11 Uf uit Ladenburg. No. 58. Anzeiger für Ladenbur Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unter⸗ haltungsblatt Mark 1.40, frei ins Haus. Für die Redaktion verantwortlich: Karl Mo 1 192 aer W 7 litor, g und Umgegend. 0 Anzeigen: Die einſpaltige Corpuszeile oder deren Raum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen Druck und . N 4 * 6 Pfg., Reklamen 20 Pfg. Verlag von Karl Molitor %%% 53 Mittwoch, den 20. Juli Zur Vertagung des badiſchen Landtags. SRK. UKarlsruhe, 18. Juli. Nach faſt neunmonatlicher Dauer iſt vorige Woche der badiſche Candtag vertagt worden, um zu einem ſpäteren Zeitpunkt die durch die Einführung des Bürgerlichen Geſetzbuchs für die Candes⸗ geſetzgebung nothwendig gewordenen Arbeiten zu vollenden. Ein Kückblick auf die Thätigkeit des Cand⸗ lags zeigt, daß auch die diesmalige Tagung, dank dem Einvernehmen der Stände mit den Organen der Großh. Regierung, eine arbeits⸗ und erfolgreiche geweſen iſt. Am vorläufigen Schluſſe der Tagung geziemt es ſich wohl, der praktiſchen Arbeit der Mitglieder beider Kammern die wohlverdiente Anerkennung zu zollen. Man wird deshalb in dieſem Augenblicke auch darauf verzichten dürfen, zu prüfen, ob nicht der erſte Theil der Tagung, den die Sweite Hammer vielfach einer, wie wir glauben, un⸗ verhältnißmäßig breiten Erörterung von poli⸗ ſchen Angelegenheiten gewidmet hat, eine weſentliche Einſchränkung hätte vertragen können. Man braucht aber anderſeits nicht zu ver⸗ kennen, daß die hier in Betracht kommenden politiſchen Fragen, einmal an verantwortlicher Stelle und von berufenen Perſönlichkeiten zur Diskuſſion gebracht, eine erſchöpfende Ausſprache bis zu einem gewiſſen Grade erheiſchten, um nach allen Kichtungen, Ularheit und Gewiß⸗ heit zu ſchaffen. 8 Man wird es verſtehen, wenn wir uns einer tiefergehenden Beſprechung des ſogenannten Mißtrauensvotums enthalten. Es hat ſich ge⸗ zeigt, daß die Beſchwerden, welche gegen die Amtsführung des Präſidenten des Miniſteriums des Innern vorgebracht wurden, unbegründet waren und man darf wohl ſagen, daß ſie, ſelbſt wenn ſie berechtigt geweſen wären, in keiner Weiſe genügenden Anlaß zur Einleitung und Durchführung der mit ziemlich großem Lärm veranſtalteten parlamentariſchen Haupt⸗ und Staatsaktion gegen ihn und die übrigen Mitglieder der Großh. Regierung hätten bieten können. Die Schlacht iſt auf parlamentariſchem Boden geſchlagen worden, die Entſcheidung kam aber einer Stelle zu, die außerhalb des parteipolitiſchen Tebens ſteht. Sie hat ge⸗ ſprochen und damit iſt die Angelegenheit ent⸗ ſchieden und erledigt. Es erſcheint aber angemeſſen, der zweiten politiſchen Frage, die aufgeworfen wurde, der Abänderung des Wahlverfahrens einige Worte zu widmen. Man kann daran feſthalten, daß das Wahlrecht zum Keichstag als einmal be⸗ ſtehende Einrichtung auch fernerhin unange⸗ taſtet bleiben ſoll und thatſächlich haben ja auch die verbündeten Regierungen keinen Sweifel darüber gelaſſen, daß die ihnen in unglaublich leichtfertiger Weiſe unterſchobenen Keviſions⸗ abſichten