um und plünderten das Palais Saporiti, deſſen Möbel zum Barrikadenbau verwendet wurden. Auch hier gaben die Truppen Feuer. Einer der Auf⸗ rührer wurde getödtet, mehrere verwundet. In der Oreficiſtraße wurden die Dachziegel von den Dächern der Häuſer auf die Truppen geworfen. Letztere gaben Feuer. Zwei Perſonen wurden getödtet, einige verwundet. In der Torinoſtraße und auf dem Kathedralenplatze, die ebenſo wie die übrigen Hauptpunkte der Stadt militäriſch beſetzt ſind, kam es zwiſchen den Aufrührern und dem Militär zu Zuſammenſtößen. Ueber die Stadt iſt der Belagerungszuſtand verhängt worden. Verſchiedenes. * Ladenburg, 9. Mai. Der Sommer⸗ fahrplan der Main⸗Neckar⸗Bahn hat wieder abends einen Perſonenzug, der Mannheim und Heidelberg 94 verläßt, hier aber nicht anhält. Derſelbe Zug hatte vor 2 Jahren, als er nur Sonntags ging und hielt, immer eine große Anzahl hieſiger Paſſagiere. Schon jahrelang wird geklagt, daß diejenigen, welche bis 7⅝ Uhr ihre Geſchäfte in Mannheim oder Heidelberg nicht beendigen können, volle 3 Stunden, bis 108 Uhr, manchmal auch noch 35 Minuten länger warten müſſen. Der Mangel eines Zuges in dieſer Zwiſchenzeit wurde auch von jenen empfunden, welche in Heidelberg mit dem Schnellzuge vom Oberland oder vom Odenwald ankamen und volle 2 Stunden lang keinen Anſchluß hatten. Jetzt hört man dieſe Klagen noch viel lauter, da ein paſſender Zug geht, aus irgendwelchem Grunde aber hier vorübder⸗ fährt, während er merkwürdiger Weiſe auf allen Stationen von der Landesgrenze ab anhält. Ladenburg, 10. Mai. Unter zahlreicher Beteiligung auswärtiger Geſangvereine fand am verfloſſenen Sonntag die Fahnenweihe des hieſigen Geſangvereins Sängerbund ſtatt. Die Feier verlief, begünſtigt von gutem Wetter, programmmäßig in tadelloſer Weiſe. Die Geſangs⸗ ſowohl wie die Muſikvorträge fanden den vollen Beifall der Zu⸗ hörer. — Die Fahne ſelbſt iſt ein ſchönes Exemplar und trägt auf der einen Seite das Symbol der Verbrüderung. — Bis in die frühen Morgen⸗ ſtunden waren die Feſtteilnehmer bei Muſik⸗ und Tanz vergnügt beiſammen. — Ladenburg, 9. Mai. Die Photo⸗ graphiſche Geſellſchaft Mannheim (früher Ama⸗ teur⸗Photographen Verein) beabſichtigt im Spät⸗ herbſt dieſes Jahres eine größere photographiſche Ausſtellung in Mannheim abzuhalten, an welcher ſich Amateur⸗ Photographen aus Baden und der Pfalz betheiligen können. — Intereſſenten belieben ihre Adreſſe an den Vorſitzenden der Photographiſchen Geſellſchaft in Mannheim, Herrn Guſtav Spangenberg einzuſenden, worauf ihnen Proſpect über die Details der Ausſtellung und des Wettbewerbs bei den Prämiierungen zugeſandt wird. Wie wir hören, ſollen werthvolle Preiſe ausgeſetzt ſein. — Ladenburg, 9. Mai. Bei der am 4. Mai ſtattgehabten Ziehung der Mannheimer Mai⸗ marktlotterie fielen folgende Gewinne in die Kollekte des Herrn J. F. Lang Sohn: Zter Preis, ein Paar Arbeitspferde, 11ter Preis 1 Arbeitspferd, ferner noch 2 