deubhn ends 9 es in N Pint 1. Für die Redaktion verantwortlich:: Karl M No. 52. Anzeiger für Ladenb Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unter⸗ haltungsblatt Mark 1.40, frei ins Haus. 4 olitor, urg und Umgegend. b a Anzeigen: Die einſpaltige Corpuszeile oder deren N Raum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen Druck und Verlag von Karl Molitor * 6 Pfg., Reklamen 20 Pfg. . N Ladenburg. Mittwoch, den 29. Juni 11— 1898. Deutſche Intereſſen über See. Der ſpaniſch⸗amerikaniſche Mrieg lenkt natur⸗ gemäß die Aufmerkſamkeit der Politiker wie der Handelswelt auf die deutſchen Intereſſen über See, von deren Umfang und Geſtaltung ſich nur Wenige eine zutreffende Vorſtellung zu machen vermögen. Deutſche und deutſches Kapital arbeiten in unſerer Seit wohl in jedem Land der Erde in mehr oder weniger großem Umfang. Nicht nur die Seeſtädte, wie vielfach geglaubt wird, ſondern faſt alle wichtigeren Handels⸗ und Induſtrieplätze des Reiches ſind an überſeeiſchen Unternehmungen erheblich be⸗ theiligt. Wie ſtark und weitverzweigt die deuſchen Intereſſen über See ſind, lehrt ein kurzer Ueberblick über die Vertretung deutſcher Kaufleute und Induſtrieller im Ausland, ihre Niederlaſſungen, Plantagenbeſitzungen und die in denſelben angelegten Werte. In ganz Amerika, wie in Auſtralien, Oſtaſien und einem großen Theile von Afrika finden ſich Nieder⸗ laſſungen und Faktoreien deutſcher Kaufleute und Gewerbetreibender, und zwar keineswegs nur in den eigentlichen, unter ſtaatlichem Schutz ſtehenden Colonieen. Deutſche Faktoreien finden wir außerhalb derſelben in Afrika bei Sene⸗ gambien, an der Soldküſte bei Accra, an der Sklavenküſte, in Porto⸗Seguro, Lagos u. ſ. w. Die beſtehenden Plantagenbeſitzungen nament⸗ lich in Aiittelamerika und Weſtindien, ſowie in den Cändern an der ſüdlichen Goldküſte haben ſich zu ganz erheblicher Wichtigkeit aufge⸗ ſchwungen. In Guatemala und Honduras, in Mexiko, auf St. Domingo, Cuba, Puerto Riko, Trinidad und Venezuela u. ſ. w. ſind deutſche Unternehmer und deutſches Hapital an der Ge⸗ winnung von tropiſchen landwirthſchaftlichen Erzeugniſſen erheblich und in ſteigendem Maße betheiligt. In ganz Mittel- und Südamerika ꝛc. haben die Deutſchen wichtige Handelsnieder⸗ laſſungen mit gewaltigen, oft viele Millionen repräſentirenden Waarenlagern. Große Ge— ſchäftshäuſer finden ſich in ganz Afrika, in Oſtaſien von Wladiwoſtock bis nach Singapore und auf zahlreichen Inſeln. Eine Folge dieſer Entwicklung iſt die Errichtung einer Reihe von Bankinſtituten, die davon Seugniß ablegen, daß der deutſche Handel auch mehr und mehr mit deutſchem Kapital arbeitet. Dieſe Banken vermitteln nicht nur den Handelsverkehr zwiſchen Deutſchland und den Cändern ihres Wohnſitzes, ſondern auch für erhebliche deutſche Kapitalien die Anlage in überſeeiſchen Ländern, wie andererſeits die Kaufleute über See nicht nur mit Deutſchland allein handeln, ſondern auch betreiben. Weiterhin hat man ſich neuerdings erheblicher an verſchiedenartigen Induſtrieunter⸗ nehmungen und Bahnen betheiligt. Die deutſchen