ö 8 eub Ladenburg. 2 Anzeiger für Ladenb Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unter⸗ haltungsblatt Mark 1.40, frei ins Haus. Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, urger Wochen urg und Umgegend. Anzeigen: Die einſpaltige Corpuszeile oder deren Raum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen erer — —— No. 19. Samſtag, den 5. März Politiſches. 5 Karlsruhe, 2. März. (Entſchädigung für unſchuldig erlittene Unterſuchungshaft.) In der heutigen Sitzung der zweiten Kammer des Landtags teilte Staatsminiſter Dr. Nokk mit, daß ſeit der letzten Landtagsperiode Anſprüche wegen Entſchädigung unſchuldig Derurteilter an das Juſtiz⸗Miniſterium nicht gelangt ſeien. Dagegen wurden in ſechs Fällen Anſprüche wegen unſchuldig erlittener Unterſuchungshaft erhoben. In vier Fällen wurden die Anſprüche anerkannt und insgeſamt 167 Mk. Entſchädig⸗ ung für erlittene Taglohnausfälle gewährt. In zwei Fällen wurden die Anſprüche zurück⸗ gewieſen. Ferner machte der Miniſter die Mittheilung, die Regierung gedenke, wann ein Keichsgeſetz über die Entſchädigung unſchuldig Verurteilter komme, auch die aus Billigkeits⸗ gründen gewährte Entſchädigung für unſchuldig erlittene Unterſuchungshaft beizubehalten. Dieſe Mitteilung wurde im Hauſe mit Beifall auf⸗ genommen. Berliu, 2. März. (Die Budgetkom⸗ miſſton des Reichstags) nahm den Abſatz 3 des § 1 der Lieberſchen Anträge in folgender Faſſung an: „Die Bereitſtellung der Mittel für die zur Erreichung des Sollbeſtandes er⸗ forderlichen Neubauten unterliegt der jährlichen Feſtſetzung durch den Stat mit der Maßgabe daß die Fertigſtellung des Sollbeſtandes, ſoweit D Vain * ier dernen gu —. uſchen die in § 8 angegebenen Mittel ausreichen, bis zum Ablaufe des Jahres 1904 durchgeführt Ie werden kann.“ Sodann wurde der ganze 81 nit der Cieberſchen Anträge angenommen. Die Kommiſſion nahm ferner mit großer Mehrheit merkel den von Lieber neu beantragten 8 8 an welcher beſagt: Während der Rechnungsjahre 1898 — 1904, einſchließlich, iſt der Reichstag nicht ver⸗ erer „Die Bereitſtellung der Mittel für die erforderlichen pflichtet, für ſämtliche einmalige Marine⸗Aus⸗ gaben mehr als 471 200 000 Mk., und zwar für Schiffsbauten und Armierungen mehr als 410 500 000 Mk., für ſonſtige einmalige Aus⸗ gaben mehr als 60 900 000 Mk., ſowie für fortdauernde Marine⸗Ausgaben mehr als eine durchſchnittliche Steigerung von 4 200 000 Mk. jährlich bereitzuſtellen. Soweit hiernach das Geſetz bis zum Ablauf des Jahres 1904 nicht durchführbar iſt, wird die Ausführung über das Jahr 1904 hinaus verſchoben. Die Hom⸗ miſſion nahm ſodann § 2 der Cieberſchen Anträge in der Faſſung an, welche beſagt: Erſatzbauten unterliegt der jährlichen Feſtſtellung durch den Etat. Die Erſatzfriſt für die Linien⸗ ſchiffe und Hüſtenpanzer iſt 25 Jahre, für die großen Kreuzer 20 Jahre und für die kleinen Ureuzer 15 Jahre. Abweichungen bedürfen der Suſtimmung des Bundesrats und des Reichstags.