Pferde, 3 Kühe, 6 Rinder, 2 Schweine und 128 verſchiedene Gewinne. — Mannheim, 8. Mai. Die „Rheiniſche Gummi⸗ und Celluloid⸗Fabrik“ feierte geſtern Abend das Feſt ihres 25jährigen Beſtehens. Die Arbeiter erhielten aus dieſem Anlaſſe Ge⸗ ſchenke in Form von Sparbüchern mit Ein⸗ lagen von 10 bis 500 M., je nach der Zeit der Thätigkeit in der Fabrik. Die Arbeiter mit 25 Dienſtjahren erhielten je 500 M. und eine goldene Uhr mit goldener Kette, die mit 21—24 Dienſtjahren eine ſilberne Uhr mit Kette und 400 Mk. u. ſ. w. Im ganzen wurden 1053 Sparbücher ausgegeben im Geſammtbetrage von 65,000 M. Außerdem wurde in einer eigens hergerichteten Halle ein großartiges Nachteſſen für das geſammte Perſonal nebſt Frauen arran⸗ giert. Die Beamten und Meiſter überreichten ein künſtleriſch ausgeſtattetes Diplom. Außerdem iſt für nächſten Samstag ein ſolenner Fackelzug projektirt, der geſtern der ungünſtigen Witterung halber unterblieb. SRK. Karlsruhe, 7. Mai. Der jetzige abnorme Stand der Getreidepreiſe charakteriſirt ſich als eine äußerſt geſchickte Mache, einmal der transatlantiſchen Spekulation, welche die Kriegs⸗ konjunktur ausnützt, um die letzte ſo reich aus⸗ gefallene Ernte zu Theuerungsſätzen auf dem europäiſchen Markte loszuſchlagen, ſowie zweitens des diesſeitigen Spekulantenthums, welches die Getreidehauſſe nicht nur ſeinen privaten Geſchäfts⸗ gewinn, ſondern auch dem Beſtreben dienſtbar macht, einen tendenziöſen Druck auf den Gang unſerer Handels⸗ und wirthſchaftspolitiſchen Entwicklung auszuüben. Der noch in der Schlußſitzung des Reichstags unternommene, aber regierungsſeitig durch die Erklärung des Sti ſecretärs von Thielmann zurückgewieſene Ver der Sozialdemokratie, die Hauſſe in Getre agitatoriſch zu fruktiftzieren, vervollſtändigt Geſammtein druck, daß man es im vorliegen 2 * Fal nicht mit einem objektiven aus der 1155 b der Dinge ſich von ſelbſt ergebendem Vorgan 2. 8 ſondern mit einer Veranſtaltung zu thun 9 1 deren Gen inſchädlichkeit unter dem nationg 1 b Intereſſeng ſichtspunkt keinem Zweifel unterlie l dürfte. 5 — Berlin, 9. Mai. Der 39. Allgeme 4 Genoſſenſchaftstag der auf Selbſthilfe beruhend E deutſchen Erwerbs⸗ und Wirthſchaftsgenoſß 1 8 ſchaften (Schulze Delitzſch'ſche Genoſſenſchaßt 3 * wird nach dem Beſchluß des vorjährigen Genofß Erber ſchaftstages in dieſem Jahre in Neuſtadt g. Hardt (Rheinpfalz) vom 24 — 27. Auguſt g an halten werden. Im Jahre 1869 haben A . Schulze⸗Del tzſch'ſchen Genoſſenſchaften ſchon e 1 75 8 mal in Neuſtadt a. d. Hardt getagt. i a * E 15 Candwirtſchaftliches. Vielfach ſieht man an Straßen und in Ol 2 1 gärten die Bäume weiß angekalkt — es iſt d * eine alte Regel für den Pfleger von Obſtbäumeg, 125 etwa alls 3 Jahre die Bäume mit der „Scharre 1 zu kratzen und mit Kalkmilch anzuſtreichen, um die Rinde ron dem auf ihr ſitzenden Ungeziefer zu befreien. Wie der praktiſche Ratgeber im Obſt⸗ und Gartenbau jetzt ausführt, genügt