ſtab fallen kann die neueſte Wendung der Dreyfus ⸗Geſchichte noch weit reichende Folgen nach ſich ziehen. Verſchiedenes. — Ladenburg, 26. Juli. Am verfloſſenen Samſtag Abend hielt der Kriegerbund einen Familienabend bei Kamerad Baumann, zum „Badiſchen Hof“, ab, welcher ſehr gut beſucht war. Nachdem die Anweſenden durch Kamrad Koch be⸗ grüßt waren, gedachte Kamerad Stumpf unſeres allverehrten Großherzogs Friedrich, der Protektor des Badiſchen Militärvereinsverbandes, für ſein unermüdliches Beſtreben für das Gedeihen des⸗ ſelben einzutreten und endete mit einem begeiſtert aufgenommenen, dreifachen Hoch auf unſern Landesfürſten. In warmen Worten ermahnte Kamerad Hertel die jungen Kameraden, die alten Krieger, welche den ruhmvollen Feldzug von 1870/71 mitgemacht und für unſere jüngere Ge⸗ neration gekämpft haben, zu ehren und zu achten und brachte nach ſeinen mit großem Beifall auf⸗ genommenen Worten ein Hoch auf dieſelben aus, worauf Kam. Bremer im Namen der anweſenden alten Krieger für die ihnen dargebrachte Oration dankte. Kam. Lotterer entwarf ein Bild über das Vereinsleben und endete mit einem Hoch auf das weitere Blühen und Gedeihen des Vereins. Die Pauſen wurden durch beſtens zur Ausführung gebrachte Muſikvorträge der Kapelle Hertel ſowie durch humorvolle Anſprachen ausgefüllt. Der ſchöne Abend, welcher durch den II. Vorſitzenden Kam. Peter Engel in beſter Weiſe geleitet wurde, verlief zur vollſten Zufriedenheit der Anweſenden und trente man ſich erſt zur letzten Minute der Feierabendſtunde. — Mannheim, 27. Juli. Vor einigen Wochen iſt der 26 Jahre alte Friedrich Weiß, Sohn des Möbelfabrikanten C. M. Weiß hier verſchwunden und nahm man an, daß derſelbe verunglückt ſei, da ſpäter ſeine Leiche unterhalb der Rheinbrücke geländet worden war. Dem iſt . Weiß der Rachſucht einer ſeiner früheren Arbeiter zum Opfer gefallen iſt. Am Montag Abend er⸗ ſchien nämlich in der Wohnung der Familie Weiß, die ſich bereits über den ſchweren Verluſt getröſtet hatte, ein früherer Arbeiter der Firma, um ihr mitzutheilen, daß er es ihrem Sohne och gründlich beſorgt hätte. Erſt nachdem ſich aber nicht ſo, vielmehr hat ſich herausgeſtellt, daß laſſen“, lautet die Parole. Jedenfalls der rohe Burſche ö 1 ö n an der ſtürzung und großen Verwirrun glieder des Weiß ſichtlich geweidet hatte, derſelbe das Haus und ging in die 0 liegende Wirthſchaft „zur Zauberflöte“, um hier im Singen und Trinken ſeinen Sieg zu feiern und ſeiner Freude lebhaften Ausdruck zu geben. Jedoch nicht lange dauerte es und der Arm der Gerechtigkeit ſtörte ſeine Freude, um ihn hinter Gittern verſchwinden zu laſſen. Hoffentlich giebt die Unterſuchungshaft noch näheren Aufſchluß über ſolch rohen Racheakt. — Eßlingen, 27. Juli. Heute mittag gegen halb 3 Uhr ging hier ein Gewitter nieder. Zuerſt wolkenbruchartiger Regen, dann ein orkan⸗ artiger Wirbelſturm mit Schloßen in der Größe hierauf folgenden Be⸗ g der Familien. verließ nebenan von Haſelnüſſen und darüber, die über 10 Minuten lang niedergingen. Der Hagel richtete in Gärten, Feldern