8 Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unter⸗ haltungsblatt Mark 1.40, frei ins Haus. 5 Anzeigen: Die einſpaltige Corpuszeile oder deren Raum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen Ladenburg. erer eee een — No. 45 Politiſches. Harlsruhe, 51. Mai. In der Reform der direkten Steuern iſt ein weiterer Schritt er⸗ folgt. Dem Landtag iſt das Geſetz zugegangen über die Erbſchafts⸗ und Schenkungsſteuer. Darnach unterliegen der Erbſchaftsſteuer: Der Anfall von Vermögen von Todeswegen, der Anfall von Familien- und Stammgut, der Anfall von Bezügen aus einer Familienſtiftung infolge Todesfalls an den geſetzlich Berufenen. Zu⸗ wendungen durch eine Auflage, die einer Ver⸗ fügung von Todeswegen oder einer Schenkung auf den Todesfall beigefügt iſt, werden den zuerſt bezeichneten Fällen gleichgeachtet. Die Erbſchaftsſteuer beträgt: bei Anfällen an Eltern des Erblaſſers 1%, bei Anfällen an Voreltern des Erblaſſers 2e o, bei Anfällen an Geſchwiſter und Abkömmlinge von Geſchwiſtern des Erb⸗ laſſers 4%, bei Anfällen an andere Seitenver⸗ wandte des Erblaſſers bis zum 4. Grad l(ein⸗ chließlich), an Stiefkinder und deren Abkömm⸗ ische Di e ſchmt den Num er Shi den hen inge, ſowie an Stiefeltern des Erblaſſers, an wfobla, Schwiegerkinder und Schwiegereltern des Erb⸗ . bel laſſers, an uneheliche vom Erblaſſer anerkannte Hertl inder, bei Anfällen, die aus ſchließlich zu milden 5 wohlthätigen), gemeinnützigen oder ſonſtigen öffentlichen Zwecken beſtimmt ſind, inſofern ſolche nicht einzelne Familien oder beſtimmte Perſonen betreffen und die wirkliche Verwendung zu dem beſtimmten Zweck geſichert iſt, 6%, bei Anfällen an ſonſtige Perſonen 10 Bei Anfällen von Familien⸗ und Stammgut, ſowie von Bezügen aus Familienſtiftungen wird der Steuerſatz nach dem Verwandtſchaftsverhältnis wwiſchen dem letzten Inhaber des Familien⸗ oder Stammguts oder der Bezüge aus der Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, „ — Druck und Verlag von Karl Molitor, 6 Pfg., Reklamen 20 Pfg. . Samstag, den 4. Juni 1898 Familienſtiftung und dem ſteuerpflichtigen Er⸗ werber des Anfalles beſtimmt. Berlin, 1. Juni. Prinz Heinrich von Preußen traf heute mit den Kreuzern „Deutſch⸗ land“ und „Naiſerin Auguſta“ in Kiautſchou ein. Wie dem „Berl. T.⸗A.“ aus Hiautſchou gemeldet wird, beſuchte der Prinz vor ſeiner Kückkehr nach dem deutſchen Pachtgebiete die Begräbnisſtätte der Officiere und Matroſen, die im Sommer 1896 ſeit dem Untergange der „Iltis“ in den chineſiſchen Gewäſſern infolge eines Taifuns ihren Tod fanden, und legte Hränze auf den Gräbern nieder. Kurz vorher hatte der Kommandant des ruſſiſchen Kanonen⸗ bootes „Mandſchur“ dort einen Kranz nieder⸗ gelegt. Berlin, 2. Juni. Der Kaiſer und die Haiſerin gedenken am 6. Juni mit dem Prinzen Auguſt, Oskar und Joachim, ſowie mit der PDrinzeſſin Viktoria Cuiſe auf Schloß Wilhelms⸗ höhe bei Kaſſel einzutreffen. Die Dauer des Aufenthaltes der Majeſtäten auf Wilhelmshöhe iſt noch nicht näher bekannt, es ſteht indeſſen zu vermuten, daß die Kaiſerin längere Seit