vermien einer f — fel rkel. — Molt, 5 Ladenburg Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unter⸗ haltungsblatt Mark 1.40, frei ins Haus. Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Mittwoch, den 15. Jun urg und Umgegend. 5 Anzeigen: Die einſpaltige Corpuszeile oder de Raum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen Druck und Verlag von Karl Molitor, 6 Pfg., Reklamen 20 Pfg. Ladenburg. 1898. Das zehnjührige Regierungsfjubi⸗ läum Kaiſer Wilhelms. Zehn Jahre werden es am morgigen Mittwoch, daß Kaiſer Wilhelm II. den Thron ſeiner Väter beſtieg. Mit zugleich milder und feſter Hand hat er innerhalb dieſes Seitraumes das Steuer geführt, dem Deutſchen Keiche die Segnungen des Friedens unverkürzt gewahrt und raſtlos an der Förderung der nationalen Wohlfahrt gearbeitet. Auf allen Gebieten des öffentlichen Tebens hat das nunmehr hinter uns liegende erſte Jahrzent der Regierung des jetzigen Kaiſers dankenswerthe Fortſchritte auf⸗ zuweiſen. In erſter Linie galt die kaiſerliche Iniative der Pflege und Fortbildung unſerer nationalen Wehreinrichtungen zu Waſſer und zu Cande, da auf der ſteten und vollen mili⸗ käriſchen Schlagfertigkeit Deutſchlands die Si⸗ cherheit der vaterländiſchen Srenzen vorzugs⸗ weiſe beruht. Nicht minder aber widmete der Kaiſer ſeine angelegentlichſte Fürſorge auch der Entwickelung unſerer überſeeiſchen Intereſſen, unſerer kolonialen Machtſtellung und der Be⸗ friedigung des Bedürfniſſes von Handel und Induſtrie nach geſicherten auswärtigen Abſatz⸗ märkten. Die ſoziale Keformgeſetzgebung iſt unter der Regierung Haiſer Wilhelms nicht, wie von den Apoſteln des ſozialen Umſturzes und ihren Affiliirten wieder beſſeres Wiſſen fälſchlicherweiſe behauptet wird, eingeſchlafen, ſondern, nachdem die grundlegenden Einricht⸗ ungen getroffen worden, nunmehr in die ruhi⸗ geren Bahnen des Ausbaues im Einzelnen und der Sammlung praktiſcher Erfahrungen eingelenkt. Hanz beſonders war und bleibt das Augenmerk der Regierung Sr. Majeſtät den Bedürfniſſen der deutſchen Landwirthſchaft zugewendet, die geraume Seit hindurch unter dem Druck eines Tiefſtandes der Preiſe für ihre Erzeugniſſe zu leiden hatte, deren längere Dauer die Exiſtenz zahlreicher Candwirthe in Frage zu ſtellen droht. Die eben jetzt hervor⸗ tretenden Symptome einer ſteigenden Honjung⸗ tur erfüllen die Candwirthſchaft mit neuer Hoffnung, die noch geſtärkt wird im Hinblick auf die erklärte Bereitſchaft der tonangebenden Kreiſe der Induſtrie, für aus giebigeren Schutz der Candwirtſchaft bei unſeren künftigen Han⸗ delsverträgen einzutreten. Wie des Reiches Wachſen und Gedeihen nach Innen, ſo hat auch des Reiches Macht und Anſehen im Auslande innerhalb des zehn⸗ jährigen Seitraumes der Kegierung Kaiſer Wilhelms ſtetige Fortſchritte aufzuweiſen. Mit allen Mächten unterhalten wir vortreffliche Be⸗ ziehungen, und in den wenigen Fällen, wo ſolches nöthig wurde, haben unſere im Aus⸗ lande lebenden Landsleute