“ Berlin, 5. März. Die freiſinnige Volks⸗ partei beſchloß am Dienſtag Abend in einer mit der deutſchen Volkspartei gemeinſam ab⸗ gehaltenen Fraktionsſitzung demnächſt einen Paragraphen zu beantragen, der die Deckung der Mehrkoſten der Flottenvorlage aus einer Keichsvermögensſteuer ermöglichen ſoll, falls die beſtehenden Steuern im Keiche nicht aus⸗ reichen. Dieſe Vermögensſteuer ſoll ein halb pro Mille betragen und von Vermögen von 100 000 Mark an aufwärts erhoben werden. Rom, 2. März. Der Papſt empfing heute nach 12 Uhr mittags ſeinen Hofſtaat zur Gratulation zum 89. Geburtstage. Der Papſt hielt mit lauter Stimme eine Rede folgenden Inhalts: Die Kundgebungen zu unſeren Feſten gelten nicht der demütigen Perſon, ſondern Druck und Verlag von Karl Molitor, dem Papſttum als Einrichtung; ebenſo die 6 Pfg., Reklamen 20 Pfg. 8 Ladenburg. 1898. Freudenbezeugungen bei der Wiederkehr dern Feier der erſten Meſſe gelten der göttlichen Idee des Driſtertums. Leider gaben die Feſte auch Anlaß zu Angriffen, welche jedoch die Bedeutung der erhabenen Feier nicht ſtören können. Alle e verſüßen unſere bisher erlittene Bitterkeiten und laſſen die Tiara im neuen Glanze erſtrahlen. Die hochgehenden Wogen des Enthuſiasmus erzeugen das Wieder⸗ erwachen des religiöſen Sinnes. Die chriſtliche Welt proteſtiert dadurch gegen die Unterdrückung des Papſttums und verlangt für den Paſt die heilige Freiheit zurück. Es ſchmerzt uns, daß alle edlen Aſpirationen der frommen Welt verleumdet oder falſch ausgelegt werden. Alle rechtlich Denkenden, die mit uns glauben, daß die Wurzel der heutigen moraliſchen und ſozialen Uebelſtände im Sinken der Keligiöſität liegt, werden das jetzige Neuaufleben des religisſen Geiſtes als ein gutes Vorzeichen fen die Zukunft freudig begrüßen. Unſer hohes Alter verwehrt uns, beſſer in die Zukunft zun ſchauen; wir begnügen uns daher damit, iht einen freudigen Gruß darzubringen. Athen, 2. März. Es iſt nunmehr konſtatiert worden, daß das Attentat auf den Hönig von einer Verſchwörer⸗Bande beſtehend aus unzufriedenen bürgerlichen und militäriſchen Elementen ſeit langer Seit geplant und vor⸗ bereitet war und daß Karditzi und ſeine Genoſſen nur deren Werkzeuge waren. Die Polizei ſoll bereits ſämtliche Mitglieder der Bande verhaftet haben. Man erwartet dem: nächſt noch eine große Anzahl von Verhaftungen. Verſchiedenes. — Vom Neckar, 2. März. (In der Fremde verunglückt) Bei der Kataſtrophe des amerikaniſchen Kriegsſchiffes „Maine“ iſt auch Aſchenbrödel. Novelle von Fanny Stöckert. 11. Fortſetzung. (Nachdruck verboten.) „Habe ich Dich ſchon um eine Unterſtützung gebeten!“ brauſte da Iſidore auf, „ich brauche keine Unterſtützung, von Niemand!“ Sie richtete ſich hoch auf und ſchaute mit blitzenden Augen herab auf die kleine, zierliche Hedwig, die ihre beſte Freundin geweſen. „Und eins will ich Dir hiermit noch ſagen, Hedwig,“ ſagte dann Iſidore mit erhobener Stimme „ich beneide Dich nicht, nun und nimmer möchte ich mit Dir tauſchen! Entweder ein großes, über⸗ mächtiges Glück des Herzens will ich erkämpfen oder gar keins!