* 2282 Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. 155 N Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unter⸗ ö 1020 haltungsblatt Mark 1.40, frei ins Haus. 5 75 1205 Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, 9700 Ladenburg. No. 27. Abonnemenkseinladung. Mit dem 1. April beginnt das 2. Quartal dieſes Blattes und laden zu Beſtellungen hiermit freundlichſt ein. Die Expedition. Parlamentariſche Oſtern. Der Keichstag iſt nunmehr in ſeine Oſter⸗ ferien gegangen, um am 26. April nochmals voraus ſichtlich nur für ein paar Wochen zuſammenzutreten. Das weitaus wichtigſte und bemerkenswertheſte Ergebniß des jetzt beendeten erſten Hauptabſchnittes ſeiner letzten Seſſion Rü beſteht in der Annahme der Flottenvorlage, * welche in der Sitzung vom 28. März endgiltig verabſchiedet wurde. Keichstagsvotum iſt die ſo lange ſpielende, an Wechſelfällen und Aufregungen Mit dieſem bedeutſamen der Stellung Deutſchlands zur See und für die Intereſſen des Geſammtvaterlandes er⸗ prießlichen und befriedigenden Weiſe zum Abſchluß gebracht worden, die deutſche Flotte wird künftig in einer Achtung gebietenden Stärke aufzutreten vermögen. Die Genugthuung aller Vaterlandsfreunde über die definitive parla⸗ mentariſche Sanction des Flottenverſtärkungs⸗ geſetzes wird vor Allem auch an allerhöchſter Stelle getheilt, man weiß ja, wie lebhaft ſich der Haiſer für das Suſtandekommen der Flottenvorlage intereſſirte. Seiner Befriedigung über die nun erfolgte Verabſchiedung derſelben hat der erlauchte Monarch denn auch durch die Ernennung des Marineſtaatsſecretairs Tirpitz genommen, zu beendigen. Monate N Volkskreiſe erfüllt. reiche Flottenfrage in einer für die Sicherung zum preußiſchen Staatsminiſter, durch Ordens⸗ Samſtag, den 2. April Raum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen Druck und Verlag von Karl Molitor, 6 Pfg., Reklamen 20 Pfg. Ladenburg. auszeichnungen mehrerer Offiziere des Keichs⸗ marineamtes und durch ſein Telegramm an den Großherzog von Baden, in welchem er dem badiſchen Herrſcher für ſeine unermüdliche Mitarbeit zu Gunſten des Flottengeſetzes dankt und ihn à la suite der Marine⸗Infanterie ſtellt, bezeichnenden Ausdruck gegeben. Neben dem Flottengeſetz, dem Hauptſtück der laufenden Keichstagsſeſſton, ſind in deren voröſterlichen Seſſionsabſchnitte noch eine Anzahl anderer Vorlagen durch deren definitive An⸗ nahme erledigt worden. Sunächſt iſt es dem Keichstage gelungen, den umfangreichen Keichs⸗ haus haltungsetat noch knapp vor dem J. April dem verfaſſungsmäßig hierfür zuläſſigen äußerſten Seitpunkt, fertigſtellen und hiermit eine weitere Hauptarbeit, wenigſtens quantitativ Dann wurde die Vorlage über die Entſchädigung unſchuldig Verurtheilter genebmigt, deren Verabſchiedung endlich eine alte und gerechte Forderung weiter Ebenfalls noch vor Oſtern zu Stande gekommen iſt die Novelle zum Keichspoſtdampfergeſetz, welche in ihrem Hern⸗ punkte die Einführung IAtägiger Keichspoſt⸗ dampferfahrten nach Oſtaſien und die Erhöh⸗ ung der dem Bremer Lloyd vom Keiche zu gewährenden jährlichen Subvention um 1 ½ Millionen