niemals vergebens den ſtarken Schutz des Reiches angerufen. Unſere jüngſten Errungenſchaften in Oſtaſten, der Empfang des Kaiſerlichen Bruders, Prinzen Heinrich, am kaiſ. Hofe in Peking, haben den Deutſchen in China den moraliſchen Vorſprung vor allen anderen Kulturnationen errungen. So darf denn Kaiſer Wilhelm auf den hinter ihm liegenden zehnjährigen Kegierungs⸗ abſchnitt mit dem erhebenden Bewußtſein zu⸗ rückblicken, daß er das glorreiche Erbe ſeiner Vorfahren weiſe zuſammengehalten und neue Werthe hinzuerworben hat. Gleichwohl hat der Haiſer, ſeiner ganzen Natur entſprechend, irgend welche größere Feierlichkeiten aus An⸗ laß ſeines zehnjährigen Kegierungsantritts mit den trefflichen Worten abgelehnt: „Bis hierher hat uns Gott geholfen und wird auch noch weiter helfen“, Das Programm des 15. Juni wird ſich demnach auf einen Trauergottesdienſt im Mauſoleum der Friedenskirche zu Potsdam beſchränken. Den 16. Juni dürfte der Haiſer in Potsdam im Ureiſe Seines Leibgrenadier⸗ regiments zubringen, während für den Abend ein kleines Diner mit den Miniſtern und Staatsſekretären in Ausſicht genommen iſt. Politiſches. Karlsruhe, 15. Juni. Im Alter von 77 Jahren iſt geſtern Abend Dr. Ludwig Turban nach ſegensreichem, dem Dienſte des Vaterlandes und der Treue zu ſeinem Candes⸗ fürſten gewidmeten Leben dahin geſchieden. Seit er am 7. März 1895 das Amt des Drä⸗ ſidenten des Staats miniſteriums unter huld⸗ vollem Ausdrucke des Dankes Seitens des Großherzogs mit dem Präſidium der Ober⸗ rechnungskammer vertauſchte, war wohl ſein Name aus der Oeffentlichkeit zurückgetreten, aber die Erinnerung an ſeine hervorragende öffentliche Thätigkeit ſelbſt war damit nicht gzeſchwunden und wird auch an ſeiner Bahre ſeine politiſchen Freunde und Segner in ge⸗ meinſamer Anerkennung ſeines Wirkens ver⸗ einen. Ludwig Turban, geboren am 5. Oktober 1821 zu Bretten, trat nach Abſolvirung ſeiner juriſtiſchen Studien in Heidelberg und Berlin, ſowie nach größeren Keiſen in Italien und Frankreich im Jahre 1845 in den Staats dienſt, wurde 1852 Kegierungsaſſeſſor in Mannheim, 1856 Regierungsrath in Karlsruhe, 1860 Mi⸗ niſterialrath im Handels miniſterium, 1872 Prä⸗ ſident des Handels miniſterinms, 1876 Präſident des Staatsminiſteriums, 1881 Miniſter des Innern und 1895 Oberpräſident der Ober⸗ Schwer erkämpft. Roman von H. von Ziegler. (Nachdruck verboten.) Ach Sie haben ſchwer 12. „Armer Schönau! gelitten.“ Schüchtern reichte ſie ihm die Hand, die er leidenſchaftlich an ſeine Lippen preßte. Eine Pauſe entſtand, traumverloren, Hand in Hand ſchauten Beide in die ſchwüle Johannisnacht; von den Ber⸗ gen flammten helle Feuer, aus dichten Wetterwolken zuckten grelle Blitze, denen krachender Donner folgte. Das Gewitter ſtand ſchon ganz nahe. „Eva,“ rief ſoeben Graf Poſau aus dem Spielzimmer. Sie löſte leicht ihre Hand aus der des Profe⸗ ſſors und eilte hinein. Schönau blieb auf dem Balkon zurück. Schwere Regentropfen fielen herab, Blitz und Donner folgte Schlag auf Schlag und die funkelnden Sterne verſchwanden in dem dicken Gewölk. Drinnen im Spielzimmer herrſchte ebenfalls dumpfe Schwüle, man hörte nur das Rollen der Würfel, und den Klang des Goldes, und die fünf Herren ſtarrten unverwandt auf die Roulette. 