bisher ſtrittig geweſenen Punkte eine Verſtändig⸗ ung mit der Regierung zu Stande gekommen, dagegen hat ſich letztere z. B. nicht dazu verſtehen können, in die Entſchädigung auch für unſchuldig erlittene Unterſuchungshaft einzuwilligen. In der Debatte ließen die einzelnen Parteien durch die vorgeſchickten Redner nochmals ihre Stellung zu den Commiſſionsbeſchlüſſen darlegen; de Regierungsſtandpunkt präceſirte Staatsſecretair Nieberding in der Rede, mit der er in die Dis⸗ cuſſion eingriff, dahin, daß er erklärte, die ver⸗ bündeten Regierungen könnten über die Zugeſtänd⸗ niſſe, die ſie in der Commiſſion gemacht, nicht hinausgehen, andernfalls müßten ſie die Vorlage fallen laſſen. Dieſe Erklärung wurde dann im Weſentlichen vom Geh. Oberregierungsrath v. Lenthe wiederholt, und zwar gegenüber einem vom Sozialdemokraten Haaſe zu 8 1 geſtellten Antrag. Letzterer zielte auf Wiederbeſeitigung des ein Compromiß darſtellenden Commiſſions⸗ beſchluſſes, wonach die Entſchädigung nur gewährt wird, wenn die Unſchuld des vorher verurtheilt geweſenen im Wiederaufnahmeverfahren nach⸗ gewieſen oder wenn wenigſtens dargethan worden iſt, daß ein begründeter Verdacht gegen ihn nicht mehr vorliegt. Bei der Abſtimmung wurde dieſer Antrag abgelehnt und der Commiſſionsbeſchluß aufrecht erhalten, was den Sozialdemokraten Singer veranlaßte, „aus Rache“ die Beſchluß⸗ fähigkeit des Hauſes zu bezweifeln. Präfident Dr. v. Boul theilte den Singer'ſchen Zweifel und brach die Berathung ab, zugleich eine neue Sitzung nach zehnminutiger Pauſe anberaumend. In derfelben wurden die Anträge der Abgeordneten Rintelen (Centr.) und Lengmann (fr. Voksp.) betr. Abänderungen der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfaſſungsgeſetzes, zur Berathung geſtellt. In der Debatte ſpielte die Frage des Fünfrichter⸗Collegiums eine Hauptrolle, ſchließlich mußte jedoch auch dieſe Debatte wegen offenbarer Beſchlußunfähigkeit des Hauſes abgebrochen werden, es war alſo ein verlorener parlamen⸗ ariſcher Tag. Am Sonnabend fiel die Reichs⸗ agsſitzung aus. — Die Reichstagcommiſſion für ie Poſtdampfergeſetznovelle begann am Freitag hre Verhandlungen; es wurden in genannter Sitzung die drei erſten Paragraphen (Erhöhung der Subvention um 1½ Millionen Mk. und Feſtſetzung der Fahrgeſchwindigkeit angenommen. Dem Botſchafter Fraukreichs am Berliner den Marquis de Noailles, iſt vom Kaiſer das Hofe, 17 des Rothen Adlerordens verliehen Großkreuz worden. Verſchiedenes. 8. Ladenburg, 1. März. Wie die evangeliſchen Leſer aus der Ankündigung erſehen, ſoll einem ſchon länger her ausgeſprochenen Wunſche gemäß mit erneuter Einführung von Wochengottesdienſten für die Paſſionszeit 5 Anfang gemacht werden, Dank dem bereitwilligen Entgegenkommen der evangeliſchen Lehrer und ſonſt Betheiligten. Mögen recht vielen ernſten Chriſten von der dargebotenen Gelegenheit zu geſegneter Erbauung Gebrauch machen. i — Aachen, 26. Februar. (Eine gewaltige Entzündung ſchlagender Wetter) wird von der Grube Maria gemeldet. Drei Bergleute ſind tot, mehrere ſchwer verletzt. Die Verletzten wurden in's Hoſpital zu Bardenberg gebracht. Aufkommen wird gezweifelt. — Mainz, 27. Febr 8 barten Budenheim hat ſich ein Arzt, der ſich dort niedergelaſſen hatte, in einer Wirtſchaft vergiftet. Der Selbſtmord ſoll aus Mangel an Verdienſt verübt worden ſein. — Waldkirch, 26. Febr. Ein recht bedauerlichen Unglücksfall ereignete ſich heute Morgen in der Kunſtmühle des Herrn Seifreied, indem der Obermüller in das Räderwerk gerieth und gräßlich zermalmt wurde, ſo daß der Tod In dem benach⸗ war verheirathet und ein braver, nüchterner Mann. — Eiſenbahnattentat. Dem „Hern. Tagbl.