und Weinbergen bedeutenden Schaden an, noch mehr aber der Winbelſturm. Auf unſerer Maille, dem herrlichen Feſtplatz in Mitte der Stadt, wurden Bäume dutzendweiſe niedergeriſſen, die ſtärkſten Silberpappeln, Plantagen u. dgl. mit gegen Um Durchmeſſer wurden ſamt den Wurzeln aus dem Boden geriſſen; ein Stamm ſtürzte auf den hölzernen Muſikpavillon in Mitte des Platzes, den⸗ ſelben zu Boden drückend und gänzlich zerſtörend. Auch in den Gartenanlagen des Schullehrerſeminars wurden Bäume niedergeriſſen, noch mehr ſoll dies gegen Berkheim hin der Fall ſein. In einzelnen Gärten traf man vom Hagel erſchlagene Sing⸗ vögel tot am Boden liegend. Dächer wurden teil⸗ weiſe abgedeckt, kurzum der Schaden tritt überall zu Tage. In den nieder gelegenen Stadtteilen floß das Waſſer gleich Strömen durch die Straßen, nicht bloß die Keller, auch die Wohngelaſſe zu ebener Erde füllend, ſo daß Dutzende von Stadttaglöhnern tagelang zu thun haben, halbwegs Ordnung zu ſchaffen. Das Wetter währte über eine Stunde. — Stuttgart, 27. Juli. Seit Menſchen⸗ gedenken iſt hier kein ähnliches Unwetter erlebt worden, wie heute nachmittag. Auf einen Wol⸗ kenbruch, der die Straßen überſchwemmte, folgte ein orkanartiger Sturm, der unbarmherzig in den Anlagen und Gärten hauſte, zahlreiche Tele⸗ graphen⸗ und Telephonleitungen zerriß und an verſchiedenen Neubauten Notdächer und Gerüſte umwarf. Am ſchlimmſten hauſte der Orkan an dem Neubau des Steuerkollegiums, Ecke der Lin⸗ den⸗ und Schloßſtraße. Hier ſollte eben ein mäch⸗ tiges Baug ö en. Von drei Arbeitern, die hier beſchäftigt waren, wurde dern eine durch einen rieſigen Richtbaum erſchlagen und blieb ſofort tot auf dem Platze, ein zweiter wurde mitten in die Straße geſchleudert und er⸗ litt ſchwere innere und äußere Verletzungen, bei einem dritten wurde der Fall durch den Leitungsdraht der Straßenbahn gemildert; er 5 kam mit ſtarken Blaſen an den Händen davon Die elektriſche Leitung der Straßenbahn wurde losgelöſt, erſt nach Hinzukommen des Stadtbau, raths Kölle abgeſchnitten. Bei dieſer Gelegen, gone heit kam nur ein Hund zu Schaden, der mt 1 dem einen Ende eines der unterbrochenen Drähte llidche zuſammengerathen war. Der Straßenbahnbetrieh „ ne n konnte erſt nach 7 Uhr abends wieder vollſtändig 1110 el ſe de aufgenommen werden. In den fal. Anlagen und t Fos im Stadtgarten wurden zahlreiche Bäume beſchädigt ö e le alf oder geknickt. Das Hagelweteer hat in den Krieg, 40% fd bergen, der beſten Weinlage Stuttgarts, erhebli- e zi a Verwüſtungen angerichtet. . 989 — Görlitz, 28. Juli. Der „Poſt“ wied C. Me von hier gemeldet: Zwiſchen Muskau und Weiß,, A waſſer ſtürzten zwei mit Arbeitern beſetzte Wagen % der Gräflich Arnim'ſchen Schmalſpurbahn die 0 l g hohe Böſchung hinab. Eine Arbeiterin blieb todt, nn g U Ach mehrere andere Perſonen wurden verletzt Den Unfall hat ein Bubenſtück herbeigeführt, indem 2 größere Steine auf die Schienen geworfen wurden. ö Hamburg, 28 Juli. Das Turnfeſt wurde geſtern Abend durch eine feierliche Vertheilung der len C. Tei l Eichenkränze an die 128 Sitger geſchloſſen um keuſes 9½½ Uhr Abends durchzog ein impoſanter Fackel ler 8 zug von 4000 Fackelträgern die Stadt unter dem 0 8 Jubel einer unzähligen Menſchenmenge. . Aar 80 Pfe Eingeſandt. 