jeder Begründung entbehren. Das ſchließt aber nicht aus, daß man die Ein⸗ führung deſſelben Wahlverfahrens in den Ein⸗ zelſtaaten, an Stelle des beſtehenden, ganz ent⸗ ſchieden verwirft. Wir nehmen keinen Anſtand, offen auszuſprechen, daß wir es als einen politiſchen Fehler von weiteſtgehender und un⸗ heilvoller Bedeutung halten würden, wenn das Keichstagswahlſpſtem mit ſeiner naturgemäßen Verdrängung der politiſch reifen, in ihrem Wirken und in ihren Sielen aufbauenden, wahrhaft ſtaatserhaltenden Elemente nun auch auf die Einzelſtaaten übertragen werden ſollte. Noch ſtehen wir unter dem Eindruck der an⸗ läßlich der letzten Reichstagswahlen entfalteten vielfach geradezu demoraliſirenden Agitation, wir empfinden noch mit unmittelbarer Lebendig⸗ keit und in voller Friſche, was es heißt, wenn in großen Bezirken einfach alles, was an der Förderung des Staatsganzen mit opferwilliger Hingabe mitwirkt, niedergetreten und mundtodt gemacht wird durch das Schwergewicht einer irregeleiteten Maſſe. Es liegt angeſichts ſolcher ſelbſt bei Aufbietung aller verfügbaren Uräfte in abſehbarer Seit kaum mehr abzuwendenden Terroriſirung der Intelligenz und der werben den Kreiſe den Landtagen der Einzelſtaaten ob der Bedeutung der wirthſchaftlichen Intereſſen gegenüber öder Nur⸗Politikmacherei zu ihrem halb mit aufrichtiger Senugthuung, daß die badiſche Regierung, und mit ihr die gemäßigten Parteien der Sweiten Kammer im Zuſammen⸗ wirken mit der Erſten Kammer, erſt dann die Schranke des indirekten Wahlverfahrens fallen laſſen wollen, wenn ausreichende Bürgſchaften dafür gegeben ſind, daß neben den durch das Uebergewicht der nackten Stimmenzahl nach rein politiſchen Geſichtspunkten zur Mitarbeit an der Geſetzgebungsmaſchine Berufenen, auch allen, die geſunde Grundlage des allgemeinen Ge deihens bildenden Erwerbsſtänden die Möglich keit der praktiſchen Antheilnahme am öffent lichen Leben gewährleiſtet wird. Daß die Er⸗ kenntniß dieſer politiſchen Nothwendigkeit auch während der diesmaligen Tagung des Landtags das Feld ſiegreich behauptet hat, betrachte wir als einen Erfolg, deſſen Bedeutung auch außerhalb der badiſchen Landesgrenzen un zweifelhaft dankbare Würdigung finden wird. 0 0 85 Die Sirene. Novelle von F. von Lim pur g. J. Fortſetzung Nachdruck verboten.) „Konrad!“ ſchien es jetzt zu klingeln. Hatte er ſich getäuſcht, oder zittterte es wirklich wie ein Hauch an ſein Ohr, ſein Herz; ihr Blick traf ihn bon neuem und er meinte einen Seufzer zu ver⸗ nehmen, der den roſigen Lippen entquoll. Dann ſchritt ſie langſam gräziös wie eine Elfe zu dem lachenden Mädchenkreis hin, während Baumann ſich haſtig, ungeſehen von den anderen, bückte, — am Boden lag eine blaue Schleife und die Stelle in den blonden Locken Juttas, wo dieſelbe vorhin geſteckt, war leer. Armer Konrad, hatteſt Du noch niemals von Sirenen gehört, deren Blicke zu Tode verwunden können! Die Thüren zum Eßzimmer öffneten ſich und tiefaufathmend wandte ſich der junge Forſtmann zu Anna. „Darf ich Sie führen 2, frug er leiſe, erregt, „esp iſt eine ernſte Stunde, die wir antreten, und ich möchte, daß wir ſie gemeinſam verbringen.