Kapitalanlagen in nordamerikaniſchen Eiſenbahnen werden auf 180 Millionen Dollars angegeben. haben ſich die Deutſchen in zunehmendem Maße der Einrichtung von Fabriken zugewendet: Bierbrauereien, Hutfabriken, Papierfabriken, Gerbereien, Seifenſiedereien, Lichtziehereien, Färbereien, Spinnereien, Webereien, Mineral⸗ waſſerfabriken, Eiſengießereien, Maſchinen⸗ fabriken, Dynamitfabriken ꝛc. ſind mit deutſchem Uapital und vielfach auch deutſchem Material eingerichtet; an der Ciebig⸗Compagnie, an den chileniſchen Salpeterminen, ſowie an den chile⸗ niſchen und peruaniſchen Metallgruben, den Minen Südafrikas ꝛc. nimmt Deutſchland einen nicht unerheblichen Antheil. Wie dieſe Intereſſen einen Handel zwiſchen dort und fremden Ländern In den amerikaniſchen Ländern ſich zahlenmäßig ſummiren, iſt natürlich ſehr ſchwer zu ſagen. Einen ungefähren Maßſtab hat man an der Thatſache, daß an den 3 Börſen von Berlin, Hamburg und Frankfurt zur Seit 210 Werthe aus überſeeiſchen Staaten, dem Balkan, Spanien und Portugal notirt werden. — Aus dieſer kurzen Ueberſicht geht hervor, wie vielſeitig und bedeutend die Intereſſen Deutſchlands über See und am überſeeiſchen Verkehr ſind, und daß die Auffaſſung, Deutſch⸗ land könne der Weltpolitik abſolut fernbleiben, eine unzutreffende iſt, weil ſie die thatſächlichen Verhältniſſe nicht in Rechnung zieht. Ueber⸗ ſeeiſche Intereſſen kann man aber nur ſchützen und gebührend wahrnehmen, wenn man im Beſitz einer genügend ſtarken und allezeit ver⸗ wendungsbereiten Flotte iſt, das lehrt die Ge⸗ ſchichte aller Seiten und ganz beſonders der gegenwärtige ſpaniſch⸗amerikaniſche Urieg. Politiſches. Paris, 27. Juni. Anläßlich der vor 25 Jahren erfolgten Ernennung des Grafen Münſter zum Botſchafter in Tondon haben die Diplomaten und Militärattachees, welche ſeit⸗ dem unter Münſter gedient haben, ihm als Zeichen dankbarer Verehrung einen ſilbernen Tafelaufſatz gewidmet. Abends gaben die Herren der Botſchaft dem Grafen Münſter im Pavillon Armonville im Bologner Wäldchen ein Feſtmahl, an welchem auch die Prinzeſſin Amalie von Holſtein, die Gräfin Marie Münſter, Baron v. d. Lanken, der baperiſche Seſchäfts⸗ träger, Baron v. d. Thann, und der Sohn des Botſchafters, Graf Alexander Münſter theil⸗ nahmen. Abends fand im Elyſée ein Garten⸗ feſt ſtatt, welches glänzend verlief. Präſident Faure führte lt. „Str. P.“ bei dem Rundgang Schwer erkämpft. Roman von H. von Ziegler. i (Nachdruck verboten.) Sie ſah nicht, daß der Weg ſchmäler wurde; aus dem Silberglanze der Nacht tauchten Profeſſor Schönau's Züge hervor, ſie lächelten und winkten und aufjubelnd breitete ſie beide Arme aus. Da löſte ſich ein Stein am Wege, ſie glitt aus — ein 16. einziger ſchauerlicher Hülferuf tönte durch die Nacht — und die wilde Anne ſtand nicht mehr droben auf dem ſchmalem Felspfade! — — Am nächſten Morgen ſteckte das Ge⸗ finde vom Rothhof die Köpfe zuſammen, deun ſeit geſtern war die Frau uicht heimgekommen. Aloys Stolzuer, der ſoeben dageweſen, ging ungeſäumt wieder fort, um ſeine Braut im Schloſſe oder bei Frau Ahne zu ſuchen. Vergebens! Man