Mark ausſpricht. Schließlich ſind in dem voröſterlichen Seſſionsabſchnitte noch⸗ einige kleinere Geſetzentwürfe zur endgiltigen Genehmigung gelangt, wie die Novelle zum Branntweinſteuergeſetz betreffs der veränderten Branntwein⸗Contingentirung, der Handelsvertrag mit dem Oranje⸗Freiſtaat, die Vorlagen über die Regelegung der Angelegenheiten der frei⸗ willigen Gerichtsbarkeit und über die Aufhebung der Amtscautionen der Keichsbeamten, u. ſ. w. Immerhin bleibt auch noch für den Keſt der Seſſion ein nicht unanſehnliches geſetz⸗ geberiſches Material zu verabſchieden. Den hervorragendſten Punkt unter letzterem bildet die Vorlage über die Reform der Militair⸗ ſtrafprozeßordnung, welche bis jetzt die zweite Leſung paſſirt hat. Ihr Suſtandekommen iſt jedoch trotz dieſes ſo vorgerückten parlament⸗ ariſchen Stadiums noch keineswegs ganz geſichert, da noch einige Differenzpunkte zwiſchen Regierung und Keichstag wegen der neuen Militairgerichtsordnung beſtehen, indeſſen über⸗ wiegt in parlamentariſchen Ureiſen die Meinung, daß ſich die vorhandenen Differenzen durch Anbequemung des Reichstags an den Regier⸗ ungsſtandpunkt beſeitigen laſſen werden. Daneben ſind zunächſt in zweiter Plenarleſung noch die Novellen zum Serichtsverfaſſungsgeſetz, zur Civil⸗ und Strafprozeßordnung und zur CToncurs⸗Oronung, die Vorlage über die Ab⸗ änderung des Poſtgeſetzes und der vom Cen⸗ trum beantragte Geſetzentwurf zur Bekämpfung der Unſittlichkeit, ſowie in dritter Teſung die Vorlage betreffs der Weiterführung der Keichs⸗ ſchuldentilgung zu erledigen; außerdem hat ſich das Haus nach Oſtern noch mit dem Nach⸗ tragsetat wegen Hiaotſchaus zu befaſſen. N wird aber nach dem Wiederbeginn der eichstagsſitzungen nach Ablauf der Oſterferien nicht viel ruhige Beratungs zeit mehr übrig ſein, denn es gilt als feſtſtehend, daß die Neuwahlen Mitte Juni ſtattfinden, und die Nähe des Wahl⸗ kampfes kann begreiflicher Weiſe auf die nach⸗ öſterlichen Reichstagsverhandlungen kaum günſtig einwirken. Hoffentlich gelingt es, dieſelben raſch und glatt zu Ende zu führen, damit das alte Parlament wenigſtens nicht mehr verſammelt iſt, wenn die Wahlagitation in ihren letzten und geräuſchvollſten Abſchnitt eintritt. 5 g Die Schachermühle Eine baheriſche Dorfgeſchichte von Friedrich Dolch, 5. (Nachdruck verboten.) „So is 's Recht, Müller,“ rief der Lange und ſchlug vergnügt auf den Tiſch. „Alſo das wär in der Ordnung! Das Weitere werd'n wir nach⸗ her ſchon morg'n ausmach'n. Jetzt werd ich aber 1 1 ſchau'n daß ich in's Neſt komm', denn ich ſpür une meine Haxen (Beine) ſchier nimmer vor lauter Müdigkeit.“ Lärmend verließen die Burſchen die Stube. Der Müller trat ans Fenſter und ſtarrte in die Nacht hinaus, die Alte aber nahm die Lampe vom Tiſche und ſtellte ſie auf das Fenſterbrett. „Ich will nur noch den Tiſch abräumen,“ ſagte ſie, nachher werd auch nach meiner Liegerſtatt ſchau'n. Mit'm Schlafen wird's freilich net viel werd'n mein ich, denn heut geh'n mir zu viel Sach'n im Kopf rum —“ 5 Sie hielt in ihrer Beſchäftigung inne und blickte erſtaunt auf, denn die Thüre öffnete ſich plötzlich geräuchlos und Walpi ſchlüpfte in die Stube. Behutſam ſchloß das Mädchen wieder die Thüre und näherte ſich dann mit ſchreckensbleichem Geſichte und gefalteten Händen der Alten, die ſie Überraſcht und argwöhniſch anſtarrte. „Was giebt's? was iſt denn geſcheh'n ?