daſelbſt reſidiren wird, da der Haiſer im Hin⸗ blick auf ſeine Teilnahme an den Kieler Regatten und ſeine alsdann folgende Nordlandsreiſe den Wilhelmshöher Aufenthalt zu beſchränken ge⸗ nötigt iſt. Uebrigens ſollen die Dispoſitionen für die Wilhelmshöher Reiſe des Maiſerpaares noch nicht endgiltig feſtſtehen. — Der Keichs⸗ kanzler Fürſt Hohenlohe hat eine Urlaubsreiſe angetreten, in deren Verlauf er mit ſeiner Tochter Eliſabeth am Dienstag Mittag aus Baden⸗Baden in Straßburg eintraf. Von Straß⸗ burg aus gedachte der Kanzler zu einem kurzen Aufenthalt nach Paris zu reiſen, um ſich von dort nach Schillingsfürſt zu begeben, wo die noch andere Redner Anſprachen hielten. eee definitive Beiſetzung der verſtorbenen Fürſtin auf dem fürſtlichen Friedhofe ſtattfinden wird. Paris, 2. Juni. Die franzöſiſchen Pro⸗ teſtanten begingen am Dienstag das 500jährige Jubiläum des Edicts von Nantes, durch welches den Anhängern des proteſtantiſchen Bekennt⸗ niſſes in Frankreich unbehinderte Religionsübung und Gleichſtellung mit ihren katholiſchen Mit⸗ bürgern gewährleiſtet wurde. Den Mittelpunkt der Feier bildete natürlich die Stadt Nantes. Das dortige proteſtantiſche Presbiterium em⸗ pfing am Jubiläumstage die Delegierten zahl⸗ reicher proteſtantiſchen Gemeinden Frankreichs und die Dekane der proteſtantiſchen Fakultäten von Paris, Montaubau und Genf. Hierauf fand eine Saline urs ſtatt, in welcher Paſtor Dartique, Baron Schickler, Paſtor Lodt 15 ie Sitzung wurde mit dem Lutherliede: „Eine feſte Burg iſt unſer Sott“ geſchloſſen. Madrid, 1. Juni. Das SGeſchwader des amerikaniſchen Admirals Dewey wollte die Einfahrt bei Santiago de Cuba erzwingen, wurde aber durch die Strandbatterien und den ſpaniſchen Kreuzer „Chriſtobal Colon“, deſſen Capitän getödtet wurde, zurückgeſchlagen. Nach dem Kückzuge der Amerikaner kehrte „Chriſtobal Colon unbeſchädigt in den Hafen zurück. — Die ſpaniſchen Schiffe, welche bisher Petroleum von Amerika importirten, beſchloſſen den Im⸗ port ruſſiſchen Petroleums und ſind zu dieſem Swecke nach dem ſchwarzen Meere abgegangen. — Die Befeſtigungen von Cadix wurden nun⸗ mehr mit ſchwerkalibrigen Geſchützen verſehen. — Die Kreuzer „Alfonſo“, „Rapido“, „Adria“, „Viktoria“ und „PDrinzeſſa de Aſturia“ werden als zweites Reſervegeſchwader in etwa 14 Tagen in See gehen. 1 nit 3 5 nicht trocken, und ich ginge für ſolch ein Lied noch „Was ſucht Ihr heut auf dem Rothhof 2“ 00 . S chwer erkämpft. beute in den dickſten Kugelregen.“ frug ſie ſcharf. . N u derne Roman von H. von Ziegler. „Auch ich danke Ihnen, gnädigſte Gräfin; der „Euch ſelbſt, Anne,“ gab er düſter zurück, g. 9. Nachdruck verboten“) Herr General hat Recht, ſolcher Geſang thut unbe⸗ „ich muß mit Euch reden. Der Herr Profeſſor rieth — Nun ſei lieb, Eva,“ bat der alte Herr ſchreiblich wohl, beſonders ſolch einſamen Sonder⸗ es mir ſelbſt!“ 0 Ame munter, „ſinge mir ein Lied, wie ich es ſo gern ling wie mir!“ Heiße Röthe färbte die Wangen der Frau, höre, der Herr Profeſſor liebt es ſicherlich ebenfalls.