4 In dem Ausſchreiben des Gemeinderaths in Schwetzingen, um Beſetzung der erledigten Bürger⸗ Alberts, bef meiſterſtelle, durch einen Berufsbürgermeiſter, NMäde! gewährt der Gemeinderath, dem es Ernſt un die Nachricht, den betreffenden Bewerbern drei 1 babe Wochen Zeit, zur Anmeldung. abe Epi Nach dem Ausſchreiben des Ladenburger aß zu machen. Ach, und den grauhaarigen ann kann ſie gar nicht lieb haben.“ Bei der glänzenden Tafel ſaß die vornehme Geſellſchaft, die Unterhaltung wogte auf und ab, ie Gläſer erklangen und heiteres Lachen erſcholl; Jutta war ſehr angeregt, ſie ſtieß mit ihrem Ge⸗ mahle an und wieder fascinierte ihn ihr Blick wie m Tage der erſten Begegnung, ſie wollte eine Erinnerung betäuben, die in ihrer Seele aufdämmerte nd ſie fatal berührte. Ein bleiches unſchönes Antlitz blickte ſie vorwurfsvoll aus dem köſtlichen Tafelaufſatze an, wenn ſie den Blick erhob, und ſie ernahm eine heiſere Stimme: „Nur bis zum N habe ich Sie geliebt, Jutta — mehr icht!“ Und ſie ergriff das Champagnerglas, um in em prickelnden Schaumwein jene Erinnerung zu rtränken, aber da ſtand plötzlich ein zweiter edel⸗ ſchönes Antlitz mit ſehnſuchtstiefen blauen Augen vor ihr, eine Piſtole blitzte, ein Hahn knackte und ſie hörte wie aus weiter, weiter Ferne die Worte: „Ich liebe Dich, Jutta, Du mußteſt es längſt wiſſen.“ Faſt ungeſtüm ſtieß die Gräfin das Glas von ſich, es fiel, der Champagner floß auf ie Tafel und die Scherben klirrten zuſammen. „Ein zerbrochenes Glas, das gehört zur Hochzeit und bedeutet Glück,“ riefen die Gäſte und bald klirrten im Uebermuth viele andere Gläſer unter dem Tiſch. „Wir wollen aufbrechen, Hugo,“ ſagte die unge Frau, nervös zuſammenzuckend, „ich glaube es wird Zeit, daß ich mich umziehe, wenn wir den Zug nach München nicht verſäumen wollen.“ „Wie Du befiehlſt, mein Herz,“ entgegnete der galante Ehemann,, mir liegt am wenigſten an ieſer überlauten Geſellſchaft. Hier iſt Deine Zofe.“ 5 Nicht lange darauf raſſelte klirrend der Wagen mit dem gräflichen Paare davon; der Diener ſaß 55 und Du biſt erhitzt. mit gekreuzten Armen auf dem Bocke neben dem Kutſcher und die Vorübergehenden grüßten ehrerbietig. „Rothenau und ſeine Gemahlin! Wie ſchön ſie iſt und wie vornehm, aber ſie ſieht doch nicht aus, als ſei ſie eben erſt von der Trauung gekommen.“ „Frierſt Du, Jutta? frug der Graf, zärtlich ſich zu ſeiner Gattin neigend, „der Wind iſt kühl Nimm das Tuch noch dazu!