“ „Gerne, gerne, Konrad,“ flüſterte ſie weich und legte die kleine Hand auf ſeinen Arm, „ich wollte, daß alle, alle Menſchen mein Glück wüßten, welches Ihre Liebe mir bereitet.“ Er ſchaute hinüber nach der ſtrahlenden Jutta, und die blaue Schleife brannte wie Feuer auf ſeiner Bruſt, aber wie um die Verſucherin abzuwehren, drückte er die kleine Hand die auf ſeinem Ar m lag, feſter an ſich und entgegnete feierlich: „Sie ſollen es bald erfahren, liebe Anna, ich will in den und Ihre Zukunft anzuvertrauen.“ Heller ſchienen die Lichter aufzuflammen, lauter das Plaudern und Lachen der fröhlichen Geſell ſchaft zu klingen, wenigſtens für Anna und ſie neigte, demüthig in reinſtem Glück, das Köpfchen während eine Thräne in ihren Schooß fiel. ch verdiene ſeine Liebe nicht,“ dachte ſie bei ſich, „aber ich will's ihm danken, daß er mich ſchlichtes Mädchen erwählte, danken mit meinem ganzen Leben, das nur für ihn geweiht ſein ſoll.“ Die Gläſer ſtießen zuſammen, auch Konrad Baumanns und Juttas, aber ſeine Hand hat te dabei gebebt und ein Tropfen des purpurfarbe nen Geträuks fiel auf das Tafeltuch „Das bedeutet Herzeleid,“ rannte ein junges Mädchen am Ende der Tafel ihrer Nachbarin zu, doch ſchon übertönte Juttas Lachen die trübe Prophezeihung. f „Sie ſind zerſtreut, Herr Baumann! Denken Sie auch darüber nach, welches Glück Ihnen das neue Jahr bringen ſoll? Wer weiß, welche Augen Ihnen ſoeben vorſchwebten.“ Er wagte nicht zu der Sprecherin hinzuſehen, denn es waren ja ihre grauen Sterne, die ein verzehrendes Feuer in ſeinem Herzen angefacht hatten — faſt ſchien es ſchon zu ſpät, daſſelbe aus⸗ nächſten Tagen Ihre Eltern bitten, mir Ihr Glück zulöſchen! Verwirrt wandte ſich Anna ab, ein dunkle Röthe färbte ihr Antlitz, denn ſie meinte die Freundin habe errathen, was im Innern ihres Nachbarn vorging. Und drüben wiſchte ſie die gute Frau Amtmann eine Thräue aus dem Aug und ſeufzte bei ſich: „Gott behüte die Kinder und laſſe ſie recht glücklich werden.“ Nach dem Eſſen begann die junge Welt zu tanzen, während ſich die Herren zum Kartenſpiel und die Damen zu Häckelarbeiten zuſammen ſetzten „Anna,“ ſagte Jutta, die Freundin in ein Fenſterniſche ziehend, als ſie in einer Pauſe glühen und athemlos ſich zurückzog, „glaubſt Du an meinen Myrtenkranz 2“ „Weshalb nicht? Du biſt ſchön, vornehm und klug, Jutta, Du findeſt wohl mehr wie einen Freier in der Welt.“ „Aber ich bin ſchon achtzehn Jahre alt un Mama hat mich zwei Saiſons über im Seeba Norderney ausgeführt, ohne daß ich geheirath habe.“ „Nun, ohne Liebe würdeſt Du doch auch keiner Gatten wählen.“ „Hm — Nun — wenn er reich und vornehn iſt, muß man ſich die Partie überlegen. Du weißt daß wir kein großes Vermögen haben, zudem bin ich keine ſentimentale Natur, die nach „einer Hütte und ſeinem Herzen“ verlangt. Ich denke darin ſehr vealiſtiſch und wenn jener geheimnißvolle „K“ ein Wappenſchild und viel Gold beſitzt, ſo bedenk ich mich nicht lange.“