“ Die beiden Augenpaare trafen ſich und ruhten und ſie rief zornig: „Was kümmert mich der, ich er, Unbefangen lächelnd trat die Gräfin an den traumverloren ineinander, dann ſtand die Gräfin habe ihn nicht um ſeine Meinung gefragt. 3 Stutzflügel und gleich darauf klangen weiche, volle erröthend vom Klavier auf. Das war der alte ſchroffe Ton, den Aloys l, Akkorde durchs Gemach. „Wer Leid und Schmerz kennt, darf auch davon gar wohl an der Bäuerin kannte, doch heute ließ , as iſt im Leben häßlich eingerichtet, ſingen,“ meinte ſie einfach; „als ich noch keine er ſich nicht abſchrecken. Daß bei den Roſen gleich die Dornen ſtehn.“ a Der Profeſſor blätterte in einer Mappe mit Kupferſtichen, um Waldheim den tieferregten Aus⸗ druck ſeines Geſichtes zu verbergen. 3 Es war ja von jeher ſo geweſen; bei den allerſchönſten Roſen ſtanden die ſchärfſten Dornen, und über manches kaum erblühte Glück ſank ſogleich ein Trauerflor. Weshalb erſchütterte dies Welt⸗ geſetz den ſtarken Mann ſo furchtbar? Und da nr die kam er von Neuem vergiftet, zerwühlend jener ent⸗ u bern, ſetzliche Verdacht von vorhin, und ſeine Seele ſchrie ipfutt pberzweifelnd auf: „War er es?“ — Zitternd verhalten die Schlußakkorde des 2 Liedes; Schönau hatte die Augen leicht mit der Hand bedeckt und athmete ſchwer. An ſeinem Geiſte lat zogen leuchtende Phantaſiegebilde vorüber — es mi! wär' ſo ſchön geweſen. glich „Dank Dir mein Kind,“ ſagte der alte Ge⸗ a 0 neral bewegt, „wenn Du ſingſt bleiben meine Augen Töne hatte, fühlte ich mich am elendeſten.“ *. *. * Die Rothhofsbäuerin ſtand im reichen Feſt⸗ ſchmuck vor dem Spiegel ihres Zimmers, im Begriff, eine ſilberne Nadel in den dunklen Flechten zu befeſtigen. Es war ein trüber Sommertag, am Himmel ſtanden dunkle Wolken und es ſchien, als ſolle der Empfang der Sintorf'ſchen Gutsherrſchaft einregnen. Die wilde Anne ſah recht ſtattlich aus. Der bis zum Knöchel reichende, ſchwerſeidene rothe Rock, das ſilberverſchnürte Sammtmieder und der mit gleichen Quaſten geſchmückte Hut ſtanden ihr ganz vortrefflich; juſt im Augenblick, als die hübſche Frau zurücktrat, öffnete jemand von außen die Thür, und Aloys Stolzner trat in das Zimmer. Anne ſtutzte beim Anblick des Mannes, dann aber zogen ſich ihre Augenbrauen finſter zuſammen. „Aber ich will von Euch Antwort haben, Anne, ehe die Herrſchaft kommt.“ „Und was beliebt Euch zu fragen?“ „Ihr wißts doch ſchon lange, Frau Anne, daß ich Euch gut bin und um Eure Hand werben möchte. Könnt Ihr mich wohl heirathen ?“ leber dem Zimmer lagerte es wie dumpfe Ge⸗ witterſchwüle; die Bäuerin ſah nicht in die Höhe, und der Freier neſtelte unruhig an ſeinem Hut. Was ſollte Anne thun? Ihn abweiſen wie alle anderen vorher? Nachgerade begann ihr die Beſorgung des großen Beſitzes läſtig und unbequem zu werden; auch mißfiel der Stolzuer ihr nicht, denn ihre rauhe Art war ihm ganz recht und — der Herr Profeſſor hatte ihn ja ſelbſt ermuthigt! Heftig zuckte die hübſche Frau zuſammen. Seit zwei Jahren wuchs jenes ſeltſame Gefühl in ihrer Seele, das ſie ſich nicht erklären konnte, das ſie aber dennoch veredelt hatte.