8 Geräuſchlos trat nun auch der Profeſſor ein und hinter Graf Poſaus Stuhl; es war, als ſtünde neben ihm ein Toter aus fernem kühlem Grab und deute mit den Fingern auf den Würfelbecher. „Schon wieder gewonnen, Graf,“ rief einer der Spieler, „Sie haben auffallendes Glück; laſſen Sie mich mit Ihren Würfel ſpielen.“ Lachend wollte er Poſau's Würfelbecher er⸗ greifen, doch wühtend ſprang dieſer auf. „Was ſoll es heißen, Baron Scherpa?“ fuhr er los, „was wollen Sie an meinen Würfeln ſehen? Sie ſind gut, und wenn Sie meinen ſollten, daß —“ „Ich meine gar nichts, Graf,“ entgegnete der Baron beſchwichtigend, „es war nur eine beiläufige Scherzrede. Aber ich ſehe, daß das Wetter doch heraufzieht, und es iſt beſſer fortzufahren.“ „Nein,“ ſchrie Poſau ſchäumend, „Sie gehen nicht ohne mir Revanche zu geben — Sie haben mich beleidigt.“ Eine hohe Geſtalt trat da drohend vor den Wüthenden, wie die Stimme der Ewigkeit tönte ihm Schönaus Stimme entgegen: „Denken Sie an Viktor von Oelzen, Graf, und beſinnen Sie ſich!“ „Hah,“ gellte Poſaus Stimme, und er tau⸗ melte rückwärts in die Arme ſeines Kammerdieners, der bei dem Stimmengewirr herbeigeeilt war, „er iſt es — ſeine Augen — und doch gab er ſein Ehrenwort — ſich zu erſchießen!“ „Sie ſind krank, Graf,“ unterbrach ihn der Kammerdiener beinah drohend, indem er ungeſtüm den ſtier um ſich Blickenden mit fort zog und die Thür hinter ihm ſchloß. „Das war abermals Wahnſinn,“ ſagte Baron Scherpa beſtürzt, „arme junge Frau! Welch ent⸗ ſetzliches Geſchick trifft ſie.“ „Erlauben ſie meine Herren,“ unterbrach ihn der Profeſſor tieferregt, „daß ich mich Ihnen empfehle — ich muß heimkehren.“ Draußen im Korridor zog er mit bebender Hand einen Würfel hervor, der aus des Grafen Becher unbemerkt auf den Teppich gefallen war, und murmelte erſchüttert: „Da iſt die Gewißheit! Armer heißgeliebter Bruder!“ f Noch am Abend erhielt General pon Wald⸗ heim eine Depeſche, welche alſo lautete: „Kommen Sie, Gräfin E. wird Ihrer bedürfen. Schönau 5 *. 90 805 „Darf ich kommen, liebe Frau Ahne?“ frug die ſanfte Stimme der Gräſin Poſau, als ſie zu der alten Dame in die Jasminlaube trat. Erfreut. blickte Frau Ahne auf. „Grüß Sie Gott Frau Gräfin! Ich habe Sie ſeit vorgeſtern nicht geſehen, ſo daß mir ganz bange zu Muthe wurde.“ „Wir hatten Gäſte meinte die junge Dame haſtig, „auch heute kann ich nicht bleiben, Groß⸗ mütterchen, ſondern will nur erzählen, daß mein Großpapa Waldheim depeſchierte, käme heute zu mir. Nicht wahr, er darf Sie doch auch beſuchen, den — Herrn Profeſſor kennt er bereits.“ Voll warmer Herzlichkeit kniete Eva vor alten Dame nieder und küßte ihre runzeligen Hän der de *