“ zufolge wurde in vergangener Woche auf der Bahnſtrecke Dortmund⸗Herne ein Ver⸗ brechen geplant, indem Dynamit Patronen auf den Bahnkörper niedergelegt wurden. Der Streckenwärter der Linie Köln⸗Minden fand zwiſchen Rauxel und Herne ein in eine Zeitung eingewickeltes kleines Paket, das er aufhob. Nachdem er das Papier entfernt und einen Lappen beſeitigt hatte, fand er 6 Dynamitpatronen die mit einer Zündſchnur verſehen waren. Die Schnur war abgebrannt, jedoch wahrſcheinlich infolge des Regens oder des Windes erloſchen. Wären die Patronen zu Exploſion gelangt, ſo würde jedenfalls die Schiene zerſtört worden, ein jedenfalls ſofort eingetreten iſt. Der Verunglückte . 2 5 und der ſolgende Zug zur Entgleiſung gekommen ſein. geführt worden, was dadurch möglich wurde daß die Strecke an der Stelle durch einen Wa Das Verbrechen iſt am hellen Tage aug. geht, der Verbrecher alſo leicht ohne Gefahr kommen und verſchwinden konnte. — Cognar. Unter den ſpirituoſen Getränken ſpielt der Cognac eine Hauptrolle und hat deſſen Conſum in den letzten Jahren bedeutend zugenommen. Schon im 14. Jahrhundert brachte man von Italien aus ein Deſtillat unter dem Namen Adua vitae (Lebens waſſer) in den Handel und beſonders in den Klöſtern wurde die Kunſt dez Deſtilirens ausgeübt. Die Herſtellung derartiger Deſtilate fand bald in verſchiedenen Weinbay⸗ ländern raſche Verbreitung, und beſonders i Frankreich, im Departement der Charente in dez An ihrem Nähe der Stadt Cognac, hat bereits ſeit dem vorigen Jahrhundert die Cognac⸗Erzeugung einen Umfangreichen und bedeutenden Aufſchwung ge⸗ nommen. Die franzöſiſchen Cognac⸗ Marken beherrſchten daher auch lange Zeit den Weltmarſl, Als indeſſen der Cognac⸗Conſum ſeit mehr deng zehn Jahren in allen Ländern, ſpeciell in Deulſch, land, ein Fabrikat herzuſtellen, welches zu bedentend billigeren Preiſen, wie die ausländiſchen Erzen niſſe in den Handel gelangte und hierfür Erſat hal, Speciell die in ganz Deutschland bekannte Marke der 8 Deutſchen Cognac-Compagnie Löwenwarter & Cie. (Commandit⸗Geſellſchaft) Köln am Rhein J 1 erfreut ſich beim Publikum einer beſonder Beliebtheit und wird deren Sternen⸗Cognge, welcher in Apotheken und den beſſeren Geſchäften der Branche käuflich iſt, auch vielfach von Aerzlen verordnet. Bei Erkältungen, vermiſcht i heißer Milch odei mit Eidottern leiſtet derſelbe vortreffliche Dienſte, und kann daher beſtens empfohlen werden. Hier am Platze ſind deren Marken Original⸗Preiſen in /1 und käuflich bei Michael gläf. „Die Unterhaltung über das intereſſante Thema war nun wieder einmal im Gange, die Rede flog in und her, auch die Damen betheiligten ſich aran, allerdings in etwas ſehr reſervirter Weiſe ls könnte man den Namen Iſidorens kanm noch n den Mund nehmen. „Hätte ſie nur wirklich ſo an die Hundert⸗ auſend in der Lotterie gewonnen, kein Menſch früge nach ihrer Vergangenheit, ich gewiß nicht!“ Der junge Aſſeſſor, der ſoeben dieſen großen Ausſpruch gethan, blickte herausfordernd und ſo echt malitiös lächelnd auf die erregten, tugend⸗ haften Damen in ſeiner nächſten Umgebung. „Schade iſt es, jammerſchade!“ fuhr er dann unbeirrt durch die beleidigten Blicke ſchöner Augen fort, daß ein ſolcher Stern weiblicher Schönheit hier untergehen mußte. Sie wird aus unſerm Geſichtskreis entſchwinden, vielleicht untergehen im wilden Weltſtrom.