“ Such'n bald verdrießen! rief die Müllerin ängſtlich. „Du ſiehſt ja aus, wie wenn Du a Waitz (Geſpenſt) g'ſeh'n hätt'ſt!“ Vater! Mutter! Um Gotteswill'n was hab' ich g'rad' von Euch hören müſſen —“ „Ich will net hoffen,“ brauſte die Müllerin auf und Zornesröthe färbte ihre Wangen, daß Du ſcho' wieder amal geluſt (gelauſcht) haſt! Oder wär's doch ſo g'weſen und hab' Dich net eingſperrt in Dei Kammerl. Aber wenn Du doch ſcho' amal alles weißt, ſo red nur jetzt, wenn Dir vielleicht was nicht recht is!“ „Mutter, Vater,“ hauchte Walpi angſtvoll, „ich bitt euch mit aufghobene Händ', laßt's euch net ein auf ſo ſchreckliche Sach'n. Ein ſolchen Frevel könnt unſer Herrgott ja auf der Stell ſtrafen durch einen gachen (jähen) Tod! Aber wenn das auch net geſchähen thät, könntet ihr dann noch a Nacht ruhig ſchlafen mit einer ſolchen Bürd' auf 'm G'wiſſen? Auf die Knie bitt! ich Euch, thut's ſo was net, gebt's dem Verſucher kein G'hör! Ich will arbeiten für Euch Tag und Nacht, will gute Leut' aufſuch'n und ſie fußfällig bitten, daß 's Euch helfen —“ 0 „Gute Leut!“ rief die Alte mit einem ſchnei⸗ denden Hohnlachen, „gute Leut' willſts aufſuch'n und ſie um Hilf' bitten? Ich mein', da thät' Dich das Du biſt noch a jung's, unerfahr'n's Diandl, Du weißt noch nix von der Welt, aber wir zwei, Dein Vater da und ich, können ein Liedel ſingen von der Gutheit der Leut“! Ja mir her,“ hat er g'rufen. vor a fünfzehn Jahrl'n, da is mir der Himmel noch voller Geigen g'hängt, da hab ich wohl auch g'rad ſo denkt wie Du. Damals ſind wir noch net lang verheirathet g'weſen, der Peter und ich, und auch die Schachermühl' hat uns noch net lang g' hört. Das is noch a Leb'n g'weſen dazumal 2 Die Müllerei is gut gangen, luſtig und fidel ſind wir allezeit g'weſen und g'meint hab'n wir, die ganze Welt g'hört uns. Net wahr, Peter?“ „Das war freili' a glückliche Zeit,“ ſagte der Müller düſter. „Red' mir net davon, Reſel, wenn Du mir net das Herz im Leib' umkehr'n willſt!“ „Ja, wahr is 8, es war a glückliche Zeit, nur ſchad', daß es net lang gedauert hat,“ lachte die Alte heiſer. „Alſo a paar Jahrl'n d'rauf is mei' Bruder in unſere Gegend kommen und von der Zeit an is 's aus g'weſen mit unſer'm Glück. Mei' Bruder is ein Thunetgut g'weſen von kleinauf. Als junger Burſch' hat er allerhand ſchlechte Streich' g'macht, und die hab'n ihn auch richtig z'letzt in's Zuchthaus bracht. Er is aber net lang d'rin g'weſen im Auer Zuchthaus in der Münchnerſtadt; er hat aus'brochen und hat ſich da her g'flücht' in unſere Gegend. Verriſſen und verlumpt, derlegt wie a g'hetzter Hirſch is er zu mir kommen. „Schweſter, verſteck' mich, d' Schandarm ſind hinter Hätt' ich ihm da die Hilf' verſag'n und ihn ausliefern ſoll'n an die Schergen? Er is mei Bruder g'weſen, ich hab' ihn net verlaſſen können. Ich hab' ihm Unterſchlupf 3 4