“ Frappirt und halb bewundert ſah Hedwig zu ihr auf, wie ſie da vor ihr ſtand, mit dem ſchwärmeriſch ſtolzen Ausdruck in dem blaſſen, ſchönen Geſicht, aber dann gewann doch der Aerger über dieſe unverſtändiſche Rede ſehr bald die Oberhand bei ihr. Sie ſie nicht beneiden, nicht mit ihr tauſchen mögen die ſie doch eigentich ſo recht im vollen Glücke jetzt drin ſaß. Nun die Stunde war jedenfalls nicht ſehr fern, wo ſie noch mit hellem Neid ihrer gedenken würde. Solche Naturen wie diejenigen Iſidorens die da nie zu rechnen pflegten mit all den Tücken, den blinden Zufälligkeiten und Unglück des Daſeins, die mußten ja in dieſer berechnenden Welt in's Verderben gerathen. „Dann will ich Dir vor allem nur wünſchen, daß das hohe übermächtige Glück, Dich bald erreicht, ehe dein Glauben daran zu Schanden wird!“ ſagte ſie jetzt recht höhniſch, indem ſie ihr die Hand zum Abſchied reichte. „Lebe Wohl Iſidore.“ Einen Moment erfaßte ſie beide eine weichere Regung, als müßten ſie ſich, wie einſt in die Arme ſinken, als fordere die alte Ingendfreund⸗ ſchaft noch einmal ihre alte Rechte, aber dieſe Empfindung kam nicht zum Durchbruch, ſie ſchämten ſich derſelben, und nahmen nun um ſo kühleren Abſchied von einander. „Unſere Wege werden wohl fortan für immer auseinandergehen,“ ſagte Iſidore, und dann ſchloß ſich die Thür hinter Hedwig. Deren leichter Schritt verhallte auf der Treppe, und Iſidore war allein, allein in der großen völker⸗ reichen Stadt, ohne Schutz und Schirm, ohne Exiſtenzmittel, nur auf ihre Kräfte angewieſen. Würde ſie den Kampf ſiegreich durchführen, den ſchweren Kampf um die Exiſtenz, verwöhnt wie ſie es bleibt doch die ſchönſte Zeit des Frauenlebens wo ein ſolches Denken und Träumen das ganze es jetzt war, durch das leichtſinnige ſorgloſe Leben, welches ſie die letzten Monate geführt. Ja, ſie würde es, ſie wollte es, feſt und unbeirrt wollte ſie ihre Wege gehen, das hohe Vorbild vor Augen, durch den zuerſt die Funken jener Er⸗ kenntniß in ihre Seele gefallen, daß es doch noch etwas gab, was hoch über dem weltlichen Getriebe ſtand: Edle Charaktergröße! Ihr wollte ſte nach⸗ ſtreben, ſeine Achtung ſich bewahren, das ſchien ihr ihres Lebens beſtes Ziel. Seine Achtung nur, Iſidore? warum ſcheuſt Du Dich des Wortes, was da doch auf dem Grunde Deiner Seele längſt Wurzel gefaßt! Meine Liebe — O denke und träume nur davon, 5 Sein beherrſcht. Die Liebe ideal angelegten Mann! Noch iſt ja Iſidorens Herz unendlich reich an Hoffen, noch baut ſie mit dem ganzen unve wüſtlichen Vertrauen der Jugend auf die eigene Kraft, noch glaubt ſie an das Glück. 11. 10 Einige Wochen nach dem Eisfeſt waren ver⸗ 1 gangen und Iſidore hatte ſchon, allerdings ziemlich vergebliche Schritte gethan, ſich als Muſiklehrerin 21152 eine Exiſtenz zu gründen, da war das Schickſal ihr ſo gnädig, ſie mit Horſt zuſammen zu führen. Sie ſaß im Muſeum, ganz im Auſchauen der Kaulbachſchen Wandgemälde vertieft, auf einer der Ruhebäuke. Horſt hatte ſie ſchon eine Weile beobachtet. Sie ſaß ſo ruhig und vornehm da, ihr Geſichtsausdruck war ſo heiter, als hätte ſie mit den Sorgen und Kümmerniſſen der Welt nichts . zu thun; als wäre ſie nicht die vielbeſprochene zu einem edel und