“ In Horſt's Innern wallte es heiß auf, es war ihm, als dürfte er es nicht dulden, daß in dieſer Weiſe über Iſidore geſprochen wurde, als müßte er ſich wieder als ihr Ritter aufwerfen, aber es wäre ſchließlich doch verlorene Liebesmüh geweſen, der Stab war nun einmal über ſie gebrochen. So ſchwieg er denn, und ſah nur mit ſehr überlegenen Blicken um ſich. Aber als die Tafel aufgehoben worden, und die junge Welt ſich dem Vergnügen des Tanzes hingab, war indeſſen der Rittmeiſter Horſt ver⸗ chwunden, und Frau von Barnewitz und manch andere Schöne ſchauten vergebens nach dem ſtatt⸗ lichen Kavalier aus; er kam aber nicht wieder zum Vorſchein, und dieſe Thatſache trug natürlich nicht dazu bei, die Damenwelt milder gegen Iſidore zu — 10. Itſidore war nun heimgekehrt. In dem Raume, en ſie ſo ſiegesgewiß verlaſſen, ſtand ſie jetzt vor dem Spiegel und ſtarrte mit heißen Augen auf ihre weiße, verführeriſche Erſcheinung. War denn nun Alles aus, Alles? War ſie gerichtet, geächtet in aller Augen, ſollte das wirklich nun der Schlußakt des übermüthigen Dramas ſein, in welchem ſie die Hauptrolle geſpielt, der ſchwere Vorhang nun herunter rollen, und ſie für alle Zeit getrennt ſein, von jener Welt, die nun doch einmal ihr Lebenselement war?! War es ihr Loos nun für immer in das Dunkel zu verſinken, und wieder zu ſorgen, zu arbeiten für ihren Lebensunterhalt? Welche unerhörte Grauſamkeit des Schickſals war es denn, ihr noch in der letzten Stunde ein un⸗ erreichbares Glück zu zeigen, was ſie geahnt, erſehnt. — Wie der Seele des Ertrinkenden, ehe die Todes⸗ nacht ihn umfängt, die ſüßeſten Bilder vorſchweben ſollen, ſo zogen auch an Iſidorens Geiſt, ehe ſie in die rauhe, dunkle Wirkſamkeit zurückſank, wunderbar holde, beſtrickende Bilder vorüber, und jene mächtigen Accorde, ſie vernahm ſie ebenfalls. Auch an ihrer Seele Pforten ſchlugen ſie an, und erſchütterten ihr ganzes Sein, und ließen ihre Seele erzittern in dem Gedanken an den ritterlichen Mann, der kühn den herzloſen Vorurtheilen der Geſellſchaft trotzend, ihr, der Geächteten, das Geleit gegeben. Was galt ihr da ſchließlich die Nichtachtung der ganzen Geſellſchaft, wenn ein ſolcher Mann ihr ſeine Theilnahme und Achtung nicht verſagte! Dieſer Gedanken gab ihrem Herzen Muth, ihrer Seele Spannkraft, ſie gedachte ſich derſelben würdig zu zeigen. Stolz erhobenen Hauptes wollte ſie den Kampf ums Daſein wieder aufnehmen und nicht untergehen, wenn auch die Stürme des Lebens noch ſo hoch über ſie zuſammenſchlagen ſollten. S 5 1 41; 5 nächſte Morgen ſtellte deinli forderungen an Iſidorens Muth und Spannkraft, Hedwig erſchien um, wie ſie ſagte, ſich mit i auseinander zu ſetzen. 5 „Der geſtrige Abend hätte ſie beide gekrenn für immer,“ erklärte Hedwig keck und ſtolz. „Sie betrachte ſich jetzt als die Tochter einer achtbareh, angeſehenen Familie, und dürfe unter keinen Unm⸗ ſtänden mit Iſidore noch im Verkehr bleiben.“ Unter ſolchen anmaßenden Reden lief Heduuſg hin und her im Zimmer, ihre Siebenſachen zufanz zu ſuchen. a Iſidore ſah ihr halb gleichgiltig, halb bela zu. Wie verſchieden ſie doch beide waren! t ſchlau und klug hatte es Hedwig angefangen, ud ſich eine ſorgenfreie Exiſtenz geſichert, während If; dore nun glücklich Schiffbruch gelitten hatte. Warn hatte ſie ſich nicht auch an ſolchem alltäglichen Glüc genügen laſſen, ſie hätte es leicht erreichen koͤnnen, und Hedwig hatte es wahrlich nicht an Ermahh⸗ ungen fehlen laſſen. Von ihrem Standpunkte aus hatte ſie ganz recht, daß ſie ſich nun von iht wandte, warum war ſie ſo kindiſch, ſo dhe geweſen. — — Ach ſie war es noch, und meine in ihrem Unverſtand, daß das, was ſie aus ihren Schiffbruch zu retten geglaubt, die Achtung eines Einzigen, und des beſeligenden Gedanken an ihn, ihr mehr werth ſei, als Alles, was Hedwig erreicht hatte oder errungen zu haben glaubte. n „Und was wirſt Du nun beginnen ee fe Hedwig jetzl, indem ſie ſich zum Fortgehen kü Als Iſidore ſchwieg und ein ſeltſames Lächeln au ihrem ſchönen, blaſſen Geſichte zeigte, fuhr die ſchrecklic realiſtiſche Hedwig in ihrer underfror nen Weſſe fort: „Das Geld in unſerer Kaſſe iſt, wie ich geſehen feht zuſammengeſchmolzen, ich überlaſſe Dir großmüthig den Reſt, weit wirſt Du damit allerdings nicht kommen und eine Unterſtützung meinerſeits kann ich Dir au nicht verſprechen.“ (Fortſ. folgt.) i