiden runden Kinderärmchen auf das braunſeidene Kleid gelegt und mit großen, glänzenden Blicken dem Märchen lauſchend, welches die neue Tanke erzählte „Wir haben ſchon Freundſchaft geſchloſſen, lachte Jutta und blickte zu Konrad auf, err Oberföſter, Ihr Töchterchen hat mich wärmer will⸗ kommen geheißen — als ſie ſelbſt.“ „Vergeben Sie dem ungewandten Manne, gnädige Gräfin, der ſo wenig mit den Regeln und Satzungen der vornehmen Welt bekannt ist; ich war überraſcht durch Ihr plötzliches Erſcheinen „O, nichis für ungut, Herr Oberförſter, ur, wollen ſchon gute Freunde und getreue Nachbarn werden.“ 5 Fortſetzung folgt