hatte ſie gar nicht geſehen, auch der Profeſſor war be⸗ reits abgereiſt. Die Augſt des Mannes wuchs. Troſtlos kehrte er auf den Rothhof zurück, um mit einem Theil des Geſindes in den umliegenden Bergen die Vermißte zu ſuchen. Stunden lang irrten ſie umher, kalter Angſtſchweiß auf allen Geſichtern, denn trotz ihrer rauhen Art mochte man die Bäuerin herzlich gern. Da plötzlich fuhr der vorauſchreitende Aloys jäh zuſammen, dann ſtürzte er in die Kuiee und ſtammelte troſtlos: „Dort — dort an der Thalſchlucht — iſt ſie herabgeſtürzt!“! „Herr des Himmels,“ ſchrie die Obermagd, „ſo müſſen wir hinab und ſie holen! Sie iſt ſich⸗ erlich noch nicht tot und braucht raſche Hülfe!“ Athemlos lauſchten die Zurückbleibenden, ſie meinten nicht anders, als den Aloys mit einer Leiche kommen zu ſehen. Doch nein! Von unten herauf klang ein Jubelruf, ein Tuch flatterte in den Lüften! „Sie lebt! Wir bringen die Frau, juchhe!“ — Bleich, mit Blut überſtrömt lag die Verunglückte auf dem Raſen, bis man eine Trag⸗ bahre herbeiſchafte. Aloys Stkolzuer ſtand neben ihr, Anne's Hand ruhte in der Seinen und müh⸗ ſam flüſterte ſie: „Armer, guter Aloys! Nun beginnt unſer Leben von neuem — das alte liegt begraben in dunkler Nacht!“ 5 a. * * 5 1 * 14 9 Zwei Jahre ſind vorüber und wieder feiert man in Sintorf das Feſt der Sonnenwende. Durch die Häuſer des Dorfes ſchreitet Gräfin Eva, ſinnend den Wölkchen nachblickend, die am blauen Himmel dahinziehen; die junge Frau ſieht heiter aus und nur tief drinnen in den Augen liegt eine leiſe, leiſe Schwermuth. Still und einförmig waren die Jahre ihres Wittwenſtandes verfloſſen, friedlich gegen jene Stunden der Augſt an der Seite ihres Mannes. Aber ſeit dem Augenblick, da ſie entſetzt und ſtarr an ſeiner Leiche geſtanden, war Groll und Furcht aus ihrer Seele gewichen, und ſie bedauerte den Toten als einen von ſchwerer Krankheit Heimge⸗ ſuchten. Erſt als ſie am Tage nach dem Begräbnis einen Brief von Männerhand geſchrieben, erhielt, kamen die bitteren Thränen. Er war von Schönau und enthielt nur wenige Zeilen: „Schon heute reiſe ich ab, um meine Vorbe⸗ reitungen zur egyptiſchen Reiſe zu treffen. Laſ⸗ ſen Sie mich Ihnen brieflich Lebewohl ſagen, gnädige Gräfin, mündlich kann ich nicht! Ob ich wiederkehre, weiß Gott allein; ihr mag es Ihnen vergelten, wenn Sie ſich mitunter meines Großmütterchens gütig annehmen wollen. Wenn Sie Abends allein am Fenſter ſtehen, ſo ge⸗ denken Sie deſſen, den Ihr Bild hinaus beglei⸗ tet in die ferne Fremde. Gott ſegne Sie, Eva! Friedrich.“ An all das mußte die blonde Frau denken, als ſie ſo dahinſchritt. Er hatte er nie geſchrieben und nur in den Zeitungen fand ſie ſeinen Namen ehrenvoll erwähnt; auch Frau Ahne nannte niemals ſeinen Namen, doch aus ihrer heiteren Ruhe ſchloß ſie, daß die alte Dame gute Nachricht haben müſſe. Ob er wohl bald heimkehrte ? Die Gräfin ſeufzte leicht, dann trat ſie in den Rothhof, daß Ziel ihrer Wanderung; Aloys Stolz⸗ ner trat ihr entgegen und lüftete freudeſtrahlend die Mütze, als ſie ihm die Hand bot. „Wie geht es, Stolzuer? munter?“ N e 7