dieſe Maß⸗ regel für die Vertilgung des Ungeziefers durch; aus nicht — der Stamm wird meiſt nur bis zur i Krone gekalkt, während die Puppen und Larpen obſtzehrender Inſekten vielfach auch in den Zweigen verborgen ſitzen, dann aber bilden die Schuppen der Rinde, unter die der Pinſel beim Kalken nicht dringt, einen ſicheren Schlupfwinkel für das Uß⸗ geziefer. Um das Kalken gründlich durchzuführen, hat man auf der Inſel Langenau im Rhein eine fahrbare Pumpenſpritze in Gebrauch und werden dort 15000 Obſtbäume mit dieſer Spritze gekalkt, Der kräftige Strahl dringt ſowohl bis zur äußersten Spitze des Baumes, wie in die Rindenſchuppen, eingetauchte Binde um das kranke Glied zu wickeln wobei Stolzuer vor Schmerz die Zähne zuſammen⸗ biß und die Hände ballte, aber gleich darauf erhellte ſich ſein finſteres Geſicht, und als ſich Schönau zum Gehen erhob, reichte er ihm halb verlegen die ſchwielige Rechte. 1 „Ich dank' auch recht ſehr herzlich, Herr Pro⸗ feſſor, daß Ihr Euch meiner Schmerzen ſo erbarmt. Hätt es nimmer geglaubt, daß ein Menſch ſo gut ſein kann.“ zu finden, Aloys Stolzner.“ „An mir liegt's eben nicht Herr!“ „Ihr ſolltet wirklich heirathen, Stolzner. Denkt an das herannahende Alter, es muß doch ſchön ſein, ſich einmal pflegen zu laſſen.“ „Ja, wenn die Anne nur wollte!“ Die Bäuerin vom „rothen Hof“ ?“ Ja,“ ſeufzte Stolzner, „ſie iſt wohl freilich ornig und ſchrecklich mißtrauiſch, aber weitaus das bravſte Weibsbild, das man finden kann. Ihr ſeliger Mann war ein ganz dummer Kerl, der nichts that als eſſen und ſchlafen,“ „So würdet Ihr ſie gewiß glücklich machen önnen.“ „Ja, ja, ich dacht's ſchon oft im Stillen, ber ſeht Ihr, Herr Profeſſor, ſo ein ſtudierter err kann alles beſſer ausdrücken.“ „Nun muß ich aber fortgehen, Stolzner. zaßt Euch von der Veronika den Umſchlag erneuern und die Arnika dazu verdünnen; morgen beſuch ich Euch wieder und will einige Kalender zum Leſen mitbringen. Das wird Euch zerſtreuen.“ „Wie gut Ihr doch ſeid,“ murmelte der Kranke, „nehmt's nur nicht übel, daß ich Euch ſo biſſig zuerſt anließ.“ „Nicht im Geringſten, beſter Stolzuer, doch will ich die gute Stunde benützen, Euch um etwas zu bitten.“ 5 5 „Ich hatte gehofft, Euch nicht mehr ſo einſam „Hm, was könntet Ihr, der vornehme Herr von mir einfachen Bauern verlangen ?“ Der Mann ſchien von neuem mißtrauiſch zu werden, doch Schönau fuhr, ohne auf die unwirſche Zwiſchenrede zu achten, fort: „Räumt doch wenn Ihr wieder geſund ſeid, ein nal ordentlich in Haus und Hof auf, damit es freundlich ausſieht. Verſteht Ihr mich, Stolzuer?“ Der Kranke wurde ſehr roth, ein verlegener Blick ſtreifte den zerriſſenen Seſſelbezug und die eigene, unſaubere Jacke, dann ſeufzte er unmuthig: „Wenn die Anne nur wollte, da würde freilich alles beſſer!