“ „Ich danke,“ lächelte ſie, kühl das Haupt neigend, ich nahm nur Abſchied von daheim; es ſoll die letzte Anwandlungn von Sentime geweſen ſein. 0 ( Sechs Jahre ſind vergangen und mit der alten ewig jungen Zaubermacht zieht der Frühling in's Land; die Oſterglocken läuten ihn ein, ſie haben mit ihrem Klange die Veilchen, die Anemonen und Schneeglöckchen geweckt, die ſich nun flugs die Aeuglein reiben und umher blicken, ob es denn ſchon Zeit ſei, zu erwachen und unter dem Strahl der warmen Soune das Köpfchen zu heben. Ja, es iſt Zeit, der Winter iſt vorüber und der Lenz wieder eingezogen in die ſchöne ſtrahlende Gotteswelt. Das Forſthaus, welches dort inmitten des kleinen Dörfchens dicht am Meeresſtrande liegt, hatte ſich heute zum zweiten Oſterfeiertage gar feſt⸗ lich geſchmückt; über der Thür prangten Guirlanden von Tanngezweig und Immergrün, auf dem mit weißem Sande beſtreuten Hausflur lagen Blätter und Blumen und ein Duft von friſchem Kuchen drang vom Innern her. Ja, heute war auch ein beſonderer Feſttag für den Herrn Oberförſter und ſeine Frau, denn ihr zweites Kind und erſtes Söhnchen wurde getauft. Das Aelteſte, ein kleines faſt dreijähriges Mädchen lief in blauen Sonntags⸗ kleidchen ſtrahlend vor Vergnügen durch Haus und Hof und erzählte immer von neuem: „Heute wird talität Gemeinderaths, in der gleichen Angelegenhelt ff bleiben den allenfallſigen Bewerbern kaum 5 Tage 0 80 Zeit zur Ueberlezung und Einziehung von Er; l J ben kundigungen. Wo liegt hier der Ernſt um die 8 Sache? Der löbliche Bürgerausſchuß möge die C Antwort hierauf geben. g 0 ö ö das Brüderchen zum lieben Gott gebracht, damit er f U es tauft.“ Unner Die Taufeltern ſind der inzwiſchen Oberföſter 15 heiße g gewordene Konrad Baumann und ſeine Frau Anna, fun 5 die nun bereits fünf Jahreu verheirathet ſind, aber N * ö erſt ein Jahr in dem kleinen Stranddörfchen leben. elßer Anna war ganz die Frau geworden, wie man N es gedacht, beſcheiden, fröhlich und fleißig, dabei 3 eine wahre Mutter der Armen des Dorfes, uner⸗ ö fc müdlich und ſtets liebevoll zur Hülfe bereit. Sie liebte ihren Konrad zärtlich, ſtrickte ihm die Strümpfe, nähte die Aufhänger an ſeine Röcke und die Knöpfe an die Handſchuhe, wuſch ſeine Hemden ſelbſt und hielt ſtets Warmbier bereit, wenn er von einem beſchwerlichen Wege aus dem Walde bei ſchlechtem Wetter heimkehrte. All dieſe Pflichten füllten ihren Horizont ſo völlig aus, daß ſie oft ganz ber wundert dreinſchaute, wenn Baumann ſeufzend meinte, man höre und ſehe doch gar nichts von der Außen⸗ welt und ihren geiſtigen Intereſſen. „Ach Konrad,“ meinte ſie auch wohl ſchüchtern, „wir haben doch unſere Welt für uns, und ich verlange nichts anderes, als am Abend ſo behaglich bei Dir ſitzen zu können und zu nähen.“ f Er ſeufzte, mitunter ergriff er auch ein Buch, um daraus vorzuleſen, doch nicht lange darauf be⸗ gann Anna leiſe zu gähnen. Es interefſterte ſie ſo wenig die Empfindungen irgend eines R omanhelden zu vernehmen, ſie dachte eher daran, wieviel Eier die neue gelbe Henne ſchon gelegt habe. Abgeſehen von ſolchen einzelnen Stunden aber fühlte Konrad Baumann ſich ſehr glücklich, und be⸗ ſonders auch, wenn das kleine Mariechen mit den braunen Schelmenaugen zu Papa aufſah oder das Brüderchen im Steckkiſſen ihm zulächelte; fee ſtürmiſchen Tage wo einſt die Leidenſchaft in ihm aufflammte, waren längſt vorüber, er meinte für immer, und hielt ſich für gefeit gegen jede neue. Verſuchung. 1 5 Fortſetzung folgt. 15 .