“ „Wenn Ihr Euch ändert, Freund,“ tröſtete der Gelehrte, „und mehr auf das äußere Anſehen achtet, wird auch ſie Euch mehr gewogen ſein, denn ſte iſt eine durchaus accurate und ordentliche Frau! Denkt nur nach über meine Worte, Stolzner, und ſeid überzeugt, ich meine es herzlich gut mit Euch und ihr. Auf Wiederſehen denn und eine gute Nacht!“ Während dieſes Heimweges erfüllten von neuem eigenthümliche Gedanken den ſinnend dahinſchreiten⸗ den Mann. Zwei Menſchenſeelen, rauh und ſchroff wie die Berge ihrer Heimath, lagen offen vor ihm; beide erfüllt und vergiftet bon Mißtrauen gegen den Nebenmenſchen und dennoch beide gut. Sollten ſte nicht zu einander paſſen? Sie trugen ja gleiches Sehnen nach wahrem Glück und Frieden in der Bruſt. Die Sonne ſank in blendender Pracht drüben im Weſten, goldne Wölkchen flogen als Scheide⸗ gruß am tiefblauen Himmel empor; zwiſchen dunklen Tannen tauchte jetzt das Häuschen auf, welches Fried vich Schönau mit der Frau Ahne bewohnte. Hoch und ſteil ſtieg hinter dem Wohngebäude eine Felswand empor, beleuchtet vom purpurnen Abend⸗ ſchein. Schlanke Edeltannen ſchoben ſich kuliſſen⸗ Gleichzeitig beſorgt man mit derſelben Spritze das „bordelaiſiren“. Der Erfolg ſoll ein vol ſtändiger geweſen ſein: das Ungeziefer wurde ver⸗ de 8 nichtet, Fuſicladium, dieſes Schreckgeſpenſt aller Züchter von feinem Tafelobſt, iſt verſchwunden A prangte ein Beet ſchönſter, hochſtämmiger Roſenbäum⸗ aß chen; das war des Profeſſors Stolz und große [d Freude, er hegte und pflegte ſie ganz allein während Un dez ſeines Anfenthaltes in Sintorf. n „Guten Abend, Friedrich,“ rief jetzt eine liehe W Stimme, und langſam kam Frau Ahne ihm entgegen, Me a auf einen Stock geſtützt; das faltige Geſicht mit M dle den milden, blauen Augen leuchtete freudig auf, E Nang als ſie des geliebten Enkels anſichtig wurde. 1 u „Guten Abend mein liebes Mütterchen, klang 5 die Antwort, und liebevoll umſchlangen Schönau du kräftige Arme die Greiſin, „wie haſt Du den Nach⸗ d mittag allein verlebt?“ 0 La „O recht gut,“ lächelte ſie, „ich goß die Roſen 1 und beſchnitt ſie, fütterte Hühner und Enten und 9 ließ mir endlich von Kathi vorleſen.“ 11 „Meine Erlebniſſe theile ich Dir beim Abend⸗ 1 eſſen mit, Großmama. Sind Briefe gekommen?“ 5 5 „Ja,“ nickte die alte Dame, „warſcheinlich 5 einer vom Viktor, wenigſtens iſt der Poſtſtempel * aus ſeiner Garniſon.“ 5 „Das freut mich! der gute Viktor ſchreibt ſo fleißig, ſeine letzte Zeilen habe ich noch nicht eimal beantwortet.“ 5 „Iſt Graf Poſau ſchon auf dem Schloſſe s“ „Nein, er kommt wohl garnicht, und mir it es wegen meiner hiſtoriſchen Studien ſogar lieb.“ In dem kleinen Zimmer ſtand der Tiſch e bereits gedeckt, und die Dienerin brachte ſoehen noch eine Schale voll köſtlicher Milch; aber Fran Ahne blieb noch einen Augenblick draußen ſtehen und blickte verwundert um ſich. „Wie ſchön, o wie herrlich,“ murmelte ſie he- ⁶ wegt, „ich bin ſo glücklich, daß ich dieſe ſchöne artig rechts und links vor und im Vordergrund Natur noch einmal ſehen darf, ehe ich für immer 10 ſcheide. . r 2 ö 5 rt *